der beiden befreundeten Nachbarstaaten. Nachdem man in Frauenalb eine Erfrischung eingenommen hatte, wurde die Rückfahrt angetreten, wobei besonders die zahlreich anwesenden Kurgäste der letzten Post im Albthal ihre Grüße sandten.
„So leb' denn wohl, du Post im Thal!
Wir grüßen dich zum letztenmal."-
Für diese Woche ist noch eine offizielle Eröffnungsfeierlichkeit geplant, über welche näherer Bericht folgt.
Nagold, 2. Juli. Gestern war hier eine Kommission der Kgl. Regierung wegen Ankauf eines Platzes, auf welchem das neue Gebäude der Kgl. Taubstummenanstalt zu stehen kommen soll: es wurde ein Platz unterhalb des Kgl. Seminargebäudes ausgewählt.
Deutsches Weich.
Zn den Reichs tags Wahlen kommen noch allerlei Nachklänge hinterher, wie solche z. B. durch die schon jetzt vielfach vorliegenden Wahlproteste dargestellt werden. Jedenfalls wird die Wahlprüfungskommission des neuen Reichstages einen Teil dieser Proteste aä netn legen, immerhin dürften von ihnen noch genug übrig bleiben, um einer ganzen Reihe von Wahlkreisen die Aussicht auf eine anderweitige Wahl infolge Ungiltigkeitserklärung der Wahl des am 16. Juni oder in der Stichwahl gewählten Abgeordneten zu eröffnen. Im klebrigen kommen noch immer verschiedene Berichtigungen des Wahlresultates nach; u. A. stellt es sich heraus, daß im oberbayerischen Wahlkreise Wasserburg nicht der offizielle Zentrumskandidat Huber gewählt worden ist, wie es zuerst hieß, sondern sein Stichwahlgegner, der Bauernbündler Lanzinger. Ueberhaupt wird sich die Kopfzahl der einzelnen Reichstagsfraktionen und Reichstagsgruppen erst nach dem Zusammentritt des neugewählten Parlaments genau feststellen lassen, einstweilen werden nicht wenige der neuen Reichsboten bald dieser, bald jener politischen Richtung zugerechnet. Im Großen und Ganzen ist es jedoch in Bezug aus seine Politische Zusammensetzung so ziemlich Alles beim Alten geblieben.
Straß bürg i. E., 28. Juni. Die vor dem Kronenburgerthor gelegene Mittelhausbergerstraße war diese Nacht der Schauplatz eines grauenhaften Verbrechens. Drei Arbeiter, welche sich heute früh in die Stadt zur Arbeit begeben wollten, wurden zahlreiche, am Wegrande befindliche, frische Blutspuren gewahr, welche — in Verbindung mit aufgewühltem Erdreich bekundeten, daß hier etwas Außergewöhnliches, Entsetzliches vorgegangen. Die Spuren führten aus ein direkt an der Straße anstoßendes Feld, m dessen Mitte sich ein frisch aufgerissener Erdhaufen befand, aus welchem ein Ende weißen ^uchcs hervorsah. Dicht unter der Erdoberfläche befand sich das unglückliche Opfer einer tierischen Bestialität, ein etwa 20jähriges Mädchen mit durchstoßener Kehle, herausgerissencm Auge ww ausgeschlitztem Leib. Indessen die Kriminalpolizei herbeigehokt wurde, verbreitete sich die Kunde von der Blutthat blitzschnell, und bald drängte sich um die Stätte des Verbrechens in hochper Erregung ein zahlreiches Publikum, welches w der Leiche die^ 19jährige Tochter des in der Mittelhausbergerstraße wohnhaften Drvschken- uffchers Laubacher erkauntc, sie war als sehr rav^ Mädchen bekannt. Die Ermordete war ^ ihrer Schwester in Bclfort gewesen
und sollte schon gestern zurückkommen. Ihr Vater hatte bei jedem Zuge am Bahnhofe sie abholen ollen. Das Unglück wollte, daß sie erst in der ki Ä! i Uhr 17 Min. hier eintras. Droschken- l icher wollten sie nach Hause fahren; sie lehnte dankend das Anerbieten ab. „Sic fürchte m cr-'" Einte sie. Der vor dem Kronen.
dienstthuende Oktroibeamte fragte Wochen auch, ob es es wagen wollte, allein nioÄ, - zu wandern. Das Haserfeld, durch ali,, Leiche geschleppt worden ist, wurde
gemäht, weil mau das Messer suchen mußte, wurde ein Käfig mit einem Kanarienvogel tnl»"n^dku das arme Mädchen mit aus Bel- Anck ^sser wuroe nicht gefunden.
