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meinen Aufstand hervorgerufen hat. Sie sind der Ansicht, daß die Bewegung zu gunsten des Friedens in immer weitere Kreise dringt.

Kapstadt, 31. Dez. Eine 200 Mann starke Burenabteilung erbeutete einige Meilen nördlich von Rosmead einen Eisenbahnzug, der aus leeren Güterwagen und einigen Personen­wagen bestand, und steckte den Zug dann in Brand. Etwa 60 Mann Kolonialtruppen, welche sich im Zuge befanden, wurden gefangen ge­nommen, bald darauf aber wieder frcigelassen; mehrere britische Soldaten wurden verwundet. Die Behörden von Rosmead schicken die Frauen und Kinder nach den Häfen im Süden.

Kapstadt, 2. Jan. Die Buren erreichten Roodehoogte südlich von Middelburg. In Mid­delburg sind bedeutende englische Verstärkungen eingetroffen.

Neue russische Truppenbewegung in Mittelasien. WieSundey Spezial" wissen will, wurden nahezu 3000 Mann russischer Truppen von Balum nach der Grenze von Afghanistan gesandt. Dies sei indes nur die Vorhut einer sich auf 26000 Mann und 7000 Pferde belaufenden Truppenmacht, die zur Ver­stärkung der russischen Slrcitkräsie im östlichen Turkestan bestimmt sei.

Wermischles.

Berlin, 2. Jan. In der Neujahrsnacht wurden insgesamt 230 Personen verhaftet, da­von 156 wegen groben Unfugs.

Dühren (A. Sinsheim), 31. Dez. Einen seltenen Fund machte der Landwirt Oskar Brehm von hier, da derselbe beim Pflügen seines Ackers im Gewann Volksgesang (Sinsheimer Gemarkung) eine zinnerne Kanne in antiker Form mit Deckelverschluß zu Tage förderte. Zu seiner großen Ueberraschung enthielt das Gefäß ca. 160 Silbermünzen, sämtliche in ungefährer Größe eines 5-Mark-Stückes und von verschiedener Prägung; das letzte Gepräge mit der Jahreszahl weist auf das 16. Jahrhundert hin. Sämtliche Münzen sind sehr gut erhalten, manche darunter in ihrem Aussehen sogar wie neu, was sich aus ihrer sehr sorgfältigen Ver­packung erklären läßt. Der Silberwert dieses Fundes dürfte etwa 400 Mark, der Liebhaber­wert für Münzsammler dagegen das Sfache be­tragen. Die Münzen sind wahrscheinlich in der Zeit des 30jährigen Krieges (16181648) ver­graben worden.

Königsberg i. Pr., 30. Dez. Hier hat sich, wie man in derKreuzzeitung" liest, ein .Nichthutabnehmer-Verein" gebildet. Er hat große Tugenden, denn er hält keine Gene­ralversammlungen ab, besitzt auch keinen Vor­stand und erhebt auch keine Beiträge; statt der bisher üblichen Form des Grußes hat er den militärischen Gruß unter feinen Mitgliedern ein­geführt. Schon jetzt gehören ihm zahlreiche Mitglieder aus allen Kreisen an, und jedes neue Mitglied wird durch den neuen Gruß freudig ausgenommen. (Ob der Verein auch Dauer haben wird?)

Schon viel ist gegen das feste Schnüren der Damen geschrieben worden. Aber die weib­liche Eitelkeit läßt sich weder durch Belehrung noch durch das Beispiel übler Folgen überwinden. In Karlsruhe befiel am Sonntag eine junge Dame an der Seite ihrer Schwester auf der Kaiserstraße infolge zu festen Schnürens eine schwere Ohnmacht. Sie wurde in einen Laden gebracht, wo es nur mit Anstrengung gelang, ihr das Korsett zu öffnen, worauf das Bewußt­sein wiederkehrte.

Paris, 25. Dez. In derAurore" bringt Urbain Gohier eine Angelegenheit zur Sprache, die auch in Deutschland großes Interesse erregen wird. Die Badische Anilin- und Sodafabrik soll hiernach durch den Friedensrichter zu Blamont zu einer Strafe von 479464 Fr. wegen unrich­tiger Zolldeklaration von künstl. Indigo ver­urteilt und dieses Erkenntnis soll rechtskräftig geworden sein. Natürlicher Indigo ist in Frank­

reich zollfrei, wenn er zur See aus den Kolo­nien eingeht. Bei der Einfuhr zu Lande zahlt er 25 Fr. Künstlicher Indigo ist dagegen, wie die übrigen aus Steinkohlenteer gezogenen Farben mit 1000 Fr. tarifiert. Die obengenannte Fabrik soll nun große Quantitäten ihres synthetischen Indigos in Frankreich eingeführt und als natür­lichen Indigo verzollt haben. Daher die hohe Zollstrafe. Dies ist die Angabe Gohiers. Es ist jedoch kaum anzunehmen, daß die Sache sich ganz so verhält, denn es wird gleichzeitig ge­meldet, die Gesellschaft habe sich an dasKonnte des Transaktions" gewendet und dieses stehe im Begriff, die Strafe bis auf einen Betrag von 2750 Fr. herabzusetzen. Die Sache bedarf jedenfalls weiterer Aufklärung, die möglicher Weise in der Kammer erfolgen wird, da eine Anfrage an das Finanzministerium in Aussicht genommen sein soll.

Eine heitere Vismarckge schichte ver­dient der Vergessenheit entrissen zu werden. In der Kreisstadt Wenden in Livland lebt ein ehr­samer Bürger namens Trampedang, der vor einer Reihe von Jahren Gelegenheit hatte, den ersten seiner Ehe entsprossenen Buben zur Taufe zu bringen. Vorher schrieb Herr Trampedang, ein begeisterter Bismarck-Verehrer, an den Reichs­kanzler einen Brief, in welchem er um die Er­laubnis bat, dem Jungen den VornamenBis­marck" beizulegen. Der alte Reichskanzler be­antwortete eigenhändig das Schreiben des Wendener Bürgers in zustimmendem Sinne; zum Schluß hieß es:Sollte mir trotz meines hohen Alters (der Fürst war damals siebzig) der Himmel noch einen Jungen bescheren, so werde ich nicht verfehlen, ihn Ihre Einwil­ligung vorausgesetzt auf den Namen Trampe­dang taufen zu lassen." Der Wendener Bürger verwahrt dieses Schreiben Bismarcks sorgfältig unter Glas und Rahmen, und er nannte den Knaben, der inzwischen herangewach­sen ist, wirklich Bismarck. EinTrampedang Bismarck" aber ist, wie vorauszusehen war, ausgeblieben.

(Gustav Adolfs Grab.) Am Ufer des Mälarsees steht Riddarholmen (Hügel der Ritter), Wohl das älteste Bauwerk Stockholms mit einer Kirche, in welcher das Mausoleum für Gustav Adolf sich befindet. Er selbst hatte noch, wie dasPfarrhaus" mitteilt, die Pläne zu dem­selben entwerfen lassen und begutachtet, ehe er nach Deutschland zog. Das Mausoleum ist von dem Hauptschiff der Riddarholmskirche durch ein hohes eisernes Gitter getrennt, an dem das ganze Jahr hindurch meist frische Kränze hängen. Gustav Adolf ruht in einem mächtigen Sarkophag von antiker Form und wurde bei dessen Oeffnung am Ende des vorigen Jahrhunderts noch ganz unverändert vorgefunden, wie protokollarisch da­mals festgestellt wurde. Zu Füßen des Leich­nams lag auf einem Sammtkissen, in grüne Seide gehüllt, eine goldene Kapsel mit Gustav Adolfs Herz. Mehrere Inschriften an den Wänden der Grabkapelle Preisen seine Herrscher­und Christen Lugenden.

(Um 30000 Zehnpfennigstücke vom Jahre 1876) ist ein Großdestillateur am Rosenthaler Thor eine originelle Wette eingegangen. Er muß so viel bloß für Getränke innerhalb eines Vierteljahres einnehmen, kann aber dabei gewisse Geschäftskniffe anwenden, deshalb hängen an seinem Schaufenster Plakate folgenden Inhalts: Ich gebe jedem Käufer für ein Zehnpfennig­stück vom Jahre 1876 Getränke im Werte von 15 ^j". Haufenweise stehen nun, namentlich Samstags, die Arbeiter in der Nähe herum und suchen jene Geldsorte hervor. Ein findiger Kopf verkauft sogar schon zwei solcher Geldstücke für 25 Der Masfenumsatz hat für den Destil­lateur immer noch einen beträchtlichen Nutzen zur Folge.

sDePlaziert.j Schmieredirektor (zum Schau­spieler, der um Vorschuß bittet): Sie lassen sich ja alle Augenblicke von mir etwas vorschießen; glauben Sie denn, ich sei ein Schnellfeuer­geschütz?»

Allerhand wunderbare Prophe­zeiungen für tvvl

von eigenem Schäfer Thomas derD. W.", Berlin.

Reichskanzler Graf vonBülom hält im Reichs­tage eine Rede, ohne ein Schillersches oder Goethesches Gedicht zu zilieren.

Der Reichstag ist drei Tage hinler einander be­schlußfähig.

v. Thielen setzt die Personentarise herab und führt I)-Zugmagen mit Seilenlhüren und elektrischer Beleuchtung ein.

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Minister von Rheinbaben resormietrt die Ber­liner Kriminalpolizei, und zwar so erfolgreich, daß mit einem Schlage alle 25 bisher unentdeckten Mörder er­wischt werden.

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Justizminister Schönstedt schafft die Titel Staatsanwalt" undStaatsanwaltschastsrat" ab; statt dessen heißt es künftig nurObjektivrat."

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In den deutschen Kolonien wird soviel Gold gesunden, daß damit die gesa gten chinesische» Kriegs­kosten bezahlt werden können.

Die Kohlen werden billiger, das Kohlensyndikat setzt den Preis um IO"'» herab.

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Diesem edlen Beispiel folgen auch die Berliner Hausbesitzer, überall werden die Mieten herunter- geietzt.

Die Leipziger Straße wird inBazarstra ße" umgetauft.

Die I-sx Heinze erscheint Mieder auf der Bild­fläche, verschwindet aber bald, nachdem Roeren zum Oberzensor in Berlin ernannt ist.

Prinz Tuan kommt nach Berlin und bereitet sich bei Stöcker zum Christentum vor.

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Der Prinz von Wales setzt sich an die Spitze der englischen Truppen und beendet in sechs Wochen den Burenkrieg.

Mutmaßliches Wetter am 4. und 5. Jan.

^Nachdruck verboten

Der skandinavische Hochdruck von 770 mm hat sich rasch über die ganze Ostsee, Norddeuischtand rechts der Elbe, Böhmen und Galizien, sowie die russischen West­provinzen ausgebreitel, wodurch der letzte Luftwirbel aufgelöst wurde, nachdem vorher in Mitteldeutschland starke, in- Südoeulschland nur sporadische Schneefälle eingctreten waren. Inzwischen ist ein neuer LuktwirLol- von 755 mm von Nordwesten her in Schottland einge­troffen, aber vor dem mitteleuropäischen Hochdruck wieder nordwärts nach den Shetlandsinseln gewandert, lieber Italien und der Balkanhalbinlel liegt eine schwache Depression von wenig unter Mittel. Für Freitag und Samstag ist bei vorherrschend nördlichen Winden und kalter Temperatur trockenes und, von vereinzelten Früh­nebeln abgesehen, auch heiteres Wetter in Aussicht zu nehmen.

Am 5. und 6. Januar.

lieber llnteritalien und den südlichen Teilen der Balkanhalbinsel steht das Barometer noch wenig unter Mittel. Ueber dem ganzen übrigen Europa liegt ein Hochdruck von über 765 mm mit einem Maximum von 775 mm über Südschweden, der unteren Ostsee, Pommern, Ost- und Westpreußen, Livland und weiter ostwärts. Für Samstag und Sonntag ist demgemäß fortgesetzt trockenes, und von vereinzelten Frühnebeln abgesehen, auch heiteres Wetter bei ziemlich scharfem Frost zu er­warten,

Telegramme.

Hamb urg, 3. Jan. Der Kaiser ist heute früh 8 Uhr hier eingetroffen und wurde am Bahnhofe vom preußischen Gesandten, sowie den beiden Bürgermeistern empfangen. Vom Bahn­hofe fuhr der Kaiser nach der DachtViktoria Luise", welches Schiff der Kaiser eingehend be­sichtigte. Mit dem Kaiser ist auch der Reichs­kanzler GrafBülow eingetroffen. Es herrscht schneidende Kälte, 11 Grad Reaumur.

London, 3. Jan. Lord Roberts ist hier angekommen. Beim Verlassen des Wagens wurde er von dem Prinzen von Wales und dem Herzog von Jork unter den Klängen der Nationalhymne bewillkommnet. Die Menge be­grüßte ihn begeistert.

Kapstadt, 3. Jan. Die Vorhut der Buren im Osten der Kolonie steht nahe bei Maraisburg. Aus Carnavon meldet das Reutersche Bureau vom 1. Januar: Die Buren unter Hertzog, Wessels, Prätorius und Nieuwenhout fetzen den Marsch nach Fraser­burg fort. Oberst Delisle und Thornycroft setzen die Verfolgung fort, aber Pferde und Maultiere sind sehr erschöpft.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg.