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auch eine bisher nicht bemerkte Opposition eines Teiles der Oranjeburen gegen die Bestimmungen des Friedensvertrages. Mehrere Burenoffiziere und Beamte der früheren Regierung haben sich geweigert, den Treueid, welcher in bindenden Ausdrücken abgefaßt ist, zu leisten; wenige er« hoben Widerspruch dagegen, eiue Erklärung zu unterzeichnen, in welcher König Eduard anerkannt wird.
Als guter Politiker hat sich Präsident Roosevelt bewährt. Die Amnestie, die er den Filipinos zugestanden hat, geht viel weiter, als die der Engländer in Transvaal, und ebenso hat er mit einem Federstrich dem General Chaffee seine Ziviloollmachten entzogen und das militärische Regiment beseitigt. Auch die Entscheidung für den Bau des Panama-Kanals scheint zu nicht geringem Teile auf den Einstuß des Präsidenten zurückzugehen. Besonders interessiert natürlich seine Stellung zu Deutschland über die der amerikanische Botschafter White wertvolle Mitteilungen gemacht hat. Darnach sagte im vorigen Jahre Mr. Roosevelt einem Freunde, der ihn verließ, um nach Europa zu reisen: „Ich habe von meinen Knabenjahren an Deutschland geliebt und bewundert, und wenn ich das sage, meine ich es auch. Sie kennen mich gut genug, um zu wissen, daß, wenn ich etwas sage, ich es auch meine." Und der Botschafter White setzte hinzu: „Wer den Präsidenten Roosevelt genau kennt, weiß auch, daß vielleicht mit alleiniger Ausnahme des Präsidenten Garfield, kein Präsident so gut begriffen hat, was Deutschland der Zivilisation gegeben hat und noch giebt." Das deutsche Volk wird dieses Lob dankend quittieren und dieselben Empfindungen dem Prüsiöenten Roosefeld und dem amerikanischen Volke, in dem wir ja zum großen Teil unsre Vettern und Brüder wiederfinden, aufrichtig zurückgeben.
Pittsburg, 11. Juli. Eine Explosion schlagender Wetter ereignete sich in den Kohlengruben der Gesellschaft Cambria, wobei 600 Grubenarbeiter verschüttet worden sind. Dieselben sind zwei Meilen von der Oeffnung des Schachtes entfernt. Zwei Bergleute, die der Gefahr entronnen sind, schätzen die Zahl der Toten auf 200. Eine weitere Meldung besagt, die Zahl der Opfer betrage mindestens 300. _
Unterhaltender Heil.
Kuriose Zeitungsanzeigen und Druckfehler.
Bon Kurt Rohden.
(Nachdruck verboten).
Der Humor lebt noch, der freiwillige und der unfreiwillige. Das Leben würde wohl auch ein wenig trocken sein, wenn Clown Humor nicht seine Bocksprünge machen wollte. Wir wollen deshalb aus der reichgesüllten Mappe seiner Memoiren wieder einiges auflischen.
Da kann einem beim Lesen solcher Druckteuseleien mitunter gruselig werden. Wenigstens ist es nicht normal, wenn bereits verstorbene Menschen bei einer Testamentsvcrösfentlichung erscheinen. Dies ist aber nach einem Berichte der „Frankfurter Odcrztg." gelegentlich der Testamentseröffnung des Fürsten Heinrich XXII. von Reuß geschehen. Denn es heißt dort in der Nummer vom 23. April des genannten Blattes: „ ... Das Testament des verstorbenen Fürsten Heinrich XXII. von Reuß wurde im Beisein der verstorbenen mündigen Prinzessin Emma durch den Amtsgerichtsrat Scheibe geöffnet ..."
Dem genannten Fürsten ist überhaupt bei seinem Tode vom Druckfehlerteufel arg mitgespielt worden. In einem Reichstagsbericht eines sächsischen erzge- birgischen) Blattes wird der Verstorbene „Heinrich 22222" genannt. Das wäre allerdings eine Ahnenreihe, wie sie kaum ein zweites Fürstengeschlecht auf- zuweisen hätte.