a„Ek ^ Reisetasche wurde in dem Haferstück lg funden. Dieselbe war ausgeschnitten und
der Inhalt zerstreut worden. Die einzelnen Teile fand inan im Felde. Das Portemonnaie wurde im Felde an einer Erbsenstaude aufgefunden und zwar entleert. Die Leiche trug Handschuhe. An der rechten Hand waren diese durchschnitten, ein Zeichen, daß sich die Arme gewehrt und um ihr Leben gekämpft hat. Die Beerdigung des unglücklichen Mädchens, das aus Kronenburg bei Straßburg stammt, fand unter größter Teilnahme statt. Jede Familie Kronenburgs hatte einen der Ihrigen abgesandt, um der Ermordeten das letzte Geleite zu geben. Die Musikkapelle von Kronenburg eröffnete Trauermärsche spielend, den großen aus etwa 2000 Personen bestehenden Leichenzug. Der Sarg war über und über mit Blumen- spenden bedeckt. Hinter dem Sarg schritt der gebrochene 70jährige Vater, sowie der Verlobte der Ermordeten in Soldatenkleidnng. — Das Scheusal, das den Mord verübt, ist nun inzwischen durch die Kriminalpolizei entdeckt worden. Er ist der 32 Jahre alte Arbeiter Jakob Gier aus Hülzheim in der Pfalz. In der Wohnung des Gier wurden blutbefleckte Kleider, sowie Geldstücke und andere der Laubacher gehörige Gegenstände gefunden. Gier, der auch von der Staatsanwaltschaft in Saargemünd und Saarbrücken wegen Bedrohung und schweren Diebstahls verfolgt wird, leugnet die That hartnäckig. Der Ring der Beweise gegen den des Mordes verdächtigen Jakob Gier hat sich aber derart geschlossen, daß mit Sicherheit anzunehmen ist, daß Gier der scheußliche Mörder ist. Der Alibibeweis ist ihm vollständig mißglückt. In der Hoffnung, daß die Person, mit welcher er vor dem Morde verkehrte, von der Polizei nicht ausfindig gemacht werden würde, hat er angegeben, er habe sich mit dieser Frauensperson in der Mordnacht Herumgetrieben. Diese Frauensperson ist aber ausfindig gemacht und sistiert worden. Dieselbe sagt das Gegenteil aus. Jetzt wo der Mörder sieht, daß sein Leugnen nichts nützt, spielt er den sogenannten „Wilden Mann", er simuliert Wahnsinn!
Aus Baden, 30. Juni. Dem Besuch der Abgeordneten in das Hintere Murgthal wohnte bis Forbach auch der Präsident der Ersten Kammer, Prinz. Karl von Baden, an. Die Ortschaften bekundeten lebhaft ihre Teilnahme an dem Besuch, den sie als eine Praktische Förderung der so lange ersehnten Bahnverbindung Wohl mit Recht ausfassen.
Vom Kaise r st u h l. Die Blüte der Reben hat allenthalben begonnen und wird in einigen Tagen beendet sein. Die Samen sind zahlreich und gesund, so daß man vorerst bei anhaltend gutem Wetter aus einen quantitativ guten Herbst hoffen kann. Das Spritzen wurde dieses Jahr von jedem Rebbesitzer gründlich besorgt, was vor 2—3 Jahren nicht gesagt werden konnte.
Vom Odenswald, 1. Juli. Die unreifen Nüsse werden zur Zeit zu hohen Preisen (das Hundert 50 Pfg.) angckauft, um in Konservenfabriken Verwendung zu finden. Leider ist die Ernte keine gute.
Württemberg.
Stuttgart, I.Juli. Unter der Ueberschrift: „Was anständigen Mädchen in Stuttgart passieren kann," berichtet der „Beobachter" über einen peinlichen Vorfall, der sich am 2. Juni, abends 7 Uhr, zugetragen hat. Zwei junge Damen, Töchter eines angesehenen Beamten, wurden auf die Denunziation eines jungen Menschen hin aus der Straße sistiert und nach dem Polizeiamt gebracht. Der jüngeren Dame wurde vorgehalten, sie stehe unter dem Verdachte, dem Denunzianten nachts auf dessen Zimmer sein Portemonnaie mit 30 Mk. entwendet zu haben. Der in der Nähe wohnende Vater wurde auf's Polizeiamt geholt und konnte endlich mit seiner schmählich beschuldigten Tochter heimkchrcn. Inzwischen hat der Denunziant seinen Irrtum Angesehen und den Vater brieflich um Entschuldigung § gebeten.
Heilbronn, 2. Juli. Seit gestern Abend ist die Wirtschaft zur „Rose", Quartier der Sozialdemokratie, welche seit der Nacht vom 24. bis 25. v. Mts. obrigkeitlich geschlossen war, wieder geöffnet.
Wangen i. Allgäu. Von der Landjägermannschaft wurde eine Zigeunerbande aufgegriffen, welche einen verwitweten Bauern in Doberats- Hosen-Achberg (preuß. Enklave), mit der Vorspiegelung, die verstorbene Frau aus dem Fegfeuer zu erlösen und verschiedene bevorstehende Leiden von den Hinterbliebenen abzuwenden, bewog, ein Handgeld v. 160 Mk. zur Lesung von Messen im Kloster Einsiedeln auszuhändigen. Auf das weitere Ansinnen, um die Kleinigkeit von 500 Mk. einen vergrabenen Schatz im Keller heben zu lassen, ging der Mann nicht ein; er scheint sich noch rechtzeitig eines Besseren besonnen zu h aben .
Ausland.
Wien, 2. Juli. Der „Neuen Fr. Presse" wird aus Stryj in Galizien berichtet: In vergangener Nacht wurde die Stadt durch einen Sturm fast ganz verwüstet. In einer Kaserne tötete ein Blitzschlag drei Infanteristen und verletzte viele Soldaten. Das Getreide auf den Feldern ist verwüstet, die Landwehrbaracken sind zerstört. Der Schaden ist sehr bedeutend.
Das neue französische Kabinet hat sich der Deputierten-Kammer vorgestellt und hat durch seinen Präsidenten Brisson sein Programm entwickelt. Es hat einen entschiedenen Erfolg erzielt, denn es wurde eine Tagesordnung, welche die Erklärungen der Regierung billigt, mit 316 gegen 230, also mit einer Mehrheit von 86 Stimmen angenommen. Besonderen Beifall erzielte die aus die Dreyfus-Angelegenheit bezügliche Erklärung des Kriegsminffters Cavaignac, das gesamte Kabinet sei entschlossen, den großen nationalen Interessen Achtung zu verschaffen.
Die erste niederländische Kammer hat mit 32 gegen 13 Stimmen den Gesetzentwurf über die persönliche Militärdienstpflicht angenommen.
Aus Rußland ist in neuerer Zeit wiederholt von großen Arbeiter - Ausständen berichtet worden. Ein besonders großer Streik, bei dem es leider schon zu Ausschreitungen gekommen ist, herrscht augenblicklich in zahlreichen Eisenwerken in verschiedenen Gouvernements des Zarenreichs. Im Ganzen streiken 22 000 Arbeiter.
New-Äjork, 2. Juli. Wie eine Depesche aus Siboney von gestern meldet, begann nach einem 5stündigen Kamps zwischen 3 und 4 Uhr nachmittags der Rückzug der Spanier in ihre Berschanzungen in die Stadt. Biele verwundete amerikanische Soldaten wurden aus der Gefechtslinie zurückgebracht.
Der Angriff auf Santiago hat begonnen. Aus der ganzen Linie tobte ein erbitterter Kainpf. Die amerikanische Flotte bombardierte das Fort Morro und die andern Forts am Eingang des Hafens von Santiago. Die spanische Flotte feuerte auf die amerikanischen Truppen, die schon ganz nahe an die Stadt herangckommen waren. - Eine im spanischen Kriegsministerium Angegangene Depesche meldet, daß das Geschwader Samaras sich zur Zeit auf der Fahrt durch den Suez-Kanal befindet. Auf eine Frage über die Gerüchte wegen der Friedensverhandlungen erklärte der Ministerpräsident Sagasta wiederholt, daß derartige Gerüchte lächerlich seien.
Die Pforte wird der Kriegs e n t- schädigungsgelder, die sie von Griechenland vertragsmäßig bekommt, nicht recht froh. Frankreich Ivie Italien haben jetzt in diplomatischen Noten, die sie der Pforte zugehen ließen, Schadenersatz für die Schädigungen verlangt, welche ihre Unterthaiien in der Türkei und in Kleinasien bei den armenischen Unruhen erlitten, und zwar fordert Frankreich 1500000 Fr., Italien 400000 Fr. Hierbei hat Frankreich zugleich die Drohung ausgesprochen, es würde aus die letzte Rate der griechischen Kriegsentschädigung Beschlag legen, wenn seine Forderungen nicht bis zum 10. Juli befriedigt sein sollten. Eine Antwort der Pforte auf diese Noten Frankreichs und Italiens scheint noch nicht erfolgt zu sein, dagegen wird aus Konstantiuopel gemeldet, daß der Sultan befohlen habe, 100000 Pfund vom Betrage der griechischen Kriegsentschädigung den notleidenden Muselmanen aus Kreta zu überweisen.