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ZAeilcrge zu Mr. 118 des Anzthulers.

Neuenbürg, Samstag den 30. Juli 1898.

Aus Stadt Bezirk und Umgebung.

Am Sonntag 31. Juli wird ein außer­ordentlicher Personenzug von Pforzheim nach Wildbad und zurück ausgeführt:

Hinfahrt:

Pforzheim ab 1.05 nachm.

Wildbad an 2.00

Rückfahrt:

Wildbad ab 10.35 abends,

Pforzheim an 11.25

Herren alb, 29. Juli. Während am vorigen Sonntag eine Rastatter Militärkapelle auf dem Kurplatz ein Konzert gab, wird kommenden Sonntag (31. Juli) die Kapelle der Unteroffizier­schule Ettlingen (Kapellmeister Honrath) für musikalische Unterhaltung der Kurgäste und sonstigen Besucher Herrenalbs sorgen.

Neuenbürg, 30. Juli. (Schweinemarkt.) Dem heutigen Schweinemarkt wurden 60 St. Milchschweine zugeführt, welche zu 2128 das Paar sämtlich verkauft wurden.

Alten st eig , 27. Juli. Ueber den gestrigen Jahrmarkt im allgemeinen ist zu berichten, daß sich der Handel darauf so lebhaft wie noch selten auf einem der Märkte in den letzten Jahren ge­staltete. Die Zufuhr an Vieh aller Gattungen war eine sehr starke. Sehr lebhaft gehandelt wurde in Fettvieh. Badische und norddeutsche Händler kauften rasch die zu Markt gebrachten Mastochsen in größeren Partien auf und bezahlten Pro Ztr. lebend Gewicht 35 36 -/M Weniger lebhaft war der Handel in Zugstieren. Dagegen erfolgten im Handel mit Melkvieh und Rindern sehr viele Schläge. Die zahlreichen schönen Kühe und Kalbeln, welche von israelitischen Händlern ausgestellt worden waren, kauften Waldbauern zu guten Preisen rasch auf. Nach schönen Rindern von Vsl Jahr war ebenfalls starke Nachfrage, und wurden dafür hohe Preise bezahlt. Auf dem gleichfalls sehr stark befahrenen Schweinemarkt wurde alles verkauft; Milchschweine galten pro Paar 2035 Läufer 4590 -/ki

Für eia schönes Paar wurde sogar die Summe von NO ^ ausgelegt.

Deutsches Reich.

KaiserWilhelm steht am Ausgange seiner alljährlichen Erholungsreise nach dem skandinavischen Norden, die für ihn diesmal besonders genußreich verlaufen ist; in diesen Tagen gedenkt der Kaiser wieder in Kiel einzutreffcn, von wo aus er sich direkt zu seiner Familie nach Schloß Wilhelmshöhe bei Kassel begeben wird. Dringende Entscheidungen erwarten den hohen°Herrn bei der Heimkehr nach keiner Richtung, da eben in der gegenwärtigen hoch­sommerlichen Zeit keinerlei wichtigere politische Fragen in unserem Vaterlande schweben. Viel­leicht wird man aber nach der Wiederankunft oes kaiserlichen Herrn in der Heimat einer Kundgebung von zuständiger Berliner Seite aus m Sachen des bekannten lippe'schen Zwischen­falles entgegensehen dürfen, wenigstens wäre nne offizielle Berliner Auslassung über diese Angelegenheit, welche in der Tagespresse noch immer viel Staub aufwirbelt, gewiß wünschenswert.

Die Gerüchte von einer plötzlichen hochernsten Verschlimmerung im Befinden des Fürsten Bismarck haben in allen Kreisen des deutschen Volkes, in denen man dem greisen ^aumeister des Reiches noch ungeminderte Liebe, Dankbarkeit und Verehrung entgegenträgt, begreifliche Besorgnis und Beunruhigung her­vorgerufen, hieß es doch in Hamburg sogar, der Altreichskanzler sei bereits verschieden! Diese Gerüchte stellen sich als stark übertrieben heraus, wie auf Grund authentischer Nachrichten aus Fnedrichsruh festzustellen ist. Fürst Bismarck allerdings durch einen akuten Anfall seines ? ^ Schpenleidens aufs Lager geworfen worden,

hat sich inzwischen schon wieder eine wesentliche Besserung eingestellt, auch versichern die über

die Vorgänge in Schloß Friedrichsruh ja stets gut unterrichtetenHamb. Nachr.", daß der Zustand des Fürsten keinen Grund zur Be­unruhigung gewähre. Schließlich sei noch eine Mitteilung verzeichnet, wonach der wiederum am Krankenlager Bismarcks weilende Geheimrat Schwenuinger geäußert hat, er hoffe ganz bestimmt, daß Fürst Bismarck ein sehr hohes Alter erreichen werde. Die in Friedrichsruh eingetroffenen Söhne des Altreichskanzlers, die Grafen Herbert und Wilhelm, gedachten am Samstag wieder von dort abzureisen, was eben­falls als ein günstiges Zeichen zu betrachten sein würde.

Der von den amerikanischen und englischen Chauvinistenblättern so breitgetretene Zwischen­fall mit dem deutschen KreuzerIrene" in den Philippinengewässern erweist sich als gewaltig aufgebauscht. DieIrene" sollte auffallend Partei für die Spanier gegenüber den Aufständischen genommen haben, .diese angebliche Parteinahme beschränkt sich aber darauf, daß die Irene" eine Anzahl auf Isla Grande in der Subic-Bai in Not geratene spanische Frauen und Kinder abholte und in der Bai mit einem Dampfer der Insurgenten zusammentraf, der sich jedoch ohne Weiteres entfernte. Zu irgend­welchen Reklamationen von amerikanischer Seite hat der Vorgang nicht geführt.

DerReichsanzeiger" veröffentlicht den Abschluß des Reichs Haushaushalts für das Jahr 1897/98. Darnach belaufen sich im Ganzen die Ueberweisungen an die Einzel­staaten auf 433,1 Millionen oder 29 Millionen mehr, als im Etat vorgesehen war. An ordent­lichen Einnahmen, soweit sie dem Reiche ver­bleiben, sind im Vergleiche zu dem Vorjahre 63,1 Millionen mehr aufgekommen, wovon rund 274 000 zur Deckung des Mehrbedarfs bei den Ausgaben und 37,5 Millionen zur Ver­minderung der Reichsschulden verwendet sind, sodaß als Ueberschuß des Etatsjahrs 1897/98 ein Betrag von 25,3 Millionen verbleibt. Das am 31. März äbgelaufene Rechnungsjahr hat 37 i/s Millionen zur Tilgung der Reichsschuld ergeben, und das Jahr 1896/97 hat gar 50 Millionen für diesen Zweck zur Verfügung gestellt. Rechnet man hinzu, daß in beiden Jahren zusammen außerdem die Reichs-Haupt- kasse einen dem Reichsetat des laufenden und des nächsten Jahres zu gute kommenden Ileber- schuß von 54 Millionen Mark aufwies, so wird man nicht zweifelhaft darüber sein, daß die Finanzlage im Reiche ungewöhnlich gut ist. DieBerl. Pol. Nachr." glauben denn auch versichern zu dürfen, daß Steuer-Erhöhungen wegen des Flottengesetzes oder etwaiger neuer Militär-Forderungen nicht zu befürchten seien.

Das 9. deutsche Turnfest in Ham­burg ist am Mittwoch Abend durch die feierliche Verteilung von Eichenkränzen an 128 prokla­mierte Sieger wieder geschlossen worden. Um 9 '/2 Uhr bewegte sich dann ein großartiger Fackelzug, welcher 4000 Teilnehmer zählte, durch die Stadt, von den überall angesammelten dichten Zuschauermassen mit Begeisterung begrüßt. Das schöne Fest hat einen erhebenden, von keinem Zwischenfall getrübten, Verlauf genommen und sichtlich ein neues Band um die verschiedenen deutschen Stämme geschlungen, während es zugleich die hohe Entwicklung und Vervollkomm­nung der deutschen Turnkunst ins hellste Licht setzte.

Württemberg.