Mit den Parlamentsberichten ist es sonderlich eine eigene Sache. Nirgends wird leichter gestolpert als hier So wird aus der Sitzung eines bayerischen Stadimagistrats berichtet, daß die „Lieferung von gußeisernen Schuhen für die Auskleidezellen im neuen Volksschwimmbad" zu vergeben wäre.
Auch die Regierungsbehörden geben sich — wenigstens den Zeitungen zufolge — oft Blößen. So teilt der „Döbelnev Anzeiger" folgendes mit: „ . . . Eine strafbare Handhabung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ist von der Regierung angekündigt worden . . ."
Wir kehren wieder einmal zu den Annoncen zurück, denn was sich der Druckfehlerteufel dort leistet, geht wirklich auf keine Kuhaut. Denn daß die folgende Annonce der „Frankfurter kleinen Presse" buchstäblich und ernst zu nehmen ist, wird einem Menschen mit seinen gesunden fünf Sinnen wohl kaum zugemutet werden können': „Junger Mann, 2 Jahre alt, mili- tärsrei, mit Prima-Zeugnissen sucht Stelle als Comp-
torist. Offerten, Postamt Würzburg, 3. Fach 118. Gleichfalls eine Leistung des Annoncenteils findet sich in den „Gießener Neuesten Nachrichten", in denen sich der Magistrat für eine Friseuse in's Zeug legt. Dort ist zu lesen: „Champonieren. (Damen-Kops- waschen.i ohne schädliche und unangenehme Apparate in und außer dem Hause, sowie im Frisieren empfiehlt sich Frau Helene Treppinger, Wetzsteinstraße 42. Gießen, 21 April 1902. Großh. Bürgermeisterei Gießen. Mecum."
Auch die besten Dichterlinge, die das Reimen durchaus nicht lassen können, bekommen mitunter eins auf's Ohr. So ist im Briefkasten von „Haus und Schule" zu lesen: „Obl. Dr. S. in P. (Schl.) Mit herzlicher Teilnahme habe ich ihr neues Lied erfahren. Gute Besserung!" Es ist immerhin kein gutes Zeichen, wenn man einem Menschen — und nun gar einem Dichter! — gute Besserung wünschen muß.
Wenig menschenfreundlich gesinnt ist ein mitteldeutsches Blatt, das über eine Eisenbahnentgleisung berichtet: „An der Maschine wurden die Puffer ver- bogen und abgebrochen. Personen find glücklicherweise verletzt worden."
Was die Aerzte alles für Unheil anrichten, ist so recht aus einem Bericht der „Westfälischen Zeitung" zu ersehen. „.. Gestern Nachmittag wurde der 73jährige Tagelöhner Carl Hellweg in seiner Wohnung erhängt aufgesunden. Hellweg hat, wie verlautet, längere Zeit über Kopflciden geklagt und ist auch von einem Arzt behandelt, worauf auch die traurige That zurück- zufübren sein dürfte . ."
Als eierlegender Klempner empfiehlt sich Franz Drescher im „Ratiborer Anzeiger". Da heißt es unter anderem: „. . 2 Bruiöfen sind bei mir im Betrieb und da ich jeden Tag ein Ei hinzulege, können sich Geflügelfreunde tägl. nachmittags von dem Resultat überzeugen. ." Das mögen schöne Eier sein!
Den aber nicht ungewöhnlichen Weg, Beleidigungen in einer Zeitung zurückzunehmen, hat ein Herr C. Liebau im „Neuhaus-Ostener Anzeiger" betreten. Da ist zu lesen: „. . . Die Beleidigung, daß Herr A. Duske eine Menschenlaus gehabt hat, nehme ich hiermit zurück, weil es eine Hühnerlaus gewesen sein soll, die ich bei ihm gesunden habe. ."
Etwas gruselig hört sich eine Annonce der „Leipziger Neuesten Nachrichten" an, in der Kiadcr nicht nur gewaschen, sondern auch geplättet und genäht werden sollen: „Per sofort gesucht ein durchaus zuverlässiges jüngeres Kindermädchen, das ein Jahr altes Kind übernimmt, gut wäscht, plättet und näht."
Einen bösen Bock schießt eine Hamburger Firma, die ihr Kraftbier in einem Reklamehestchen anpreist, das ein Anerkennungsschreiben eines im Lauenburgischen wohnhaften Herrn Doktors enthält. In diesem Anerkennungsschreiben heißt es: Bon Ihrem Kcaft- bier habe ich mehrfach, namentlich in der Reconvales- zenz, nach erschöpfenden Krankheiten sowie im Wochen- bett mit Nutzen Gebrauch gemacht."
Am allerschlimmsten aber ist es den Herrn Offizieren im „Allgemeinen Anzeiger" in Langensalza ergangen. Dieses Blatt schreibt über die Einführung des neuen Kriegsknopfes. „Für die Unterröcke der Offiziere und für die Nummer-Abzeichen und Auszeichnungsknöpfe der Mannschaften behalten die bisherigen Knopfmuster Giltigkeit."
So galoppiert der harmloseste aller Teufel auf seinem Steckenpferde durch die Zeilen unserer Bücher, Zeitungen und Zeitschriften hier und da seine oft recht derben und den geschätzten Autoren recht ungcnehmen Nasenstüber austeilend. Aber jederman lacht über ihn, wenn er so unversehens in die ernsteste wissenschaftliche oder politische Abhandlung hineinpurzelt und die Witzblätter sorgen in besonders kür ihn eingerichteten Ecken, daß seine Art nicht ausstirbt, sondern daß sie vielmehr museeartig geordnet der lachenden Mitwelt und Nachwelt ausbewahrt bleibt. Wir glauben wieder einmal ein paar herzerfrischende Proben gegeben zu haben. Lachen wird aber von Hygienikern als etwas sehr gesundes angepriesen. Der Lacherreger kann dabei auch nichts Bösartiges sein. Sonst wäre der Druckfehlerteufel einer der nützlichsten Teufel der Welt.
Wermischles
Wanzenau i. Eis., 11. Juli. Ein Mammutszahn ist dieser Tage in einer Kiesgrube zu Tage gefördert worden. Der Zahn lag in einer Tiefe von 12 Meter; er ist 35 Centimcter lang, 16 Centimeter breit und 10 Pfund schwer. Bereits früher wurde in derselben Kiesgrube ein Mammutszahn gefunden, der sich im Straßburger Museum befindet; auch hat man dort öfters noch andere Zeichen vergangener Zeit, Skelette, Waffen, riesenhafte Baumstämme :c. ausgegraben.
Seit langer Zeit plagte die Frau des Großgrundbesitzers Fisier in Svetiviz bei Agram ihren Gatten mit unbegründeter Eifersucht und allerlei Kleinlichkeiten. Als der Mann am Freitag heimkehrte, überschüttete ihn die Frau mit Vorwürfen und drohte ihm mit der Scheidung. Fisier erwiderte kein Wort, trat in ein Nebenzimmer, nahm dort Gift und kehrte, eine Cigarette rauchend, zu seiner Gattin zurück. „Eine Scheidung wird nicht nötig sein," sagte er. „Ich habe Gift genommen und sterbe bereits." Dabei rauchte er
ruhig die Cigarette weiter. Zwei von der bestürzten Frau herbeigerufene Aerzte, die ihm Gegenmittel reichen wollten, wehrte er ruhig ab mit dem Hinweise, dies sei zu spät. Im nächsten Augenblicke fiel er, die brennende Cigarette im Munde, zu Boden und war alsbald eine Leiche. Es heißt, daß die Frau mit ihren beiden Kindern die Gegend werde verlassen müssen, da sich die Volkswut gegen sie gekehrt habe.
Aus dem bekannten Büchle „So sem'mer Leut!", Schwarzwaldgedichte in der Mundart des oberen Murgthals von Otto Gittinger (Vei> lag von Greiner u. Pfeiffer-Stuttgart):
Der Wanger.
Der Wangermichel benglat grad En seinra Werkstatt am a Rad.
Do komma zwei rein zua der Thür Dia traga-n-am en Streitfall für.
Se hent a Stängle, ond der ein Verschwört se, 's nüiaß a fiachte's sein.
„Nein", schreit der ander drus, i wett,
's ischt tänne, fiachte ischt es net."
„Jetz Wanger schwätz, wer Recht soll haun,
Dan bisckit der Man, dau muascht's verstaun!" Der Wanger sait: „gcant her des Dengs!"
Er b'sieht's von rechts ond b'sieht's von lenks,
Ond endlich sait er: „onta rein Do wird es währle fiachte sein.
Jetz oba naus, guck her, do siehscht,
Daß dös a tänne's Stängle ischt."
sAus der guten alten Zeit.s Soldat: „Warum red t denn der Hauptmann heut gar nix mit Dir?" — Kamerad: „Ja weißt D', den Hab' ich bei der gestrigen Parad' zweimal auf d' Füß' treten!" — (Boshaftes Mißverständnis.) Sonntagsjäger: „. . . Wie ich heute bei der Frühpirsche an eine Blöße komme, seh' ich Plötzlich in den Brombeeren auf hundertfünfzig Schritt einen Kapital-Sechserbock. Ich hinter einen Baum springen, auffahren, schießen und daliegen war eins'" — Förster: „Haben S' Jhna weh 'than, Herr Doktor?!" — (Verhängnis.) Köchin; „So oft ich auch dem schlechten Menschen einen Absagebrief schreiben will — 's wird halt immer wieder ein Liebesbrief draus!" („Fl. Bl.")
sZu grün.) „Hedwig," sagte ein junger Mann zu einem Mädchen mit roten Haaren, „komme mir nicht zu nahe, sonst fange ich Feuer!" — „Sei unbesorgt," erwiederte diese, zum Brennen bist Du noch zu grün!"
Mutmaßliches Wetter am 15. und 16. Juli.
^Nachdruck verboten.)
Für Dienstag und Mittwoch ist bei steigender Temperatur vorwiegend trockenes und heiteres Wetter zu erwarten.
Neueste Nachrichten u. Telegramme.
Kiel, 13. Juli. Die Jacht des Kaisers „Meteor" im Schlepptau eines Torpedoboots ist heute morgen durch den Kanal nach Helgoland abqeqangen zur Teilnahme an der Regatta Helgoland-Dover.
Norderney, 13. Juli. Der Reichskanzler Graf Bülow ist heute mittag zu längerem Kurgebrauch hier eingetroffen.
Düsseldorf, 13. Juli. Gestern abend passierte der 1000000 Besucher den Eingang zur Ausstellung.
Peterhof, 13. Juli. Der König von Italien ist um 4 Vs Uhr nachmittags hier eingetroffen.
Peterhof, 13. Juli. Heute abend 7 '/s Uhr fand im Petersaale des kaiserlichen Palais zu Ehren des Königs von Italien ein Festmahl statt, an welchem die höchsten Herrschaften, die Minister, der italienische Botschafter mit Gemahlin und alle Mitglieder der Botschaft, viele hohen Würdenträger und die Gefolge teilnahmen.
London, 13. Juli. Bei dem gestrigen Empfang Lord Kitcheners sprach König Eduard dem General aufs wärmste seine Freude und seinen Dank für die voy ihm geleisteten Dienste aus und überreichte ihm die Insignien des neuen Ordens für Verdienst. Heute früh reiste Kit- chener zum Besuch Salisburys nach Hatfield. Der Premierminister der Kapkolonie, Sprigg, ist heute nach Kapstadt abgereist.
London, 13. Juli. Amtlich wird gemeldet. Lord Salisbury ist am Freitag von seinem Amte zurückgetreten. Balfour ist zum Ministerpräsidenten ernannt worden.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.