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hin. (Zustimmung.) Die Einführung der IV. Kl. wäre nicht sowohl ein Fortschritt, als ein Ausweg. Ganz unannehmbar sei die von Dr. v. Kiene er- öffnete Perspektive, den Tarif für die IV. Kl. später auf 1'/- oder 1 Pfg. herabzusetzen. Der Herr Minister giebt sodann zu dem Beschluß des Hauses vom 11. Mai 1901 folgende Erklärung im Namen der K. Staatsregierung ab: Bezüglich der Selb­ständigkeit der württ. Eisenbahnverwaltung teile die K. Staatsregierung den im Beschlüsse der beiden Kammern zum Ausdruck gebrachten Standpunkt. Zweitens sei die Regierung bereit, entsprechend dem Ersuchen der Kammer darauf hinzuwirken, daß die Bestimmungen des Art. 42 der Reichsverfassung wo­möglich noch in erhöhtem Maße zur Anwendung kommen, und mit den Bundesregierungen sich des­halb ins Benehmen zu setzen. Dagegen sei die Regierung nicht in der Lage, dem Ersuchen auf Erlassung eines ReichSeisenbahngesetzes und Erwei­terung der Befugnisse des Reichseisenbahnamts zu entsprechen, weil dazu eine Abänderung der Reichs­verfassung erfordert würde, die im Bundesrat wegen der damit verbundenen Wirkung auf die Finanz­lage der beteiligten Bundesregierungen auf eine genügende Unterstützung nicht zu rechnen hätte. Eingegangen ist ein Antrag Rembold-Gmünd und Gen., von einer Beschlußfassung über sämtliche Anträge zur Zeit abzusehen, v. Geß tritt für den jetzigen Hauptantrag der Kommission ein in dem Sinn, daß die Durchführung der Zukunft überlassen bleibe. Ein Teil seiner Freunde werde übrigens für den Antrag Rembold stimmen. Res. Hauß- mann verbreitet sich über die gestrigen und heutigen Ausführungen vom Ministertisch, bekämpft die IV. Klasse und die Vertagung und bringt zu dem Kom­missionsantrag weitere Anträge ein auf Abschaffung der I. Klasse und Zustimmung zu einem Versuch mit besonderen Lokalzügen für den Nahverkehr. Staatsminister der Finanzen v. Zeyer weist die Vorwürfe zurück, die der Vorredner bezüglich der Aufstellung des letzten Etats und insbesondere be­züglich der Besoldungsaufbesserung erhoben hatte. Rembold-Gmünd begründet den Antrag des Zentrums auf Vertagung unter Hinweis auf die Finanzlage, sowie auf die sachlichen Bedenken, die gegen sämtliche vorliegenden Anträge bestehen. Die Beratung kam auch heute nicht zu Ende. Am Schluß der Sitzung wurde ein neuer gemeinsamer Antrag von Kiene-Haußmann eingebracht, über welchen morgen weiter debattiert wird.

Reutlingen, 18. Juni. In der Metzger­straße vergnügten sich lautGeneralanz." vorgestern abend einige Knaben damir, Bierflaschen mit unge­löschtem Kalk und Wasser zu füllen, um dadurch die Flaschen zur Explosion zu bringen. Dabei wurden vier Knaben durch Glassplitter und Kalk erheblich verletzt, einer derselben so schwer, daß er in Gefahr schwebt, an beiden Augen die Sehkraft vollständig zu verlieren.

