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Spitalplatz, so groß war die Zufuhr an Most­obst aus der näheren und weiteren Umgegend. Die größte Zufuhr (2000 bis 2500 Ztr.) in diesem Jahr hat stattgefunden, aber trotzdem hielten sich die Preise hoch, so daß der Zentner noch mit ^ 3. bis 3.50 bezahlt wurde. Der Handel war äußerst lebhaft.

Ehingen, 10. Okt. Vorgestern wurde ein Hund erschossen, welcher auf hiesiger Mar­kung ca. 30 Schafe zerrissen hatte. Da der Eigentümer des Hundes unbekannt war, wurde der Hund auf einem Wagen von Ort zu Ort geführt und Umfrage gehalten, wobei sich für einen Bauern in Oepfingen hiesigen Oberamts die unangenehme Thatsache ergab, daß der Hund ihm gehöre. Der Schaden wird auf ca. 1000 Mark berechnet.

Ausland.

Die Neuwahlen für das englische Unter­haus haben ergeben, daß die weit überwiegende Mehrheit der britischen Wähler die imperialistische Politik des Kabinets Salisbury - Chamberlain billigt. Mit einer noch größern Mehrheit als vor fünf Jahren wird die Regierungs - Partei im nächsten Monat im Unterhause einziehen. Der Sieg Chamberlains ist insofern glänzend, als die Niederlage der Opposition besonders den Flügel trifft, der die Chamberlainsche Politik und die Annexion der südafrikanischen Freistaaten grundsätzlich verurteilt und deshalb den Wahl­kampf persönlich gegen den Kolonialminister zu­gespitzt hatte. Dagegen hat der Teil der frühern liberalen Parlaments-Minderheit, der den süd­afrikanischen Krieg und die Einverleibung der Buren-Republiken für gerecht und notwendig er­klärt, bisher keine nennenswerte Einbuße erlitten.

Tientsin, 11. Okt. Das Reuter'sche Bureau meldet: Der Abmarsch nach Paotingfu ist auf Freitag anberaumt. Das Expeditions­korps ist 7000 Mann stark und aus Deutschen, Engländern, Franzosen und Italienern zusammen­gesetzt.

Vom südafrikanischen Kriegsschau­plätze liegen folgende Meldungen vor: Die Zahl der Buren, die sich ergeben, oder die ge­fangen genommen werden, wächst nach Angabe des Feldmarschalls Roberts aus Prätoria täg­lich und dürfte sich aus 16 000 belaufen. Ueber einen für die Engländer ungünstig verlaufenen Zusammenstoß mit den Buren berichtet General Kelley-Kenny: Ein Bataillon Freiwilliger wollte eine Abteilung Buren in der Nähe von Bult­fontein überraschen; die Buren waren jedoch stärker, als man erwartet hatte, und das Bataillon mußte sich nach dreistündigem Kampfe zurück­ziehen. Die Engländer hatten 6 Verwundete; die Verluste der Buren werden als schwer be­zeichnet. Dem General Buller ist die schwierige Aufgabe erteilt worden, den Buren in die un­wirtlichen Gegenden des nördlichen Transvaals zu folgen und unschädlich zu machen. Die Er­schöpfung der englischen Mannschaften und ihrer Pferde soll einen hohen Grad erreicht haben.

Anlerhattender Heit.

Verschlungene Lebenswege.

Original-Roman von Gustav Lange.

(Fortsetzung.)

3. Kapitel.

Im Gaiglhof wird heute Hochzeit gefeiert, eine richtige, pomphafte Bauernhochzeit, wobei es hoch herging.

Es war auch ein stattliches Paar, die Therese und des Sonnenwirts Xaver und schwer reich waren die Brautväter, denn sowohl der Gaigl- hofer wie der Sonnenwirt zählten zu den Reichsten im Orte und der Letztere gab seinem Weitesten eine hohe Summe in baar als Mitgift mit, denn er übernahm gleich nach der Hochzeit das An­wesen seines Schwiegervaters, während der Gaigl- hofer sich aufs Altenteil zurückziehen wollte.

Hab' in meinem Leben genug geschafft, will die Arbeit nunmehr jüngeren Händen über­lassen", meinte er zu dem Sonnenwirt, als er mit diesem vor der Hochzeit die Sache wegen Abtretung des Hofes richtig machte."

Da kannst Du unbesorgt sein, der Xaver wird die Wirtschaft auch fürderhin vorwärts bringen", entgegnete der Sonnenwirt nicht ohne einen Anstug von väterlichem Stolz.

Wie hätte der Gaiglhofer auch an diesen Worten zweifeln sollen, hatte der junge Mann doch allezeit einen sich geziemenden Lebenswandel geführt; einmal hatte ihm Jemand zugeflüstert, der Xaver sei eigentlich recht oft von Hause ab­wesend und sein Vater zu nachsichtig gegen ihn, aber was sollte diese eine Stimme'besagen, es sprach schließlich nur Neid und Mißgunst oder Berleumdungssucht aus derselben. Und wie edel hatte er sich damals gegen den Emeran be­nommen, der ihn so schmählich überfallen und so geschlagen hatte, daß er wochenlang darnieder­gelegen und nur dank seiner kräftigen Natur heil davongekommen war. Wie aber dann der Untersuchungsrichter kam um Xaver über den Vorfall zu vernehmen, da hatte der Verletzte so wenig belastend gegen Emeran ausgesagt, gegen den verstockten Sünder, der hartnäckig sich weigerte, über die Beweggründe zu dieser That oder wie sich alles zugetragen hatte zu äußern, daß er mit einer verhältnismäßig geringen Strafe weg­kam. Man rechnete es dem Xaver hoch an, daß er nicht Gleiches mit Gleichem vergalt und be­sonders bei dem Gaiglhofer gewann er dadurch einen Stein im Brett, der davon überzeugt war, das Glück seines einzigen Kindes in der Hand des jungen Mannes geborgen zu wissen.-

Herrschte da eine Freude an diesem Hoch zeitstag bis in die Nacht hinein und Xaver war der lustigsten einer und als am Abend all die Hochzeitsgäste abermals beim Schmause in dem hell erleuchteten Zimmer des Gaiglhofes saßen, während im Nebengemach ab und zu einige Musikanten ihre Künste hören ließen, zeigte sein Antlitz eine ungewöhnliche Röte, flimmerte es seltsam in seinen Augen und führte er solche Reden, daß die neben ihm sitzende Therese zu­weilen erschrocken zu ihm aufschaute. So hatte sie ihn noch nicht gesehen und sein Benehmen gerade heute, wo meist aller Augen auf sie ge­richtet waren, gefiel ihr gar nicht und jedesmal, wenn er wieder einen bedenklichen Witz gemacht hatte, der die Heiterkeit der Gäste erregte, gab es ihr einen Stich durchs Herz und auch der Gaiglhofer schaute mißmutig aus und der Sonnen­wirt, der dies bemerkte, sagte zu ihm:

Das lernen sie halt in der Kaserne."

Mag sein, aber es gefällt mir nicht", er­widerte der Gaiglhofer verstimmt.

Schon wollten auch andere Gäste besänftigend darein reden, als mit einmal die Gaiglhoferin entsetzt von ihrem Platz aufsprang.

Jesus Maria!" rief sie und zeigte mit der Hand nach einem der auf die Straße hinaus­führenden Fenster.War es mir doch, als habe der Emeran dort hereingeschaut und gar schreck­lich war das Gesicht anzusehen!"

Aller Blicke flogen nach dem bezeichneten Fenster, aber da war nichts zu sehen, es herrschte Dunkelheit draußen.

Kann schon sein, daß es der Krüppel ge­wesen ist," nahm der Bräutigam als erster wieder daS Wort, nachdem er sein Glas mit einem Zug geleert hatte, trotzdem bei ihm die Wirkung der überreichlich genossenen Getränke deutlich sich bemerkbar machte.Wollte wahrscheinlich sein Liebchen noch einmal sehen; freilich die hat ihm nun ein anderer samt dem Gaiglhof vor der Nase weggekapert! Ha, ha, ha!"

Nach den letzten Worten brach der Xaver in ein lautes höhnisches Lachen aus und langte gleichzeitig nach einem gefüllten Glas; niemand wagte, ihn von seinem Beginnen abzuhalten.

Du weist nicht mehr, was Du sprichst", sagte der Gaiglhofer, dem die Worte seines Schwiegersohnes Peinlich waren.Morgen be­reust Du sicher, was Du gesagt hast."

Wenn er aber gehofft, den aufgeregten jungen Mann zu beruhigen, so hatte er sich ver­rechnet, er goß eher Oel in das Feuer und sollte er zum ersten Male in recht unliebsamer Weise teil­weise die Charaktereigenschaften seines Schwieger­sohnes kennen lernen.

Was! soll wohl nicht wahr sein, daß der davongelaufene Bettelbub eine Liebschaft mit de.r

Therese gehabt hat? Ich brauch mich deswegen nicht zu schämen!" brüllte der junge Ehemann und schlug mit der geballten Faust auf die schwere eichene Tischplatte, so daß Gläser und Geschirre klirrten und einige weibliche Gäste ängstlich aufschrien.

Der Sonnenwirt eilte rasch zu den Musi­kanten, damit sie ein lustiges Stücklein spielten um so die peinliche Scene zu beenden und schon ertönten die Klänge eines bekannten Volksliedes und einige sangeskundige Gäste suchten die Musik zu begleiten, da erhob sich Xaver schwerfällig: Hört auf mit dem Getudle, scheert Euch nach Hause!" rief er mit überlauter Stimme den Musikern zu.

Mit einem mißtönenden Accord bricht die Musik ab, während Xaver, der sich kaum noch auf den Beinen zu halten vermag, der Thüre zuwankt und das Zimmer verläßt, krachend hinter sich die Thüre ins Schloß werfend, daß es durch das ganze Haus schallt.

Was war es gewesen, was die Gaiglhoferin so entsetzt und einen solchen Mißklang in die Hochzeitsgesellschaft hineingebracht hatte? Sie hatte richtig gesehen, es war der seit einiger Zeit spurlos verschwundene und von manchen Seiten für tot gehaltene Emeran wirklich gewesen dessen Antlitz die Gaiglhoferin für einen Moment durch das Fenster hatte starren sehen.

Schon war es völlig dunkel gewesen, als er wie einer, der eine schlechte Absicht hat, um das ihm so wohlbekannte Hochzeitshaus schlich; der von dort ausstrahlende Lichterglanz und die fröhlichen Klänge der Musik schienen ihn wie mit magischer Gewalt hinzuziehen. Nur einen einzigen Blick durch eines der Fenster werfen, was von der Straße aus ganz gut möglich, wer wollte ihm dies verwehren? Nur noch einmal sie sehen und dann nie, nie in seinem Leben wieder, ihr Bild wollte er sich recht tief in sein Gedächtnis einprägen.

, Fortsetzung folgt)

Mutmaßliches Wetter am 12. u. 13. Okt.

l Nachdruck verboten.)

Der nach Finnland zurückgewichene letzte Lust- Wirbel von 755 WIN hat rasch eine beträchtliche Ber« tiefung erfahren und macht energische Borstöße in süd­licher Richtung, weshalb bei uns das Barometer an­dauernd sällt. An der unteren Donau und über der Balkanhaibinsel behauptet sich zwar noch ein Hochdrink von 770 mm und ein neuer Hochdruck ist auch gegen Irland im Anzug, während derselbe Hochdruck sich vom biskatstschen Golf über Südfrankreich bis nach der Schweiz ausgebreitet, hat. Für Freitag und Samstag ist zunehmende Bewölkung und schließlich auch Neigung zu veränderlichem Wetter zu erwarten.

Am 13. und 14. Oktober.

Der Vorstoß des nördlichen Luftwirbeis in südlicher Richtung hat seinen Machtbereich bis an die Drau vor­geschoben und in der Umgebung von Königsberg noch einen Luftwirbel von 755 mm zurückgelassen. Ein gleich schwacher Luftwirbel liegt noch über der oberen Nord­see und der nördlichen Hälfte von Skandinavien, während über Irland, England ohne Schottland, ganz Frankreich, Süd- und Nordwestdeutschland, ferner über Mittel- und Unteritalien und endlich an der unteren Donau noch je ein Hochdruck von 765 mm liegt. Da die Störung in unserem Osten bald ausgeglichen sein wird, so rst für Samstag und Sonntag wieder größten­teils heiteres und fast ausnahmslos trockenes Wetter zu erwarten.

Telegramme.

London, 11. Okt. Bis jetzt sind gewählt 370 Ministerielle, 143 Liberale, worunter Dilke, und 79 irische Nationalisten. Die.Ministeriellen gewinnen 39, die Opposition ebenfalls 29 Sitze.

Tokio, 11. Okt. Aus Tientsin wird vom 11. Oktober vormittags gemeldet: Die deutsche, englische, französische und italienische Expedition nach Paotingfu wird sowohl von Tientsin wie von Peking abgehen. Die Abteilungen von Tientsin werden am 12. Oktober ausrücken. Generalfeldmarschall Graf Wälder see hielt vorher über dieselben auf dem Paradeplatz M Tientsin eine Parade ab.

Der heutigen Nummer unseres Blattes liegt ein Katalog der bekannten, seit dem Jahre 1880 bestehen­den Hngros-Airma Hekr. I. L H». Schnlhoff, München bei.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.