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Württemberg.
Tübingen, 19. April. Wie verlautet, erklärte Kammerpräsident Payer aus Gesundheitsrücksichten im VI. Wahlkreis für den Reichstag nicht mehr kandidieren zu können.
Als Kandidaten zur Reichstag s- wahl sind von der Sozialdemokratie für die württ. Wahlkreise nominiert: 1. Kreis Kloß, 2. Kreis Tauscher, 3. Kreis Kittler, 4. Kreis Proß, 5. Kreis Schlegel. 6. Kreis Hermann. 7. Kreis Wasner, 8. Kreis Reichel, 9. Kreis Hildenbrand. 10. Kreis Klaus, 11. Kreis Seytter, 12. Kreis Röhrle, 13. Kreis Selmayer, 14 Kreis Dietrich. 15. Kreis Leikhardt, 16. und 17. Wahlkreis Bronnenmayer.
Stuttgarter Pferdemarkt am 18. und 19. April. Bis heute (Montag) Vormittag 10 Uhr sind dem offenen Markt auf dem Gewerbehaüevorplatz und auf dem Platz vor der Garnisonskirche r. 806 Pferde zugesührt worden; 125 Pferde stehen in den städtischen Stallungen, r. 150 Pferde in Privatstallungen (Zirkus u. s. w.). Die gesundheitliche Visitation der Tiere ergab keinen Anstand. Diesjährig werden wieder 25 Pferde als Gewinnste für die Lotterie angekauft. Der Ankauf von Land-, Arbeits- und Luxuspferden fand heute Vormittag statt.
Um die Stadtschultheißen stelle in Reutlingen bewerben sich: Amtmann Binder in Reutlingen, Stadtschultheiß-namtsfikretär Hepp in Stuttgart, Rcgierungsass.sfor Friede! in Stuttgart, Rechtsanwalt K Knapp in Reutlingen. Amtmann K. Weber in Neresheim.
Saulgau, 16. April. Das auf 24. Juli anberaumte oberschwäbische Gauturnfest ist wegen des in dieser Zeit stattfindenden 9. deutschen Turnfestes auf 10. Juli ds. Js. verlegt worden.
Tübingen, 19. April. Ein 17 Jahre altes Mädchen aus Stuttgart hat sich heute früh in selbstmörderischer Absicht eine Kugel durch den Kopf geschossen. Die Unglückliche dürfte kaum mit dem Lebern davon kommen. Dieselbe war seit 2 Tagen bei Verwandten hier zu Besuch. (S. M.)
In Münster a. N. traf ein Rekrut, der im Uebermut mit einem Stein nach einem Kameraden warf, ein spielendes Kind so unglücklich an die Stirne, daß dasselbe gestorben ist.
In Reuthin (OA. Nagold) wurden einem Knaben beim Spielen mit einer gefundenen Patrone beide Augen so schwer verletzt, daß das eine bereits herausgenommen werden mußte und das andere wahrscheinlich auch verloren ist.
Stuttgart. fLandesproduktenbörse. Bericht vom 18. April von dem Vorstand Fritz Kreglinger.) Sowohl Amerika als auch Rußland erhöhte im Wochen- verlaus die Weizenpreise wesentlich und kann die Tendenz als sehr fest bezeichnet werden. Der Bedarf ist groß und die Vorräte recht knapp. Die Landmärkte sind durchgehends höher bei schwacher Zufuhr. — Mehlpreise per 100 Kilogr. inkl. Sack: Mehl Nr. 0: SS bis 36 Nr. 1: 33 ^ bis
34 «k — ^z, Nr. 2: 31 -k so 4 , bis 32 50 Nr. 3:
30 ^ bis 30 so Nr. 4: 26 »« — ^ bis
26 »kt SO »t. Suppengries 35 50 ^ bis 36 »kt 50
Kleie 8 70
Ausland.
Paris, 18 April. Nach einer Meldung des „Petit Journal" gab Zola dem Staatsanwalt von Versailles bekannt, daß er als Zeugen auch Alfred Dreyfus, den Gefangenen auf der Teufelsinsel, vorlade.
Der französische Ministerpräsident Mel ine hielt am Sonntag vor seinen Wähler in Re- mirämont eine politische Rede, die ersichtlich auf die bevorstehenden Parlamentsncuwahlen zugespitzt war. Er rechtfertigte die Gesamtpolitik des von ihm geleiteten Kabinets, wobei er natür- lich nicht verfehlte, auf die zu Stande gekommene Allianz zwischen Frankreich und Rußland hin zuweisen und hob die Erfolge Frankreichs in Tunis, Madagascar und China hervor. Bei Erörterung der inneren Politik betonte Meline, seine Politik sei eine solche praktischer Reformen, gemäß den Grundsätzen Gambettas und Ferry's.
Im belgischen Senate hat Senator Simoni den Antrag eingcbracht. die deutsche Sprache als dritte otfiz'öse Sprache in Belgien einzusühren und ihr denselben Platz in den öffentlichen Aktenstücken cinzuräumen, wie der französischen und vlämischen Sprache.
Antwerpen, 17. April. Hier ist telegraphisch die Nachricht eingetroffen, daß die Regierung der Vereinigten Staaten der American Linie, welche den Verkehr zwischen Southampton und New Jork vermittelt, die 4 Schnelldampfer St. Paul, St. Louis, Paris und New Dar! abgekauft hat, was zur Folge haben wird, daß die Schnellfahrten jener Linie einstweilen vollständig eingestellt werden. Allgemein wird Hierselbst das Ankäufen dieser Schiffe durch die amerikanische Regierung als ein sicherer Beweis dafür aufgefaßt, daß die letztere zu dem Kriege mit Spanien fest entschlossen ist.
Der amerikanische Senat hat nun ebenfalls gesprochen. Er hat dem bekannten Bericht der Kommission zugestimmt, der bezüg lich des Maine-Unglücks erklärt: die Kommission sei der Ansicht, daß die Vernichtung der „Maine" den spanischen Behörden zuzuschreiben sei, und daß sie möglich geworden ist durch die schwerwiegende Nachlässigkeit derselben, so daß diese Nachlässigkeit einem thätlichen Akte gleichkommt. Wenn Spanien in der Aktion der Vereinigten Staaten einen Grund zum Kriege sehe, so werde dies Er- gebnis von dem amerikanischen Volke, das von der Gerechtigkeit seiner Aktion überzeugt sei, angenommen werden. Ferner nahm der Senat einen von Turpie beantragten Zusatz an, wonach die Anerkennung der kubanischen Republik ausgesprochen wird. Das Repräsentantenhaus wird Montag über die Resolution des Senats mit den dazu angenommenen Zusatzanträgen beraten.
Washington, 18. April. Das Abgeordnetenhaus nahm mit 179 gegen 155 Stimmen den Antrag Dingley an. der die Zustimmung des Hauses zu den Resolutionen des Senates ausspricht. mit einem Amendement, wodurch die Klausel zu Gunsten der Anerkennung der kubanischen Republik gestrichen, die Worte: Kuba soll frei sein, aber beibehalten werden. Das Haus sandte darauf die Resolutionen an den Senat zurück mit der Bitte um eine gemeinsame Aus- schußsitzung.
Washington, 18. April. Der Senat lehnte das von dem Abgeordnetenhaus zu der Scnatsresolution angenommene Amendement ab und verwarf mit 43 gegen 34 Stimmen den Vorschlag eine gemeinsame Konferenz mit der Kammer zu halten.
Washington, 18. April. Das Abgeordnetenhaus schloß sich nicht der Senaisresolution an, worauf ein Ausschuß beider Häuser zusammentrat. Derselbe erzielte keine Einigung. Der Senat lehnte darauf mit 40 gegen 39 Summen den Antrag ab. andere Delegierte für eine neue Konferenz zu ernennen.
Washington, 19 April. Die Mitglieder des gemeinsamen Ausschusses nahmen um 1 Uhr morgens die Entschließung des Senats an, ausgenommen die Anerkennung der Unabhängigkeit der kubanischen Regierung. Der Senat genehmigte hierauf mit 42 gegen 35 Stimmen, das Repräsentantenhaus mit 210 gegen 6 St. den bezüglichen Bericht. Damit ist die vom Präsidenten Mac Kinley gewünschte Vollmacht zum Vorgehen gegen Spanien erteilt worden, ohne daß die sogenannte gegenwärtige kubanische Republik für die Bereinigten Staaten vorhanden ist. Die Vereinigten Staaten haben nun in ziemlich sicher zu erwartenden Krieg vollkommen freie Hand.
Washington» 19. April. Dem Vernehmen nach soll ein Gesetzentwurf vorbereitet werden, durch den dem Präsidenten 200000 Mann zur Verfügung gestellt werden.
In Madrid fanden am Samstag und Sonntag wieder stundenlange Sitzungen des Ministerrates statt, in denselben soll alles Nötige in Hinblick auf den nun wohl unvermeidlich gewordenen Ausbruch des Krieges mit Nord amerika angeordnet worden sein. Im Lande nehmen die feindseligen Demonstrationen gegen Amerika ihren Fortgang. Angeblich haben die Großmächte der Unionregierung vertraulich zu verstehen gegeben, daß die llnionsflotte die spanischen Küsten nicht blokiren dürfe.
Don Carlos hat ein Mimtest erlassen in welchem er seine Anhänger beschwört, für
Spanien gegen das Ausland zu kämpfen; jeder Carlist, welcher das nicht thue, sei ein Verräter.
Die Bildung von zwei neuen russischen Schützenregimentern für Ostasien ist durch einen Mas des Zaren angeordnet worden. Der Kommandant des russischen Truppentransport- schiffes „Saratow", welches die erste russische Besatzung nach Port Arthur brachte, erhielt Be- fehl, ein weiteres Truppen-Detachement dorthin zu befördern.
Kairo, 18 . April. Die Operationen gegen die Derwische sind bis gegen Ende Juli eingestellt.
Vermischtes.
Den Hauptgewinn der Roten Kreuz. Lotterie im Werte von 55 000 Mk. gewann der Zlgarrenfabrikant Joseph Reisch in Zabrze. Dieser hatte das GlücksloS vorher an den Malergehilfen Miegel weiterverkauft. Zwei Tage nach der Ziehung, als Reisch bereits wußte, daß der Hauptgewinn auf sein früheres Los gefallen sei, erschien Miegel zufällig bei Reisch, um sich Zigarren zu kaufen. Hierbei erzählte der glückliche Gewinner, die Ziehung sei wiederholt verlegt und es müßten daher die alten Lose eingesandt werden. Er ersuchte deshalb den Miegel um Herausgabe des ihm seinerzeit verkauften Loses. Dieser ging auch hierauf ein, erhielt als Deckung ein Los der Metzer Dombau-Lotterie und außerdem eine Quittung über zurückgezahlte 3 Mk. 35 Psg. Der Zigarrenfabrikant verkaufte nun das Los an die Firma Sleinitz in Laurahütte für den Barbetrag von 40 500 Mk. Wenige Tage später erfuhr der Betrogene zufällig, daß das Los mit dem Haupttreffer gezogen sei, und forderte deshalb von Reisch die Auszahlung dieses Gewinnes. Dieser suchte ihn zu beschwichtigen und zahlte ihm schließlich 7000 Mk. aus. Da sich jedoch jetzt auch der Vormund des Maler- gehilfen in's Mittel legte, zahlte er weitere 33 000 Mk. an Miegel. Das eigenartige „Geschäft" kam aber bald daraus der Behörde zu Ohren, welche die Anklage erhob. Die Strafkammer zu Gleiwitz verurteilte nun Reisch wegen dieses raffinierten Betruges zu einem Jahr Gefängnis uno 500 Mark Geldstrafe dei sofortiger Verhaftung.
Der Professor der altindijchen Philologie und Altertumskunde an der Wiener Universität, Hofrat Dr. Georg Bühler, ist am 7. April bei einer Kahnfahrt auf dem Bodensee nächst Rorschach ertrunken. Die Leiche konnte bisher nicht geborgen werden. Bühler stammt aus Hannover und ist 61 Jahre alt.
(Fatales Versehen.) Freund: „... Was, nicht ein Kranz wurde dir zu deinem Benefiz überreicht?" — Schauspieler: „Ja! Denke dir nur, der dumme Kerl von einem Gärtner hat mir meine Kränze gleich direkt in die Wohnung geschickt!"
Telegramme.
Madrid, 20. April. Die Agencia Fabro meldet: In der heutigen Versammlung der Mehrheit beider Kammern sagte Sagasta, der Augenblick sei so ernst, daß Thatcn, nicht Worte nötig seren. Mit Verleumdung suche man die glorreiche Geschichte Spaniens zu beschmutzen. Spanien that alles, was möglich war, was die Ehre und die Integrität des Vaterlandes erlaubte, um den Krieg zu vermeiden. Jetzt gedenke man die Ehre Spaniens zu verletzen und sein Gebiet zu bedrohen. Das würden die Spanier niemals zulasten. Spanien werde sich kein Stück seines Gebietes nehmen noch als Handelsgegeustand dienen lassen. (Begeisterten Beifall )
W a s h i n g t o n, 20. April. Der Ministerrat beschloß, ein Ultimatum zu retigieren. Wegen der Spanien zu gewährenden Frist ergaben sich jedoch Meinungsverschiedenheiten, einige Minister waren für 24, andere für 48 Stunden, Mae Kinley für 3 Tage. Die Frage bleibt offen vis zur Nachmittagssitzung. Mac Kinley wird morgen Vormittag die Resolutionen und das Ultimatum unterzeichnen.
Mit einer Beilage.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg