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Der feige Mordanschlag, den zwei unreife Brauseköpfe gegen den englischen Thronerben bei dessen Durchreise durch Brüssel unternahmen, hat dem vielgescholtenen, den Mittelpunkt des europäischen Hofklatsches bildenden Prinzen mit einem Schlage mehr Teilnahme und freundliches Empfinden zugewendet, als er sie vielleicht während seines ganzen bisherigen Lebens zu erringen vermochte. Der Prinz wird seit dem Jameson-Raubzuge, der ihn als Hintermann von Chamberlain und Cecil Rhodes erscheinen ließ, für die englische Gewaltpolitik in Südafrika mit verantwortlich gemacht. Man übersieht dabei, daß der politische Einfluß eines britischen Kon- Prinzen noch geringer als der des Kronen Wägers selber, nämlich tatsächlich gleich Null ist. Die Kriege, die England während der beiden vorigen Jahrhunderte geführt hat, sind nicht durch seine Aristokratie, sondern ausschließlich durch die Interessen der besitzenden Klassen des Landes, in erster Linie durch die des handeltreibenden Bürgertums entfacht worden. Niemand wird der greisen Königin Viktoria oder ihren nächsten Familienangehörigen kriegerische Neigungen, blutige Liebhabereien nachsagen können. Und doch hat England unter ihrer nunmehr 63 jährigen Regierung mehr Eroberungskriege geführt, seine Ländermasse bedeutender vermehrt als zu irgend einer früheren Zeit. England treibt Handelsund Kolonialpolitik. Wenn man diese wegwerfend als eine „Krämerpolitik" bezeichnen will, so möge man das dem kernigen Ausdruck zuliebe thun. Thatsächlich würde aber Wohl Jeder gern mit einem Manne tauschen wollen, der es fertig gebracht hat, seinen bescheidenen Kramladen mit der Zeit zum ersten Hause der Welt zu erweitern. In wirklich verächtlichem Sinne wird die Handelspolitik erst dann zur Krämerpolitik, wenn zu grinsten rein materieller Interessen, roher Gewinnsucht, niedrigsten Eigennutzes, die höchsten und hehrsten Güter anderer Gesittungsvölker mit Füßen getreten werden. Mit diesem Makel hat die meerbeherrschende Britannia ihren Ruhmesschild seit dem Beginn ihres erbarmungslosen Nachrückens auf den Wagenspuren der aus ihrem Bereiche flüchtenden „Burentrekk" befleckt. Darum zittern wir Alle mit so leidenschaftlicher Anteilnahme für das im letzten Verzweiflungskampfe stehende Burenvolk, darum möchten wir ein Wunder vom Himmel herabflehen, auf daß nicht das Gold und die Macht siege, sondern das Recht, das heilige, unveräußerliche Menschenrecht!
Accra, Goldküste, 7. April. Die Lage in Kumassi ist unverändert. Ein Läufer berichtete, daß sämtliche Aschantistämme sich empört hätten, nur der König von Bekwai sei noch vertragstreu.
Djibuti, 7. April. Bei Digdiga in Ogadan hat am 19. März, wie die „Agentur Havas" meldet, im Verlaufe religiöser Kämpfe eine Schlacht stattgefunden, in der der christliche Gouverneur von Harrar siegreich blieb. 2000 Muhamedaner fielen. Negus Menelik sandte 8000 Berittene als Verstärkung ab.
Die Kosten des Philippinenkrieges werden von amerikanischen Blättern bereits auf rund 200 Millionen Mark berechnet. Diese Schätzung dürfte aber bei weitem zu niedrig gerissen sein, da der Krieg bereits 1Jahre auert und seit längerer Zeit die Zahl der amerikanischen Truppen auf den Philippinen schon 65000 Mann beträgt. Dazu kommen die Unterhaltung eines größeren Geschwaders in jenen Gewässern und der Umstand, daß an ein Ende des ständischen Buschkrieges vor der Hand noch nicht zu denken ist, denn nach wie vor beschränkt sich die wirkliche Herrschaft der Amerikaner nur auf Manila und dessen nächste Umgebung.
Vermischtes.
Neuenbürg, 8. April. Ein ungemein frecher Gaunerstreich dürfte geeignet sein, alle Leichtgläubigen aufs neue zur Vorsicht zu mahnen. Stiehlt da neulich ein umherziehender Bursche einem zu O. wohnenden Schreinergesellen aus Oberöstreich einen ganzen Anzug nebst allen Legitimationspapieren zum Danke dafür, daß dieser ihm als angeblichem Lands
mann Nachtherberge gewährt hatte (wobei der Gutmütige so unvorsichtig gewesen war, den Fremden allein in seinem Zimmer zurückzulassen, um auswärts zur Arbeit zu gehen!) Der Dieb entnimmt aus den gestohlenen Papieren Namen und Wohnort der Eltern seines Beherbergers, und was thut er? Er schreibt an dieselben von Meßkirch aus, angeblich als Verwalter des dortigen Krankenhauses namens des angeblich dort krank liegenden Sohnes, und bittet für denselben um sofortige Zusendung von 25 fl. nach Meßkirch postlagernd. Die Eltern schicken betrübt per Posteinzahlung das Geld nach Meßkirch, werden aber noch betrübter über ihren Sohn, wie gleich darauf von diesem ganz zufällig eine Postkarte aus O. einläuft, des Inhalts, daß er dort gesund und Wohl sei. Glücklicherweise schreiben sie sofort an ihren Sohn, der gleichfalls sofort der Behörde Anzeige macht. So wird das Postamt Meßkirch umgehend benachrichtigt, und glücklicherweise noch rechtzeitig. Wie nun heute vormittag der Um-Geld- Schreiber an den Postschalter tritt, „seine" Papiere vorweist, die zwar echt, aber gestohlen sind, und das Geld erheben will, da wird ihm eröffnet, daß das Geld zwar schon eingetroffen sei, daß er es aber schon früher hätte abholen sollen. Während des ergreift ihn der „Arm der Gerechtigkeit" und schickt den „ungetreuen Verwalter" ungebeten nach einer sicheren Herberge, allwo es nichts zu stehlen und keine 25 österreichischen Gulden zu erheben giebt. Wären aber für ihn dort nicht andere „Fünfundzwanzig" am Platze?
Eine glückliche Gemeinde darf Rieneck in Unterfranken genannt werden. Dort zahlen die Bürger nicht nur keine Umlagen, sie erhalten im Gegenteil jährlich 10 Ster Holz, 300 bis 400 Wellen und außerdem aus dem Erlös der Eichen- lohrinde 9—10 bar.
Bis zu welchem Grade sich die Sammelwut versteigt, wird dadurch illustriert, daß ein in Basel durchreisender Engländer die Zollrevision mit einer Kiste passierte, die eine Anzahl präparierter Menschenköpfe von in der Schlacht bei Omdurman gefallenen Sudan- Kriegern enthielt. Der Mann will die>e Objekte seiner Privatsammlung einverleiben.
Der in Bregenz verstorbene Graf Racynski vermachte dem dortigen gemeinnützigen Verein 40000 Kronen.
Eine Weltumwanderung unternahm am 1. August v. I. ein Deutscher namens Otto Giers aus Berlin, von Amsterdam aus. Die Reise ging durch Deutschsand, die Schweiz und Oesterreich nach dem Balkan bis Constantinopel, wo Giers mit seinem Begleiter Paul Müller, ebenfalls einem Deutschen, gegenwärtig die Vorbereitungen für den gefahrvollsten Teil der Reise, die Durchwanderung von Kleinasien und Indien, treffen. Von da geht die Reise weiter über Australien und Amerika zurück nach Europa. Die Reise wird nur zu Fuß zurückgelegt. Die Wanderer versenden in beschränkter Anzahl nebenbei Ansichtskarten. Prospekt hierüber wolle man von Herrn Alfred Metzner, Nordhausen, mittelst Postkarte verlangen. Zweck der Reise ist, festzustellen, wie lange man zu solcher Umwanderung des Erdballes braucht. Ferner werden photographische Aufnahmen interessanter Gegenden gemacht werden.
(Wie färbt man Ostereier?) Die alte Sitte, Ostereier zu färben, findet eine immer größere Verbreitung, und wenn unsere Vorfahren sich dazu ausschließlich der Zwiebelschale und der Farbhölzer bedienten, so bieten heute die Theer- farben mit ihren wunderbar schönen Nuancen ein Material, das die prachtvollsten und mannigfaltigsten Färbungen gestattet. Hauptsächlich sind es die wasserlöslichen Anilinfarben, die man anwendet und zwar für rot: Fuchsin, Magenta, Kardinalrot, Saffranin (scharlach), Eosin (hellrot) rc. Für violett: Hoffmanns Violett; für grün: Malachik- oder Viktoriagrün; für gelb: Naphthalingelb oder Anilinorange. Braune und
Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg.
blaue Anilinfarben eignen sich nicht besonders. Die genannten Farben verwendet man in Pulverform, von dem man eine Messerspitze in einen, Tafsenkopf voll heißen Wassers auflöst. Man rührt so lange mit einem Holze, bis alles aufgelöst ist, da man sonst keine reine Farbe erhält. Vielfach Pflegt man auch die Aniliupulver mit etwas Dextrin zu mischen, und zwar in einem Verhältnis wie 1: 5. Ein Zusatz von etwas Essig zu dem Auflösewasser hat sich bei verschiedenen Farben bewährt. Eine schöne Braunfärbung erzielt man durch Eintauchen der gekochten heißen Eier in eine starke Lösung von übermangansaurem Kali. Nachdem die Eier gefärbt und getrocknet sind, reibt man sie mit einem Stückchen Speckschwarte ab.
jFalsch aufgefaßt.j Die vierjährige Lili (am Fenster stehend): „Mama, warum ist der Mond jetzt immer betrunken?" — Mama (ganz entsetzt): „Aber Kind, wie kommst Du denn auf den Gedanken; der Mond ist doch nicht betrunken wer hat Dir denn das gesagt?" — Lili (aufgeregt): „Ja, aber Mama, Du sagtest doch, heute ist der Mond voll!"
jModern.j Frau A.: „Wird es Ihnen auch so schwer, ein Dienstmädchen zu finden?" — Frau B.: „Das kann ich nicht sagen, ich habe in den letzten 14 Tagen fünf gehabt."
Mutmaßliches Wetter am 9. und 10. April.
iNachdruck verboten.!
Im Norden und Osten Europas behauptet sich noch immer ein Hochdruck von 765 mm mit einem Maximum von 770 mm über Finnland. Dagegen ist der neue Luftwirbel aus dem Atlantischen Ozean mit 755 mm auf der Wanderung gegen Süddeutschland be- griffen und gleichzeitig hat sich eine Depression von gleichfalls 755 mm von Italien aus auch nach Süd. deutjchland fortgepflanzt, weshalb auch bei uns das Barometer beträchtlich gefallen ist. Für Dienstag und Mittwoch ist bei ziemlich kühler Temperatur noch immer größtenteils bewölktes und auch zu Niederschlägen ge. neigtes Wetter zu erwarten.
Telegramme.
London, 8. April. (Reutermeldung aus Bethanie vom 5. d.) Die gefangenen 5 Kompagnien wurden überrascht, als sie querdurch das Land nach Smithfield über Dewetsdorp marschierten. Die Truppen hatten keine Kanonen. Reddersburg wurde von den Engländern wieder besetzt. Der Feind bedroht die englische Verbindung im Süden.
London, 8. April. Eine Depesche des Reuter'schen Bureaus aus Accra vom 7. d. besagt, daß sich der Gouverneur und seine Gemahlin voraussichtlich in einem Fort von Kumasi befinden. 2 Offiziere sind verwundet worden. ^ Einzelheiten über die Empörung der Aschantistämme fehlen.
Bloemfontein, 9. April. Dem „Reuter- schen Bureau" wird unterm 7. ds. gemeldet, daß eine beträchtliche Streitmacht der Buren die Eisenbahn bedroht.
London, 9. April. Nach einer Meldung aus Prätoria vom 2. ds. verloren die Engländer im Kampfe bei den Reservoirs von Bloemfontein 11 Kanonen sowie 2 Waggons mit Munition.
New-Jork, 9. April. Nach weiteren Meldungen aus Mitteltexas wurde infolge Wolkenbruches großer Materialschaden verursacht. 40 Menschen haben ihr Leben eingebüßt. Der Damm am Coloradoflusse in Austin ist gebrochen, das große Reservoir ergoß sich über das Land; viele Häuser sind zerstört. Infolge Sturzes eineS Eisenbahnzuges von der Brücke bei Austin sind Menschen nicht verunglückt.
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Red. und Verlag des Euzthälers.
Nr. 57.
Ersheint Morit«g, Viertels. 1.25, non.
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Um Schmiede z April 1885, betreff
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d) Heilbronn, dreimonatliche Unte den 2. Mai 1900 Die Anmeldu 1. April ds. Js. betreffende Lehr Dem Zulassu,
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2) der Nachweis Handwerk uni wobei der Be sein muß; i Meistern selbs
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5) eine von dem vom Vater o die Verbindli, Kosten zu ers seiner Beendi, Landwirtschaf fernung aus gesetzten Frist K. Ministeriu Stuttgart, dei
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In die orthr Aufnahme von Sta vorgesehenen Etatsn Pfleglinge anfgenon oder erworbener Fi Arbeit, bzw. zur E stellt wird
Die näheren! in der Bekanntmach 1890 (Reg.-Bl. S.
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Aufnahmegesr
Den 6. April
In Calmbach
Neuenbürg