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Amts- und Anzeigeökatt für den Wezirk Gatw.
77. Jahrgang.
Sisqrtut DitNitag«, Donneritag« und SamrtagS. vi> »inrSckung«g-bühr b-trügi t-n Bezirk und in nSchster Nmgednng » Psg. die Zeile, weiter entlernt iS PIg.
Donnerstag, Len 10. April 1902.
Vierteljährlicher AbonnemenrSpreiS in der Stadt Mk. 1.10 in» Haus gebracht. Mk. I. 15 durch die Post bezogen im Bezirk; außer Bezirk Mk. 1l 35.
Amtliche AeLarmtmachrmgen,
An die Ortsbehörden.
Um einen näheren Einblick in die Zustände des Hebammenwesens und insbesondere in die Art der Versorgung der Gemeinden mit angestellten Hebammen zu gewinnen, wird eine über das ganze Land sich erstreckende Erhebung in dieser Sache veranstaltet.
Die Ortsbehörden werden daher höherer Weisung gemäß beauftragt, unter Benützung des ihnen mit der nächsten Post zugehenden Formulars eine
genaue Zusammenstellung der einschlägigen Verhältnisse zu fertigen und bis zum 1. Mai
ds. Js. hieher vorzulegen.
Calw, 2. April 1902.
K. Oberamt. K. O.A.-Pphysikat. Voelter. Dr. Müller.
Bekanntmachung.
Das Verbringen von Milch in die MMden- häuser und das Zurückbringen der leeren Gefässe auf den Bahnhof ist künftig an allen Sonn- und Festtagen bis mittags 12 Uhr auch während des Vormittagsgottesdienstes gestattet.
Calw, 9. April 1902.
K. Oberamt.
Voelter.
Tagesneuigkeiten.
* Calw. Mit Nummer 9 der Blätter des württembergischen Schwarzwaldvereins ist Blatt 2 der Vereinskarten „Hohloh Baden-Baden" in den Besitz sämtlicher Mitglieder gelangt. Blatt 3 „Wildbad-Calw" kam im Mai 1900, Blatt 4 „Freudenstadt" im Mai 1901 zur Ausgabe; die Mitglieder haben nun eine zusammenhängende, einheitliche, ebenso zuverlässige als schöne Darstellung des wichtigsten und größten Teils vom nördlichen Schwarzwald. Denn die 3 Blätter umfassen miteinander das große Waldgcb iet von Baden- Baden und Wildbad im Norden bis zu den Rench- thalbädern und Kinzigquellen im Süden nebst einem bedeutenden Teil des vorderen Schwarzwalds zwischen Enz und Nagold. Die Nummer enthält sodann die Fortsetzung des Artikels „Aus der Geschichte der Calwer Zeughandlungskompagnie" von Gerber, einen sehr lesenswerten Artikel von Bauinspektor De Pay, „Gäubahn, Kinzigbahn und Schiltach- Schramberger-Bahn" mit hübschen Abbildungen, eine flott und launig geschriebene „Winterwanderung im Schwarzwald", in der Baurat Gebhardt eine mehrtägige Dezembertour auf Kniebis, Allerheiligen, Ruhstein schildert, ferner einen Aufsatz über das Burgschloß Albeck von Regierungssekretär Spellenberg, Verschiedenes u. s. w. Ter Inhalt des Blattes ist ein reicher und anregender wie immer.
* Calw, 9. April. Das 2. Gausängerfest des Nagoldgau sängerbundes findet am 15. Juni hier statt. Mit dem Fest ist ein Preissingen verbunden. Das Preissingen wie auch die Hauptprobe der Gesamtchöre wird in der Turnhalle stattfinden. Als Gesamtchöre find vorgesehen „Vaterlandsliebe" von Jten und „Zu Straßburg auf der Schanz" von Silcher. Nachmittags ist ein Festzug
durch die Straßen der Stadt; auf dem Festplatz wird der festgebende Verein das Lied „Wacht auf, ihr Lieder" vortragen. An den Begrüßungschor schließt sich die Festrede und die Einzelvorträge der Vereine an. Die Preisverteilung wird abends 6 Uhr durch den Gauvorstand vorgenommen. Den Abschluß des Festes bildet ein Festball in der Bierbrauerei von Dreiß.
H. Calw. Der auf letzten Sonntag vom Verein für Homöopathie und Naturheilkunde anberaumte Vortrag des Hrn. vr. Hähl war nicht so zahlreich besucht, wie dies bei der Wichtigkeit des Themas gehofft wurde. Der verehrte Redner hatte sich der schwierigen Aufgabe unterzogen, an der Hand von wirklich kunstvoll gearbeiteten Modellen und lebensgroßen anatomischen Zeichnungen den gespannt lauschenden Zuhörern die Gestalt, die Lage, das Wesen und die Funktionen des Herzmuskels sowie den Blutkreislauf des menschlichen Körpers in deutlichster Anschaulichkeit vor Augen zu führen. Redner betonte, wie so häufig noch falsche Ansichten auf diesem Gebiete herrschen und nicht allein bei den Laien; wie notwendig es sei bei den heutigen Verhältnissen, daß Jedermann auch auf seinen inneren Menschen einen Blick werfe; er betonte ferner, wie noch im grauen Altertum unter der Aerztewelt selbst der Glaube verbreitet war, der Herzmuskel sei gegen jede Krankheit gefeit, heute aber könne nachgewiesen werden, daß die Zahl der Herzkranken eine große ist, sowie daß unter diesen Kranken sehr viele sind, welche jahrzehntelang keine Ahnung von ihrem Leiden haben, weil es ihnen keine Beschwerden verursacht. Betreffs der Behandlung von Herzleidenden erklärte Redner, daß keine Krankheit so hohe Anforderungen an den Arzt und den Patienten stelle wie diese und müsse letzterer die Ratschläge seines Arztes aufs pünktlichste befolgen, wenn eine Besserung erzielt werde soll. An Arzneimitteln gegen Herzleiden stehe dem homöopathischen Arzte eine stattliche Anzahl zur Verfügung, doch solle sich der Kranke, auch so lange er keine ernsten Beschwerden fühlt, hüten: übermäßig zu essen und zu trinken, hauptsächlich den Alkohol, sowie jede körperliche oder geistige Ueberanstrengung vermeiden; heftige Gemütsbewegungen — große Freude oder großer Schrecken — haben oft die denkbar gefährlichsten Folgen. Nachdem der Redner in mehr als 1'/-stündiger Rede den Anwesenden so viel Wissenswertes geboten hatte, schloß er mit einem Appell an dieselben, gleichwie in anderen von ihm besuchten Orten, ein Scherflein beizutragen zum Baufond eines homöop. Krankenhauses in Stuttgart, was allseitig mit Freuden begrüßt wurde. Für den höchst interessanten und lehrreichen Vortrag wurde darauf im Namen des Vereins dem verehrten Redner der verdiente Tank ausgesprochen.
