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Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

Wildbad, 8. Juni. Die letzte amtliche Amlifte vom 6. ds. verzeichnet bereits 1867 hier anwesende Fremde. Wenn die Witterung anhält, dürfte wohl dieses Jahr die bis dato höchste Ml von Besuchern aufweisen. Am Samstag dm 8. ds. werden die Vorstellungen im Kgl. Amtheater ihren Anfang nehmen und damit wird eigentlich erst das rechte Kurleben beginnen. Die Leitung desselben hat wieder Herr Jnten- danzrat Liebig übernommen. Das Personal ist teils vom letzten Jahr, teils auch neu engagiert.

Calmbach, 7. Juni. Ein etwa 10 Jahre alter Knabe, der sich bei seinen Eltern in Wild­bad in Kur befindet, ließ seinen Hund unterhalb der Papierfabrik ins Wasser springen. Der Hund zog jedoch den Knaben, welcher die Leine nicht losließ, mit ins Wasser. Ein zufällig vor­beipassierender Spaziergänger rettete den Knaben.

Dürrmenz-Mühlacker, 7. Juni. In Bälde werden auch wir unser Kriegerdenkmal haben. Vorige Woche hat sich ein Konnte ge­bildet, an dessen Spitze die Herren Pfarrer Schüle und Schultheiß Handle stehen und das den Auf­trag hat, die Vorarbeiten zu fördern. Das Denkmal soll am 1. September aufgestellt werden. Die Kosten, die etwa 121500 ^ betragen, sollen durch freiwillige Beiträge aufgebracht werden, auch sind Konzerte und Vorträge für diesen Zweck in Aussicht genommen.

Mühlacker, 8. Juni. In Eutingen bei Pforzheim starb gestern ein 11 jähriger Schüler namens Rob. Burkhard. Der Vater desselben giebt an, daß der Tod infolge Mißhandlungen durch den Lehrer Zipfe eingetreten ist. In Gegen­wart des Staatsanwalts fand die Sektion der Leiche statt. Die Todesursache ist eine eitrige Gehirnhautentzündung. Inwieweit den Lehrer Schuld trifft, wird das Gericht zu entscheiden haben. Zipse soll, wenn er einen Schüler Prügelt, andere Mitschüler insoweit beiziehen, daß diese den .Delinquenten" an Händen und Füßen halten müssen.

In Nagold sprang ein 10 jähriger Real­schüler, einziger Sohn achtbarer Eltern, absicht­lich 3 Stock hoch aus dem Schullokal in die Tiefe. Derselbe verstarb beim Nachhausetragen.

Deutsches Reich.

Berlin, 7. Juni. DerReichsanzeiger" veröffentlicht eine aus Straßburg, den 10. Mai, datierte Urkunde, betreffend Stiftung einer Denk­münze für die an den kriegerischen Ereignissen in Ostasien beteiligt gewesenen deutschen Streit­kräfte. Die Denkmünze wird in Bronce oder Stahl verliehen und zeigt auf der Vorderseite einen Adler, der einen Drachen unter seinen Fängen hält, auf der Rückseite den kaiserlichen Namenszug, darüber die kaiserliche Krone und bei den broncenen Medaillen die InschriftDen siegreichen Streitern 1900, China 1901"; bei den stählernenVerdienst um die Expedition vpch China". Die Denkmünze wird auf der «men Brust an einem orangefarbenen, weiß­geränderten, mit roten und schwarzen Streifen durchzogenen Bande getragen. Die Denkmünze Mn auch Angehörigen außerdeutschen, mit den deutschen Truppen verbündet gewesenen Con- «ugmten verliehen werden.

Berlin, 8. Juni. DieUnion", Verlags- in Stuttgart, Berlin und Leipzig, hat d« der Firma August Scherl in Berlin urch llebernahme von Geschäftsanteilen beteiligt, wogegen der Verlag der illustrierten Zeitschriften , weite Welt" undVom Fels zum Meer" A-rgchE August Scherl, G. m. b. H..

.Karlsruhe, 8. Juni. Der Großherzog dem Militärvereins-Verband für z,;,» eine Geldlotterie zur Unterstützung durstiger Verbandsangehöriger, sü,?" Deutschland bestehen 59300 Volks- l EN, denen 8 700000 Kinder unterichtet llnt^ü',. Mill. Mark werden jährlich zum der Volksschulen aufgewendet; auf un Ja^Esschüler kommen also gegen 40 ^

Württemberg.

Stuttgart, im Juni. 8KO. DerStand der Parlamentarischen Arbeiten. Die Ständversamm- lung, deren Pfingstpause zunächst für die Abge­ordnetenkammer am 7. Juni zu Ende ging, hat für den Rest der Frühjahrstagung noch ein so bedeutendes Pensum zu bewältigen, daß sich die Session wieder, wie stets seit 1895, bis in den Hochsommer hinein erstrecken wird. Der Etat ist vom Abgeordnetenhaus bis auf einen kleinen vom Centrum hervorgerufenen, grundsätzlich be­achtenswerten Streitpunkt, der sich auf die so­genannten Donativgelder bezieht, durchberaten, dagegen ist die Kammer der Standesherren noch mit größeren Teilen desselben im Rückstand, und vermutlich wird man bei Erledigung derselben auch im Oberhause über so wichtige Gegenstände wie z. B. die Eisenbahntarif- und Gemeinschafts­fragen, ein Wort zu sagen haben. Der nächste große Gegenstand der Beratungen ist die Ge­haltsvorlage, über der gegenwärtig die Kom­mission unter strenger Wahrung des Geheim­nisses brütet. Nachdem die Volkspartei nicht zu bewegen gewesen war, die Ehrenpflicht des Referats zu übernehmen, hat Prälat v. Sandberger seine Arbeitslust und Arbeitskraft und seine Kunst vermittelnder Diplomatie in den Dienst der wichtigen Vorlage gestellt. Ueber das Zustande­kommen derselben im wesentlichen nach den Grundzügen des Regierungsvorschlags ist man jetzt beruhigt. Ein volksparteilicher Führer selbst hat in der Kammer erklärt, daß seine Partei, wenn sie auch ihrerseits nicht allem zustimmen könne, doch die Annahme der Vorlage für ge­wiß erachte, und, was noch mehr ist, die Kammer hat ausdrücklich in Voraussicht der Annahme der Gehaltsvorlage, beim Steueretat die Ein­nahmen ans der Diensteinkommenssteuer bereits um 100000 -/A höher angesetzt, was unmöglich gewesen wäre, wenn nicht die Gehaltserhöhung speziell auch bei den oberen Beamtenstufen als sicher angenommen würde. Ein heißes Stück Arbeit aber wird die Durchberatung der Vor­lage werden, denn es sind auf sie alle die vielen Petitionen aus Beamtenkreisen zurückgestellt worden. Zum Etat gehören sodann auch die Aufwendungen aus den Restvermögen, über welche ein Nachtragsetat über 3,6 Millionen für Hoch- und Straßenbauten bereits vorliegt, und ein anderer über 750 000 für gleiche Zwecke in Ulm und Tübingen noch zu erwarten ist. Daran schließen sich zwei Vorlagen über außer­ordentliche Bedürfnisse der Berkehrsanstalten, die eine im Betrag von 2,2 Millionen für Grund­erwerbungen zur Erweiterung des Stuttgarter Bahnhofs, die andere im Betrag von 29,7 Millionen für den Bau neuer Bahnen, für Er­weiterung der bestehenden Bahnanlagen, Ver­mehrung des Fahrmaterials, Erbauung weiterer Arbeiterwohnhäuser u. s. w. Sind diese Finanz­gesetze erledigt, so steht vor der Kammer noch als letzte bedeutende Aufgabe die Generaldebatte über die neu vorgelegten Steuerreformentwürfe. Man sollte allerdings glauben, daß diese im letzten Landtag so eingehend durchgearbeitete Materie diesmal verhältnismäßig rasch erledigt werden könnte, wie auch die in der Presse da und dort auftauchende Besorgnis, daß die Re­form abermals ernstlichen Schwierigleiten be­gegnen könnte, kaum ernst genommen werden kann. In all den großen Fragen: budgetrecht­liches Verhältnis zwischen beiden Häusern, Maximalhöhe und Abstufung des Tarifs, Steuer­einzug durch Staat oder Gemeinde, vorläufige Beibehaltung der Ertragsfteuern oder sofortige Einführung der Vermögensteuer ist die Schlacht bereits geschlagen und keine Fraktion dürfte die Verantwortung übernehmen wollen, durch hart­näckige Wiederaufnahme des Kampfes diese dringlichste Reform zu unabsehbarem Stillstand zu bringen. Neben diesen Regierungsvorlagen liegt noch eine Reihe von Anträgen aus dem Hause vor, so der Antrag der Volkspartei, der dem Reichstagsbeschluß auf Gewährung von Anwesenheitsgeldern zur Seite treten will, die Anträge der Sozialdemokratie auf Erweiterung der Gewerbeinspektion und Schaffung von Arbeiter­kammern. Auch über eine angefochtene Wahl ist noch Entscheidung zu treffen.

Stuttgart, 8. Juni. Auch die heutige Sitzung dauerte nur eine Stunde. Es wurden 6 Petitionen behandelt, von denen eine zurück- gestellt und über die 5 andern zur Tagesordnung übergegangen wurde. Sodann wurde die Finanz­kommission, aus welcher die Abgg. Frhr. von Wöllwarth, Haug und Haußmann-Gerabronn auszuscheiden wünschen, durch Wahl der Abgg. Frhr. v. Gaisberg-Schöckingen, Kraut und Cleß ergänzt. In der nächsten Woche soll der Finanz, kommission Gelegenheit gegeben werden, ihre Arbeiten bezügl. der Aufbesserungsvorlagen zu Ende zu bringen, weshalb die nächste Sitzung erst am 18. Juni vormittags 9 Uhr stattfindet.

Stuttgart, 9. Juni. Zum Schützenfest hatte sich heute nachmittag auf dem Festplatz trotz der zweifelhaften Witterung eine stattliche Schützenschar, wie auch eine Menge schaulustigen Publikums eingefunden. Von 12 Uhr ab waren die Straßenbahnen, die Extrawagen eingelegt hatten, überfüllt und der anfahrenden Wagen vor dem Feftplatz war kein Ende. Punkt 2 Uhr fuhr Sr. Maj. der König, begleitet von General­adjutant v. Bilfinger und dem Flügeladjutanten Faber de Faur, in Schützenuniform an, von dem Festpublikum stürmisch begrüßt. Se. Majestät überreichte dem langjährigen Schützenmeister der Gilde, Fabrikant G. Stohrer, das Ritterkreuz II. Kl. des Friedrichordens in Anerkennung der Verdienste des Dekorierten um das Schützen­wesen. Hierauf wohnte Se. Majestät der feier­lichen Uebergabe des von Frauen und Jung­frauen der Gilde gestifteten Jubiläumsfahnen­bandes an, wobei Kommerzienrat Föhr de» Spenderinnen für das reiche Angebinde den Dank zum Ausdruck brachte. Gegen 3 Uhr verließ der König, begleitet von den Hochrufen der viel­tausendköpfigen Menge, den Festplatz. Nach der Eröffnung durch Se. Maj. waren in den Schieß­ständen zahlreiche Mitglieder des Kgl. Hofes, u. a. die Herzöge Albrecht, Ulrich, Robert, Wilhelm v. Urach u. s. w. zu sehen, die längere Zeit verweilten. Nach 4 Uhr füllte sich der Fest- Platz, so daß bald kaum mehr durchzukommen war.

Heilbronn, 9. Juni. Aus Anlaß des 15. Bundestages des Württ. Kriegerbundes hat unsere Stadt sich in ein reiches Festgewand ge­kleidet. Als erster und vornehmster Gast traf gestern vormittag 11 Uhr, von Stuttgart kom­mend, Se. Hoh. Prinz Herrmann von Sachsen- Weimar, der Ehrenpräsident des Bundes, hier ein, begleitet von dem Bundespräsidenten Frhrn. Aug. v. Wöllwarth und weiteren Präsidial­mitgliedern. Auf der Fahrt durch die Stadt war der hohe Gast Gegenstand herzlicher Ovationen, für welche er unermüdlich freundlichen Dank hatte. Nachmittags ^2 Uhr fand im Festsaal der Realanstalt eine Sitzung des Bundes­ausschusses statt, während abends, nachdem viele auswärtige Vereine eingetroffen waren, im Gartensaal derHarmonie" ein Festbankett ab­gehalten wurde. Den Reigen der Toaste eröff­net« Herr Oberbürgermeister Hegelmaier, welcher dem Bedauern Ausdruck gab, daß Se. Majestät der König am Erscheinen bei dem Feste ver­hindert war, und den Prinzen Weimar begrüßte, der stets für die Interessen der alten Soldaten eintrete und ein Ehrenpräsident sei, wie der Bund sich keinen besseren wünschen könne. Redner ging dann über auf die Ziele der Kriegervereine und wies den Vorwurf zurück, daß sie Byzantinismus und Kriecherei treiben. Nur wer die Treue zu Kaiser, König und Vater­land hält, sei noch Soldat, jeder andere nicht mehr und auch nicht mehr berechtigt, einem Kriegerverein anzugehören. Weiter feierte Redner Kaiser Wilhelm II. als einen Mehrer des Reichs, als Soldaten- und Friedenskaiser und den Träger aller kultureller Bewegungen. Sein Hoch galt dem Kaiser. Frhr. v. Süßklnd- Schwendi brachte den Toast auf den König, den hohen Protektor des Württ. Kriegerbundes und treuen Bundesgenossen des Kaisers, aus, wäh­rend Frhr. v. Ellrichshansen unter endlosem Jubel auf den Ehrenpräsidenten Prinz Herrmann toastete, welcher in Erwiderung dieser Ansprachen zunächst namens des Bundes für den selten freundlichen und herzlichen Empfang in Heilbronn dankte, das hierin alle Bundesstädte bisher über- troffcn habe. Seit Jahren stehe er nun an der