Die hie und da aufgetauchte Vermutung, bei der Begegnung des Reichskanzlers mit dem italienischen Minister Prinetti in Venedig und dem nachqefolgten Besuche des Kanzlers in Wien hätte wohl auch die Frage der neuen Handels­verträge eine Rolle gespielt, wird von unter- richtete! Seite als ganz unbegründet bezeichnet. Es wird da versichert, die deutsche Reichsregierung denke gar nicht daran, in handelspolitische Vor­besprechungen mit dem Ausland einzutreten, so lange das Schicksal der Zolltarifvorlage im Reichstage nicht entschieden sei. Indessen betont die betreffende Mitteilung, die Regierung würde die bestehenden Handelsverträge einfach weiter lausen lassen, falls die Reichstagsverhandlungen Über den neuen Zolltarif bis zum Zeitpunkte, an welchem die Kündigung der Verträge vorgesehen sei. noch kein positives Ergebnis gezeitigt haben sollten. Das Ausland würde einem solchen Vor­gehen der deutschen Regierung zweifellos volles Verständnis entgegenbringen.

Aus Baden, 12. April. Die zur Er­innerung an das 50jährige Regierungsjubiläum des Großherzogs am der Karlsruher Münzstätte geprägten silbernen Denkmünzen zu 5 und 2 werden vom 21. April l. I. gegen Wert­ersatz an das Publikum abgegeben werden. Mehr als ein 5- und ein 2 ^stück sollen in der Regel an eine Person nicht verabfolgt werden. Die Verausgabung erfolgt in Karls­ruhe durch die Gencralstaatskasse, das Haupt­steueramt, das Domäneamt und die Steuer- rinnehmereien, in den anderen Städten des Großherzogtums durch die Finanzämter, Haupt­steuerämter, Domäneämter, Salinenämter, in Mannheim außerdem durch das Hauptzollamt. In Orten größeren Umfangs, wo sich eine der genannten Bezirksfinanzkassen nicht befindet, werden die Steuereinnehmereien mit einem an­gemessenen Vorrat jener Münzen zur Abgabe an die Bevölkerung versehen werden. Wegen Aushändigung der Münzen an sämtliche Beamte des Landes wurde den Kassen besondere Weisung erteilt, auch wird der Militärverwaltung ein entsprechender Betrag zur Verfügung gestellt werden. Ebenso ist den Wünschen der anderen Bundesstaaten auf Ueberlassung gedachter Münzen entsprochen worden, soweit dies mit Rücksicht auf den eigenen Landesbedarf und die Höhe der Gesamlprägung thunlich erschien.

Berlin, 14. April. Die Abendblätter bringen spaltenlange Berichte über Einzelheiten von der Gewalt des Unwetters. Die Feuer­wehr mußte in vielen Fällen die Bewohner von Kellerwohnungen in Sicherheit bringen, darunter in Wiegen auf der Flut schwimmende Kinder. In manchen Straßen waren sämtliche Keller überschwemmt; die Straßen standen teil­weise mehr als fußhoch unter Wasser; die tiefer­liegenden wiesen einen Wafserstand von 1 m auf. In vielen Geschäften wurden die Schau­fenster durch Wassermassen eingedrückt. Außer den bereits gemeldeten mußte eine Anzahl Hauser geräumt und gestützt werden, weil Ein­sturzgefahr vorlag. In der Gerichtsstraße sind 2 Häuser eingestürzt. Mittags erschien Ober­bürgermeister Kirschner an der Unglücksstelle.

die Straßenbahn nicht verkehrt, vermitteln Möbeln- und andere Wagen den Verkehr in den «tragen.

Freiburg i. B., 14. April. Der badis Schwarzwaldverein wird seine diesjährige Hau veriammlung in Pforzheim abhalten. 3 Eem zählt gegenwärtig in 56 Sektionen 86 Mitglieder, 197 mehr als 1900. Als Hau Ostung des Gesamtvereins erscheint die 19 ollendete einheitliche Markierung des Höhenw« PsorzheimFeldbergBelchenBasel, wel

0466 ^ gekostet hat. Aus eigenen Mitt yaven die Sektionen im Jahre 1901 für We Drücken, Wegweiser. Farbstriche 18 700 s Aurme und Schutzhütten 5800 ausgegeb rl»s der Hauptkasse wurden für Wege 5517 ausgegeben, vom Hauptvorstand und den S zusammen 24 220 für Türme u Schutzhütten 8760 zusammen 32980 > Zur Herausgabe des WerksPflanzenleben Schwarzwald" nach dem Muster des Schm Lammest '' Kapital von 2316 -

Trier, 10. April. Vom Einfluß der schlechten Zeiten" ist bei den gestern begonnenen Weinversteigerungen nichts zu merken. Für die besseren Gewächse des Jahrganges 1900, der keineswegs zu den hervorragendsten gehört, werden vielmehr Preise erzielt, die für die Mehrzahl der Weintrinker unerschwinglich sind. Der Bremer Ratskeller steigerte z. B. heute vom Grafen Keffelstatt 2 Fuder Piesporter zu 10000 und 7340 Der Durchschnitt der Piesporter stellte sich auf 4700 -/A, der der Kesselstattschen Josephshöfer auf 2047

Vom Bodensee, 14. April. In Ueber- lingen wurde aus der Zeit der Schwedenbelager­ung eine 25 Pfund schwere Kanonenkugel auf­gefunden.