Calw, 9. April. Auf dem heute stattgehabten Viehmarkt waren zugeführt: 16 Pferde, 318 Stück Rindvieh, 42 Körbe Milchschweine, 19 St. Läufer. In Großvieh zeigte sich wenig Neigung zum Handel. Ochsen wurden verkauft zu 7—900 ^ Verkauf insgesamt 168 Stück Rindvieh. Auf dem Schweinemarkt war der Handel belebt. Milchschweine wurden zu 24—42^. verkauft, Läufer zu 45—80
--- Hirsau, 7. April. Der Bezirks- verein für Geflügelzucht und Vogelschutz hielt gestern im Gasthof zum Rößle hier eine Versammlung, die von hier und auswärts gut besucht war. Nach der Begrüßung der Anwesenden durch den Vereinsvorstand, Hrn. Lehrer Fischer aus Calw, ergriff Hr. Landwirtschaftsinspektor I)r. Wackeraus Leonberg, ein im Bezirk wohlbekannter Redner, das Wort zu einem Vortrag über „Die Geflügelzucht und ihre Bedeutung für das wirtschaftliche Leben". Aus der Thatsache, daß die alljährlich in das Ausland gehenden Summen für Geflügel und Geflügelprodukte von Jahr zu Jahr sich steigern (im Jahre 1880 seien 20 Milk. Mark hiefür ins Ausland geflossen, im Jahr 1896 dagegen schon 124 Mill. Mark), ergebe sich die dringende Notwendigkeit, daß der Geflügelzucht eine größere Aufmerksamkeit geschenkt werden müsse, als dies bisher der Fall war, umsomehr als bei rationeller Pflege das Geflügel sein Futter ebensogut oder noch besser verwerte als jedes andre Haustier. Die Geflügelzucht lohne sich für den Landwirt am besten, da diesen die Fütterung des Geflügels entschieden am wenigsten koste, aber auch sonst für jedermann. Sofern man nur über den notwendigen Platz hiezu verfüge, sei die Geflügelzucht noch rentabel, indem alle Abfälle aus Haushaltungen, die sonst achtlos weggeworfen werden, gut verwertet werden können. Da es keine Jdealrafsen bei dem Geflügel gebe, welche sowohl in Bezug auf Eierertrag als Fleischerzeugung das Höchste leisten, so empfehle es sich, entweder solche Tiere zu halten, die hauptsächlich hohen Eierertrag liefern, oder aber solche, die besonders schnell und viel Fleisch ansetzen. Als empfehlenswerteste Eierleger seien die reinrassigen Italiener sowie Minorkas bekannt (letztere im Winter jedoch etwas empfindlich), eine gute Mittelrasse sowohl im Eier- als Fleischertrag sind die Langshans (namentlich auch in den Wintermonaten als gute Leghühner geschätzt); von den Enten kommen als ganz besonders gute Leger die indischen Laufenten in Betracht, während Pekings und Rouens mehr als Fleischenten gelten. Unsere Landenten seien durch Inzucht vielfach degeneriert. Um den höchsten Nutzen aus der Geflügelzucht zu ziehen, sei es notwendig, daß man den Tieren auch die nötige Pflege angedeihen lasse. In erster Linie seien noiwendig gesunde und luftige, jedoch nicht zugige Ställe, da das Geflügel gegen Zugluft besonders empfindlich sei, größte Reinlichkeit sei nötig, sowohl zur Bekämpfung des Ungeziefers, als namentlich auch zur Vorbeugung gegen viele Krankheiten und Seuchen. Zur Fütterung können alle Haushaltungsabfälle Verwendung finden. Denselben ist Maismehl oder Kleie beizumengen, ebenso Kartoffeln, letztere namentlich als Morgenfutter. Abends müsse den Tieren Körnerfutter gereicht werden. Eine Beimischung von phosphorsaurem Kalk zum Weichfutter (1—2xpro St.) sei sehr zu empfehlen. Für größere Grundbesitzer sei die Anschaffung von transportablen Geflügelställen besonders rentabel, da dadurch die beim Abcrnten der Felder verloren gegangenen Körner von den Hühnern aufgelesen und nebenher noch vieles Ungeziefer vertilgt würde. Sodann sprach Redner noch über Aufzucht des Junggeflügels unter ganz besonderer Betonung der Notwendigkeit der Selbstanfzucht