Hall, 17. Juni. (17. Verbandstag der Wirte Württembergs.) Nachdem gestern der Delegiertentag gehalten worden war, begannen heute vormittag im Gasthof zur Eisenbahn die Verhand­lungen des Verbandstags unter Leitung von Rum- metsch-Stuttgart. Ueber den Stand der Um gelds- frage sprach Zürn dürfe r-Rexingen, der im wesentlichen ausführt, daß das neue Umgeldsgesetz die Wirte keineswegs befriedige. Der den Ständen im Jahre 1889 vorgelegte Entwurf versprach Wohl erhebliche Erleichterungen, brachte aber den Wirten doch nicht das, was man ihnen plausibel zu machen suchte. Die Aufhebung der Fässerversiegelung und der Wegfall der Ladescheingebühren seien die einzigen Errungenschaften des neuen Gesetzes. In allen andern Punkten habe die Regierung am Alten festgehalten und außerdem noch rigorose Bestimmungen getroffen. Die Versammlung nahm dementsprechend eine Re­solution an, in welcher zum Ausdruck gebracht ist, daß sich der Verbandstag mit der den Ständen im vorigen Jahre unterbreiteten Denkschrift einverstan­den erklärt und am Abänderung der in derselben vorgetragenen Beschwerde zuversichtlich hofft. Gleich­zeitig wird die Hoffnung ausgesprochen, daß an­läßlich der zu erwartenden Steuerreform die gänzliche Aufhebung des Umgelds, als der ungerechtesten aller Steuern eimreten werde. In der Flaschenbier­frage wurde auf Vorschlag von Sch ramm-Stutt­gart eine Resolution angenommen, in welcher sämt­liche Verbandsvereine aufgefordert werden, mit ihren Brauereien Unterhandlungen anzubahnen, damit die vom Stuttgarter Wirtsverband mit dem Brauer­bund von Stuttgart getroffenen Vereinbarungen, durch welche der Falschenbierhandel thatsächlich in andere Bahnen geleitet werden könne, überall durchgeführt werden. Ueber die Forderung betr. die Ruhezeit im Gastwirtsgewerbe referierte Ver­bandsredakteur Wilhelm-Stuttgart, und wurde ebenfalls eine Resolution angenommen, in der zum Ausdruck gebracht wird, daß die alle 3 resp. 2

Wochen zu gewährende 24stündige Ruhepause für den ganzen Wirtsstand und namentlich für die mittleren und kleineren Geschäftsbetriebe ein Hemm­schuh sei, und soll daher der geschäftsführende Ausschuß mit allen gesetzlichen Mitteln darauf hin­wirken, daß die betr. Verordnung baldmöglichst dahin abgeändert wird, daß die 24stündige Ruhe­pause auf 18 Stunden herabgesetzt wird. Der nächste Verbandstag findet in Ravensburg statt. Die bisherige Vorstandschaft wurde durch Zuruf wiedergewählt.

Zell i. W., 17. Juni. Ueber die schreckliche Brandkatastrophe in Blauen entnehmen wir einem ausführlichen Bericht derFreib. Ztg." noch folgendes: Straßenwart Wetzel, seine Ehefrau und 5 blühende Kinder sind mit Hab und Gut ein Raub der Flammen geworden und bis zur Unkennt­lichkeit verbrannt. Der Vater, dem die Schädel­decke zertrümmert und das Gehirn ausgebrannt ist, ist nur zu erkennen am stärkeren Knochengerüst, der zur Faust geballten linken Hand, die wenig ver­brannt ist und dem Knöpfchen am Hemdärmel. Am besten erhalten ist der Körper seiner Tochter Emilie. Sie lag, als sie gefunden wurde, mit Gesicht und Brust auf einem Federkissen am Boden. Der Mund war weit geöffnet und schmerzlich verzogen, die ge­ballten Hände, mit denen das Mädchen jedenfalls das Kissen festhielt, vor dem Gesicht. Aus der an den Armen vor Hitze gesprungenen Haut traten die Muskeln hervor. Die übrigen waren noch schreck­licher zugerichtet; jeder einzelne Körper eine einzige große schwarze Kohle mit teilweise fehlenden Glied­maßen. Das Feuer hat mit einer rasenden Schnellig­keit um sich gegriffen, sonst hätte sich die bedauerns­werte Familie noch retten können. Wahrscheinlich wollte sie, die Größe der Gefahr nicht ahnend, noch einige Kleidungsstücke retten. Es kann sich dabei nur um Minuten gehandelt haben. Wetzel suchte einen Ausweg durch die Küche; hier fand man nach angestrengter Arbeit die ganze Familie, in engem Raum zusammengedrängt, tot zunächst der Thür die Kinder, etwas weiter nach hinten die Eltern. Sie wollten sich retten und starben vereint eines schrecklichen Todes. Ob die mit dem Tod Ringen­den von herabstürzendem Gebälk erschlagen oder in Folge des eindringenden Rauchs erstickt sind, steht noch nicht fest; letzteres ist wahrscheinlicher. Ueber die Entstehungsursache des Brandes ist gar nichts bekannt.

