581

Aus Stadt. Bezirk und Umgebung.

O Gräfenhausen. 3. Aug. Die durch den Tod des Hrn. Schultheißen Glauner in hiesiger Gemeinde erledigte Stelle eines Orts­vorstehers ist am gestrigen Tage wieder neube­setzt worden. Der hier am 23. Juni d. I. fast einstimmig gewählte Verwaltungskandidat Karl Kircher aus Rothensol wurde durch Hrn. Ober­amtmann Pfleiderer in sein Amt eingesetzt. Schon am vorhergehenden Abend brachten ihm die hie­sigen Einwohner ihre Huldigung entgegen. Die bürgerlichen Kollegien, der Ortsgeistliche, die Lehrer sowie Abordnungen der Vereine der Ge­samtgemeinde begrüßten auf dem Neuenbürger Bahnhof ihren neuen Ortsvorsteher und begleiteten ihn in langer Wagenreihe an den Ort seiner zukünftigen Wirksamkeit. Vor dem hiesigen fest­lich geschmückten Rathause, um das sich fast die ganze Einwohnerschaft geschart hatte, brachten die Gesangvereine von hier und Obernhausen, sowie die hiesige Musikkapelle dem Ankommenden im Liede ihre Grüße dar. Herr Anwalt Dittus machte sich zum Dolmetscher der Ge­fühle der Kollegien und der Bürgerschaft, Hr. Schullehrer Binder aus Obernhausen ent­bot dem Erwählten in poetischer Form seinen Willkomm!' Erfreut und gerührt dankte Herr Kircher für den so schönen und herzlichen Em­pfang, den er durch Einsetzung seiner ganzen Kraft für das Wohl der Gemeinde, wie des Einzelnen zu vergelten bestrebt sein wolle. Bei der Amtsübergabe an den neuen Ortsvorsteher durch den Herrn Oberamtmann am folgenden Tage bestand die Pflichttreue des verstorbenen Hrn. Schultheißen Glauner ihre letzte glänzende Probe, denn es zeigten sich keinerlei Anstände; auch der Geschäftsführung des Hrn. Anwalts Dittus als Schultheißenamtsverweser wurde An­erkennung zu teil. Die eindrucksvollen Worte des Herrn Oberamtmanns vor der Vereidigung des Hrn. Kircher an diesen und die Bürgerschaft gerichtet und das aus bewegtem Herzen kommende Gelöbnis des letzteren, sein neues Amt im Auf­blick nach oben mit größter Gewissenhaftigkeit zum Wohle der Gemeinde antreten und sortführen zu wollen, werden allen Anwesenden unvergessen bleiben, ebenso die herzlichen Worte des Ort­geistlichen, die dieser während des Festessens an den neuen Ortsvorstand richtete. Letzteres fand imWaldhorn" statt und machte seinem Geber alle Ehre. Mögen nun die Hoffnungen, die die Gemeinde auf ihren neuen Schultheißen setzt, in reichem Maße in Erfüllung gehen, möge aber auch das, was er von der Gemeinde erhofft, sich be­wahrheiten. Möge ihm endlich eine recht lange, segensreiche Arbeit auf seinem verantwortungs­vollen Posten in unserer Gemeinde beschieden sein.

Gräfenhausen, 3. Aug. Am hiesigen alten Schnlhause finden sich gefärbte Trauben und bald werden auch, dank der überaus günstigen Witterung, diejenigen in den Weinbergen Nach­folgen. Dieselben sind in diesem Jahr vollständig frei von Krankheit, sehr vollkommen und in solcher Menge vorhanden, daß ein reicher Herbst zu erwarten ist. Wir gönnen dieses unseren Weingärtnern von Herzen!

(:) Dobel, 3. Aug. Gestern hatten wir einen seltenen Genuß. Auf Veranstaltung des Herrn Kramer ;ur Sonne konzertierte hier die Herrenalber Kurkapelle. Das trefflich zusammen­gesetzte Programm wurde in all seinen Teilen gediegen ausgeführt; eine Nummer,Die Post" für Trompete mußte auf Verlangen wiederholt werden. Die herrliche Luft unserer Tannen­wälder, die prächtige Fernsicht auf unserer freien Höhe, die gut eingerichteten Gasthäuser, all das Mht zu unfern alten, treuen Stammkurgästen immer mehr Erholungsbedürftige an und macht den Aufenthalt für dieselben auch wirklich ange- "bhm. Herr Schultheiß Allinger hier ist insbe­sondere eifrig bemüht, unser stilles Schwarzwald­dorf als Höhenluftkurort zu heben. Der Pro- fpekt, den er ausgegeben, und der klar und wahr angiebt, was Dobel zu bieten vermag, das An- m.'M" von bequemen Sitzbänken an geeigneten platzen, die Gründung eines Verschönerungs- Vereins u. s. w. sind deutliche Beweise hiefür.

Ealw, 4. Aug. Bei der in Oberkollwangen vorgenommenen Schultheißenwahl stimmten von

43 Wahlberechtigten 41 ab. Mit 29 Stimmen wurde Johannes Lörcher, Bauer, Sohn des früheren langjährigen Schultheißen zum Orts­vorsteher gewählt.

Calw, 4. Aug. Bei der vorgestern statt­gefundenen Bezirksschulversammlung machte Prälat v. Wittich beim Mittagsmahl Mitteil­ungen, die darauf schließen lassen, daß die Frage der Schulaufsicht bald geregelt werde. Er führte aus, wie auch die äußere Form der Schulaufsicht sich gestalten möge, an der evan­gelischen Schule wollen wir festhalten und sie Pflegen. Wenn auch die Schulaufsicht den Geistlichen genommen werde, so könne das nur ihrem Hauptamte, der Seelsorge, zu Gute kommen.

Lieben zell, 2. Aug. Die erschütternde Nachricht von der Ermordung des Königs von Italien rief unter den am Bau der Villa des Fabrikanten Vollmöller beschäftigten italienischen Arbeitern eine so hochgradige Aufregung und tiefgehende Trauer hervor, daß sie nicht mehr weiter zu arbeiten vermochten. Ihre Bitte, die Arbeit für den Rest des Tages einstellen zu dürfen, um ihren König zu betrauern, wurde von der Bauleitung um so bereitwilliger ent­sprochen, als die aus etwa fünfzig Mann be­stehende Kolonie, gleich den einheimischen Ar­beitern, wegen ihres Fleißes und geordneten Be­tragens die allgemeine Achtung genießt. Ehre den braven Patrioten! (Gleiches wurde von Crailsheim gemeldet.

Pforzheim, 3. Aug. Die Konzession zur Errichtung einer 6. Apotheke in hiesiger Stadt (Altstadt) wurde dieser Tage dem Apotheker A. Steinmann in Gondelsheim erteilt. Mit der Errichtung dieser Apotheke wird einem lang ge­fühlten und des öfteren kundgegebenen Bedürf­nisse Rechnung getragen.

Pforzheim, 3. Aug. Es ist Aussicht vor­handen, daß die projektierte Straßenbahn Pforz­heim-Dill-Weißenstein in absehbarer Zeit zur Ausführung gelangt. Der Bürgerausschuß Dill- Weißenstein genehmigte in seiner letzten Sitzung zur Anfertigung zwqier Pläne den Betrag von 2500

Pforzheim, 3. Aug. Von einem Unglücks­fall seltener Art, wurde gestern eine hiesige Fa­milie getroffen. Das ^ Jahre alte Töchterchen fiel, während die Mutter sich aus dem Zimmer entfernt hatte, vom Tische aus den Boden, ver­wickelte sich während des Falles in eine Rouleaux- jchnur derartig, daß die Kehle zugeschnürt wurde und der Tod sofort eintrat.

Das Sägewerk des Hrn. Friedrich Rentschler in Brötzingen ging durch Vermittlung des Herrn Laupheimer hier für 108 000 in den Besitz des Herrn Heinrich Common in Pforz­heim über. (Pf. Anz.)

Deutsches Weich.

Die Antwort des Königs Viktor Ema- nuels III. auf das Beileidstelegramm des Kaisers lautet:Dein Telegramm hat Mich tief gerührt und ist Mir ein Beweis, daß Du auf Mich die brüderliche Freundschaft übertragen willst, die Du für Meinen trefflichen, so grausam hingeopferten Vater immer gehegt hast. Sein Andenken, das in Unseren Herzen unauslöschlich bleibt, wird die Unsere Häuser und Unsere Völker einigenden Bande ebenjv unabänderlich machen. Viktor Emanuel."

Kiel, 1. Aug. Einen ergreifenden Beweis kindlicher Anteilnahme an dem Ergehen der ins Feld rückenden Mannschaften bildet die Spende eines kleinen Flensburger Mädchens an die 2. ostasiatische Sanitätskompagnie. Die Kleine sandte den Offizieren und Mannschaften unmittelbar vor der Abfahrt einen großen Korb mit 255 Sträußchen, die sämtlich einen Papierstreifen mit der Auf­schriftGott behüte dich!" zeigte. Jeder steckte ein Sträußchen an die Brust. Der liebens­würdige Kommandeur, Rittmeister v. Gabain, sendet der unbekannten Kleinen durch die Lokal­blätter mit folgenden Worten seinen Dank: Dem kleinen Mädchen, welches der nach China gehenden Sanitätskompagnie 255 Sträußchen verehrt hat, im Namen der Kompagnie herzlichen Dank."

Württemberg.

Stuttgart, 3. Aug. Prinz Hermann von Sachsen-Weimar, der zur Zeit in Berchtes­gaden weilt, beging am Samstag seinen 75. Ge­burtstag. Seitens des Präsidiums des württem- bergischen Kriegerbundes, wie von anderen Vereinen sind dem Prinzen Glückwunschadressen zugegangen.

Eßlingen, 4. Aug. Infolge der guten Obstaussichten wird gegenwärtig der noch vor­handene vorjährige Most rasch abzusetzen gesucht. Die Preise bewegen sich je nach der Abnahme des Quantums zwischen 12 bis 13 ^ Pro Hektoliter. Nach dem Bericht der hiesigen Kom­mission stehen unsere Weinstöcke mit ganz wenigen Ausnahmen gesund da, was auch bei denjenigen, welche in diesem Jahre nicht bespritzt worden sind, zutrifft. Der in Aussicht stehende Ertrag ist sehr verschieden, da es Lagen giebt, in denen pro Morgen kein Eimer erzielt werden soll, da es durch die vorjährige Krankheit an Fruchtholz fehlen soll. Qualitativ soll es dagegen einen guten Herbst geben.

Ulm, 2. Aug. Mit der Frage des Wetter­schießens beschäftigte sich in der heutigen Sitz­ung der Gemeinderat. Oberbürgermeister Wagner teilte mit, daß man auf dem Münsinger Schieß­platz die Wahrnehmung gemacht habe, daß das Schießen der Artillerie die Regenbildung ver­hindere und dichtes Gewölk zerteile, Auf Vor­schlag des Oberbürgermeisters erklärte sich das Kollegium bereit, Mittel zu bewilligen, um ge­meinsam mit den landwirtschaftlichen Vereinen und der Stadt Neu-Ulm weitere Versuche in dieser Frage anzustellen. Das Gouvernement hat sich bereit erklärt, die hiezu nötigen Geschütze, die sich nach ihrer Konstruktion zur Verstärkung der Schallwirkung und zur Erzeugung zahlreicher Luftwellen besonders eignen, zur Verfügung zu stellen.

Ebingen, 5. Aug. Gestern mittag kurz nach 2 Uhr ertönte fast unaufhörlich die Dampf­pfeife einer hiesigen Fabrik. Die Dampfsägmühle der Gebr. Gern stand in Hellen Flammen und trotzdem die Feuerwehr verhältnismäßig bald zur Stelle war, konnte das große Anwesen doch nur teilweise gerettet werden, während das Mobiliar und die Holzvorräte zum größten Teil in Sicher­heit gebracht wurden. Eine Stunde nachher ge­riet ein in der nahen Heubergstraße gelegenes Doppelhaus durch Flugfeuer bei dem heftigen West­winde ebenfalls in Brand und litt großen Schaden.

Ausland.

Rom, 4. Aug. Ein imposanter Zug, be­stehend aus Hunderten von Vereinen mit um­florten Fahnen begab sich Freitag abend lautlos vor den Piazza del Popolo über den Korso nach dem Kapitol. Auf dem ganzen Wege hatte eine ungeheure Menschenmenge Aufstellung genommen. Der Bürgermeister hielt eine Ansprache, in welcher er hervorhob, daß das große Unglück, welches Italien getroffen habe, das Volk mit dem Königs­hause noch enger verbinden werde.

Rom, 4. Aug. Es bestätigt sich, daß die Beisetzungsfeierlichkeiten am Donnerstag statt­finden werden. Die Leiche des Königs wird voraussichtlich vom Bahnhof sofort zum Pantheon überführt werden. Gestern abend traf die Deputation des preußischen Husaren-Regiments Nr. 13 hier ein, dessen Chef König Humbert war; heute werden die Vertreter Frankreichs er­wartet.

Mailand, 4. Aug. Wie verlautet, soll der verhaftete Anarchist Lanner gestanden haben, daß er, falls der Anschlag Brecis nicht geglückt wäre, bereit gewesen sei, denselben zu wiederholen.

Wnteryuttender Heil.

Die Irre von Sankt Rochus.

'Kriminalroman von Gustav Höcker.

(Nachdruck verboten.', (Fortsetzung.1

Allram fand, daß die Sache interessant wurde. Die Dame wollte also mit dem Banke­rotteur Sexauer an einem Tage, wo dieser sich hinter Schloß und Riegel befunden hatte, ge­traut worden sein. Schon stand der Detektiv im Begriff, sie nach dem Namen ihres Gemahls