daß die gebildete» und »ermöglichen Leute, die hohe Steuern zahlen, ein doppeltes und teilweise dreifaches Wahlrecht besitzen. Durch die Ein­führung des gleichen Wahlrechts würden die Sozialdemokraten allerdings sofort die über­wiegende Mehrheit in der Deputiertenkammer gewinnen und das wäre der Anfang der sozial­istischen Republik in Belgien. Ob die europä­ischen Großmächte eine solche Republik überhaupt dulden können, ist sehr erwägenswert und es gehört eine gute Dosis politischen Leichtsinns dazu, für die belgischen Sozialisten Partei zu ergreifen.

Lüttich, 17. April. In Herstal haben 2000 Mann die Arbeit wieder ausgenommen. Trotzdem hat die Zahl der feiernden Arbeiter im Bassin von Lüttich noch zugenommen und be­trägt gegenwärtig 40000. Bei Verviers hat der Ausstand sich auf alle umliegenden Ort­schaften ausgedehnt.

Krieg Englands gegen die Buren.

London, 16. April. Aus Pretoria wird gemeldet: Die Kolonne Bruce Hamilton ist in Standerton eingetroffen. Während ihrer Ope­rationen längs der Bahnlinie von Middelburg wurden 145 Gefangene gemacht, darunter zahl­reiche Verwundete. Die Kolonne Kohlen­brander hat sich geteilt, um das Thal von Gulopriver zu durchstreifen und eingeschlossene Buren des Kommandos Beyer einzufangen. Man glaubt, daß Beyer selbst entkommen sei.

London, 16. April. Eine ernste Stockung in den Friedensverhandlungen ist cingetreten, da die englische Regierung den vorläufigen Waffen­stillstand, die allgemeine Annestie und die Auf­hebung der Verbannungsproklamation verweigert. Die Stimmung der amtlichen Kreise ist gedrückter

London, 17. April. Daily Graphic er­fährt, die Burenführcr hätten der englischen Regierung noch keinerlei endgiltige Vorschläge unterbreitet und sich darauf beschränkt, in sehr allgemeiner Weise ihre Wünsche anzudeuten. Man könne daher sagen, daß die Art von Er­öffnungen sich dem nicht nähere, was die Reichsregierung bereit sei, als vernünftige Grund­lage für Verhandlungen zu betrachten. Eine Mitteilung in diesem Sinne sei an die Buren­delegierten in Pretoria gerichtet worden. Das Blatt schreibt dann weiter: Wir können hinzu­fügen, 1) daß die Buren nicht gebeten haben, das Kabel benützen zu dürfen, um sich mit Krüger und seinen Ratgebern in Utrecht in Verbindung zu setzen, und 2) daß die Annahme durchaus auf Einbildung beruht, daß die in einem aus Burenquellen geschöpften Brüsseler Telegramm vom letzten Dienstag aufgeführten Bedingungen der englischen Regierung in dem jüngst aus Südafrika erhaltenen Depeschen unter­breitet worden seien.

London, 17. April. Seit gestern abend sind die Hoffnungen, daß das Ende des Krieges unmittelbar bevorstehe, noch etwas geringer ge­worden. Man winkt von Seiten des Kabinets unter der Hand mehr als vorher gegen kühne Erwartungen ab und hält nur fest, daß ein günstiger Ausgang keineswegs ausgeschlossen sei. Der gestrige Kabinetsrat dauert nur eine halbe Stunde, worauf Lord Salisbury vom König vor seiner am Nachmittag erfolgenden Abreise nach Schloß Sandringham empfangen und zur Früh­stückstafel zugezogen wurde. Heute mittag findet abermals eine Ministerberatung statt.

Unterhaltender Heil.

Am Stacheldraht-Zaun.

Ein heiteres Erlebnis aus dem Burenkriege.

(Schluß.)

Nun nahm er glühenden Auges den Faden seiner Erzählung auf.

Ich bin 18 Jahre und habe ein Herz im Leibe: Zwei Dinge, die mich ein prächtiges Mädel von unserem Stamm finden und lieben lernen ließen. Sie hat den Vater im Felde verloren, die Mutter und ihre zwei jüngeren Geschwister haben die englischen Würger mit fort geführt, auch ihr stand ein gleiches Los bevor, doch sie wußte noch zur rechten Zeit

zu entwischen. Wie? wird hier jeder fragen! Nun, sie hatte sich in ihres Vaters daheim gebliebene Kleider gesteckt und war als Mann unbehelligt durch die Reihen der Marodeure entkommen.

Von Farm zu Farm zu Farm war sie ge­pilgert, überall Unglück, Leid und Schmerz, wie in ihrem Elternhause, überall Thränen über erlebtes Ungemach oder über bevorstehenden Kummer.

So schlich sie weiter und immer weiter, denn unter solchen Umständen war nirgend ihres Bleibens länger.

An einem Abend, der tiefdunkel sich über das freie Burenland gesenkt, war sie an einer Stelle auf freiem Felde angelangt, wo sie nicht weiter konnte, denn ein fester Stacheldraht-Zaun versperrte ihr den Weg.

Sie wußte es, wo sie war: an einer eng­lischen Blockhauslinie!

Da sah sie Plötzlich einen Mann vor sich liegen, der anscheinend in tiefen Schlaf gesunken war, sich aber trotzdem unruhig hin und her wälzte und grunzende Laute von sich gab.

Es war nicht schwer, einen total betrunkenen englischen Soldaten zu erkennen.

Kurz entschlossen legte sie ihres Vaters Kleider ab und neben dem Engländer nieder, sich selbst aber zog sie das Exterieur des Sol­daten Sr. britischen Majestät an. Zum Ueber- fluß fand sie auch noch einen scharf geladenen Revolver in dem Waffenrock.

Auf einmal stand ein englischer Korporal neben ihr, wie aus der Erde gezaubert.

Er stammte offenbar aus einem nahen Blockhause, das sie in der Dunkelheit gar nicht bemerkt hatte, aber trotz der Dunkelheit sah sie, daß der Ungerufene gleichfalls hin und her Pendelte, auch hörte sie es an seinem Lallen, daß er, wie sein Kamerad am Boden, sinnlos berauscht war.

Mit einem Mal blitzte ein Licht auf; der Herr Korporal hatte ein Streichholz entzündet und leuchtete auf dem Boden hin und her.

Das Mädchen sah er als seinen Kameraden an, den am Boden liegenden für einen Buren, die daneben liegenden Kleider gaben ihm das Recht dazu.

Nun that er, was Engländer in solchem Falle immer thun, er zog seinen Revolver, drückte ihn auf den armen Sünder auf der Erde ab, der sich nur noch einmal herumwälzte, um dann den ewigen Schlaf weiter zu schlafen.

Dem vermeintlichen Kameraden aber händigte er eingewichtiges" Schriftstück ein mit der Weisung, es ungesäumt dem Korporal in der nächsten Blockhausstation zu übergeben.

Kameraden, das Mädchen entstammte näm­lich einem Pfarrhause, war gut erzogen und und sprach das Englische geläufig mit tadel­losem Accent!

Mit dem Schriftstück nun schlug sie einen diagonalen Weg ein, kam zu einer der unseligen Kolonnen und überbrachte das Schreiben deren Führer, dem es wesentliche Dienste leistete.

Denn es enthielt faktisch wichtige Nachrichten über den Stand, die Stärke und die Bewegung englischer Truppen, die ausgesandt waren, unseren De Wet zu fangen."

Hier unterbrach ein wahrer Freudenjubel den begeisterten Sprecher.

Wo ist Dein lieber Schatz, braver Junge, daß wir ihm danken können!" fragten und riefen alle Stimmen durcheinander.

Gemach!" beschwichtigte sie der Sprecher, ich komme zum Schluß!"

Und, sich eine Thräne aus dem Auge wischend, sagte er:Wenn einer von euch heute morgen beim Kampf auf dem Hügel ein solches braves, liebes und tapferes Weib, seinen herzigen Schatz noch unten gewußt hätte, wäre er nicht auch zurückgegangen, ihn zu holen, ihn zu schützen?"

Ja, braver Junge, wir hättens auch ge- than!"

Verzeihe mir den Peitschenhieb!" bat ge­rührt De Wet.

Du hast mich nimmer um Verzeihung zu bitten," beteuerte der junge Bur,ich bitte Dich

vielmehr, meinen anscheinenden Rückzug zu ent­schuldigen; ich wollte nur an der Seite meiner Liebe sein und kämpfen, die dort . . . dort alz j tapferer Kamerad unter uns weilt." '

Alle schauten nach der Stelle, auf die der junge Krieger hindeutete . . . Errötend stand dort in Männerkleidung die Geliebte des junqen Buren, die freudig mitgekämpft hatte!

Man umringte sie, man küßte sie, vor allen.

De Wet, dem Helle Thränen in den Auaen perlten.

Und jubelnd rief der junge Bur:Ich danke euch, denkt mit mir ewig an meiner Ge­liebten Erlebnis am Stacheldraht-Zaun!" !

Wermischtes. '

Einen eigenartigen Aprilscherz leistet, sich, wie derFigaro" erzählt, ein bei einem Pariser Notar beschäftigter Schreiber. Am 1. April erschien im Bureau des Notars ein Buckeliger, der, nach einem einwandfreien Briefe den er vorzeigte, in einerdringenden Ange­legenheit" dorthin zitiert worden war. Obwohl der Notar von derdringenden Angelegenheit« nichts wußte, ließ er den Buckeligen warten Kaum hatte der Mann Platz genommen, M ein 2. Buckeliger mit einem ähnlichen Briefe erschien. 5 Minuten später kam ein 3., dann ein 4. und schließlich waren nicht weniger alz 33 schreibe: dreiunddreißig Buckelige in dem Anwaltsbureau versammelt. Die Zahl zz war voll mit Absicht gewählt, denn sie wird im LottospielDie beiden Buckeligen" genannt Als die Buckeligen erfuhren, daß die ganze Geschichte ein dummer Aprilscherz war, machten sie im Bureau des Anwalts ein Höllenlärm, sodaß der Notar die Polizei holen lassen mußte'

Der Anstifter des Unfugs, der kleine Schreiber, führte zu seiner Entschuldigung an, er habe geglaubt, daß die Buckeligen dem Bureau Glück bringen würden Dem Schreiber brachten sie jedenfalls kein Glück, denn er flog noch an demselben Tage hinaus.

Der neueste, aber auch waghalsigste Trick, den ein Artist ausgedacht hat und auch thatsächlich ausführt, war vor einigen Monaten in Berlin im Zirkus Busch und ist jetzt in London im Hippodrom zu sehen. Ein auf seiner Maschine sitzender Radfahrer stürzt sich von der bedeutenden Höhe des Hippodroms in ein großes Wassergefäß herab. Dabei ist , der Radfahrer nur im Besitz eines Beines. Er ' stammt aus Ohio und hatte einst das Unglück, mit seiner Maschine zu stürzen und sich das Kniegelenk so schwer zu verletzen, daß das Bein abgenommen werden mußte.

(Der älteste Mann der Welt) heißt Noa ! Raby und ist 130 Jahre alt. Er ist ein Neger ! und befindet sich erblindet und zahnlos schon ! seit Jahren im Armeuhause von Neu-Braun- schweig in den Vereinigten Staaten. In den letzten Wochen ließen seine Kräfte merklich nach, aber seine geistige Energie blieb ebenso unge­schwächt wie sein Gedächtnis.

(Der resolute Pepi.f Pepi:Mutter, Mutter, wie du nich da warscht, is änne MauS ins Butterfaß gefallen!" Mutter:Hast da sie denn herausgeholt?" Pepi:Nee, aber ich habe gleich die Katze meingeschmissen, damit die se fängt!"

(Empfindlich, j Angehender Schwiegersohn: Verehrte Frau, ich werd's mir doch noch M- legen, ob ich um Ihre Tochter wirklich anhalü! Gestern abend wollte ich ihr beim Weggehen einen Kuß geben, da hat sie mir gleich eine runtergehaut!" Mutter:Aber, lieber Herr, das dürfen Sie doch nicht gleich übel nehmen! Das junge Ding ist halt noch ein bischen schüchtern"

Mutmaßliches Wetter am 18. und 19. Aprü

(Nachdruck verboten.)

Für Freitag und Samstag ist trockenes und größtenteils heiteres, tagsüber ziemlich warmes Wetter zu erwarten.

Am 19. und 20. April.

Für Samstag und Sonntag ist zwar mehrfach be­wölktes, aber in der Hauptsache trockenes und auw zeitweilig heiteres Wetter in Aussicht zu nehmen.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg