Natürlich, ganz natürlich!* nickte der De­tektiv, der sich nicht im geringsten merken ließ, daß Therese seine Frage mißverstanden hatte. Na, und an eine Heirat mit der schönen jungen Vorleserin wird er wohl auch nicht ge­dacht Hallen."

Ei Gott bewahre!" rief Frau Thorbeck, den Kopf zurückwerfend,er war stets sehr gütig gegen sie, aber so etwas ist ihm ganz gewiß nicht in den Sinn gekommen."

Ging er zuweilen mit ihr aus? Sie war doch ein fein gebildetes Fräulein ; nahm er sie nicht dann nnd wann einmal mit ins Theater, in Konzerte?"

Die besuchte er nie. Nur in die Kirche begleitete sie ihn öfter des Sonntags. Er war ein fleißiger Kirchenbesucher."

Hübsche Gemälde haben Sie da," be­merkte Allram. Er hatte sich vom Sofa er­hoben und betrachtete die Bilder, welche das Zimmer schmückten.Dieser Oelfarbendruck ist doch eine herrliche Erfindung; wirklich wie aus der Hand des Malers hervorgegangcn. Man braucht jetzt kein reicher Mann mehr zu sein, um sich so etwas zu vergönnen. Wo verzehrt denn Frau Bruscher ihr schönes Vermögen?"

Während er von einem der sehr zweifel­haften Kunstwerke zum anderen ging und The­rese ihm geschmeichelt folgte, warf er diese Frage wie von ungefähr dazwischen.

Sie wohnt in Berlin," antwortete sie, meistens ist sie aber auf Reisen ; wenn ich so viel Geld hätte, würde ich mir auch die Welt ansehen. Ich muß Ihnen doch das schöne Hochzeitsgeschenk zeigen, was sie mir gemacht hat," fiel der jungen Frau Plötzlich ein. Wäh­rend sie einen kleinen Schlüssel aus einem Körbchen holte und damit einen Glasschrank öffnete, dessen Inhalt sich hinter einem roten Schiebervorhange verbarg, erzählte sie noch, daß Frau Bruscher ihr zuweilen schreibe und sich nach ihrem Ergehen erkundige, und daß sie (Therese) ihr auf den letzten Brief noch die Antwort schuldig sei.

Das Hochzeitsgeschenk, welches sich in dem nun geöffneten Glasschranke den Blicken prä­sentierte, gehörte zu jenen, bei denen es dem Geber nicht um die praktische Nützlichkeit zu thun ist, sondern nur darum, mit seiner Noblesse und Freigebigkeit zu Protzen. Es füllte denn auch den ganzen Schrank aus, denn es bestand aus einem feinen Tafelservice für vierund­zwanzig Personen.

Sieh einmal an! Das lasse ich mir ge­fallen!" rief Allram aus,aber die Kosten für eine solche Festtafel möchte ich nicht tragen müssen."

Beide lachten herzlich.

Eine solche Gasterei wird das schöne Service bei uns auch nicht erleben," seufzte Therese, mit einem wehmüthigen Blicke ans ihren Porzellanschatz,du lieber Himmel!"

Nun, warum denn nicht? Der Anfang dazu ist gemacht; Ihr Mann hat ein schönes Geschäft und wirds gewiß vorwärts bringen."

O ja, das Geschäft geht gut, Gott sei Dank. Es macht uns aber auch viele Sorgen. Die Arbeitslöhne, die Auslagen fürs Material verschlingen viel Geld. Wir haben mit einem sehr kleinen Kapital anfangen müssen. Die Ersparnisse meines Mannes hätten dazu nicht ausgereicht, da gewann ich tausend Mark in der Lotterie."

Ei, Sie Glückskind!" rief Allram.Na, und da wurde also geheiratet."

Ach!" seufzte Therese,daran dachte ich eigentlich nicht gleich, sondern ich hätte mit dem Gelde lieber das kleine Landgrundstück meiner Eltern von der Versteigerung gerettet. Die fand aber an demselben Tage statt, wo ich vom Lotteriekollekteur die Anzeige von dem Gewinne erhielt, und da wars bereits zu spät."

Das war aber wirklich Pech nach so einem Glücksfalle!"

Und denken Sie nur, Herr Allram, daran war ein einziger dummer Zufall schuld; den Brief vom hiesigen Kollekteur hätte ich eigent­lich schon am Tage vorher erhalten müssen, nämlich gerade an dem Tage, wo der arme

Herr Professor ermordet wurde; denn das Datum des Briefes und des Poststempels waren vom vorhergehenden Tage. Sehen Sie, ich habe die Glücksbotschaft als heiliges Andenken aufbewahrt."

(Fortsetzung folgt).

Die höchstgelegene Wetterwarte Deutschlands, nämlich diejenige auf der Zugspitze (2964 Meter über dem Meere), soll Mitte dieses Monats bezogen werden und als­bald auch mit ihren Wetterberichten beginnen. Der zu diesem Zwecke erbaute und kürzlich fertiggestellte Turm schließt sich an das 1897 eingeweihte Unterkunflshaus der Stadt München an. Auch während des Winters wird Herr Ehrensberger, ein Assistent der hiesigen meteoro­logischen Centralstation, auf dieser luftigen Höhe ausharren.

Für dasWetterschießen" tritt in der W. V." ein Landwirt vom Fuß der Alb ein; er wünscht, daß der thatkräftige und jedem Fortschritt geneigte Minister des Innern die Veranstaltung von Wetterschießversuchen in un­serem Land veranlassen wird, entgegen dem Be­schluß der Zentralstelle für die Landwirtschaft, welche dem Minister vorschlug, die Versuche vorläufig zurückzustellen und das Ergebnis des Meteorologen-Kongresfes im Jahre 1901 abzu­warten. Er führt weiter aus: .Probieren geht über Studieren' und unsere notleidende Land­wirtschaft hat es wahrhaftig nicht nötig, daß man kostbare Zeit in solch einer wichtigen Frage verliert. Wenn man in Oesterreich und Italien Geld zu solchen Versuchen übrig hat, dann wird man in Württemberg nicht zu arm für eine solche Auslage sein wollen. Die vorge­sehenen Kosten für einen Versuch mit 10000 ^ einmaligen und 3000 ^ laufenden Aufwand sind für unser Land wahrhaftig minimal gegen­über der Wettergefahr. Die bisherigen Ver­suche erwecken so viel Hoffnung, daß man keine Ursache hat, kostbare Zeit zu verlieren. Es ist auch eine Ehrensache für unser Land, an einer solch wichtigen Aufgabe, die nur durch prak­tische Versuche gefördert werden kann, mitzu­arbeiten."

Aus Australien. Aus Sidney berichtet dieTimes" eine merkwürdige Naturerscheinung. Ein bei den Neuen Hebriden übender britischer Kreuzer verlor einen Torpedo, zu dessen Auf­suchung drei Taucher zum Meeresgründe ent­sandt wurden. Diese gaben aber sehr bald das Aufholungszeichen, und als sie blutend oben erschienen, berichteten sie entsetzt, daß sie auf einen unterseeischen feuerspeienden Vulkan ge­stoßen seien, der das Wasser ringsum zum Sieden gebracht habe. Ob die Mannschaften des Kreuzers dann noch nach gesottenen oder gerösteten Seefischen geangelt haben, davon berichten dieTimes" nichts.

(China-Postkarten mit Ansichten), die auf die jetzt im Reiche der Mitte herrschenden Wirren Bezug haben, sind zur Freude der Sammler auf dem Markte erschienen. Die Karten sind koloriert und auch schwarz vorhanden und ent­halten neben den Abbildungen auch noch Verse. Auf einer Karte, welche zum Angriff vorgehende deutsche Blaujacken darstellt, heißt es:

Li-Hung-TsLang, überleg' Dir's gut,

Bring' uns Deutsche nicht in Wut,

Denn wir Deutsche, wir versteh'n Keinen Spaß, Du wirst es seh'n."

(Deutlich.) Herr:Und nun, gnädige Frau, auf das Wohl des zukünftigen Bräuti­gams Ihrer Fräulein Tochter ..." Dame: Auf Ihr Wohl, lieber Doktor!"

(Boshaft.)Sagen Sie mir, Fräulein Ella, wie alt dürfte wohl die Gnädige sein?" O die dürfte sehr alt sein aber sie mag nicht!"

(Geistesgegenwart.) Sonntagsreiter (dessen Pferd durchgeht, zu einem ihm bekannten Ver­sicherungsagenten, der am Weg steht):Sie, schreiben se mer auf in die Unfallversicherung!"

(Fürsorglich.)Moritz, mein Leben, wohin reit st Du?"Nach Steinfeld, Mama!" Warum nach Steinfeld? Reit' in e weichere Gegend!"

Mutmaßliches Wetter am 16. Juli.

«Nachdruck verboten)

lieber ganz Mitteleuropa hat der Hochdruck wieder etwas zugenommen. Ueber Finnland und der unteren Ostsee, sowie über den Gascogne ist je ein Maximum von 765 mm. Ueber Schottland eine Depression von 755 mm, an der unteren Donau, sowie an der mittel, norwegischen Küste eine solche von wenig unter Mittel. Für Dienstag und Mittwoch ist bei vermehrter Gewitters Neigung vorwiegend trockenes und heiteres Wetter bei hoher Temperatur zu erwarten.

Telegramme. "

Paris, 15. Juli. Bei der gestern nach Beendigung der Parade in der Nähe des Paradeplatzes stattgehabten Schlägerei zwischen Nationalisten und Sozialisten wurden mehrere Personen verletzt, darunter der nationalistische Gemeinderat Dubuc.

Petersburg, 15. Juli. DieHandels­und Jndustriezeitung" meldet: Die Eisenbahnlinie nördlich von Niutschwang ist von den Boxers und den mit ihnen verbündeten Truppen in der Stärke von etwa 40000 Mann bedroht. Die Schutzmannschaft genügt nicht zur Verteidigung der Bahn, die bereits an mehreren Punkten zer­stört ist. Die Aufrührer erschienen sogar bei Niutschwang, welches von Kosaken und Artillerie verteidigt wird. Der Telegraph zwischen Wladi­wostok und Port Arthur ist zerstört. Wie aus Tschifu gemeldet wird, ist General Stöffel in Tientsin vom chinesischen Oberbefehlshaber auf­gefordert worden, binnen einer Woche Tientsin und Taku zu räumen. Stöffel habe geant­wortet, er habe kein Recht, mit Rebellen zu unterhandeln. DasRote Kreuz" sandte Aerzte, barmherzige Schwestern sowie ein Lazaret mit 20 Betten über Odessa nach Ostasien.

London, 15. Juli. Reutermeldung. In Ningpo kam es gestern zu ernsten Unruhen. Die römisch-katholische Mission wurde mederge­brannt. Einzelheiten fehlen noch. Nach einem Telegramm des Reuterschen Bureau aus Tschifu, liegen dort Depeschen aus Tiensin vor, welche sich auf die Ereignisse vom 6. und 8. Juli be­ziehen. Die Zahl der Chinesen wächst beständig, ebenso nimmt ihre Verwegenheit zu. Sie schließen die Stadt täglich enger ein. Durch ihre Geschütz­feuer wurden viele Gebäude in Trümmer gelegt, darunter das Gaswerk.

New-Jork, 15. Juli. DieNew-Dork World" meldet aus Shanghai: Der Telegraphen­direktor Sheng ließ den Konsuln eine Benach­richtigung zugehen, in welcher er ihnen mitteilt, daß die Fremden in Peking getötet seien. Sheng tadelt den fremdenfeindlichen General Tung und fügt hinzu, daß General Tung über den Wider­stand, den die britische Gesandtschaft leistete, so entrüstet war, daß er Befehl gab, sie mit schwerem Geschütz zu beschießen, so daß sie in Flammen aufging und die Fremden infolgedessen den Tod fanden.

London, 16. Juli. Das Reuter sch e Bureau meldet aus Shanghai vom 15. Juli: Eine amtliche Depesche des Gouverneurs von Shantung besagt: Die Geschütze der Chinesen legten Breschen in die Mauern der Gesandtschaften. Nach heroischer Verteidigung und nachdem die Munition völlig erschöpft war, wurden alle Aus­länder getötet.

London, 16. Juli. (Reutermeldung.) Eine amtliche Depesche Seymours aus Tientsin, datiert vom 9. Juli, besagt: Wir griffen die feindliche Stellung südwestlich von den Fremdennieder- laffungen heute srüh um 4 Uhr an. Die Japaner vertrieben den Feind durch einen Flankenangriff und nahmen vier Geschütze. Die Kavallerie ver­folgte den Feind und vervollständigte die Nieder­lage. Es wurden viele Soldaten und Boxers getötet. Die verbündeten Truppen bombardierten und nahmen das westliche Arsenal, erbeuteten zwei Geschütze und verbrannten das Arsenal, da sie es nicht halten können. Der Feind verlor 350 Tote. Die Verbündeten hatten geringe Verluste.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg.