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ganz in ihrer Nähe stand.Hierher, damit ich Dir in die Augen schauen kann."

Die Züge des Mannes verwandelten sich, es schien für einen Moment die greisenhafte Ab­spannung zu Weichen, neues Leben sie zu beseelen, nnd in den Augen, früher erloschen und glanz­los, leuchtete es auf.

Du bist heute gnädig, Olga," begann er und ein leichtes Zittern der Stimme verriet freudige Erregung.Es ist schon lange her"

Es ist schon lange her!" höhnte die Gräfin:diese Phrase hängst Du jedem Worte an, welches Du sprichst. Schon lange?! Noch immer keine Ewigkeit und Du weißt, daß das Urteil der Verdammten auf Ewig lautet."

Ich werde dies Leben nicht lange mehr ertragen können," lautete die Antwort; der Kopf des Mannes war auf die Brust gesunken und die Worte klangen tonlos, als hätte er ein Ge­spenst gesprochen.

Du mußt es, so lange ich will."

Wenn Du nur Erbarmen hättest, ich muß ja zu Grunde gehen; Liebe und Haß haben meine Seele getötet und jetzt zerren sie an dem Marke."

Sie bog ihm sanft den Kops zurück und sah ihni in das zuckende Gesicht.Ja, Du liebst mich; es ist keine Lüge. Aber diese Liebe ist eine Tantalus-Liebe, wie der Verhungernde die Speisen liebt."

Nein!" rief er, aber sie lehnte sich wieder zurück in den Schaukelstuhl und kalt und höhnend klang es:

Schweige! Ich wollte mich nur überzeugen, ob die Ketten noch fest sind, in welche ich Dich schlug. Du wirst sie nicht brechen!"

Wie ein gewaltiges Fieber schüttelte es den ganzen Körper des Mannes, dann sprang er auf und seine Zähne knirschten, als er hervor­stieß:

Treib es nicht zu weit. Ich könnte sie doch brechen und dann wehe Dir und mir."

Du wirst es nicht thun, hörst Du; ich will es nicht. Doch jetzt bin ich müde; ich wollte Dir nun sagen, daß wir morgen Nizza verlassen müssen, und zwar ist es notwendig, daß Du doppelt auf der Hut seiest, damit Niemand Dich sehe. Du wirst, wie bisher auf unfern Reisen, Deine Verkleidung anlegen und, solange ich es Dir nicht gestatte, niemals das Haus verlassen. Hörst Du!"

Ich habe es gehört. Weshalb aber" »Frage nicht weiter, es ist um Deinetwillen.

Jetzt gehe." Er wandte sich der Thüre zu, vor der Schwelle blieb er stehen und mit einem rührend flehentlichen Tone bat er: »Hast Du kein freundliches Wort für mich, Olga? Es würde mich so glücklich machen."

Und als sie schwieg, wollte er noch einmal zurückkehren, aber da stand sie auf und mit den Geberden einer zürnenden Königin rief sie ihm zu:Geh', Erbärmlicher, ich denke nach, wie Du die Ketten brechen kannst."

Lachen klang hinter ihm her, als er schwankend wie ein Wahnsinniger durch den Korridor schritt, und dieses Lachen trieb ihm das Blut in den Kopf, daß er hastig nach demselben griff. Mit einem dumpfen Laut sprang er vorwärts, stieß die Thüre der Veranda auf und rannte in den Park, in das Dunkel der Nacht hinaus.

(Fortsetzung folgt.)

Die Kaiserreise nach Jerusalem.

VI.

6 Haifa.

Zum Empfange des deutschen Kaisers auf seiner Palästinafahrt hat der Sultan in Haifa eine besondere Landungsbrücke bauen lassen, welche von dem Mufti von Haifa durch eine religiöse Handlung eingeweiht, und für welche ein Opfer­schaf, am Rande des Grundsteins geschlachtet, den göttlichen Segen verbürgen soll. Die Land- nngsbrücke ist aus Stein gebaut, in einer Ge­samtlänge von 75 Metern, bei einer Breite von 6 Metern. An der 10 Meter breiten Landungs­treppe beträgt die Meerestiefe 2,5 Meter, also ein stattliches Bauwerk, welches der Sultan hat aufführen lassen, um seine Freundschaft für den Deutschen Kaiser zu zeigen.

Von Bord derHohenzollern" wird der Blick des Kaisers zur Linken auf Akka (Ptolemais) fallen, das heutige St. Jean d'Acre, wo das Königreich Jerusalem sein Ende erreichte. Diese alte Phönizierstadt, die unter der Herrschaft des Königreiches! Jerusalem eine fränkische Festung geworden war, hat drei weltberühmte Belager­ungen ausgehalten, am Ende des 12., des 13. und des 18. Jahrhunderts. Als Zeugen der ersten Belagerung sind nur noch die umliegenden Hügel vorhanden, auf welchen einst Königszelte gestanden und Banner geweht, welche die be­rühmtesten heraldischen Embleme des Abendlandes zur Schau trugen: fränkische Lilien, englische Leoparden, der deutsche Reichsadler und Löwen von Sankt Markus. Bei Akka ging 1291 der Traum eines Erdteils, das Königreich Jerusalem, zu Grunde; dort hat das Islam endgültig triumphiert.

500 Jahre später wurde wieder ein Zelt­lager vor St. Jean d'Acre aufgeschlagen, welches Franken beherbergte. Ihre Gesänge hatten aber nicht den Weichen Tonfall der Troubadours, deren Lieder hier einst in den Zelten von Philipp August und Richard Löwenherz zur Laute ge­sungen wurden. Die Marseillaise und das ?rr ira klangen drohend in die Stadt hinein, in welcher der grausame Türke Dschesar (der Schlächter) Pascha den Befehl führte, unterstützt von dem englischen Admirale, Sir Sidney Smith, und dem französischen Emigrierten, Phelippeaux. Der junge General Bonaparte war, um Syrien zu erobern, mit 10000 Mann von Eygypten aus vor die Stadt gerückt, seine Begleiter hießen Kleber, Junot, Murat, Caffarelli. Vierzehn wütende, mörderische Stürme blieben erfolglos. Die Kräfte der Belagerer, namentlich ihrer Ar­tillerie waren ungenügend, und die aus Egypten mitgebrachte Pest decimierte sie. Am Berge Tabor pflückte der junge General einige Lorbeeren im Kampfe gegen den von Damaskus zum Ent­sätze heranrückenden Feind, und dann mußte er die Belagerung im Mai 1799 ausheben und zog über Egypten nach Frankreich zurück.

Der Name Haifa, die erste Stadt in Palä­stina, wo der Kaper mit der Kaiserin das heilige Land betritt, ist in der Bibel nicht zu finden. Haifa ist ein Fleckchen neueren Ursprunges, ein aufstrebender Ort, der aus einer Altstadt be­steht, an die sich eine deutsche Kolonie in Form eines Villenviertels angeschlossen. Hier tritt der Kaiser, so zu sagen auf deutschen Boden. Die Kolonie wurde durch die von Pfarrer Hoffmann hergeführte schwäbische Tempelgemeinde gegründet, welche letztere sich jedoch nicht in der ursprüng­lichen Form und Zahl sich erhalten hat, aber die Tempelfreunde, bestehend aus Land­wirten und Handwerkern haben sich gut durch­gebracht und nicht wenig zur Entwicklung Haifa's beigetragen. Die deutsche Kolonie ist ein Stück nach Palästina getragenes Schwaben. Die Häuser tragen deutsche Bauart zur Schau; zwischen den Häuserreihen laufen reinliche ebene Straßen, die mit Schattenbäumen bepflanzt sind, in den Gärtchen und Gärten aber herrscht morgenländische Blumenpracht. Dort stehen meterhohe, rot- leuchtende Geranienhecken, und gelblühende Mi­mosen mit roten Staubfäden blühen in ver­schwenderischer Fülle. Auch das Stück Ackerland zwischen Haifa, dem Karmel und dem Meere, auf dem einst Sykamium gestanden, verrät deut­schen Fleiß. Rechteckige, steinfreie Aecker, deren Getreide mit der Sense gemäht und o Wunder auf Leiterwagen heimgeführt wird.

Ueberragt wird Haifa von dem Kloster auf dem Berge Karmel, welches im Jahre 1799 Bonaparte als Lazarett gedient hat. Wie in Jaffa, so mußte er auch hier seine Verwundeten und Kranken zurücklassen, die dann von den Türken ermordet wurden. Im Klostergarten be­zeichnet eine Pyramide das Grab der republi­kanischen Franken. Auf dem Berge Karmel, in einer der vielen Höhlen, hatten einst nach dem alten Testament die Propheten Gottes in schwerer Zeit sich verborgen gehalten; ein Elias und Elisa flohen hierhin vor dem Zorn der Könige von Israel. Hier wurde auch der Gebetskampf des Elias mit den Baalspriestern ausgesuchten; diese Vertreter eines blutigen Gottesdienstes

wurden vom Volke hinweggethan im eigenen Blute.

Der Jerusalemsverein in Berlin unter­hält in dem aufstrebenden Hafenort Haifa am Fuße des Karmel einen Pastor und Lehrer und hat die am 2. Juli 1893 eingeweihte Kirche ge­baut. Nicht nur das Geläut des Eliasklosters auf dem 600 Fuß über dem Meer sich erheb­enden Vorsprunge des altberühmten Berges, sondern auch das vom Thurme der deutschen evangelischen Kirche klingt hier über den Meeres­strand und die von der Tempelgemeinde an der Königsstraße bebauten schmucken Häuser und wohlgepflegten Felder hin. Hier halt sich von der Tempelkolonie der größte Teil zur Landes­kirche und mit den Angehörigen hat sie vom 8. bis 13. September 1897 auch in Haifa das erste evangelische Missionsfest im heiligen Lande gefeiert.

Haifa ist die Seestadt für Galiläa und Samarien, die auch durch die englische Kirchen­mission etliche Kirchen und Schulen, Kranken­häuser und ärztliche Stationen erhalten haben. In Nazareth ragt auch ein evangelisches Kirch­lein als Mittelpunkt einer Gemeinde von etwci 500 Protestanten hervor. 2 Missionare, ein deutscher und ein arabischer, versorgen sie, und 9 Lehrer sind an zwei Schulen mit über 3VÜ Kindern beschäftigt, und überdies hat eine reiche Engländerin ein Mädchenwaisenhaus errichtet, welches den höchsten Punkt des Ortes bildet. Auch Nablus, das Sichern mit seinem Jakobs­brunnen hat eine solche evangelische Gemeinde mitten unter den 13 000, meist muhammedamschen Einwohnern.

(Praktische Ausnutzung.) Verkäuferin: Dieser Schirm, Frau Professor, hält zehn Jahre, und dann können Sie ihn dem Hem Professor noch mitgeben zum Stehenlassen."

BkstMiW ns de«kiizMek"

für das Vierte chuartal

1. Gkkober bis Kn de Dezember 1898 wollen gefl. noch vor Ablauf des Monats September gemacht werden, wenn keine Unter­brechung im Empfang des Blattes eintreten soll. In Neuenbürg abonniert man direkt bei der Verlagsstelle, in allen andern Orten bei den betr. Poststellen und Postboten.

DerEnzthäler" enthält bekanntlich die amt­lichen Bekanntmachungen sämtlicher Behörden des Oberamtsbezirks Neuenbürg, sowie einzelner Behörden der umliegenden Bezirke und ist des­halb für viele Interessenten ein unentbehrliches Blatt.

Im redaktionellen Teile desEnzthäler" werden die hervorragendsten politischen Ereignisse in übersichtlicher, wenn auch in gedrängter Form besprochen. Durch direkten telegraphischen Ver­kehr und Telephonanschluß ist derEnzthäler" in der Lage, die wichtigsten Ereignisse rasch und zuverlässig zur Kenntnis seiner w. Leser zu bringen und die Redaktion scheut kein Opfer, dies in besonders wichtigen Fällen durch Extra­blätter zu thun, wie überhaupt die Politischen Nachrichten und die Verhandlungen des Reichs­tags und der württ. Kammer möglichst berück­sichtigt werden.

Auch den übrigen Interessen und dem unterhaltenden und gemeinnützigen Teil wenden wir, wie bisher, besondere Sorgfalt zu.

Die Redaktion ist bestrebt, allen gerechten Anforderungen, welche an ein 4 mal erscheinende» Bezirksamts- und Lokalblatt gestellt werden können, Genüge zu leisten. .

Wir richten deshalb an alle unsere Freunde die freundliche Bitte, mit uns dafür wirken zu wollen, daß

DerGnzthiiler"

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Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neuenbürg.