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Der preußische Kriegsminister bringt erneut zur allgemeinen Kentnis, daß es den Unteroffizieren und Mannschaften dienstlich ver­boten ist, sich auf Veranlassung von Zivil- Personen mit dem Vertrieb von Druckwerken und Waren innerhalb von Truppenteilen oder Be­hörden, seien diese nun ihre eigenen oder fremde, zu befassen. Den Unteroffizieren und Mann­schaften ist zugleich verboten, von jeder von einer Zivil-Person an sie ergehenden Aufforderung zum Vertrieb von Druckwerken oder Waren ihren Vorgesetzten Meldung zu machen.

Karlsruhe, 3. April. Auswärtigen Blättern zufolge soll die Hochzeit des Prinzen Max mit der Prinzessin Marie Luise von Cumberland im Herbst dieses Jahres zu Gmunden durch den dortigen evangelischen Pfarrer Koch vollzogen werden. Die dortige Bevölkerung plant wie es heißt, große Festlichkeiten. Die Zeiten ändern sich und die Menschen mit ihnen. Auch für fürstliche Häuser gilt dieses alte, wahre Sprichwort. Als gegen Ende des vorigen Monats die Welt durch die Meldung der amt­lichenKarlsruher Zeitung" überrascht wurde, daß Prinz Maximilian von Baden sich mit der Tochter des Herzogs von Cumberland, Marie Luise, verlobt habe, ging das Gefühl der Er­leichterung und Genugthuung durch die national- esinnten deutschen Kreise. Daß eine aus dem em deutschen Reiche feindlich gesinnten Welfen- hause stammende Prinzessin in einem Fürsten­geschlecht Aufnahme findet, welches dem deutschen Kaiserhause so nahe steht und aufs Innigste mit der Gründung des Reichs zusammenhängt, konnte und kann nur denkbar sein, wenn der Vater der fürstlichen Braut wenigstens anfängt, sich auf den Boden der geschichtlichen Thatsachen zu stellen. Nur dieser Schluß ist aus diesem Vorgang zu ziehen, nicht etwa die Berufung des Cumber- länders auf einen deutschen Thron.

Auf dem deutschen Handelstage in Berlin wiederholte am Freitag Straßburg seinen auf der Mainzer Vorkonferenz gestellten Antrag, die Herstellung von Rosinenwein für den Haustrunk zu gestatten. Der Antrag wurde warm verteidigt von dem Straßburger und Mühlhäuser Ver­treter, den Kommerzienräten Eissen u. Schlum- berger, und auch durch die Vertreter von Stutt­gart und Mannheim unterstützt. Er blieb jedoch mit 91 gegen 110 Stimmen in der Minderheit.

Berlin, 7. April. Das Schwurgericht verurteilte heute den Schuhmacher Goenczi wegen Raubmordes, den er hier im August 1897 an der Witwe Schulze und deren Tochter zum Tode. Seine Ehefrau wurde freigesprochen. Goenczi war Ungar von Geburt, war nach be­gangener That ins Ausland geflohen und wurde erst nach längerer Zeit in Brasilien ausfindig gemacht, wo nicht am wenigstens ein Hund sein Verräter wurde, den er schon in Berlin besessen und von dem er sich nicht hatte trennen können.

Karlsruhe, 7. April. Ein bedauerns­wertes Brandunglück ereignete sich gestern früh in der Wohnung des Schneidermeisters Fahr­länder. Die Eltern und die 2 ältesten Kinder begaben sich um 6 Uhr früh wie jeden Tag zum Zeitungstragen und ließen die 2 kleinsten Kinder in ihren Bettchen zurück. Als der Vater nach 8 Uhr in die Wohnung zurückkam, fand er das Zimmer mit Rauch gefüllt, eine auf dem Stuhl liegende Bettdecke noch glimmend, das 4'/s Jahre alte Mädchen in noch glimmenden Kleidern von den Füßen bis zum Kopf mit Brandwunden bedeckt und tot; das jüngste Kind saß schreiend neben seinem toten Schwesterchen, welches auf dem Rücken lag, und wäre zweifel­los auch erstickt, wenn nicht der Vater dazu gekommen wäre. Wahrscheinlich ist das Feuer durch unvorsichtiges Umgehen der Kinder mit Streichhölzern entstanden.

Aus der Pfalz, 31. März. Gegen die Weinschmiererei, welche allgemach immer größeren Umfang angenommen hat und drohte, den arbeitsamen Winzern ihren ganzen Gewinn entziehen (macht doch eine einzige Firma im -^ahre 5000 Fuder Kunstwein nach einemun­angreifbaren" Rezept), machen die Winzer der Vorderpfalz ihren Heerbann mobil. In Deides- henn ist seit Jahresfrist ein stattlicher Winzer­

verein ins Leben getreten, der selbst Naturge­wächs keltert, verkauft und verzapft. In Dürk­heim, dem größten Weinorte im Reiche, hat sich gleichfalls ein Winzerverein gebildet, der bereits über hundert Mitglieder zählt. Dieser hat einen energischen Aufruf an die Berufsgenossen ver­öffentlicht und ersucht diese, gemeinsam gegen die Weinmacherei Front zu machen. Wenn jüngst Abgeordneter Dr. Deinhard in einer in Unter­franken gehaltenen Rede die Zustände in seiner Heimat, der Rheinpfalz, an den öffentlichen Pranger gestellt hat, so hat er vielleicht damit etwas temperamentvoll, aber jedenfalls offen und ehrlich gehandelt. Geht hierzulande die bisherige Schlaffheit gegenüber der Weinfabrikation, die allein in und um Landau im letztenHerbst" 60000 Zentner Zucker verbraucht hat, noch weiter, so ist der pfälzische Winzerstand verloren. Schon jetzt wandern von Dürkheim aus so und so viele Winzer täglich als Fabrikarbeiter nach Frankenthal, und so werden in kurzem, geht es so weiter, aus national gesinnten kleinen Bauers­leuten unzufriedene, sozialdemokratisch gesinnte Fabrikler werden. Sollte denOben" über solche Dinge noch nicht die Augen aufgehen?

Vom Bodensee, 30. März. Der 9 m hohe meteorologische Turm auf der Schutzhütte der Zugspitze, dem höchsten Punkte Deutschlands, ist noch im letzten Spätherbst fertiggestellt wor­den. Dieser Turm enthält zwei Stockwerke, der untere dient als Wohn- und Arbeitszimmer, der obere als Beobachtungsstation, der letztere ent­hält auch die meteorologischen Instrumente. Von dem Turm führt ein 5 ^/r km langer Blitzab­leiter ins Höllenthal; an diesen ist das Telephon angeschlossen. Das aus Holz erbaute Zugspitz­haus ist mit einem Kostenaufwand von 37 000 Mark erbaut worden. Künftighin wird dasselbe Sommers und Winters von einem Beobachter aus dem meteorologischen Institut München be­wohnt sein, ähnlich wie auf dem Säntis und dem Sonnblick.

Württemberg.

Stuttgart. Die Frühjahrsparaden des 13. Armeekorps vor dem König finden voraus­sichtlich wie folgt statt: Für die Truppen der Standorte Stuttgart, Cannstatt und Ludwigs­burg am Samstag 12. Mai; für die Truppen der Standorte Ulm und Wiblingen am Dienstag 15. Mai. Infolge dieser Anordnung wird die 51. Infanterie-Brigade in der Zeit vom 12. Mai bis 2. Juni (statt 11. Mai bis 1. Juni) den Truppenübungsplatz Münsingen beziehen.

Stuttgart. Wie verlautet, hat auf die seinerzeitige wiederholte Petition des Vereins württ. Verwaltungskandidaten in Verbindung mit dem Verein für Körperschaftsbeamten die Ober­regierung nunmehr beschlossen, u. a. die Prüf­ungsordnung für Verwaltungskandidaten dahin abzuändern, daß als Haupterfordernis für die Zulassung zur Prüfung die Berechtigung zum Einjährig-Freiwilligendienst gelten soll, aber andererseits den Ortsvorstehern u. Verwaltungs­aktuaren noch für dieses Frühjahr Gelegenheit zu geben, sich, soweit nötig, mit Lehrlingen ohne diese Hauptbedingung zu versehen; auch wird die Prüfung, und zwar schon vom Frühjahr 1901 an, nicht mehr am Sitz der 4 Kreisregierungen des Landes, sondern einheitlich in Stuttgart sein.

Ulm, 3. April. Die Vertreter der süd­deutschen Ortsgruppen des Alldeutschen Verbands waren zum 4. süddeutschen Gautag versammelt. Der Vorsitzende, Dr. Schultheiß-Stuttgart, würdigte der Bedeutung des Tags entsprechend die Thätigkeit Bismarcks vom alldeutschen Stand­punkt. Derselbe spricht sodann über das Ver­hältnis zu den nationalen Vereinen, im besonderen zum Flottenverein, mit dem ein Zusammengehen im Interesse der Flottensache geboten sei. Herr Calmbach-Blaubeuren und Professor Dr. Meltzer- Maulbronn erörterten die Stellung der politischen Parteien zur nationalistischen Grundanschauung des Alldeutschen Verbands. Eingehend sprach Dr. Schultheiß über erfreuliche Erscheinungen unter den Deutschen Ungarns, besonders unter den Schwaben, die aufzuwachen beginnen und die ihre Söhne auf die Deutschen Hochschulen schicken, wo sie zu deutschgestnnten Führern ihres

Volkes erzogen würden. Andere höchst erfreuliche Erscheinungen weisen darauf hin, daß an eine Entnationalisierung dieser südungarischen Deutschen nicht zu denken sei. Es wurde angeregt, den nächsten Gautag in München oder in Lindau- Konstanz zu halten.

Schwaikheim, 8. April. Bei der gestern vorgenommenen Wahl eines Ortsvorstehers haben von 243 Wahlberechtigten 225 abgeftimmt. Zum Schultheißen wurde Georg Schmidgall, Revisor der Darlehenskassen in Stuttgart, mit 94 Stimmen gewählt. Ihm am nächsten kommt Stadtschultheißenamtsassistent Steck in Murrhardt mit 85 Stimmen. Vier weitere Kandidaten erhielten je 21, 10, 7 und 5 Stimmen.

Backnang, 8. April. Schon längere Zeit wurde in den hiesigen Kreisen die Frage der Stadtbeleuchtungsart viel besprochen. In der gestrigen Sitzung der bürgerlichen Kollegien entschied sich die große Mehrheit der Mit­glieder für Errichtung einer Gaslichtanlage, und mußte in diesem Falle das moderne Licht dem da und dort in Abgang kommenden Gaslicht Weichen.

Ausland.

In welchem Geiste die französische Jugend erzogen wird, das zeigt folgende Notiz derKreuz-Ztg.": Von befreundeter Hand er­halten wir Einblick in eine Anzahl französischer überall verbreiteter Jugendschriften, die eben so billig, wie künstlerisch vollendet ausgestattet sind. Sie gehen unter dem Titeleonkos putrio- tigues" (vaterländische Erzählungen), heraus­gegeben von Thomas freies in Pontarlier. Das Charakteristische an diesen Büchern ist der fanatische Deutschenhaß, der in den Erzählungen der fürchterlichen Rohheiten, die von Leuten und Offizieren begangen sein sollen, sich Luft macht. Nimmt man dazu noch die Bilder, die, vorzüg­lich gezeichnet, nur auf die Absicht losgehen, die Deutschen als ein grausames Barbarenvolk hinzustellen, so kann man sich ausmalen, welche Wirkung solche Bilder und Lügengewebe auf kindliche Gemüter ausüben müssen. Diese Schriften bilden einen neuen Beweis dafür, daß man in Frankreich nicht über den Weg trauen darf, dort, wo es sich um Sympathie-Bewegungen handelt!

Paris, 7. April. Die Nachricht von dem Tode des burischen Obersten Villebois de Mareuil rief in Paris lebhafte Bewegung her­vor. Dr. Leyds richtete an die Familie des Obersten eine Beileidskundgebung. Der Bruder des Gefallenen beabsichtigt nach Afrika zu gehen, um mit Ermächtigung der englischen Behörden die Leiche seines Bruders nach Frankreich zu überführen. Oberst Villebois war 53 Jahre alt und wurde im Feldzuge von 1870 wegen Aus­zeichnung vor dem Feinde dekoriert. Unter Bou- langer war er im Kriegsministerium thätig. Vor 5 Jahren hatte er seinen Abschied genommen. Er machte mehrere Studienreisen und schrieb u. a. auch ein in Frankreich verbreitetes Buch über Moltke. Sein Tod ist erfolgt, nachdem ihm Präsident Krüger den Oberbefehl der fremden Abteilungen in der Burenarmee anvertraut hatte.

Der von den Buren bei den Wasserwerken von Bloemfontein errungene Sieg hat eine große Bedeutung durch den Umstand, daß ihnen hierbei neben andern wichtigen Papieren auch der größte Teil der britischen Kriegspläne in die Hände gefallen ist. Ferner haben sich im Süden der englischen Hauptstellung, auf dem Wege nach der Kapkolonie, fünf englische Infanterie-Kompagnien, also vermutlich etwa 500 Mann, nach langem Kampfe den Buren ergeben müssen. Dagegen hat Lord Methuen von einer Burentruppe 54 Mann gefangen genommen.

Bloemfontein, 7. April. Lord Roberts meldet, die Verluste der Engländer bei Redders- burg betragen: tot 2 Offiziere und 8 Mann, 2 Offiziere sind gefährlich verwundet, 33 Mann weniger schwer verletzt. 8 Offiziere und die übrigen Mannschaften sind gefangen. Der Feind soll 3200 Mann stark gewesen sein mit 5 Kanonen, während die Engländer 167 Mann berittene Infanterie und 424 Mann Infanterie zählten.

Kapstadt, 7. April. Vierzehn in Simons- town gefangene Buren sind entflohen.