786
es bleiben zwischen uns obwohl sich die Zeiten geändert haben," unterbrach Emeran den Pfarrer, als er merkte, daß dieser zögerte, ihn kurzweg bei seinem Rufnamen anzureden, da er einen anderen Namen nicht kannte.
„Herr Emeran," fuhr der Pfarrer fort. „Ich war ohnehin im Begriff, zu Ihnen zu kommen und Sie zu der schönen That zu beglückwünschen. Ich mußte aber erst der Therese Trost zusprechen, ist doch auch mein Beichtkind und hat schon soviel Kummer ertragen müssen, es ist eine Schande, wie der Lader in den Tag hineinlebt. Ich bin schon lange nicht mehr in Len Gaiglhof gekommen, weil meine Worte und Ermahnungen doch nichts fruchten."
„Und wegen der Therese wollte ich mit Ihnen sprechen, Herr Pfarrer, ich weiß zwar auch den Weg in den Pfarrhof, aber der Arzt hat mir verboten, heute aus dem Zimmer zu gehen und was ich zu sagen habe ist dringend
— duldet nicht den geringsten Aufschub, ich Werde mich aber kurz fassen."
Er hatte sich kurz fassen wollen, Emeran, als er aber erzählte warum er damals vom Gaiglhof geflohen war und was er in dieser Zeit alles erlebt hatte, da war doch ein Viertel- stündchen nach dem anderen darüber verflossen und in dem alten Herrn hatte er einen geduldigen Zuhörer gefunden, der nur ab und zu leise mit dem Kopfe nickte. .
„0, Herr, Dunkel sind Deine Wege aber Du führst doch alles zum Guten, so zeigt es sich augenscheinlich hier," bemerkte der Pfarrer, als Emeran mit seiner Erzählung zu Ende war. „Kann deutlicher der Beweis für die Worte der heiligen Schrift gegeben werden, .als es hier wieder einmal geschehen ist, gleich in unzähligen anderen Fällen vorher und wie es auch fernerhin geschehen wird."
„Doch nicht, um Ihnen meine Lebensgeschichte zu erzählen, habe ich Sie rufen lassen, Herr Pfarrer," erwiderte Emeran. „Ich wollte nicht wieder hierherkommen, ich hatte mir es damals fest vorgenommen, aber wie mir so unvermutet das reiche Vermächtnis meiner Mutter zugefallen war — ich habe ihr längst verzeiht, nicht um des Reichtums willen, sondern weil es auch ein armes Weib war, welches der Versuchung unterlag und dafür schwer gelitten hat
— da Hab ich oft des Nachts nicht schlafen können und einmal war es mir im Traume als rufe man mir zu: „Dort haben sie Barmherzigkeit an Dir geübt, gehe hin und Vergelt es ihnen." Ich gebe nichts tauf Träume, Herr Pfarrer, es hat mir meine Phantasie sicher auch nur diese Bilder vorgegaukelt, aber sie waren mir wie ein Fingerzeig und nun sollen Sie der Vollstrecker meines Willens sein, Herr Pfarrer, verstehen Sie mich nun? oder soll ich erst noch viel Worte darüber verlieren?"
Der Pfarrer erhob sich und trat an Emeran heran, dessen Hände ergreifend und sie mit Wärme zwischen den Seinigen drückend.
„Sie edler Mann, es bedarf keines Wortes mehr, ich verstehe vollständig und Sie finden mich bereit in Ihrem Namen zu handeln, wenn Sie selbst der Therese Ihre Hilfe nicht anbieten wollen."
Lange noch berieten die beiden Männer, wie am zweckmäßigsten die Hilfe angebracht war. Emeran war zu jedem Opfer bereit — nur eine Bedingung knüpfte er daran, und der Pfarrer mußte ihm fest versprechen, kein Wort darüber zu verlieren, was er ihm anvertraut hatte. Niemand sollte darüber etwas erfahren, denn ohne weiter mit Jemand in Berührung zu kommeu, wollte er, den Ort wieder verlassen. Für den Fall aber, daß Theresens Gatte wieder genesen und den seitherigen Lebenswandel fortsetzen sollte, bestimmte Emeran außerdem für Therese und für jedes Kind ein Kapital, welches sie vor jeder Not sicherte, welches aber von Laver nicht ver- geutet werden konnte.
Noch waren fleißige Hände thätig, um den abgebrannten Gaiglhof schöner, stattlicher aufzubauen, ein neues Anwesen auf den Brandruinen erstehen zu lassen, da erhielt Therese die Nachricht, daß Laver in der Irrenanstalt, wohin er
überführt worden, weil keine Aussicht auf Heilung vorhanden war, verstorben sei — er war erlöst.
