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Wurde ein Telegramm an den König abgesandt, daS alsbald mit dem Wunsche erwidert wurde, daß die Vereinigung den sämtlichen Beteiligten zum Segen gereichen möge.

Stuttgart. Ein schreckliches Unglück ereignete sich im Maschinensaal der Buchdruckerei Union. Ein Buchdruckerlehrling beschäftigte sich mit dem Transmissionsriemen, von welchem er plötzlich erfaßt, in die Höhe gezogen und buch­stäblich zerfetzt wurde, so daß Stücke Fleisch des Unglücklichen an der Decke hängen blieben und verschiedene Knochenteile durchs Fenster in den Hof geschleudert wurden. Anderen Personen kann keine Schuld beigemessen werden, da der Lehrling in unbefugter Weise sich an dieses ge­fährliche Handwerk gewagt hatte.

Stuttgart, 28. Novbr. Heute morgen brach im Stallgebäude der Dinkelackerschen Brauerei Großfeuer aus. Beide Berufsfeuer­wachen eilten sofort an den Brandplatz und fanden das neue Stallgebäude in Flammen stehend. Die Ursache des Brandes scheint ein Leitungsfehler der Gasinstallation zu sein. Nach b/istündiger Thätigkeit gelang es der Berufs­feuerwehr, das sich rasch ausbreitende Feuer zu löschen. Der entstandene Schaden ist nicht un­bedeutend.

Tübinger Strafkammer, 25. Novbr Der wegen Diebstahls und Hehlerei schon vor­bestrafte Hausdiener Ulrich Stegmüller von Moosbeuren hat vom April bis September 1901 im Badhotel Klumpp in Wildbad eine Reihe Diebereien verübt. Er stahl dem Hoteldirektor Glitz 11 Vorhänge im Werte von 70 8

Vorhanghalter mit Quasten im Werte von 10 Mark. 6 Meter Stoff zu Bettvorlagen im Werte von 70 , 4 Meter Moquettstoffe im Werte

von 40 ^ und 2 Matratzen im Werte von 180 Wegen eines weiteren Diebstahls von drei Einhundertmarkscheinen, welche derselbe in der Portierloge einem Kurgast entwendet zu haben beschuldigt war, wurde Stegmüller mangeln­den Beweises halber außer Verfolgung gesetzt. Nach anfänglichem hartnäckigem Leugnen räumte der Angeklagte ein, der Dieb der obenerwähnten Gegenstände zu sein und solche an seine Braut in Stuttgart als Geschenk geschickt zu haben. Stegmüller wurde hierauf zu 1 Jahr Gefängnis verurteilt.

Tübingen, 26. Nov. In der seitens des Reichsgerichts an die hiesige Strafkammer als Vorinstanz zur erneuten Verhandlung zurückver­wiesenen Strafsache gegen Bierbrauereibesitzer Marquardt von hier wegen Malzsteuergefährdung (M. war s. Z. zu der Geldstrafe von ca. 8000 Mark verurteilt worden), wurde letzterer heute nach 1 ',/ztägiger Verhandlung unter llebernahme sämtlicher Kosten auf die Staatskasse freige­sprochen.

Von dem Postdieb, der zu Anfang dieses Monats den Postbeutel der Röthenbach» Jsnyer Post mit einem Inhalt von gegen 10000 gestohlen hat, konnte leider trotz eifrigster Thätigkeit von Gendarmerie, Staats­anwaltschaft und Postverwaltung bis jetzt keine Spur gefunden werden.

Der Schriftsteller Joseph Jung von Stutt­gart beabsichtigt in Freudenstadt ein ständ­iges Kurtheater zu errichten und hat bei den bürgerlichen Kollegien um unentgeltliche wider­rufliche Ueberlassung eines städtischen Platzes für einen Theaterbau (einfacher sauberer Holz­bau) für 3400 Personen nachgesucht.

Maulbronn, 27. Nov. In der Nähe des Fällmenbacherhofes, hies. Oberamts, wurde heute ein Rudel Wildschweine von ca. 50 Stück gesehen. Auf dieselbe wird energisch Jagd ge­macht.

Stuttgart. sLandesproduktenbörse.j Bericht vom 25. November von dem Vorstand Fritz Kreglinger. Im Getreidegeschäft verblieb auch im Wochenverlauf feste Tendenz. Bon den Exportländern war in Weizen das Angebot schwächer und die Forderungen abermals höher. Hier sind bei ruhigem Verkehr vollbehauptete Preise zu verzeichnen, die Landmärkte etwas matter. Mehlpreise pr. 100 Kilogr. inkl. Sack: Mehl Nr. 0: 29 ^ ^ bis 29 50 Nr. 1: 27 ^l,

bis 27 50 Nr. 2: 25 50 bis 26 ^

4 ,, Nr. 3: 24 -4t ^ bis 24 ^ 50 . Nr. 4:

21 «tt ^ bis 21 50 Suppengries 29

bis 29 50 Kleie 10

Ausland

Im österreichischen Landtag geht die parlamentarische Maschine nur mit Aechzen und Stöhnen vorwärts. Die Obmänner der deutschen Fraktionen haben zwar eine Einladung an die übrigen Fraktionen ergehen lassen, allen natio­nalistischen Zwiespalt so lange wenigstens ruhen zu lassen, bis die nötigsten Arbeiten der Etats­beratung erledigt sind. Aber die Tschechen er­klären, erst müsse ihnen die tschechische innere Amtssprache bewilligt sein, ehe sie diese anderen parlamentarischen Arbeiten fördern helfen; denn sonst würde ihnen die wirksamste Waffe aus der Hand gerissen. Wie das nun weiterhin gehen soll, ist kaum abzusehen.

Paris, 27. Nov. Wie dasEcho de Paris" über Wien meldet, beabsichtigt König Alexander von Serbien sich von der Königin Draga scheiden zu lassen und deren jüngere Schwester zu heiraten. Dieselbe hält sich scyon seit einiger Zeit im Palast auf und begleitet den König überall hin. Aus London wird demDaily Telegraph" berichtet, daß der König Alexander die Scheidung bereits einge­leitet habe.

In der französischen Deputiertenkammer wurde das von der Regierung eingebrachte An­leihegesetz im Betrag von 265 Mill. mit 277 gegen 225 Stimmen angenommen. Diese An­leihe soll dazu dienen, um ohne die chinesischen Zahlungen an der Kriegsentschädigung abzu­warten, u. a. auch die Forderungen französischer Unterthanen an die Chinesen gleich zu bezahlen, wogegen diese Forderungen an die französische Regierung abzutreten sind. Die Sozialdemo­kraten verlangten in der französischen Deputierten­kammer die Bekanntgabe der geheimen Berichte des Generals Voyron über in China vorge­kommene Plünderungen durch französische Sol­daten. Dieser Antrag wurde zwar mit großer Mehrheit abgelehnt, nachdem der Ministerpräsi­dent erklärt hatte, eine Untersuchung sei im Gange. Nun aber veröffentlicht ein sozialistisches Blatt Bruchstücke aus diesen Berichten Voyrons, worin behauptet wird, die Franzosen hätten weniger geplündert als die Soldaten anderer Nationen und andererseits, daß die durch fran­zösische Soldaten vorgekommenen Plünderungen auf Anstiften der französischen Missionare er­folgt seien. Es scheint wieder einmal ein ge­waltiger Kammerskandal sich entwickeln zu wollen.

In Griechenland ist eine Ministerkrisis ausgebrochen. Die Königin von Griechenland wünschte, daß die Bibel ins neugriechische über­setzt werde, während bisher in Griechenland nur Bibeln mit dem altgriechischen Urtext im Ge­brauch waren. Letzteren aber versteht das ge­wöhnliche Volk nicht mehr. Die Studenten der Universität Athen machten darüber Krawall, es kam zu Zusammenstößen, wobei mehrere Studenten getötet wurden und nun ging der Krakehl erst recht los, indem die Studenten die Universität besetzten und erklärten, sie würden dieselben bis zum letzten Blutstropfen verteidigen und so lange nicht weichen, bis die Uebersetzer der Evangelien exkommuniziert würden. Darüber stürzte nun das Ministerium Theotokis und ein neues Mini­sterium Zainis mußte den Studenten ihre For­derungen bewilligen. Jetzt ist die Ruhe scheinbar wieder hergestellt, aber die Königin hat offenbar eine schwere Niederlage erlitten.

London, 27. Nov. Der Führer der Liberalen, Sir H. Campest Bannerman, Mit­glied des geheimen Rates, hielt gestern in Lan­caster eine Rede, in der er die bekannte Rede, des Kolonialministers Chamberlain berührte und sagte:Was sollen wir sagen über das Be­nehmen eines Ministers, welcher eine fremde Nation nach der anderen beleidigt, und die Entrüstung aller Einwohner der größten Mili­tärmonarchie des heutigen Tages erweckt! Es ist kein Zweifel, daß das auf diese Weise geweckte Empfinden ein überreiztes Empfinden ist. Aber das wird die Verantwortlichkeit desjenigen Mannes nicht aus der Welt schaffen, der in solch heiklen Zeitumständen Worte gebraucht, die möglicherweise einen gefährlichen Ausschlag

geben können, Worte, die leicht dazu angethan sind, den Krieg zu verlängern."

London, 27. Nov. In einem Briefe an seine Schwester erklärt Lord Kitchener, daß er müde sei und das Bedürfnis habe, sich auszu- ruhen. Man schließt hieraus, daß Kitchener demnächst seine Demission geben wird. Wie aus Kapstadt gemeldet wird, ist General Hamilton der Generalstabsches der Kriegsarmee gestern dort eingetroffen.

Prätoria, 28. Nov. Es befinden sich, wie derTimes" von hier gemeldet wird, noch 70 Burentrupps und -Kommandos von 20 bis 400 Mann im Felde, wovon 26 in Transvaal 31 im Oranjefreiftaat und 13 in der Kapkolonie stehen. In Transvaal, nördlich der Delagoa- linie, befinden sich noch 7 Kommandos mit un­gefähr 1100, südlich der Delagoalinie 11 mit 1600 Mann. 8 andere Transvaalkommandos sind im Westen zerstreut. In der Kapkolonie befinden sich 10 Kommandos im Westen der Hauptlinie, 3 in den nördlichen Bezirken. Lord Kitchener hat nur 45 000 Mann zur Verfügung.

Detroit (Michigan, Vereinigte Staaten), 28. Nov. Auf der Wabaschbahn stieß in der Nacht bei Seneca ein Eisenbahnzug, von dem 2 Wagen mit Einwanderern besetzt waren, mit einem entgegenkommenden Zug zusammen. Elfterer wurde zertrümmert und geriet,in Brand. 80 Personen wurden getötet, 150 verletzt, davon 25 schwer. Die Schuld an dem Unglück trifft die Leitung des Einwandererzuges, der von Station Seneca weiterfuhr, während er das Eintreffen des anderen Zuges hätte abwarten müssen.

Vermischtes.

Der neue Weihbischof von Straßburg, Zorn von Bulach, hat sehr frühe seine Insig­nien eingebüßt. Als er zu dem HotelMi­nerva" zurückkehrte, wo er abgestiegen ist, fand er, daß sein Bischofskreuz, sein Bischofsring, zu­sammen mit seinem Baargeld gestohlen worden war. Er zeigte den Fall der Polizei an, und diese verhaftete einen internationalen Gauner, der im selben Hotel wohnte und die Wertsachen schon umgescholzen hatte.

Kiel, 27. Nov. Der Attentäter, welcher zahlreichen Frauen auf der Straße Messerstiche beibrachte, wurde in der Person des Dänen Nielsen verhaftet.

Esse n, 26. Nov. Im Tierpark bei Steele wo 21 Löwen der sogenannten Komtesse des L' überwintern, wurde der Dresseur Nordsteck aliav Mac Connel von 7 Löwen angefallen und zerfleischt. Der Tod des Unglücklichen trat auf der Stelle ein.

Mutmaßliches Wetter am 29. u. 30. November.

(Nachdruck verboten.)

In Nordskandinavien liegt jetzt wieder ein Luft­wirbel von 745 mm und über dem tyrrhenischen Meere eine Depression von wenig unter Mittel. Ueber Irland und Wales behauptet sich noch ein Hochdruck von 775 mm. Für Freitag und Samstag ist bei wieder etwas frischerer Temperatur größtenteils trockenes und abwechselnd nebliges und bewölktes, dann wieder ausgeheitertes Wetter zu erwarten.

Am 30. Nov. und 1. Dezbr. lieber Irland und dem irischen Kanal behauptet sich noch ein Hochdruck von 775 mm. Bei vorherr­schend westlichen Winden ist sür Samstag und Sonn­tag fast ausnahmslos bewölktes, und auch zu ver­einzelten Schneefällen geneigtes Wetter zu erwarten.

Für de« Monat Dezember

können Bestellungen auf den

Gnzthiiler"

noch bei allen Poststellen und Postboten gemacht werden.

Wir machen ferner darauf aufmerksam, daß seit 1. Juli ds. Js. eine Vereinfachung im Zeitungsbezug eingetreten ist. Es genügt, um die Einziehung der Zeitungsgebühr zu bewirken, ein einfaches Bestellschreiben, eine Karte, oder einen Brief unfrankiert in den Postschalter zu werfen oder dem Briefträger bezw. Postboten zu übergeben.

Wir bitten von dieser Einrichtung aus­giebigen Gebrauch zu machen. In Neuenbürg abonniert man direkt beim Verlag,

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg