Egloffftein hatte eben am Stammtisch eine schnurrige Geschichte zum Besten gegeben und die mit einer neuen AuflageEchtem" erschienene Kellnerin fragte so nebenher, ob die Herren einem armen elenden Manne gestatten wollten, der mit seinem Kasten draußen stehe, einen Augenblick einzutreten und seinen Krimskram feilzubieten.

Aber Kathi, wir treiben doch am Abend keine Schachergeschäfte", meinte der Apotheker. Sagen Sie dem Manne, er mag am Tage kommen."

Aber Herr Apotheker, am Tage sind die Herren doch nicht hier", meinte die Kellnerin, die nun einmal von Mitleid für den armen Mann erfaßt,und er schaut so armselig aus zum Erbarmen."

Die Kathi hat recht!" riefen mehrere Herren,mag hereinkommen."

Das Mädchen entfernte sich und ließ den Hausierer hereintreten, der sich nur auf Krücken fortbewegen konnte und unter der Last eines großen schwarzen Hausierkastens keuchte. Es war ein Mann anfangs der dreißiger Jahre, ein dichter, wenig gepflegter Vollbart umrahmte sein abgezehrtes Antlitz. Als er in den Lichtkreis getreten, da wischte er erst mit der Hand über die Augen, blendete ihn das Lampenlicht oder konnte er den Rauch von den Zigarren der Stammgäste nicht vertragen, der den Raum an­füllte. Dieser Mann war so ganz anders wie die meisten Händler, welche in Restaurants gehen und dort den Gästen die verschiedenartigsten Artikel aufzudrängen suchen und dies merkten an ihm auch die Stammgäste.

Mit in Frankreich gewesen?" fragte ihn einer der Herren und zeigte auf den Beinstumpf. Mit welchem Regiment haben Sie denn den Feldzug mitgemacht?"

Der Hausierer stellte behutsam seinen Kasten ans einen leeren Tisch; merkwürdig, wie wenig er doch Lampenlicht und Zigarrenrauch vertragen konnte, denn abermals wischte er nach dieser Frage in die Augen und erst nach einer kleinen Weile erwiderte er bescheiden:

Nein, dies war mir nicht vergönnt, Leute mit einem halben Bein konnte der König nicht gebrauchen."

Dann haben Sie also das Bein schon früher verloren, und wie ist denn das zuge­gangen?" fragte der betreffende Stammgast weiter.

Ja, Herr, schon als zwölfjähriger Knabe und wie es zugegangen ist, unter einen Wagen bin ich gekommen, war der Bescheid.Darf ich mir erlauben, den Herren einiges zur Auswahl vorzulegen, alles nur Sachen, die im alltäglichen Leben immer gebraucht werden," setzte der Hau­sierer etwas schüchtern hinzu.

Dr. Egloffftein, in einem eifrigen Gespräch mit seinem Tischnachbar begriffen, hatte zuerst beim Eintritt des Hausierers nicht auf diesen geachtet, jetzt erst bei diesem kurzen Gespräch wurde er aufmerksam, musterte den Fremden mit einem forschenden Blick und trat dann an ihn heran, seine Hand auf dessen Schulter legend.

Wie heiße» Sie denn und woher sind Sie gebürtig?" fragte der Rechtsanwalt und eine seltsame Hast lag in seinen Worten.

Der Hausierer wurde sichtlich verlegen, bei dieser offenbar unerwarteten Frage und vergebens bemühte er sich diese Verlegenheit zu verbergen.

O, Herr, fragen Sie mich nicht danach," Preßte er endlich heraus.Ich bin ein ehrlicher Mensch, dies können Sie mir glauben."

Mann, daran zweifle ich gar nicht, aber jeder Christenmensch hat doch schließlich einen Namen, den will ich wissen und wo Eure Wiege gestanden hat!"

Unterm Muttergottesbild auf der Thür­schwelle haben die Leute mich gefunden und aus Barmherzigkeit haben sie mich ausgenommen einen Namen, einen Namen haben sie mir halt nicht geben können, so, nun wissen Sie es!"

