564

Zustand.

In Paris gehen die gerichtlichen Unter­suchungen und Verhöre in der Dreysus-Sache einstweilen weiter, ohne daß hiebei besonders sensationelle Dinge ans politische Tageslicht kommen wollen. Die Regierung des Herrn Brisson hat sich das kindliche Vergnügen nicht versagen können, Emil Zola, der weit vorm Schuß in Norwegen weilt, aus den Listen der Ehrenlegion streichen zu lassen. Sonst herrscht in Frankreich politische Sommerstille.

Unterhaltender Heil.

Wildbad.

Unter den vielen Mineralbädern, welche Würt­temberg besitzt, nimmt Wildbad unstreitig die erste Stelle ein. Seine Entstehung und seinen Namen verdankt es unstreitig den zu Tage tretenden Thernien. Die Entdeckung derselben weiß man nicht. Die Geschichte von dem angeschossenen Eber gehört ins Reich der Mythe. Die ersten geschriebenen Urkunden über Wildbad datieren vom 30. Dezember 1345, wo die Grafen von Tübingen, die in ihrem Besitz befindliche zweite Hälfte der Calwer Grafschaft, zu welcher Wild­bad gehörte, an die Grafen von Württemberg verkauft haben. Ganz unzweifelhaft tritt Wild­bad in die Geschichte ein durch den Ueberfall Eberhard des Greiners im Jahre 1367.

Es giebt keinen zweiten Thermenort, dessen Quellen mit einer der Blutwärme nahekommenden Temperatur hervorqnellen.

Vis 10. Oktober 1838, da der eingesenkte Bohrer ans Warmwasser traf, stoß alles Thermal­wasser aus den ursprünglichen Oeffnungen, welche jener vulkanische Gewaltakt in den Granit ge­rissen hatte. Von 1838 bis 1852 wurden nach und nach 29 Bohrlöcher von 16.7' bis 196.2' Tiefe hinabgetrieben, um dem Heilwasser den kürzesten Weg zu erschließen. Die Ergiebigkeit der Quellen betrug im Jahre 1824 in der Minute 19.24 Kubikfuß, nach den Bohrversnchen betrug sie 25.31 Kubikfuß. Der Gewinn der ersten Vohrperiode betrug also 5.77 Kubikfuß. Die sich steigernde Zahl der Kurgäste machte im Jahre 1863 neue Bohrungen nötig, welche auf dem linken Enzufer im Pfarrgarten bis zu 144' Tiefe hinabgeschlagen wurden. Diese neue Quelle gab in der Almute 5.231 Kubikfuß Wasser, die alten Quellen nahmen aber um 1.783 Kubikfuß Pro Minute ab, also betrug das Mehrquantum 3.448 Kubikfuß. Jede Nacht stoffen aber ca. 4000 Kubikfuß Thermalwasser unbenutzt in die Enz.

Infolge der zunehmenden Frequenz Wild­bades sah sich der Staat veranlaßt, im Jahr 1839 den Ständen eine Vorlage in Betreff der Erbauung eines Badgebäudes mit einem Voran­schlag von 220000 fl. zu machen. Im Jahr 1842 wurde mit dem Bau des großen Bad­gebäudes begonnen. Die massenhaften Spreng­ungen der Granitfelsen kosteten viel Zeit und Geld, so daß das große Gebäude erst im Jahr 1847 vollendet wurde mit einem Aufwand von über 600000 fl. Das Gebäude enthält 4 Ab­teilungen. In der ersten ist das große Fürsten­bad Nr. 1 mit 27", das Fürstenbad Nr. 2 mit 28", das Fürstenbad Nr. 3 mit 27.8° und die beiden kleinen Fürstenbäder mit 28" und 27.5" Temperatur. Die zweite und dritte Abteilung enthalten Herrenbäder mit 27.8" und 28.6" und Frauenbäder mit 27.8" und 28° Temperatur. In der vierten Abteilung befinden sich das große Herrenbad mit 28.2" und das große Frauenbad mit 28.4".

Von 18561858 wurde das kleine Bad­gebäude mit einem Kostenaufwand von etwa 30 000 fl. ausgesührt, um dem Mangel an Einzel­bädern abzuhelfen. Die Temperatur dieser Bäder ist 26.8° bis 27.4°.

Für bürgerliche Verhältnisse berechnet wurde von 18671870 das Katharinenstist mit einem Baufaufwand von 140 000 fl. erstellt. DiesesStifts-Bad", wie es die Einheimischen nennen, hat zwei nach den Geschlechtern getrennte Abteilungen. Jede derselben umfaßt 2 Bassins, ein größeres für 18 Personen und ein kleineres für 12 Personen und noch je 2 Einzelkabinete

mit Douche-Vorrichtung. Die Temperatur des Wassers beträgt etwas über 27.5".

Im Jahre 1878 wurde auf der linken Seite der Enz, oberhalb der K. Anlagen eine 86 Mtr. lange und 6 Mtr. breite Trinkhalle aus Guß­eisen mit einem Bauaufwand von 200000 ^ aufgeführt. Sie ist ein Werk des Oberbanrats v. Bok und des Ingenieurs v. Beck. Dieselbe besteht aus 5 markierten Hauptteilen, nämlich 3 Pavillons u. 2 dieselben verbindenden Wandel- gängen. Im ersten Pavillon führen 2 eiserne Treppen hinab zur Heilquelle; in der Kuppel sind die Namen der Fürsten Württembergs an­gebracht, welchen die Entwicklung Wildbads viel zu danken hat. Dieselben sind: 1) Eberhardt der Greiner 1367; 2) Eberhard im Bart 1480; 3) Herzog Christoph 1567; 4) Herzog Johann Frieorich 1623; 5) Herzog Karl Eugen 1788; 6) König Friedrich 1810; 7. König Wilhelm 1862; 8) König Karl 1878. Der zweite Pa­villon ist der Musikpavillon, der dritte ist für kaltes Trinkwasser, welches aus drei Löwen köpfen in ein Marmorbecken sich ergießt.

An Stelle des im Jahr 1881 aus der linken Seite der Enz im sogen. Pfarrgarten erbauten Badgebäudes wurde im Jahr 1891/92 das König Karls-Bad errichtet, das in jeder Be­ziehung den modernen Anforderungen entspricht. Dasselbe enthält Heißluft- und Dampfbade- Räume, Thermalbäder u. kalte Bassins, Schwed. Heilgymnastik, Lese- und Spielsäle re. Als weitere Neuerung trat im vorigen Jahr hinzu ein stilvoller Wandelgang im großen (alten) Badgebäude. Neben der Herstellung dieser zweck­mäßigen und schönen Badgebäude dürfen die Enzanlagen nicht vergessen werden, deren Er­stellung und Erhaltung ebenfalls große Summen erforderte. Jedermann kennt diese herrlichen Anlagen, die neuerdings manch reizende Er­weiterungerhaltenhaben ; so auch vor einigen Jahren durch einen Musikpavillon. An Stelle des alten Theatergebäudes ist jetzt ein Umbau er­standen, der einem neuen zu entsprechen geeignet ist rc. rc.

Ist aus diesen! bisher angeführten zu er­sehen, daß der Staat kein Opfer scheute, Wild­bad die Stellung zu erringen, welche es durch die Heilkraft seiner Thermen verdient, d. h. ihm den Ruf einesWeltbades" zu verschaffen, so muß auf der andern Seite anerkannt werden, was die Stadtgemeinde alles geleistet hat. Vom Bahnhof bis an die Stadt wurde eine neue, schöne breite Straße hergestellt, welche in die auf dem linken Enzufer hinführende mündet; letztere wurde bedeutend verbreitert und wie die neuangelegte mit breiten Asphalt-Trottoirs ver­sehen. Die Straße erhielt den Namen König Karl- Straße. Neben Errichtung der Wasserleitung mit Kanalisation wurde auch die Hauptstraße mit schönen breiten Asphalt-Trottoirs versehen. Die Opfer, welche die Stadt gebracht hat, be­laufen sich auf über eine Million Mark.

Zu der raschen Entwicklung Wildbads hat ohne Zweifel auch der große Krankheitskreis der dortigen Thermen beigetragen. Für dieselben eignen sich Rheumatismus, Gelenkentzündung, welche zu bedeutenden Entstellungen der Gelenke führt, die der Gicht zu Grunde liegende Säste- entmischnng, Störungen im Gesamtnervenleben, Rückenmarkserschöpfung namentlich bei dyphtheri- tischen Lähmungszuständen (gegen die Rücken­marksschwindsucht hat Wildbad keine Erfolge aufzuweisen, Wohl aber gegen Störungen der Funktionen des Rückenmarks, welche Folgen sind von mechanischen Erschütterungen.) Sehr günstig tvirken die Thermen bei langwierigen und hart­näckigen Nervenschmerzen, und Hüftweh, gegen einzelne Hautkrankheiten und Geschwüre, nament­lich Knochengeschwüre. Die Mehrzahl der Kur­gäste sind Gelenksleidende oder Kranke, welche nach Heilung eines Knochenbruchs die verloren gegangene Gelenkigkeit wieder erlangen wollen; in einzelnen Fällen sind auch hartnäckige Magen- und Darmleiden durch das Trinken des Wassers geheilt worden.

Ein er Infektion durch Hundewürmer ist vor einigen Tagen in Schöneberg ein junger Mann, der 26jährige einzige Sohn eines dort

an der Dorfaue wohnenden Berliner Fabrik­besitzers zum Opfer gefallen. Er besaß eine,, kleinen Hund, der seinen Herrn dadurch besonders zu liebkosen Pflegte, daß er ihn im Gesicht leckte. Der junge Mann war von seinen Angehörigen wiederholt davor gewarnt worden, hatte sich aber an die Mahnungen nicht gekehrt. Plötzlich jedoch erkrankte er in eigentümlicher Weise und sein Zustand verschlimmerte sich trotz ärztlicher Hilse so schnell, daß er nach wenigen Tagen seinen Geist aufgab. Erst jetzt konnte dann die merk­würdige, auch den Aerzten bis dahin unerklärlich gebliebene Krankheit festgestellt werden. Und es zeigte sich nun, daß der Verstorbene von Hunde­würmern befallen war, die den Körper förmlich durchsetzt hatten. Die Infizierung ist unzweifel­haft durch das Lecken des Hundes erfoglt.

Kehl, 27, Juli. Ein wertvoller Brillant- ring fiel vorgestern einem Badegast durch einen Spalt des Bodens in den Rhein. Der Vater Rhein wird sich schwerlich zur Rückgabe des Schmuckstücks bewegen lassen.

(Der Papst im Kinematographen.! Wie der Wests. Merkur mitteilt, hat Leo XU!, dieser Tage dem amerikanischen Photographen W. Kennedy Laurie Dicksou die Erlaubnis erteilt, ihn während seiner Spazierfahrt durch die vati­kanischen Gärten, eskortiert von der Nobelgarde, nach dem kinematographischen Verfahren zu photo­graphieren. Die aus einer Serie von 4000 Platten bestehende Aufnahme ist vorzüglich gelungen, und der Photograph wird das so gewonnene lebende Bild in den europäischen und amerikanischen Städten zur Ausstellung bringen. Das Erträgnis dieser Ausstellung ist zur Unterstützung kathol. Institute in Amerika bestimmt.

(Schattenseite.) Bummel (vor einem Speisen- und Getränke-Automaten): Diese Automaten sind eine wirklich sinnreiche Erfindung! Süffel: Das finde ich nun ganz und gar nicht! Bummel: Ah, Du meinst Wohl, daß, wem diese Erfindung allgemeiner eiugeführt wird, viele Kellner ihren Verdienst verlieren?! SüM Dies wohl auch aber die Hauptsache ist diesen Antomaten-Luders kann man nichts schuldig bleiben!

(Schlau.)Warum haben Sie gerade diese Wohnung gemietet?"In dem Hause wohnt ein Polizeibeamter, und da nimmt sich meine Frau wenn ich einmal spät nach Haus komme vor nächtlicher Ruhestörung in Acht."

Auflösung des Logogriphs in Nr. 11K.

Bleiche, Leiche, Eiche, Ich.

Richtig gelöst von Gotttieb Metzler von Calmbach in Munderkingen; Albert Gann in Conweiler; Gottlieb Kloz in Waldrennach.

Silbenrätsel.

al ber da el ker

no ra re teil sa

Zu suchen sind fünf dreisilbige Wörter, deren Anfangs- und Endsilben oben gegeben sind. Hat man die richtigen Wörter gefunden, so kann man sie so ordnen, daß ihre Mittelsilben den Namen einer Partei ergeben.

Telegramme.

Berlin, 29. Juli. Nach den Abendblättern werden die diesjährigen Kaisermanöver vom 6. bis 17. September in der Gegend von Loehne, Bückeburg und Detmold abgehalten werden.

Hamburg, 29. Juli. DieHamburg« Nachrichten" melden in ihrem heutigen Abendblam- Wir erfahren aus Friedrichsruh, daß Fürst Bis­marck gestern Abend an der Familientafel teilnahm Der Leibarzt des Altreichskanzlers, ProfM Schwenninger, ist gestern Abend wieder abzereN Zara (Dalmatien), 29. Juli. In Tnh wurden gestern und vorgestern wieder meh"r Erdstöße, darunter ein starker, verspürt. Madrid, 29. Juli. Mac Kinley geht

Grundsatz auf die Friedensverhandlungen ei '

es ist jedoch unbekannt, ans welcher Grund! g verhandelt werden soll.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.