S tuttgart , 2 4. Juli. Es ist in Württem­berg lange und viel darüber geklagt worden, daß die Karriere der akademisch gebildeten Lehrer an Gelehrten- und Realschulen vielfach eine un­günstigere ist als diejenige der Beamten anderer Departements. Wie nun ein StuttgarterKorr.- Bur." aus Abgeordnetenkreisen erfährt, hat die Finanzkommission der 2. Kammer die auf Ver­besserung der Lage genannter Lehrerkategorien

gehende Regierungsvorlage erledigt. Es ist hier eine etwas andere Form der Aufbesserung gewählt worden, als bei der ebenfalls in Aussicht ge­nommenen Neuordnung der Beamtengehälter und Wohnungsgelder, nämlich diejenige der Alterszulagen, welche die Staatskasse ganz zu tragen hat. Damit wird natürlicherweise an dem in Württemberg geltenden Grundsatz der Unter­haltungspflicht der Gemeinden bezüglich der Schulen nichts geändert. Die Fristen für den Beginn der Alterszulagen werden von der erst­maligen definitiven Anstellung im Lehr- oder Kirchendienst an gerechnet. Ihre Dauer beträgt 5 Jahre und es beginnen die Zulagen für die unteren Lehrerkategorien nach dem 5., für die mittleren nach dem 10. u. für die oberen nach dem 15. Dienstjahre: sie betragen je 100 die erste Zulage bei der oberen Kategorie jedoch 200 ^ Bei den Elementarlehrern erreicht die Zulage nach 30 Jahren den Höchstbetrag von 600 bei den Präzeptoren, Reallehrern und Kollaboratoren 700 bei allen übrigen in Betracht kommenden Lehrern auch an den Seminaren 500 ^

Stuttgart, 25. Juli. Die seitens der Generaldirektion der württembergischen Staats­eisenbahn dargebotene günstige Gelegenheit, die 2. Kraft- und Arbeitsmaschinen-Aus- stellung in München zu einem /billigen Preise zu besuchen, wird schon jetzt von vielen Württem­bergs gerne benützt. Es werden nämlich gegenwärtig jeden Samstag (bis einschließlich den 8. Oktober) Fahrkarten ausgegeben, welche bei einfachem Fahrpreise zur Hin- und Rückreise innerhalb 10 Tagen berechtigen, nur müssen dieselben in der Ausstellung zur Ab­stempelung vorgezeigt werden. Was nun speziell unser engeres Vaterland anbelangt, so ist dasselbe auf der Ausstellung sehr ehrenvoll vertreten, was um so höher anzuschlagen ist, als man in unseren Tagen einerAusstellungsmüdigkeit" ihre Berechtigung nicht absprechen kann. Es haben sich über 30 Firmen aus Stuttgart, Aalen, Cannstatt, Eßlingen, Faurndau, Gmünd, Heil­bronn, Lorch, Ludwigsburg, Oberkirchen, Plieningen, Reutlingen, Rottenburg und Wasser­alfingen daran beteiligt.

Stuttgart, 28. Juli. Großes Aufsehen erregt hier sowohl als auch in Tübingen die erfolgte Abführung eines Feldwebels des 7. Reg. (3. Bat.) in den Untersuchungs-Arrest. Derselbe soll die den Mannschaften der Kompagnie an­läßlich der Versetzung von Tübingen nach Stuttgart zukommenden Verpflegungsgelder pro Mann 50 ch denselben nicht ausgefolgt haben. Der Feldwebel war überall beliebt und hat eine Dienstzeit von ca 17 Jahren.

Heidenheim, 28. Jnli. Der Mord im Walde bei Mergelstetten bildet noch immer das Tagesgespräch. Der in Hermaringen wohnhafte Schäfer mußte wieder entlassen werden, da er als unschuldig erfunden wurde. In Bolheim soll am Tage des Verbrechens ein Land streicher gesehen worden sein, der aus dem Walde gekommen ist und in der Brenz sich und seine Kleider ge­waschen hat.

Isny, 27. Jnli. Vorgestern Abend wurde an der Landstraße bei Schweinebach eine erwachsene Bauerntochter von einem vorüberfahrenden Landmann in bewußtlosem Zustande aufge­funden. Wie sich herausstellte, war das Mädchen beim Torfstechen von einer Kreuzotter ge­bissen worden und es traten schon alle Bergiftungs- erscheinungen bei ihr hervor. Jetzt ist der Zustand der Verunglückten, welche sich in einem hiesigen hiesigen Krankenhause befindet, etwas besser ge­worden.

Lorch(Württbg.) ,27. Juli. Das 4fizjährige Söhnchen des Werkmeisters Regele in Lorch fiel in einen mit siedendem Wasser gefüllten Zuber und verbrühte sich derart, daß es nach wenigen Stunden unter qualvollen Schmerzen starb.