Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

Postwertzeichen. Die Frist für den Umtausch der in Württemberg und im Reichs-Postgebiet bis Ende März ds. Js. ailtig gewesenen Postwertzeichen gegen neue Postwertzeichen mit der InschriftDeutsches Reich" wird bis Ende Dezember 1902 verlängert. Der Umtausch kann nach wie vor bei allen württembergischen und Reichs-Post- austalten, sowie bei den Landpostboten bewirkt werden. Soweit noch Sendungen mit alten Postwertzeichen Vorkommen, werden sie von den Postanstalten bis zum Ablaufe der Umtauschfrist nicht in der Beförderung aufgehalten und auch nicht mit Nachtaxe belegt werden. Dies gilt auch für Sendungen mit Reichs-Postwertzeichen, die in Württemberg, und für Sendungen mit Württembergischen Postwertzeichen, die im Reichs- Postgebict zur Einlieferung kommen.

Wildberg, 19. Juni. Der Wirt zum Waldhorn" hier wurde dieser Tage von 3 be­trunkenen Handwerksburschen, die bei ihm über­nachten wollten, angegriffen und von einem derselben in den Arm gestochen, so daß er sich einer Operation in der chirurgischen Klinik in Tübingen unterziehen muß.

Alteusteig, 20. Juni. Das der Werner- schen Anstalt hier gehörige Pferd scheute vor­gestern nachmittag zwischen Ebhausen und Berneck vor dem daherkommenden Eisenbahnzug. Das Pferd sprang mit dem Fuhrwerk auf das Geleise, woselbst letzteres von der Maschine erfaßt und vollständig zertrümmert wurde. Auch die Maschine erlitt einigen Schaden, doch wurde der Fuhrmann und das Pferd nur leicht verletzt, elfterer kam mit dem Schrecken davon. Nachdem die Wagentrümmer beseitigt waren, konnte der Zug die Fahrt mit einiger Verspätung fortsetzen.

(Bad. Schwarzwaldverein.) Von der llblätterigen Vereinskarte im Maßstab 1 .50000 sind soeben die Blätter X St. Blasien-Waldshut und I Karlsruhe-Pforzheim in zweiter Austage erschienen. Das Blatt X schließt ein St. Blasien und Höchenschwand; das Alb-, Schlucht- und Wutachthal; den Rhein von Klein- Laufenburg, Waldshut bis Kaiserstuhl, Hohen- thengen, die Städte Thiengen, Stützungen. Das Blatt I bringt in seiner zweiten, vollständig neu bearbeiteten Auflage: die Höhenwege Pforzheim- Langenbrand (Basel); Pforzheim-Dobel (Walds­hut); ferner die Höhenweg - Zugangs - Linien:

1. (Karlsruhe) Ettlingen, Völkersbach, Freiolz­heim, Mahlberg, Bernstein (Teufelsmühle);

2. Karlsruhe, Marxzell, Schielberg, Neusatz, Dobel; die Vergrößerung von Karlsruhe mit dem neuen Hafen; die neuen Bahnverbindungen von Karlsruhe nach Ettlingen, Herrenalb und nach Pforzheim. Die Karte selbst ist in allen Stücken sehr sorgfältig bearbeitet und vortrefflich ausgefallen. Die Farbentöne sind bestimmt, der Stich ist scharf, an Wegen sind auch die aller- neuesten schon ausgenommen. Im Buchhandel kostet das Blatt aufgezogen 3.50 für die Mitglieder durch die Sektionsvorstände bezogen nur 2.50 ^

Neuenbürg, 21. Juni. Auf den heutigen Schweinemarkt wurden 60 Stück Milchschweine zugeführt und das Paar zu 3440 verkauft. Verkauf lebhaft.

Deutsches Weich.

Das Kaiserpaar hat nunmehr seine ge­meinsame Reisetournöe über Nürnberg nach dem Rhein u. s. w. zur Ausführung gebracht. Nachdem die Majestäten am Montag der schönen Feier des 50jährigen Bestehens des Germanischen Museums in Nürnberg beigewohnt, verweilten sie vom Dienstag bis zum Donnerstag in Bonn. Der Besnch in den schönen Rheinlanden hat einen dreifachen Zweck: Zunächst gilt er dem Konigs-Husaren-Regiment, das seit 50 Jahren seinen Standort in Bonn hat; ferner einer schönen akademischen Erinnerungsfeier, dem 75 jährigen Stiftungsfeste des studentischen KorpsBorussia," dem der Kaiser seit seinem Studium in der rheinischen Musenstadt angehört und das außer vielen andern Fürstensöhnen den Kronprinzen zu seinen Mitgliedern zählt. Der Kaiser wies hierbei in ungemein eindrucksvollen Worten darauf hin, wie ernst das Leben sei nnd wie

sehr das Vaterland der Männer bedürfe, worin er die Mahnung an die junge Generation der Borussia" verflocht, sie möchte bei allem frohen Genüsse der Gegenwart doch der kommenden Tage gedenken und sich auf dieselben vorbereiten. Ueberall ist dem Kaiser und mit ihm seiner Ge­mahlin von den treuen Rheinländern begeistert gehuldigt worden. Auch die Ortschaften, die das Kaiserpaar aus Anlaß der zweihundertjährigen Zugehörigkeit der Grafschaft Mörs zu Preußen berühren wird, haben alles zum würdigen Empfang der hohen Gäste aufgeboten.

Berlin. Nach den bisherigen Dispositionen ist, wie an bestunterrichteter Stelle mitgeteilt wird, der Besuch Kaiser Wilhelms beim Zaren am 4. August d. I. zu erwarten.

Wie schon im gestrigen Blatt als Telegramm mitgeteilt, ist König Albert von Sachsen am Donnerstag Abend in seinem Schloß Sibyllen­ort verschieden. Fürstbischof Kopp von Breslau war noch von 3^4 bis 4 Uhr nachmittags bei dem Sterbenden. Die letzten Nachrichten lauteten bald günstiger, bald ließen sie ein stärkeres Auf­treten der Krankheitserscheinungen erkennen. König Albert war am 23. April 1828 zu Dres­den geboren als einziger Sohn des feinsinnigen Prinzen Johann, Herzogs zu Sachsen, und seiner Gemahlin Amalie Auguste, Tochter des Königs Maximilian I. von Bayern. Mit ihm ist einer der hervorragenden Männer, die wesent­lichen Anteil hatten an der Begründung des deutschen Reichs, dahingegangen. Da die im Jahr 1853 geschlossene Ehe des Königs Albert mit Karola, geb. Prinzessin von Wasa, kinderlos geblieben ist, geht die Krone auf den um vier Jahre jüngeren Bruder des verstorbenen Königs, Georg, über. Seither wurde vielfach angenom­men, daß Prinz Georg zu Gunsten seines Sohnes, des im Alter von 37 Jahren stehenden Prinzen Friedrich August, auf seinen Thronanspruch ver­zichten werde. Das ist nicht der Fall, Prinz Georg hat sich, trotz seiner 70 Jahre, entschlossen, die Würde und Bürde des Königtums noch auf die eigenen Schultern zu nehmen Der neue König bekundete von Jugend auf Vorliebe für den Soldatenstand und trat frühzeitig bei der Artillerie ein. Am 25. Juni 1888 wurde er zum Generalfeldmarschall und Generalinspekteur der 3. deutschen Armeeinspektion (7., 8. und 11. Armeekorps) ernannt. Großes Aufsehen erregte ein vom Vorwärts an die Oeffentlichkeit gebrachter Erlaß des Prinzen vom 8. Juni 1891 gegen Soldatenmißhandlungen. Prinz Georg hat auch stets ein lebhaftes Interesse für die Politik bekundet.

Berlin, 20. Juni. Die Ueberführung der Leiche des Königs Albert nach Dresden, findet am Samstag früh, die Beisetzung in Dresden am Montag statt.

Es ist klar, daß die für unsre Ostmarken beschlossnen Maßregeln lediglich Preußen-Deutsch­land angehen. Trotzdem hat sich der Czeche Klofacs im österreichischen Abgeordneten­hause wiederholt erdreistet, unsrer Regierung deshalb am Zeuge zu flicken. Das letzte Mal behauptete er von der vom Grafen Bülow am 12. Juni im preußischen Herrenhause gehaltenen Rede, sie sei eine absichtliche Aufhetzung des deutschen Elements außerhalb der Grenzen des deutschen Reiches und in erster Linie in Oester­reich gewesen. Die hier zu Tage tretende Un­verfrorenheit und Frivolität ist umso größer, als Graf Bülow wie jedermann weiß eine durchaus loyale Politik gegen unsere Verbündeten verfolgt und ihm, dem Meister der Beredsamkeit, der seine Worte sorgfältig abwägt, eine Entgleisung nicht zugetraut werden kann. Wer seine Rede liest, der wird keinen Satz finden, der die ihm fälschlich zugeschriebene Deutung zuließe. So hat denn auch nicht nur der österreichische Minister- Präsident v. Körber den Czechen entschieden zurechtgewiesen, sondern auch das österreichische Abgeordnetenhaus hat unzweideutig zu erkennen gegeben, daß es mit solchen, das Ansehen des Parlaments schwer schädigenden Leuten nichts zu thun haben will.

Metz, 20. Juni. Der kommandierende General des 16. Armeekorps, Generaloberst Graf von Hülsen Häseler, ist heute morgen auf dem Exer­zierplätze von Frescaty mit dem Pferde gestürzt und hat hierbei einen einfachen Bruch des linken Unterschenkels erlitte«.

Seit Montag spielt vor dem Schwurgericht in Leipzig der Sensationsprozeß gegen die ehemaligen Direktoren und Aufsichtsratsmitglieder verkrachten Leipziger Bank. Die Sitzungen vom Montag und Dienstag wurden durch die frei­willigen Aussagen und Bekundungen der An­geklagten ausgefüllt, die natürlich alle bestrebt waren, sich nach Möglichkeit von den gegen sie erhobenen Beschuldigungen der Anklagebehörde rein zu waschen. Speziell galt dies von den Verteitigungsreden, mit denen sich der Haupt- angeschuldigte, der erste Direktor Exner, gegen die ihn belastenden Aussagen der Aufsichtsrats Dodel, Mayer, Voerster, Tiebiger, Wilkons, Schröder und Wölker, zu verwahren suchte. Am Mittwoch begann die eigentliche Vernehmung der Angeklagten.

Lau bau, 18. Juni. Heute nacht brannte das große Dampfsägewerk der Firma Seibt u. Gottwaldt in Schadewalde vollständig nieder. Der Schaden ist sehr groß. In Insterburg wurde die Dachpappenfabrik von Drengwitz durch eine Feuersbrunst vollständig eingeäschert. Der Schaden beträgt gegen 120000 ^ Württemberg.

Stuttgart, 19. Juni. Die Kammer der Abgeordneten setzte am heutigen Donnerstag die Beratung über die Eisenbahntarifreform fort. Der Minister der auswärtigen Angelegen­heiten, Frhr. v. Soden, nahm zunächst zu den gestrigen Anträgen des Vizepräsidenten Dr. von Kiene Stellung und erklärte, daß er der Ein­führung der 4. Wagenklasse, wenn sie vom Hause gewünscht werde, nicht unsympatisch gegenüber­stehe. Er verlas eine Erklärung der K. Staats­regierung, wonach dieselbe hinsichtlich der Frage der Selbständigkeit der württembergischen Eisen­bahnverwaltung den in den Beschlüssen der beiden Kammern zum Ausdruck gebrachten Standpunkt teilt und wonach die Regierung bereit ist, ent­sprechend dem Ersuchen der Kammer der Abge­ordneten darauf hinzuwirken, daß die Bestimm­ungen des Art. 42 der Reichsverfassung in Zukunft in noch erhöhtem Maße in Anwendung kommen, wonach dagegen die Regierung nicht in der Lage ist, dem Ersuchen zu entsprechen, im Bundesrat auf die Schaffung eines Reichseisen­bahngesetzes unter entsprechender Ausgestaltung des Reichseisenbahnamtes hinzuwirken, weil eine solche Anregung im Bundesrat auf eine genügende Unterstützung nicht rechnen könnte, v. Geß er­klärt, daß ein Teil seiner politischen Freunde auf den Hauptantrag der Kommission, ein anderer Teil für den neuen Antrag Rembold auf Ver­tagung der ganzen Frage stimmen werde. Be­richterstatter Haußmann-Balingen wendet sich in längerer Rede gegen die Einführung der vierten Wagenklasfe wie auch gegen die Vertagung der Angelegenheit. Er machte scharfe Ausfälle auf den Finanzminister und kam auch auf die China- expedition zu sprechen, von der die schlechte finanzielle Lage des Reiches herrühre, wobei ihm der Abg. Hieber zuruft:Sie haben ja auch im Reichstage die Mittel dafür bewilligt!" Dem Finanzminister warf Haußmann vor, daß er Beamtenpolitik treibe. Er stellte den Antrag auf Abschaffung der ersten Wagenklasse mit Aus- nähme der dem Durchgangsverkehr dienenden Schnellzüge. Der Finanzminister v. Zeyer er- widerte ihm und wies die gegen seine Person gemachten Angriffe mit Entschiedenheit zurück. Die Beamtenaufbesserung, von der Haußmann gesprochen habe, sei eine unbedingte Notwendig­keit gewesen und man habe ihr Rechnung tragen müssen, mochte die finanzielle Lage sein wie sie wollte. Die schlechte Finanzlage des Reiches rühre gar nicht von der Chinapolitik her, son­dern von dem wirtschaftlichen Niedergang. Die Chinapolitik sei überhaupt Sache des Reichstags. Rembold-Gmünd hat den Antrag eingebracht, im Hinblick auf die Finanzlage und die Bahn- bedürfnisse des Staates, insbesondere die Be­dürfnisse einer Verbesserung und des Ausbaues des württembergischen Eisenbahnnetzes, von der Beschlußfassung über die sämtlichen die Regelung des Eisenbahntarifs enthaltenden Anträge zur Zeit abzusehen und begründete diesen Antrag in längeren Ausführungen. Er hob namentlich hervor, daß mit den Haußmann scheu Anekdoten nichts bewiesen sei, die Haußmann vorgebracht habe. Es sei eine Spekulation, die auf keinem