Diese Worte hat der Hausierer mit Heftigkeit hervorgestoßen; anfänglich nur verwirrt, in Ver­legenheit geraten, hatte schließlich eine gewisse Gereiztheit bei ihm Platz gegriffen, was hatte man ihn denn nach all dem zu fragen, was die längst begrabenen Sachen wenn auch unbewußt

wieder aufzurütteln. Als er aber sich daran machen wollte seinen Kasten zusammenzupacken, um schnell fortzukommen von hier, wo man ihn mit solchen Fragen quälte, da hinderte ihn der Rechtsanwalt daran.

Dann heißen Sie Emeran, Mensch reden Sie!" drang Dr. Egloffftein in den Hausierer und schüttelte ihn unwillkürlich ziemlich derb an der Schulter.

Wäre ein Geist oder eine schreckhafte Ge­stalt neben dem Hausierer erstanden und hätte ihn angesprochen, sein Gesicht konnte keinen ent­setzteren Ausdruck annehmen, wie bei den letzten Worten des Rechtsanwalts.

Emeran, so haben sie mich früher gerufen," stotterte er verlegen und suchte die Hand des Rechtsanwalts von sich abzuschütteln.Was wollen Sie von mir erinnern Sie mich nicht mehr an die vergangenen Zeiten."

«Fortsetzung folgt)

Mühlhausen. Ein im Jahr 1816 er­schienenes Werk über den Rebberg und dem Mühlhauser Herbst enthält reichliche Notizen des Chronisten Matheus Mieg, geb. 1756. Wir entnehmen demselben nach der Straßb. P. fol­gende Aufzählungen:

Von 15821585 war wohlfeile Zeit; da wurde befohlen, keine Rappen- sondern Pfennig­brote und zwar sechslötige zu backen; auch galt die Ohm Wein bloß 6 Batzen" sodaß manch rotes Näschen zum Vorscheine kam, kann Mieg nicht unterlassen zu sagen).

Zur Zeit des dreißigjährigen Krieges wird es auch nicht besser gewesen sein, dennbey den Kriegsläuften von anno 1644 sind zu Beschützung der Saat und Ernte 24 Musketiere angeworben worden, deren Sold zu sechs Kronen monatlich 300 Pfund betrugen."

Hoffentlich haben die den Bann besser be­wacht als dasBürger-Winzertum", das 1730 angeordnet worden war. Man hatte 1749 wahr­genommen,daß es einen Anlaß zu vielen Miß­bräuchen, Schwelgereyen, Kösten und Schaden der Gesundheit geworden und der Bann deswegen nicht besser geführt wurde; daher schäfte man den lOten April 1749 die sechs Bürger-Winzer, die jährlich erwählt wurden und ihr Amt in Person versehen mußten, wieder ab und bestellte vier Lohn-Winzer. Anstatt sechs Bürger aber ernannte man in diesem Jahre zwölf und in den folgenden fünfzehn, die sich jeder mit zehn Pfund loskaufen konnten, um die vier Lohn-Winzer desto besser zu besolden."

Von dem Jahre 1752 ist angemerkt,daß ein reicher Herbst erfolget und aus dem Mül­hauser Bann 16 000 Büttigen in die Stadt ge­führt worden, daß der Monat August naß und kalt, der September und Oktober aber warm gewesen und es vom 14ten September bis den 9ten November nicht geregnet habe." 1753 wurden 14000Büttigen" in die Stadt geführt. Infolge des trockenen Sommers war der Wein trefflich gut" und der gemütliche Chronikschreiber Mieg fügt hinzu:Es seufzte mancher Bachus- bruder noch bis in sein spätestes Alter nach diesem göttlichen Nektar."Der größte Herbst im Mülhauser Weinberg erfolgte 1772 und betrug 19 365 Büttigen."Da wird Mancher gelacht und in der Folge gewackelt haben", meint Mieg.

1683 wurde am 26. August schon geherbstet.

1692, am 30sten July war ein schreckliches Sturm und Hagelwetter, so daß alle Trauben gänzlich zerschlagen wurden. Die Ohm Wein ward 5 Pfund 10 Schilling taxiert, aber so wenig Zehnten eingesammelt, daß die Obrig­keit von Mülhausen für das Pfrund- haus und die Stadtbedienten über 1500 Pfund Geld an Wein verwenden mußte. 1719 galt die Ohm Faß soviel als die Ohm Wein, nämlich 18 Batzen.

1740 gab es nichts.

1760 aber 17 126 Büttigen.