Württemberg.

Aus Württemberg, 12. April. »Die Bevölkerung Württembergs, die noch am Ende des Jahres 1871 4.429 °/a der Reichsbevölkerung ausmachte, ist im Jahre 1900, wie derKreuz- ztg." mitgeteilt wird, auf 3,849 °/o zurückge­gangen. Die diesseitige Einwohnerzahl nimmt also weit langsamer zu, als die Einwohnerzahl des Reiches ohne Württemberg, eine Erfahrung, die man von Süddeutschland wie von Elsaß- Lothringen überhaupt macht. Bezüglich der Volksdichtigkeit entfallen auf ein Quadratkilo­meter in Württemberg 111, in Preußen 99, im deutschen Reiche 104 Personen. Auf 1000 männliche Personen entfallen im deutschen Reiche 1032, in Preußen 1031, in Württemberg 1060 weibliche. So hat also Württemberg den größten weiblichen Ueberschuß. Dieser ist am größten im Schwarzwaldkreis, am kleinsten im Neckarkreis.

Zu den in Württemberg aufgegebenen Paketfendungen nach anderen Postgebieten werden jetzt Aufgabezettel aus grünem Papier verwendet, um den Auswechslungspostanstalten die richtige Verrechnung des gemeinschaftlichen Frankos zu erleichtern. Mit Aufgabezetteln aus weißem Papier werden seit 1. April nur noch die Pakete des inneren württ. Verkehrs beklebt.

Stuttgart, 14. April. In verschiedenen Teilen des Landes gingen gestern heftige Ge­witter nieder; Blitzschläge und Wasser richteten teilweise nicht unerheblichen Schaden an.

Freuden stadt, 14. April. Gestern nach­mittag tobte im Schwarzwald ein Gewitter mit einer zur jetzigen Jahreszeit ganz außergewöhn­lichen Heftigkeit. Leider hat dasselbe ein Men­schenleben gefordert. Im benachbarten Baiers- bronn traf der Blitz einen in den besten Jahren stehenden Familienvater in dem Augenblick, als er aus der Thüre seines Hauses treten wollte. Betäubt stürzte der Mann, dessen junge Frau erst gegen Abend von einer Konfirmation in einer benachbarten Ortschaft nach Hause zurück­kehrte, zu Boden und bald darauf trat der Tod ein.

Freudenstadt, 15. April. Hier tritt mit großer Bestimmtheit die Nachricht auf, daß Kom­merzienrat Mauser in Oberndorf, der Abge­ordnete für den 8. Reichstagswahlkreis, ein Mandat nicht mehr annehmen wird.

Bietigheim, 15. April. Gestern weilte hier eine Kommission der kaiserlichen Werft in Kiel, um die Germania Linoleum-Werke zu be­sichtigen. Wie wir hören, wurde eine namhafte Linoleumlieferung für die kaiserliche Marine für das Etatsjahr 1902/1903 dem Werke über­tragen. Auch vom Kgl. Württ. Ministerium des Innern, dem Kgl. Medizinalkollegium, von der Kgl. Domänedirektion waren diese Woche Vertreter hier zur Besichtigung der Werke, deren Fabrikate in verschiedenen Staatsneubauten Verwendung finden sollen.

Tübingen, 13. April. Einer der geschätz­testen hiesigen Anwälte, Rechtsanwalt Wetzel, verläßt demnächst die hiesige Stadt, um die ihm übertragene Direktorsstelle beim Allgem. Deutschen Versicherungsverein in Stuttgart zu übernehmen.

Auf der Filderbahn wird vom 1. Mai ds. Js. ab elektrischer Betrieb eingeführt. Die elektrische Zentrale befindet sich in Möh­ringen a. F.

Maulbronn, 14. April. Mit Genehmig­ung der Kgl. Kultministerial-Abteilung für Ge- lehrten- und Realschulen wird am 1. Mai d. I. hier die längst ersehnte (einklasstge) Realschule

eröffnet. Wegen Uebertritts einer größeren Zahl Schüler der Volks- in die Realschule wird die seitherige Lehrgehilfenstelle aufgehoben. Als Lehrer an der neuerrichteten Realschule wurde in provisorischer Weise der höhergeprüfte Lehr­amtskandidat Frick von Nürtingen ernannt.

Birkach OA. Stuttgart, 15. April. Heute vormittag */LlO Uhr wurde die 44 Jahre alte ledige Bötin Karoline Hein von hier im Walde zwischen Kleinhohenheim und Birkach ermordet aufgefunden. Der That verdächtig ist der 25 Jahre alte Zuschneider bei Haueisen u. Co. in Stuttgart namens Koch. Er soll die That aus Rache begangen haben, weil sein Vater mit der Ermordeten in letzter Zeit vor Gericht stand.

Ulm, 15. April. Der Briestaubenverein Columba" hier verfügt Heuer über einen Be­stand von 600 Tauben, welche im Kriegsfall den Militärbehörden zur Verfügung stehen. Für Heuer sind 3 Touren vorgesehen und zwar für alte Tauben nach Posen 650 Kilometer, nach Metz 294 Kilom., für diesjährige junge Tauben nach Nürnberg 150 Kilom. Wetlflüge finden 8 statt.

Sluttgart. sLandesproduktenbörse.s Bericht vom 14. April von dem Borstand Fritz Kreglinger. Im Wochenverlauf befestigte sich die Stimmung im Getreidegeschäft, indem Amerika auf Grund etwas we­niger günstiger Saatenstandsberichte die Forderungen für Weizen erhöhte, wodurch die Kauflust mehr ange­regt wurde. Preise hier behauptet. Mehlpreise pr. 100 Kilogramm inkl. Sack: Mehl Nr. 0: 29 bis 29 4L 50 Nr. 1: 27 -4t bis 27 4t 50 Nr. 2: 25 50 bis 2k 4t ,

Nr. 3: 24 -4t ^ bis 24 -4L 50 4, Nr. 4: 21 4t bis 21 -X 50 4. Suppengries 29 4t ^ bis 29 4t 50 Kleie 9 -4t 50

Zustand.

Brüssel, 15. April. Das unabhängige Syndikat der Buchdrucker beschloß, keine gemein­same Sache mit den Ausständigen zu machen. Die Zahl der feiernden Arbeiter beträgt 50 000. Gruppen durchziehen ruhig die Straßen; auch die Nacht verlief ruhig. Die Führer der Arbeiter empfehlen es, Unruhen zu vermeiden und sich des Alkohols zu enthalten: In den meisten Ortschaften ist die Bürgerwehr einberufen worden. Der Abend ist hier und im Lande nach den bis­her eingegangenen Meldungen ruhig verlaufen. In der Vorstadt Aderlecht wurde eine große sozialistische Versammlung abgehalten, in der Vandervelde unter heftigen Ausfällen gegen die Regierung zum Beharren bei dem Begehren der Verfassungsdurchsicht und zur Ruhe aufforderte. Es gelte jetzt, die Antwort der Regierung abzuwarten. Um diese zu er­fahren, solle sich eine große Menschenmenge am Mittwoch Abend vor der Kammer einfinden. Beharre die Regierung auf ihrem Widerstand, so solle bis zum Aeußersten durch Mittel des Aufruhrs um die Durchsicht der Verfassung ge­kämpft werden.

Lüttich, 15. April. Heute früh betrug die Zahl der Ausständigen hier und in der Um­gegend sowie in den Steinbrüchen des Amblive- thales 3000, in der Umgegend von la Louviore befinden sich etwa 25000 Mann im Ausstand. In Houseny wurde ein Soldat, welcher auf­rührerische Rufe ausgestoßen hatte, zu 7 Monaten Militärgefängnis verurteilt.

Der soeben veröffentlichte Mandschurei­vertrag zwischen Rußland und China wird von der Petersburger Presse zustimmend be­sprochen. Im Allgemeinen wird hierbei hervor­gehoben, wie der Vertrag erneut die Friedens­liebe Rußlands bekunde und daß die Mandschurei auch nach ihrer Räumung durch die russischen Truppen in ausschließlich russischer Einflußsphäre verbleiben würde.

Krieg Englands gegen die Buren.

London, 15. April. Ueber die Verhand­lungen in Pretoria verlautet als neu nur, daß Lord Milner gestern im Beisein Lord Kitcheners eine längere Besprechung mit den Burenführern hatte, worin nach Lage der Verhältnisse nur die politische Entwicklung der Dinge nach einer möglichen Waffenstreckung erörtert werden könnte, In den Abendstunden lief im Unterhause eine lange Depesche an den Kolonialminister Cham- berlain ein, der sie aufmerksam durchlas, worauf sie auf der Ministerbank von Hand zur Haüd