Auö Stadt, Bezirk und Umgebung.

-s- Loffenau, 7. Juli. Ein rechter Freu­dentag war es für unsere ganze Gemeinde, als eS letzten Mittwoch galt, in dem von Liebenzell hieher versetzten Hrn. Stadlpfarrer Lutz den neuen Seelsorger zu empfangen. Vertreter der Gemeinde begrüßten den neuen Hrn. Pfarrer und seine Familie auf dem Bahnhof zu Gerns­bach und geleiteten ihn hieher. An der Landes­und Markungsgrenze hatten sich die Schulklassen, der Militärverein, der Kirchengemeinderat, die bürgerl. Kollegien, auch sonst viele Einwohner aufgestellt, und in den Begrüßungsansprachen kam cs zum Ausdruck, daß die Herzen aller in Liebe und Vertrauen dem neuen Seelsorger ent- gegenkommen. Mit freudiger Genugthuung ver­nahm die große Versammlung die herzengewinnende Erwiderungsansprache des Hrn. Pfarrers und in festlichem Zuge ging es nun durch die beflaggten Straßen des Dorfes zu dem von den Schülern schön geschmückten Pfarrhaus. Abends versam­melten sich die verschiedenen Kollegien und die Mitglieder des Militärvereius in den Räumen des Gasthauses zum Adler, wo Hr. Pfarrer Lutz zunächst Quartier genommen hatte, zu gemütlicher Unterhaltung. Am Donnerstag Abend brachte der Kirchenchor der nun ins eigene Heim ein- gezogenen Pfarrfamilie ein Ständchen. Gestern fand bei festlichem Gottesdienste die feierliche Amtseinsetzung unseres neuen Hrn. Pfarrers durch Hrn. Dekan Uhl statt. Möge sich Herr Pfarrer Lutz mit seiner l. Familie bei uns gut angewöhnen; möge ihn Gott schützen und uns recht lang erhalten; möge der Herr ihn in Amt und Haus segnen! Das sind die Wünsche der ganzen Gemeinde.

Dennach, 8. Juli. Der im Dienst bei Holzhändler I. Pfrommer stehende Fuhrknecht Friedrich Aldinger von hier erlitt heute beim Aufladen von Stammholz im Gräfenhauser Walde einen bedauerlichen Unfall. Er wurde alsbald ins Bezirkskrankenhaus gebracht. Nach ärzt­lichem Befund handelt es sich um eine schwere Verletzung der Wirbelsäule. Die näheren Um­stände des Unfalles sind wir augenblicklich nicht rnitzutcilen in der Lage.

Der Gemeinde Unterreicheubach ist seitens der Kgl. Kreisregierung die nachgesuchte Kon­zession um Abhaltung eines Vieh- und Schweine­marktes je am Montag der Monate März, Juli Und Oktober erteilt worden.

Unterreichenbach, 6. Juli. Die Frage der Trennung des hiesigen Post- und Telephon­dienstes vom Eisenbahndienst sollte infolge Vor­schlags der hiesigen Stationsverwaltung durch Verlegung in ein im Zentrum des Ortes ge­legenes geeignetes Privathaus seine Erledigung finden, um damit eine Geschäftsentlastung herbei­zuführen. Nach den nun aber für diesen Fall seitens der Oberpostbehörde gemachten Erheb­ungen über die Baudienlichkeit des fraglichen Objekts an Ort und Stelle, wie auch hinsichtlich der angestellten Berechnungen bezüglich des Kostenaufwands hat die Oberpostdirektion einen kleinen Anbau an die Südfront des hiesigen Stationsgebäudes für zweckentsprechender erachtet,

»i kürzester Zeit die Unterbringung des Post- und Telephonwesens mit einem eigenen Beamten m Ausführung bringen zu können.

Nagold, 6. Juli. Im Nordosten über unsere Markung bewegte sich gestern nachmittag zwischen 1 und 2 Uhr ein größerer Luftballon rasch dem Gäu zu. Die Heuernte ist nun zum größten Teil im Bezirk zu Ende.' Ueber den Ausfall derselben ist man im allgemeinen sehr befriedigt. Die Getreidefelder stehen sehr schön. An Obst dürfen wir, besonders was Aepfel anbelangt, eine schöne Ernte erhoffen. Im westlichen Teil des Bezirks steht es mit den Obstaussichten noch besser, da dort auch die Birnbäume außer den Aepfelbäumen reichliche Fruchtansätze aufweisen.

Nagold, 7. Juli. In der Nagold ertrank heute der Mitte der 50er Jahre stehende Uhren­macher Günther. Vermutlich ist der Mann beim Begehen des Wehres ausgeglitten und m eine Tiefe geraten. Alsbald angestellte Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos.

Pforzheim, 6. Juli. Die Kunstgewerbe, schule, der Direktion des Hrn. A. Waag unter­stehend, legt in diesen Tagen in aller Stille die Dauer ihrer 25jährigen ersprießlichen Thätigkeit zurück, leider ohne jeden Festakt dankbaren Gedenkens.

Pforzheim, 7. Juli. Heute wurde ein Transport Zigeuner, Männlein und Weiblein, welche zwischen Weißenstein und Unterreichenbach die Passanten belästigt hatten, von 3 Gendarmen eingebracht. Dem Zug, der nach dem Bezirks­amt ging, folgte eine große Menschenmenge. Auch vom Gebiet wird von gestern gemeldet, daß dort eine ganze Schar, 4 Wagen Zigeuner die Gegend unsicher machten, so in Neuhausen, wo sie von Hamburg herkamen, haben sie kein Haus gelassen, wo sie nicht einkehrten und die Bewohner derselben frech anbettelten, und nicht vom Platze wichen, bis sie etwas erhalten hatten.

Deutsches Meich.

Kaiser Wilhelm hat seine gewohnte allsommerliche Erholungsfahrt nach dem skandi­navischen Norden etwas eher, als ursprünglich festgesetzt war, angetreten, nämlich bereits am Montag und zwar von Travemünde aus. Auch diesmal begleiten den Kaiser auf seiner Nord­landsreise mehrere von ihm hierzu eingeladene Herren als Gäste, dieselben trafen bereits im Laufe des Sonntag in Travemünde ein. Am Sonntag Vormittag hatte auf derHohenzollern" Gottesdienst unter Teilnahme des Kaiserpaares stattgefunden, mittags war dann als Abschluß der gesamten wassersportlichen Veranstaltung der letzten Woche eine letzte Dachten-Wettfahrt in der Lübecker Bucht vor sich gegangen, welche der Kaiser an Bord desMeteor" mitmachte. Die Kaiserin hat sich von Travemünde nach Schloß Cadenen begeben. Der Reichskanzler Graf Bülow reiste am Sonntag Nachmittag von Travemünde nach Berlin zurück, doch ge­denkt er noch in dieser Woche auf Norderney einzutreffen.

Der Kaiser sollte mit dem polnischen Maler Kossak, der ein entschiedener National­pole ist, eine Unterredung gehabt und hierbei dessen auf politischen Gründen beruhenden Weg­zug von Berlin lebhaft bedauert haben. Die Nordd. Allg. Ztg." erklärt nunmehr hochoffiziös diese ganze Nachricht als erfunden.

Eine große Zahl von Offizieren des Landheeres ist in diesem Jahre an Bord der Geschwader-Flaggschiffe und anderer Linienschiffe kommandiert, um sich mit der Flotte und deren Einrichtungen genau vertraut zu machen. Gegen­über dem Vorjahre ist fast keine Verdoppelung der Zahl eingetreten. Auch auf Kreuzern und Torpedobooten werden einige Offiziere der Armee weilen. Seitdem Generalstab und Admiralstab gemeinsam die Vorkehrungen für die Landes­verteidigung zu Lande und zu Wasser zu treffen haben, legt man an maßgebender Stelle großen Wert darauf, daß die Offiziere, soweit sie dem Generalstab angehören oder ihre Berufung dahin ins Auge gefaßt ist, das Seekriegswesen und die Flottentaktik eingehender kennen lernen.

Die widerspenstigen Wreschener Kinder haben mit Ausnahme von 6 Schülern, die im Ungehorsam verharren, erklärt, sie seien bereit, fortan in der Religionsstunde deutsch zu ant­worten. Darauf wurden deutsche Katechismen und biblische Geschichtsbücher an die Kinder ver­teilt; gleichzeitig sollen ihnen aber in der Schule polnische Bücher gegeben sein,damit sie den Unterricht besser verständen."

Die Veröffentlichung der Namen Ver­tragsbrüchiger Arbeiter in der Fachpresse ist vom Kammergericht in Berlin als zulässig befunden worden. Es handelte sich um eine Entscheidung in der Revision, welche die sozial­demokratische Organisation gegen den verantwort­lich zeichnenden Chefredakteur derFachzeitung der Berliner Holzindnstriellen" eingelegt hatte. Schon vom Landgericht war die Klage kosten­fällig abgewiesen worden.

Einen Wettbewerb um Entwürfe für Kochherdanlagen in Mannschaftsküchen schreibt das Kgl. bayer. Kriegs-Ministerium unter in Deutschland ansässigen Firmen, welche sich mit der Herstellung von Kochanlagen für Massen­

verpflegung befassen, mit Frist zum 1. Oktober aus. Programm und nähere Auskunft sind von der Intendantur des II. bayer. Armeekorps, Würzburg; zu erlangen.

Höhere Maschinen- und Schiffsbau­schule. Die städt. Kollegien in Kiel haben den Bau einer solchen Schule nach dem vom städt. Bauamte vorgelegten Plan genehmigt. Die Bau­kosten werden auf 600000 ^ veranschlagt. Die Schule soll bereits am 1. April 1903 teilweise eröffnet werden.

Jetzt, wo der Sommer endlich seine Herrschaft aufgerichtet und allem Anschein nach auch be­festigt hat, ist die mitteleuropäische Kulturwelt in das Zeichen des Verkehrs getreten, und zwar eines Verkehrs, der, was er durch Ungunst der Witterung an zeitlicher Ausdehnung bisher verloren hat, an Jntensivität scheint gewinnen zu wollen. Die Eisenbahnzüge, die den inter­nationalen Verkehr vermitteln, wachsen zu un­heimlicher Länge an und müssen oft noch zerlegt werden, um die Zahl der Reisenden befördern zu können. Am 4. Juli haben in Norddeutsch, land nun auch noch die Ferien begonnen und schon am selben Tage, abends zwischen 7 und 8 Uhr, verließen die Sonderzüge in allen Wind­richtungen Berlin und führten die großstadtmüden Insassen der Heimat oder den erfrischenden Sommeraufenthalten an her See oder in den Gebirgen zu. Schon am Freitag Abend war der Andrang so furchtbar, daß er lebensgefähr­liche Formen annahm und erst durch 3 Sonder­züge bewältigt werden konnte, die bis zu 40 Wagen hatten und dicht besetzt waren. In Berlin auf dem Potsdamer Bahnhofe war es nach uns gemachten Schilderungen ganz gräßlich. Für die Einsteigeperrons bewährte sich ja die Bahn­hofssperre vorzüglich und ermöglichte ein leidlich bequemes Einsteigen; vor den Schranken der Billetkontrolle aber war es fürchterlich! Zu tausenden standen dort die Menschen schon Stun­den vor der festgesetzten Zeit und drängten mit all der Unvernunft, die in solchen Momenten von großen Massen unumschränkten Besitz zu ergreifen Pflegt, nach vorwärts, ohne den Angst- rufen der vorn Stehenden und den entschiedenen Mahnungen der Schutzleute zugängig zu sein. Was in solchen Zeiten gesteigerten Verkehrs von den Eisenbahnverkehrsbeamten geleistet wird, und zwar von dem unmittelbaren Fahr- und Stations- Personal, wie von den Betriebsämtern, die in aller Eile noch zerlegte und Sonderzüge dem schon überlasteten Fahrplan einfügen müssen, das stellt an die Leistungsfähigkeit jedes Einzelnen die größten Anforderungen und ist höchster Be­wunderung und Anerkennung wert. Denn bei so gesteigertem Verkehr ist es nur durch An­spannung und die gewissenhafteste, umsichtigste und sorgsamste Anwendung aller Kräfte möglich, solch einen Verkehr zu bewältigen, ohne daß Kollisstonen eintreteu, die unter Umständen sehr verhängnisvoll werden können.

Der Beginn der Sommerferien steht vor der Thür und die Gestade der Nord- und Ostsee locken, wie in allen Jahren so auch diesmal, die Erholungsbedürftigen, insbesondere die Schar der Kinder, an ihren erfrischenden und belebenden Strand. Da ist es angezeigt, darauf hinzuweisen, daß in diesem Jahre noch mehr als wie zuvor die Seeverbindungen von Bremerhaven nach den Haupt-Nordostseebädern eine Ausdehnung erfahren haben. Die Palast-Lloyddampfer verkehren in diesem Jahre zwischen Bremerhaven und Norderney, Bremerhaven-Helgoland, Bremerhaven - Amrum- Wyk-Westerland auf Sylt, von Bremen über Bremerhaven und Wilhelmshafen nach Wanger­ooge, ferner zwischen Helgoland und Borkum, zwischen Helgoland und Westerland auf Sylt, zwischen Norderney und Borkum, zwischen Norder­ney und Juist direkt über Norddeich und zwischen Wyk auf Föhr und Westerland auf Sylt. Ueber die Einzelheiten bezw. die Fahrpläne, die Fahr­preise, sowie über alles sonst wissenswerte giebt ein elegant ausgestattetes kleines Heft Aufschluß, welches vom Norddeutschen Lloyd in Bremen sowie allen seinen Agenturen umsonst an jeden versandt wird, der es zu haben wünscht.

Berlin, 7. Juli. Ein schwerer Zusammen­stoß zweier Straßenbahnzüge fand gestern nach­mittag auf der Tempelhofer Chaussee statt. 7