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Amts- und Anzeigeblatt für den Bezirk Kakw.
77. Iahrgallg.
Trscherat Dienstags, Donnerstags und Sgmsiags. Di» <8uMäu»göJebuhr beträgt iw Bezirk und in nächster Uisgrbuntz ö Pfg. dir Zeile, «Liter rmfenri L3 Hfg.
Samstag, den 12. April 1902.
Vierteljährlicher AbonnementSpreiS in der Stadt Mt. 1.1S ine Haus gebracht, Mk. 1. 15 durch die Post bezogen im Bezirk; außer Bezirk Mk. 1l 35.
Amtliche AMkmtttrachnirgett.
Bekanntmachung.
Die Bestellung des Stadtarztes De. Autelt- rieth in Calw zum Distriktsarzt für die Gemeinden Agenbach, Breitenberg, Neuweiler, Oberkollwangen und Würzbach ist von der K. Regierung für den Schwarzwaldkreis am 5. April 1902, Nr. 3415, bestätigt worden.
Calw, 9. April 1902.
K. Oberamt.
V o e l t e r.
Bekanntmachung.
Die vom K. Oberamt Herrenberg über die Gemeinde Oberjettingett wegen Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche verhängten allgemeinen Sperrmaßregeln (Verbot des Durchtreibens von Wiederkäuern und Schweinen) sind wieder aufgehoben worden.
Calw, 9. April 1902.
K. OLeramt.
V o e l t e r.
Eagesneuigkeiten.
* Calw, 11. April. Am Mittwoch vormittag um V-12 Uhr kam der Divisionskommandeur Generallieutenant HerzogAlbrecht von Württemberg in Begleitung eines Adjutanten hier an, um das Bezirkskommando einer Inspizierung zu unterziehen. Nach eingehender Besichtigung der Räumlichkeiten und der Revision der dienstlichen Angelegenheiten wurde von dem Kommandeur das Mittagessen im „Waldhorn" eingenommen. Die Abreise nach Stuttgart erfolgte nachmittags 4 Uhr.
Liebenzell, 9. April. In der Nacht von Sonntag auf Montag ertränkte sich in der Nagold
zwischen hier und Unterreichcnbach der in den 60er Jahren stehende verwitwete Fuhrmann Keppler von hier. Kcppler war in der letzten Zeit hochgradig schwermütig.
2 Stamm heim, 8. April. Letzten Sonntag machte der Kirchenchor Gechingen hie- her seinen Jahresausflug. Zu gemütlichem Beisammensein war auch der hiesige Liederkranz von demselben in das Gasthaus z. Bären cingeladen. Nach herzlicher Begrüßung durch den Vorstand des letzteren, Hrn. Schullehrer Bickel, entwickelte sich bald eine frohe Stimmung. Mit gut eingeübten gemischten Chören wechselten kräftige Männerchöre. Auch einige Soli mit Klavierbegleitung, ausgeführt durch die Herren Lehrer Schmohl und Wolf- angel (Gechingen) und Mollenkopf (Stammheim) brachten willkommene Abwechslung. Beredtes Zeugnis von der guten Schulung des Kirchenchors Gechingen durch seinen Dirigenten Hrn. Schullehrer Widmann legte insbesondere die treffliche und packende Wiedergabe des Melodramas „Kolumbus" ab, welches auf allseitiges Verlangen in liebenswürdigster Weise wiederholt wurde. Nur zu schnell verstrichen die schönen Stunden, deren wir uns gerne noch lange dankbar erinnern.
ssDeckenpfronn, 8. April. Auf Anordnung der Oberkirchenbehörde ist nunmehr auch in hiesiger Gemeinde, der letzten des Bezirks in dieser Hinsicht, das Kirchenvermögen auszuscheiden. Die dadurch notwendig gewordene Wahl des K i rch e n g e m e in d e r a ts fand am Palmsonntag statt. Von 248 Wahlberechtigten stimmten 190 ab. Gewählt wurden seith. Pfarr- gemeinderatsmitglied I. A. Lutz, außerdem Zimmermann Heinrich, Gcmeinderat Schneider, Gemeindcpflcger Wiedmann, Bauer Gottlob
Reich ardt nnd Bauer Gottlob Water. — Letzten Sonntag sprach Reichstagsabgeord- neter Schrempf hier im „Rößle" in stark besuchter Versammlung über seine Re ichstags - thätigkeit, und fand mit seinen ruhigen, sachlichen Ausführungen lebhaften Beifall bei den Anwesenden. Seine Stellung zur Zolltarifvorlage faßte er etwa in den Worten zusammen: „Bekommt die Landwirtschaft keinen wirksamen Schutzzoll, dann sind wir auch nicht für einen Schutz der Industrie zu haben. Geht die Regierung nicht einen Schritt weiter, so sagen viele meiner Freunde: nein! und auch ich." Anfragen aus der Mitte der Versammlung gaben dem Redner noch Gelegenheit, auch über andere Gebiete der Politik zu sprechen.
ff Deckenpfronn, 10. April. Die Wasserleitung ist jetzt bis auf die Wehranlagen, zu deren Erbauung endlich vorige Woche die Genehmigung eingetroffen ist, fertiggestcllt. Heute konnten schon kleinere Hydrantenproben vorgenommen werden. In Bälde wird das Werk der allgemeinen Benützung übergeben werden. Die Gemeinde gedenkt den Tag der Uebergabe festlich zu begehen.
Stuttgart, 9. April. Nach 3 tägiger Verhandlung wurde heute vom Schwurgericht der Steinbrecher Jakob Friedrich Bauer von Heimsheim eines Verbrechens gegen das Sprengstoffgesetz für schuldig erklärt und zu einer Zuchthausstrafe von 1 Jahr 4 Monaten verurteilt, auch auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt. Es handelte sich mn eine Art Bombenattentat gegen den Stadtschultheißen Nick von Heimsheim, gegen den der Angeklagte von Rachsucht erfüllt war, weil er wegen Widerstands gegen den Feldschützen mit einer Geldstrafe von 6 -4L belegt worden war und mit seinen
Ferrtttetriir, Nachdruck verboten. !
Um der Mitgift willen.
Roman von Artpur Zapp.
(Fortsetzung.)
Axel macht eine ungestüme Bewegung, als wolle er zu ihr hin. Aber sie neigt hastig ihre Stirn zum Abschied, dreht sich um und geht hinaus. Er steht mitten im Zimmer; seine Hände pressen sich auf das wildklopfende Herz; ein tiefes, schmerzliches Stöhnen bricht aus seiner Brust hervor.
XV.
Draußen auf dem Korridor mußte Klara einen Augenblick Halt machen; ein plötzlicher Schwindel erfaßt sie. Zuviel der Aufregungen und Gemütsbewegungen hat sie in der letzten Stunde durchgemacht. Plötzlich hört sie heranhuschende Schritte. Es ist Ada.
„Nun?" fragt diese gespannt und zieht Klara an der Hand mit sich die Treppe nach dem unteren Stockwerk hinab.
Klara atmet noch immer tief. Die Erregung zittert ihr noch in allen Nerven nach.
„Gott sei Dank!" kommt es aus der Tiefe ihrer Seele herauf. „Er hat nachgegeben. Das Duell wird nicht stattsinden."
Die Andere blickt der Sprechenden erstaunt in das von freudiger Genugtuung strahlende Gesicht.
„Wie hast Du das nur fertig gebracht ?"
Klara zuckt mit den Achseln und läßt sich im Saale erschöpft in einen Fauteuil fallen. Es widerstrebt ihr, von ihrer Unterredung mit Axel der Anderen Kenntnis zu geb n; auch fühlt sie sich dazu viel zu angegriffen.
In Ada regen sich zwiespältige Empfindungen. Sie möchte sich freuen, daß die Gefahr für Axel, wie cs scheint, vorüber. Aber ein brennendes Gefühl von Aerger, Neid und Eifersucht ist stärker in ihr als die andere Regung. Wirklich, ist der Kaltherzigen, Gemütlosen gelungen, was ihrem leidenschaftlichen Bitten und Flehen nicht möglich war? Die Enttäuschung, die eifersüchtige Wut in ihr ist so stark, daß sie beinahe wünscht, sie hätte Klara überhaupt nicht herbeigerufen. Und sie nötigt auch Klara nicht zu bleiben, als diese nach kurzem Ausruhen hastig aufspringt und erklärt, sofort nach der Stadt aufbrechen zu muffen.
Die Frau Konsul hörte ihre Nichte mit mehr Anteilnahme an, als Klara vorausgesetzt hatte. Ueberhaupt, die ganze Scheidungsgeschichte war durchaus nicht nach ihrem Gefallen. Freilich sie verdammte ja dieses gcschäftmäßige Schließen von Ehen und tadelte Axel wegen der bewiesenen Jndelikateffe, die sie dem höflichen, artigen, feinen Kavalier nie zugetraut hätte. Aber Vergangenes war vergangen und es war von Klara mindestens sehr unklug, jetzt nach mehr als zwei Jahren die unerfreuliche Geschichte noch einmal aufzurühren. Das Angemessenste und Taktvollste wäre gewesen, die Sache vornehm zu ignoriren und Axel überhaupt nicht merken zu lassen, daß sie davon erfahren. Wenn sie — Klara — mehr Lebenserfahrung besäße, würde sie wissen, daß die Frauen in der Ehe so vielerlei zu ignoriren und stillschweigend zu ertragen haben. Wenn jede Frau bei jeder Meinungsverschiedenheit, bei jedem Zwist, bei jeder Verschuldung des Gatten gleich davon laufen würde, so würde überhaupt keine Ehe über das zweite oder dritte Jahr hinauskommen. Schon das Aufsehen, der Skandal, den solch eine Ehescheidung Hervorrufe!
Und nun, um allem noch die Krone aufzusetzen, noch das Duell! Herr Guntermann müsse nicht recht gesehen sein. Na, dem werde sie einmal ordentlich den Kopf waschen.