1772 19365

1786 nur 1824

1789 fast nichts.

Nach dem guten Kometeweinjahr 1811 klagt Redaktion, Druck und Verlag hon T. Meeh in NeUl

Mieg bitter:Es wurdeZnancher Keller durch fremde Kriegsleute in leeren Zustand versetzt, und der Herbst 1814 fiel leider sehr sparsam aus. So hatte nun der Weinberg seit 1811 keine Herzensfreude mehr verursacht, sondern nur Verlust angeboten; deswegen mußte auch manches Stück Reben jetzt dem Zorne unterliegen ausgestockt und dem Kartoffelbau überlassen werden.

1816 muß es im Sommer auch bös aus- gesehen haben.Alles ist wieder in Floridas, und besonders heute (7ten August), da die Sonne zum erstenmale seit beynahe dreh Atonalen ihre wohlthätigen Strahlen verbreitet."

Ein lustiges Stücklein Passierte neulich während einer Eisenbahnfahrt zwischen Mühlacker und Illingen. Ein Zimmermannslehrling aus einem Orte bei Vaihingen hänselte fortgesetzt ein neben ihm im Eisenbahnwagen sitzendes Mädchen. Letzteres verstand solchen Spaß nicht; es erhob sich plötzlich kouragiert und versetzte dem jungen Burschen eine kräftige Ohrfeig. Schon war der Bursche im Begriff, diese thätlrche Zurechtweisung zu erwidern, als ein anderer Passagier ihm das verleidete, indem auch er ihm noch ein paar von rechts und links auf die Backen verabfolgte. Der Bursche unterließ es nun, sich an dem schlagfertigen Mädchen zu rächen, umsomehr, als ein weiterer Reisender, welcher die Geschichte von Anfang an ebenfalls beobachtet hatte, dem Be­schützer des Mädchens für sein energisches Ein­schreiten nicht etwa Vorhalt machte, sondern ihm unter anerkennenden Worten eine Mark in die Hand drückte.

«Kühne Behauptung.) Angler:Ist der Fischköder auch wirksam?" Verkäufer:Nach dem lecken sich die Fische alle zehn Finger ab!" sGuter Rat.) Frau (ihren: Manne, der eine Ballonfahrt mitmacht, nachrufend):Und wenn der Ballon Platzen sollte, Karl, dann vergiß nicht, dich an der Gondel festzuhalten." (Beim Antiquitäten-Händler.). . . Was, fünfhundert Jahre soll der Schrank alt sein? Der ist keine dreihundert!" Erlauben. Sie, so alt war er schon, wie ich ihn gekauft habe!" (Gelungener Irrtum.) Sonntagsjäger:Das thut mir wirk­lich leid, lieber Mann, daß ich Sie angeschossen habe. Wie heißen Sie denn?" Treiber: Mein Name ist Hase." Sonntagsjäger (ver­gnügt):Ei, dann habe ich ja doch einen ge­troffen!" (Sonderbar.) A. im Theater zu seinem Nachbar):Nun hören Sie bloß, wie die Sängerin schreit!" B.:Ja, und dabei sagen die Leute aber, sie hätte keine Stimme."

(Unnötig.), Er: . . . Unsere Liebe darf uns aber nicht blind machen, und wir müssen uns bestreben, gegenseitig unsere Fehler zu ent­decken!" Sie«Laß nur ... das werden unsere gemeinschaftlichen Freunde schon besorgen, sobald unsere Verlobung bekannt wird!"

Charade.

Den Winkel dort am Firmament,

Der, wenn der Sommer schwindet,

Uns keine warme Luft vergönnt,

Man in der Ersten findet.

Wir zieh':: vom Lande dann zurück,

Da unsere Blumen scheiden,

Und senden noch den Abschiedsblick Nach dort genoss'nen Freuden.

Des Urquells hohe Eigenschaft Kann Euch mein Zweites nennen;

Der Mensch erfüllt durch diese Kraft, Lernt mehr und mehr erkennen.

Im Herbste aber aus dem Winkel glänzt, Was Euch mein Ganzes nennet,

Und gleich, als ob mit Blut umkränzt, Und Stadt und Dorf dort brennet.

Auflösung des Rätsels in Nr. 157.

Der Feige die Feige.

Richtig gelöst von Karl Knöller in Neuenbürg.