Wiesbaden, 19. Juni. Der Kaiser teilte bei dem Feste der Borussen dem hiesigen Polizei- Präsidenten Prinzen Ratibor die Ernennung zum Regierungspräsidenten von Aurich persönlich mit.

Bonn, 19. Juni. Das Kaiserpaar und der Kronprinz sind kurz nach 12 Uhr heute mittag mit Extrazug nach Aachen abgereist. Am Bahnhofe waren zur Verabschiedung erschienen: der Ober­bürgermeister von Bonn, der Generaloberst von Loe, Prinz und Prinzessin Adolf von Schaumbnrg-Lippe, das ganze Corps Borussia und eine große Anzahl Offiziere. Das zahlreich erschienene Publikum brachte dem Kaiserpaar große Huldigungen dar.

Berlin, 18. Juni. Aus Bonn wird depeschiert: Unter den Huldigungen, die dem Kaiser­paar im Rheinlande dargebracht werden, wird zweifellos der Fackelzug, den gestern Abend 2000 Studenten dem hohen Paare zu Ehren veranstalteten, eine erste Stelle erhalten. Am Palais Schaumburg war ein Kaiserpavillon an der Rheinanlage errichtet. Die Dämmerung war angebrochen, als sich der Rhein mit großen und kleinen Dampfern belebte. Die Kaiserin wurde stürmisch begrüßt, als sie den Pavillon betrat, ebenso der Kaiser, der als Borusse erschien. Sichtlich erfreut durch die Huldigungen zog er den Borussenstürmer und verneigte sich dankend. Der imposante Zug zog sich wie eine mächtige flimmernde Linie an der Rheinanlage entlang. Die Studentenschaft in Wichs mit zahllosen Fackeln defilierte vor dem Kaiserpaar. Ein Vertreter des Corps Wingolf hielt eine Huldigungsansprache an den Kaiser in der er dem Lokalanzeiger zufolge an die Worte erinnerte, die der Kaiser vor einem Jahre sprach:Männer sind es, die wir brauchen, mehr als je." Der Kaiser sagte in seiner Erwiderung, er freue sich, daß gerade diese Worte nicht vergessen seien. Der Kaiser hat dem Bonner Husaren­regiment sein Bildnis in Aussicht gestellt. Gestern Abend hat das Corps Borussia eine Begrüßungs­kneipe abgehalten, an der auch der Kronprinz teil­nahm.

Berlin, 19. Juni. Der Lokal-Anzeiger meldet aus Sibyllenort: Gestern Abend haben die Aerzte die feste Ueberzeugung gewonnen, daß das Ableben König AlbertS nur eine Frage weniger Tage ist. Tie Schwäche des hohen Patienten ist groß. Er vermag nicht mehr durch das Zimmer zu gehen, will auch nicht mehr in den Stuhl oder auf das Schlafsopha. Er wünscht im Bett zu bleiben.

Trotzdem ist der König guten Mutes und ahnt nicht den Ernst der Lage, hofft vielmehr, daß seine gute Natur wie bisher auch jetzt über die Krankheit siegen wird. Nur die äußerst sorgfältige ärztliche Ueber- wachung erhält ihn. Das Herz wird bei der geringsten Bewegung, wie es das Ausrichten im Bett mir sich bringt, so unruhig, daß der König schleunigst wieder eme bequeme Lage im Bett aufsuchen muß und nur durch längeres unverändert ruhiges Liegen ist eine Beruhigung des Herzens herbeizuführen. Die Schlaf­sucht hat einen bedrohlichen Charakter angenommen, die Kräfte verfallen immer mehr.

Berlin, 19. Juni. (Privatdep. d. Calwer Wochenb ) Sibyllenort. König Albert ist heute abend 8 Uhr gestorben. (König Albert von Sachsen, geb. 23. April 1828, folgte seinem Vater am 29. Oktober 1873 auf dem Thron, war seit 1853 vermählt und hinterläßt keine direkten Nachkommen.)

Tilsit, 17. Juni. Den Divisionskommandeur v. Bock und Polach traf bei Besichtigung des DragonerregimentsPrinz Albrecht von Preußen" ein schwerer Unfall. Als bei einer Attacke Kehrt geblasen wurde, befand sich der General unmittelbar hinter der Front und wurde von der Lanze eines Dragoners bei Ausführung des Kommandos an der Wange und am Halse verwundet. Vom Gar- nisonlazaret, wohin der General zuerst gebracht war, wurde er nach einer Privatklinik geschafft.

Haag, 18. Juni. Nach einem kurzen Be­such bei dem Präsidenten Krüger werden Dewet Deutschland und Oesterreich-Ungarn, Botha Belgien, Holland und Frankreich, Delarcy Rußland und Reitz Amerika besuchen, um Gelder für die verarm­ten Burenfamilien zu sammeln. Dewet dürfte An­fang September in Berlin eintreffen.

Bombay, 18. Juni. Ein furchtbarer C yclon zerstörte die Stadt Karacha. Die Stadt wurde von den Wellen verschlungen, zahlreiche Ein­wohner sind umgekommen. Die Dampfer Simla, City of Delhi und Kola sind mit Flüchtlingen an­gefüllt.

L eb ensversicherungs- L Ersparnis- bank in Stuttgart. (Alte Stuttgarter, ge­gründet 1854.) Wie der letztjährige Rechenschafts­bericht ausweist, wurden bei der Bank im Jahre 1901 8055 Versicherungen mit -FL 52 219 120 Versicherungssumme beantragt. Ausgestellt wurden einschließlich dreier Wiederherstellungen 6600 Policen über -FL 42 674 760. Der Gesamtabgang belief sich auf 3245 Policen über -FL 18 022 457, so daß der Bank ein Reinzuwachs von 3355 Policen mit einem Versicherungskapital von -FL 24 652 303 verblieb. Dadurch hob sich der Gesamtbestand auf 105 850 Policen über -FL 626 565 702 versicherte Summe. Unter den für die finanzielle Entwicklung maß­gebenden Faktoren steht an erster Stelle die Sterb­lichkeitsersparnis im Betrage von -F, 2443010 (-FL 193 528 mehr als im Vorjahre). Der Durch- s ch n i t t s z i n s hat sich von 4,03 °/° auf 4,10 °/° erhöht; die Verwaltungskosten sind von 5,1°/° auf 5,0°/° der Gesamteinnahme zurückgegangen. Dadurch ergab sich ein Jahresüberschuß von -Fl 7 714 271 (gegen -FL 6882231 in 1900). Von dem Ueberschuß wurden -FL 105181, die durch Kurssteigerungen erzielt worden sind, zur Schaffung einer Kursausgleichungsreserve verwendet. -FL 500 000 wurden der allgemeinen Reserve überwiesen und -FL. 410 000 den Pensionsfonds der Innen- und Außenbeamten, der nun die den heutigen Personal­verhältnissen entsprechende technisch notwendige Höhe erreicht hat. Nach diesen Abschreibungen verbleiben noch -FL 6 699 090 (gegen -FL. 6 542 231 im Vor­jahre) zur Dividendenverteilung an die Versicherten, wodurch sich auch für das nächste Jahr voraussichtlich dieselbe gegen 1901 erhöhte Grunddividende ergeben wird, wie in 1902. Die Bilanz weist für Ende 1901 einen gegen 1900 um -Fl. 13506726 gestiegenen Bankfonds von -^. 197 774 032 aus. Darunter befinden sich außer dertechnisch erforderlichen Prämien­reserve-F. 35048304 Extra- und Dividendenreserven. Vertreter in Calw: A. Müller, Lehrer.

Gottesdienste

am 4. Sonntag «ach Hrtnttatis, 22. Juni.

Vom Turm: 538. Predigtlied: 347, Wie schön leucht't uns rc. 9 Uhr: Vorm.-Predigt, Herr Dekan Roos. 1 Uhr: Christenlehre mit den Söhnen. 2 Uhr: Bibelstunde, Herr Vikar Ehninger. Abends 8,Uhr: Missionsvortrag im Vereinshaus von Missionar Wirth aus der Brüdergemeinde.

Aeierlag Johannis, 24. Juni.

9 Uhr: Predigt, Herr Stadtpfarrer Schmid.

Donnerstag, 26. Juni.

8 Uhr abends: Bibelstunde im Vereinshaus, Hr. Dekan Wurm.

I-reitag, 27. Juni, monatl. Bußtag. «

10 Uhr: Vorbereitungspredigt und Beichte, Herr ! Vikar Ehninger.

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