Therese hatte das Opfer Emerans nicht annehmen wollen, aber der Pfarrer hatte ihr solange zugeredet bis sie ihren Widerstand aufgab und in die Pläne einwilligte, die er ihr über den Neubau vorlegte.--
Jahr und Tag waren daüber hingegangen, Therese hatte Einzug in ihr neues Heim gehalten und auch die Trauerkleider schon wieder abgelegt, da kam Emeran auf den Hof zurück.
„Ich halt es nicht länger mehr aus — Therese, nimm mich mit auf in das neue Heim
— auch wir wollen ein neues Leben beginnen!"
„Emeran!" weiter kam Therese nicht, ihre Stimme erstickte in Schluchzen.
Seltsam wie dicht gefüllt am nächsten Sonntag die Kirche war, warum gerade an diesem, der sich voll den anderen eigentlich durch nichts unterschied! Erwartete man etwas besonderes
— fast schien es so, wie deutlich das Kopfdrehen und das Flüstern verriet.
Es hatte sich in der Gemeinde schoI die Kunde verbreitet, daß der Herr Pfarrer heute Emeran und die Therese als versprochenes Paar verkünden würde und weil man hoffte, er würde es ganz besonders feierlich machen, da wollte eben Jedes dabei sein.
Fast atemlose Stille herrschte in der Kirche, als der Geistliche nach Vorschrift das Verlöbnis verkündet: Mit beredten Worten schilderte er, wie dieses Paar, nicht mehr so jung an Jahren, diesen Schritt fürs Leben zu thun beabsichtigte, wie es durch eine schwere Schule des Lebens hindurchgegangen sei. Nur wenige Augen blieben trocken, als er weiter schilderte was Emeran vollbracht und wie er sich jetzt gelobt habe, der Witwe eine Stütze, den verwaisten Kindern ein Vater zu sein.
Der neue Reichskanzler wird von der Münchener „Jugend" mit folgendem treffenden Vers begrüßt:
Herr Kaiser, sei bedankt für diesen Mann,
Den wir ersehnt — wenn auch mit schwachem Hoffen! Und Du, Herr Graf, helläugig, deutsch und offen,
Tritt Du des Ersten großes Erbe an!
Sei stark, wie er, wenn unsre Feinde toben,
Und fest, wie er, nach unten wie nach — oben!
Aus der Pfalz schreibt mau der Allg. Z.: Gegen die Weinpantscherei kämpfen die größtenteils ehrlichen kleinen Winzer seit Jahren vergeblich an. Selbst in diesem Jahre, wo die Güte des Mostes ebensosehr befriedigt wie seine Menge, können die Macher von ihrem unsauberen Handwerk nicht stehen. Und den Winzern werden Preise geboten, bezw. bewilligt, die dem Werte der 1900er Gewächse bei weitem nicht entsprechen. Die gerechte Erbitterung der viel geplagten Winzer macht sich nun in eigenartiger Form Luft. Da die Panischer den Ortsbrunnen Wasser in großen Mengen entnehmen, so verfielen schlaue Köpfe in verschiedenen Orten des Hardtgebirges auf den Gedanken, in die Brunnentröge Petroleum zu gießen. Nicht wenige Macher, die ihr Wasser während der Nacht faßweise holten, mußten so teures Lehrgeld zahlen, indem durch die Verwendung des petroleumgetränkten Nasses größere Mengen Mostes verdorben wurden. Hoffentlich stellen sie jetzt ihr unsauberes Handwerk ein.
Regen. (Unerhobene Gewinne.) Laut der Originallisten der Ansbach-Gunzenhauser 7 fl. und der Augsburger 7 fl. Lose aus den Jahren 1899 und rückwärts sind Haupttreffer zu 7000 fl., 6000 fl., 300 fl. 100 fl. u. s. w. unerhoben geblieben. Aehnlich verhält es sich bei Amsterdamer, Barletta, Braunschweiger, Bukarester, Finnländer, Freiburger, Mailänder. Meininger, Oldenburger, 30000, 600, 200 ^ u. s. w. Pappenheimer, Neuchateler, Oesterreicher, Hamburger, Ungarischen, Kurhesstschen, Dessauer, Schwedischen, 15000 Thlr. 10000 Thlr. u. s. w. und Venediger Losen; überhaupt bei allen anderen Losgattungen und sonstigen kündbaren Papieren sind Tausende von Haupt- und Neben- trefsern unerhoben. Bei Türkischen 100 Fr.- Losen sind 10 Haupttreffer unerhoben geblieben.
Abgesehen von den Zinsenverlusten, welche die Inhaber dieser Treffer-Lose erleiden, haben sie noch das Risiko, daß viele dieser Lose zu Gunsten der Emissionsbehörde verfallen. Es ist deshalb jedem Losbesitzer dringend anzuraten, seinen Papieren die nötige Aufmerksamkeit zu schenken Genaue Aufschlüsse erteilt der Ziehungslisten- Verlag aller amtlichen Anlehenslose und Wert, Papiere in Erlangen.
St. Ludwig, 18. Okt. Von Ratten übel zugerichtet wurde das 2^ Jahre alte Kind eines hiesigen Metzgers. Die frechen Nagentiere bissen in der Nacht von Mittwoch dem kleinen Geschöpf ein Fingerchen durch und verwundeten es noch an anderen Körperteilen. Auf das Hilferufen der übrigen im Zimmer anwesenden Kinder eilte der Vater mit einem braven Spitz hinzu, der den Nagern bald den Garaus machte.
(Um Lampenglocken zu reinigen) werden sie mit Seife und einem wollenen Läppchen abge. rieben und in heißem Wasser abgespült. Die lästigen Oelflecken von den Petroleumlampen entfernt man leicht dadurch, daß man sie 'mit Ultramarin (Waschbläue) einreibt und abspült.
(Nicht verlegen.) Aus Versehen tritt ein Student einem Gigerl auf eines seiner Fußge- ftelle, die so groß sind, daß er eine Katze damit hätte tot treten können. „Na, denken Sie denn ich habe meine Füße gestohlen?" brüllt der Fex den Bruder Studio an. „Kaum," entgegnet Jener gelassen, „sonst hätten Sie Sich jedenfalls andere genommen."
Mutmaßliches Wetter am 25. u. 26. Okt.
«Nachdruck verboten.!
Der Hochdruck aus dem Westen ist in Irland und entlang der französischen Südwestküste auf 77S mm, m ganz Mitteleuropa bis hinunter nach Siebenbürgen auf 770 wm gestiegen. Der letzte Luftwirbel aus dem hohen Nordwesten bedeckt nunmehr mit 750 mm Schweden die obere Ostsee und Finnland. Für Donnerstag und Freitag ist zeiiweilig nebliges, aber noch immer trockenes und auch vorwiegend heiteres Wetter zu erwarten.
Telegramme.
Berlin, 23. Okt. Der „Reichsanzeiger" meldet: Der Kaiser und die Kaiserin verlassen heute Abend 11 Uhr Hombnrg v. d. H. und machen morgen den für 13. Oktober beabsichtigt gewesenen Besuch in Barmen-Elberfeld und Vohwinkel. Die Majestäten treffen Nachmittags 2 Uhr 20 Min. in Villa Hügel ein. Von dort erfolgt die Abreise am 25. abends 10 Uhr über Soest, Hildesheim und Braunschweig. Die Ankunft in Berlin, Potsdam-Bahnhof erfolgt am 26. früh 8 Uhr 50 Min.
Berlin, 23. Okt. Der bisherige Unter, staatssekretär von Richthofrn wurde zum Staatssekretär des Auswärtigen Amtes ernannt.
Berlin, 23. Okt. Den Blättexn zufolge ist im Reichshaushalt-Etat für 1901 die Stempelabgabe für Wertpapiere, Kaufgeschäfte, Lotterie- lose, Schifffahrtsurkunden, die im Etat für 1900 mit 53 708000 -/A eingesetzt worden war, Pro 1901 auf 100170000 veranschlagt. Die Einnahmen an Zöllen, Verbrauchssteuern und Aversen sind auf 810330850 veranschlagt, das ist um 20605 850 ^ mehr als für 1900,
Hongkong, 23. Okt. (Reuter.) Aus Kanton wird berichtet, daß die Konsuln gefahrdrohende Nachrichten erhielten. Kanton selbst aber ist verhältnismäßig ruhig. Nach Mitteilungen von Flüchtlingen aus Huitschau machen die Aufständischen Fortschritte; sie werden vom Volke willkommen geheißen, sie bezahlen alles, was sie entnehmen und werden daher als Gäste behandelt, nicht als Feinde. Man nimmt an, daß zehn Rebellenführer vorhanden seien, deren jeder eine besondere Abteilung führt. Derjenige, welcher im Hinterlande von Kaulung operiert, schlug am 15. Oktober eine starke Abteilung des Admirals Ho; letzterer hatte 100 Tote.
New-Hork, 24. Okt. (Reutermeldung.) Gestern abend wurden in einigen Kohlengruben in der Nähe von Wilkesbarre die Arbeiter, die nicht in den Ausstand getreten sind, von den ausständigen Arbeitern angegriffen, beschossen und mit Steinen beworfen. Die Polizei mußte eingreifen. Etwa 100 Personen wurden verletzt.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg.