Württemberg.

Stuttgart, 11. April. Auf Grund der Besprechung, die am letzten Dienstag im Wil­helmspalais stattfand, ist, wie derSchw. M." hört, nunmehr der Platz bei der Hofwaschküche endgiltig für das Jnterimstheater gewählt Worden; man hofft das letztere bis spätestens 1. Oktober fertigstellen zu können. In Stutt­gart und im ganzen Land wird man dem König, der von Anfang an und zuletzt noch durch Per­sönliche Uebernahme deS Vorsitzes in der ent­scheidenden Sitzung sein lebhaftestes Interesse für eine vorläufige Lösung der Theaterfrage bekundet hat, dankbar sein für eine Entschließung die die Anlagen unversehrt läßt und die Mög­lichkeit offen hält, das künftige Haupttheater auf dem historischen alten Platz als dem weit­aus geeignetsten zu errichten.

Stuttgart, 11. April. Den Bemühungen der württ. Eisenbahnverwaltung im Verein mit den übrigen Bahnverwaltungen ist es gelungen, ganz erhebliche Verbesserungen der westöstlich und ostwestlich über die Strecke Mühlacker-Stutt- aart-Ulm laufenden Schnellzüge einzuführen. Ein Teil der bisherigen beschleunigten Personen­züge, sowie der bisherigen Schnellzüge wird im neuen Fahrplan mit der Bezeichnung Eilzng er­scheinen. Bei diesen Zügen wird ein Schnell- rugzuschlag nicht erhoben. Die schweizerischen Bahnen werden zum erstenmal den Sommcr- fahrplan wie die deutschen und österreichischen Bahnen am 1. Mai einführen.

Stuttgart, 10. April. Das Gemeinde­ratskollegium nahm einstimmig den Antrag, daß an den Stuttgarter Schulen Schulärzte angestellt und 8000 hierfür ins Budget eingestellt werden sollen, an.

Aus Württemberg, 4. April. Die neue Forstorganisation ist mit dem 1. April ins Leben getreten; damit sind die bisherigen, den Revierämtern unmittelbar Vorgesetzten Forst­ämter aufgehoben und die Revierämter un­mittelbar der Forstdirektion unterstellt worden. Die zur Durchführung der neuen Organisation nötigen Ausführungsbestimmungen sind nun veröffentlicht. Die amtlichen Bezeichnungen sind: für die bisherigen RevierämterForstamt" für den InhaberOberförster" für deren DienstbezirkForstbezirk", für die in einzelnen Forstbezirken aufgestellten zweiten Beamten Forstamtmann" bezw.Forstassistent'. Die örtliche Aufsicht über die gesamte Amtsführung in den Forstbezirken hat derForstinspektor", ein Kollegialmitglied der Forstdirektion. Für den Zweck der Beratung wichtiger Verwaltungs­fragen, insbesondere der Revierpreise, Holz­hauerlöhne usw. werden sogenannteForstver­bände" gebildet. Hinsichtlich der Vereinnahmung von Geldern für die Forstverwaltung ist be­stimmt, daß sämtliche Forstverwaltungsbeamte mit keinerlei Geldeinzug usw. sich befassen dürfen. Ebenso ist es ihnen verboten, offen oder unter irgend einer verdeckenden Form un­mittelbar oder durch Zwischenpersonen an Ver­äußerungen von Walderzeugnissen, Verpachtungen usw. als Partei teilzunehmen, oder nachher in den Kauf, Pacht usw. einzutreten.

Zu den neuen Postwertzeichen. Wie man hört, wird zufolge einer neuen Verständig­ung mit dem Reichspostamt die Annahme und Absendung solcher mit einem württembergischen Wertzeichenstempel versehener Karten, auf deren Vorder- oder Rückseite die Namen von einzelnen Personen oder Firmen vorgedruckt sind, bis auf weiteres ohne Nachtaxe zugelassen, um den be­treffenden den Aufbrauch ihrer Vorräte thunlichst zu ermöglichen. Den Geschäftsleuten wird diese Berücksichtigung ihrer Interessen gewiß erfreu­lich fein.

Eßlingen, 9. April. Ein erschütterndes Familiendrama spielte sich gestern nachmittag und heute vormittag hier ab. Der etwa 26 Jahre alte, in der K. Lokomotivwerkstätte be­schäftigte Schlosser Emil Weis geriet gestern nachmittag nach der Rückkehr von der Kontroll- versammlung mit seiner Frau in Streit, wobei er dieselbe mißhandelte. In der Aufregung stürzte sich die Frau aus dem ersten Stockwerk

zum Fenster hinaus und erlitt hiebei sehr schwere Verletzungen, u. a. brach sie beide Füße. Die Unglückliche wurde ins Krankenhaus überführt. Heute vormittag begab sich nun der Ehemann, von Gewissensbissen gequält, auf den Friedhof und erschoß sich daselbst. Die beiden waren erst b/« Jahr verheiratet.

Ausland

Der Großherzog von Luxemburg hat seinen Sohn zum Statthalter ernannt.

In Belgien hat sich die innere politische Lage im Zusammenhang mit der Frage des all­gemeinen Stimmrechts Plötzlich wieder recht kritisch gestaltet. Aus einer ganzen Reihe von Orten kommen Meldungen über mehr oder weniger ernste Ruhestörungen, welche daselbst infolge der hetzerischen Agitation der Sozialdemokraten statt­gefunden haben, so aus der Hauptstadt Brüssel selbst, ferner aus Antwerpen, Gent, Lüttich, La Louviöre u. s. w.; mehrfach trugen diese Un­ruhen einen antiklerikalen Charakter. Die herr­schende Situation droht dadurch noch eine Ver­schärfung zu erfahren, daß im Zentrum des Kohlenreviers ein Ausstand ausgebrochen ist, an welchem sich zunächst 2000 Grubenarbeiter be­teiligen. Jedenfalls ist cs begreiflich, wenn die belgische Regierung unter den obwaltenden Um­ständen zu umfassenden militärischen Vorsichts­maßregeln greift, wie die Einberufung eines Teiles der Milizen bekundet.

Nach einer Meldung aus Willemstad haben in Venezuela die Regierungstruppen bei Carupano und bei El Pilar schwere Nieder­lagen erlitten; im erster» Gefecht habe General Escalante 350 Mann verloren.

London, 10. April. Der bekannte Journalist und Friedensapostel Stead veröffent­licht einen von Cecil Rhodes im Jahre 1898 empfangenen Brief, worin Rhodes als sein po­litisches Ideal die Beherrschung der Welt und die Wahrung des ewigen Friedens durch die englisch sprechende Rasse bezeichnet. Durch das Wirken einer Gesellschaft reicher Männer nach dem Muster der Jesuiten erklärte Cecil Rhodes dieses Ziel erreichen zu wollen.

Krieg Englands gegen die Buren.

Hoffen und Harren macht schließlich auch noch die Engländer zum Narren, denn sie warten mit steigender Ungeduld auf Friedens­nachrichten aus Südafrika, die aber nicht kommen wollen, weil, allerdings bis jetzt unverbürgten Nachrichten zufolge, die hauptsächlichsten Buren­führer Delarey, Dewet u. s. w. nur dann von einem Friedensschluß etwas wissen wollen, wenn England die Unabhängigkeit der beiden südafri­kanischen Republiken gewährleiste und nebenbei noch eine Entschädigung für die niedergebrannten Farmen zahle. Das will aber Chamberlain unter gar keinen Umständen und König Eduard darf so oft und so dringend als er will, den Wunsch äußern, er möchte noch vor seiner Krön­ung im Juni d. I. den Friedensschluß herge­stellt sehen, er kann das Ministerium nicht be­einflussen. Inzwischen schickt Kitchener wieder zahllose Siegesöepeschen, aus deren Zeilen man aber manche schwere Schlappe der Engländer herauslesen kann. Die ungeheuren Kriegskosten, welche die Engländer zahlen müssen, zwingen jetzt aber auch die Regierung, die Zölle und die indirekten Steuern ganz beträchtlich zu erhöhen und ehe noch ein Gesetzentwurf beim englischen Parlament eingebracht ist, gehen bereits die eng­lischen Zollbehörden recht rigorös vor, worüber in weitesten englischen Geschäftskreisen große Be­unruhigung entstanden ist. Ein Petersburger Blatt, dieNowosti" kündet bereits den Eng­ländern an, daß Rußland sich für das englisch­japanische Bündnis, welches ihm die Gewinnung eines das ganze Jahr hindurch eisfreien Hafens an der Küste des Stillen Ozeans verwehren will, unbedingt rächen wird und zwar durch einen Vormarsch über Afghanistan nach dem persischen und indischen Meer. DieNowosti" ist zwar kein offiziöses Blatt, aber ihr Artikel hätte bei der russischen Zensur sicher keine Gnade gefunden, wenn er nicht der russischen Regierung aus der Seele gesprochen wäre.

Vermischtes.

DieGeschäftswehr", Organ des württb Schutzv. f. H. u. G. teilt mit: Die Firma Stern u. Wolf in Aalen hat vor einigen Monaten mit dem bei einer solchen Gründung üblichen Geschrei ein Warenhaus eröffnet. Einige Ein, käufe, welche in unserem Aufträge bei Stern u. Wolf gemacht worden sind, haben ergeben, daß einzelne zuLockvögeln" verwendete Waren' qua­litativ das schlechteste Prädikat verdienen, daß aber einigermaßen gute Waren erheblich teurer verkauft werden, als in den übrigen am Platze bestehenden Geschäften.

Paris, 8. April. In den See-Alpen ist ein prächtiger Königsadler gefangen worden dessen ausgebreitete Flügel vom schönsten Silber-' grau 3 Meter messen. Er befindet sich sitzt im Besitze des Grafen Boni de Castellane, der das Geschenk, welches seine Wähler im machten an den Jardin des Plantes abzugeben beab­sichtigt. _

(Zur Vertilgung des Apfelblütenstechers und des Kaiwurmes.) Die ersten Apfelblütenstecher zeigen sich jetzt. Wer seine Obstbäume und deren zu erwartenden Ertrag vor den Kaiwürmern schützen will, der klopfe jetzt, bis sich die ersten grünen Blättchen zeigen, die Frühobst- und späterhin auch die spätblühenden Obstbäume mehreremal mit dünnen Stangen ab, und zwar des Morgens auf unterlegte Tücher. Ein anderes wirksames Mittel besteht darin, daß man Wag oder alte Lappen mit stinkendem Oel (Steinöl) tränkt und diese Lappen in die Aeste der Bäume aufhängt. Die übelriechenden Bäume werden, so lange der Geruch bezw. die Ausdünstung des Oels anhält, von den Apfelblütenstecher-Weibchen gemieden und so lange auch vor Ei-Ablage ge­schützt sein.

Mutmaßliches Wetter am 13. und 14. April.

(Nachdruck verboten.)

Für Sonntag und Montag ist fortgesetzt größten­teils trockenes und auch vorwiegend heiteres Wetter bei milder Temperatur m Aussicht zu nehmen; aufsteigende lokale Nebel können indes zu kurzen Störungen führen.

Kellk-e Nachrichten n. MM«.

Berlin, 11. April. Großfeuer zerstörte heute vormittag hier in der Wienerstraße eine Celluloidfabrik und mehrere große Tischlereien. Das große Celluloidlager explodierte. Personen sind nicht verletzt.

Wien. 11. dlpril. Aus Kreisen, die mit dem deutschen Reichskanzler in Berührung kamen, gehen derN. Fr. Presse" folgende Mitteilungen zu: Graf Bülow hat allen Grund, mit dem Erfolg seines Wiener Aufenthalts zu­frieden zu sein. Er sowohl wie die Staats­männer, mit denen er sich unterhielt, wurden in der Ueberzeugung bestärkt, daß die inter­nationale Politik fortan auf der gleichen Grund­lage wie bisher ruhen werde. Die Wiener Unterredungen haben ergeben, daß der bisherige Zustand als so gut erachtet wird, daß man nichts Besseres an seine Stelle setzen sollte, um nicht die Gefahr heraufzubeschwören, daß das Bessere vielleicht minder gut sei als das bis­herige Gute. Der von Bismarck geschaffene Dreibund wird also weiter bestehen und erneuert werden.

London, 11. April. Im Unterhaus er­klärte Brodrick, der Regierung liege z. Zt. keine Mitteilung über Friedensbedingungen von den Burrnführern vor. O'Kelly fragt, ob Kitchener ermächtigt worden sei, irgend welche andere Be­dingungen als unbedingte Uebergabe anzubieten. Brodrik erwidert, er sei nicht in der Lage, irgend eine Mitteilung zu machen. Black fragt, ob während der Abwesenheit der Burenkommaw danten von ihren Truppen Waffenstillstand sei« werde. Brodrick erklärt, es werde sicherlich kein Waffenstillstand sein.

London, 11. April. Nach amtlicher Mit­teilung wird der König, der bis zum 15. April im Westen Englands zu bleiben gedachte, morgen hieher zurückkehren. Für morgen ist auch der Ministerrat zu einer Sitzung einberufen.

Redaltton, Druck und Verlag von C. Me eh tu Neuenbürg