-vstand.
Die französische Regierung will nun, laut einer Meldung des „Echo de Paris," davon endgiltig absehen, eine neue Auflage des Zola- Prozesses zu veranstalten; Herr Mcline wird in der Thal weise handeln, wenn er die Zola- Nffaire nicht weiter mehr aufrühren läßt. Was die Enthüllungen des „Sitzcle" über den viel' genannten Major Esterhazy anbelangt, wonach derselbe jahrelang Spionendienste beim deutschen Militärattache in Paris, Oberst Schwarzkoppen verrichtet haben soll, so kann man diese „olle Kamellen" wohl auf sich beruhen lassen; es ist ja längst festgestellt, daß man von amtlicher deutscher Seite nicht das Geringste mit dem ganzen Dreyfus-Esterhazy-Handel zu thnn gehabt hat.
Aus Shanghai verlautet, Frankreich habe in den letzten Tagen sämtliche China abverlangten Kompensationen erreicht. Der Inhalt derselben ist angeblich folgender: Nichtentäußerung irgend eines Teils von Kwangtung, Kwangsi und Jünnan, Bau einer Bahn nach Jünnanfu, Verpachtung einer Kohlenstation, Anstellung eines Franzosen als Direktor der kaiserlichen Posten.
Aus Sofia wird ein in den Grenzen des Versuchs gebliebenes Eisenbahn - Attentat gegen den Fürsten Ferdinand von Bulgarien gemeldet. Am Abend des 26. März d. Is. revidierte der Vorst-her der Station Sesteimo, welche der Ocienttxprcßzug mit dem Salonwagen des Fürsten Ferdinand bald darauf passieren sollte, die Durchgangsgeleise und fand hierbei die EinfahrtSweiche derart mit Steinen angefüllt, daß hierdurch der Zug wahrscheinlich zur Entgleisung gebracht worden wäre. Das Hindernis wurde schleunigst weggeräumt und der mit 40 Minuten Verspätung eintr-finde Orientexprcßzug konnte die Stelle ungefährdet passieren. Als Thäter wurde ein junger Bauer ermittelt und der Behörde in Tatar Bazardschik übergeben. Ob dem ganzen Vorfall eine größere politische Bedeutung zukommt, wird wohl die einzuleitende Untersuchung ergeben. An der kretischen Frage soll in einer neuen Weise herumgedoktert werden. Die fremden Admirale vor Kreta würden, wie es heißt, Vollmachten er- halten, um mit den hervorragendsten Mitgliedern der kretischen National-Versammlung über die Einführung einer gemeinsamen Verwaltung aus Kreta zu unterhandeln.
Die spanisch-amerikanische Krisis zeigt augenblicklich wieder ein etwas günstigeres Aussehen. Präsident Mac Kinlry hat die Einbringung seiner entscheidenden Botschaft an den amerikanischen Kongreß abermals verschoben, und zwar bis nächsten Montag. In Madrider diplomatischen Kreisen, wo man die Lage sogar als zufriedenstellend betrachtet, verlautet, Mac Kinley werde nach Vorlesung seiner Botschaft im Kongreß erklären, er wünsche den Frühen unter der Voraussetzung, daß die Feindseligkeiten auf Cuba aufhörlen. Die Botschafter Deutschlands, Oesterreichs, Englands, Frankreichs und Italiens boten der Unionsregierung in einer gemeinsamen Note ihre guten Dienste zur Verhinderung des Krieges an Kaiser Franz Josef soll den Plan einer internationalen Konferenz zur Beilegung des spanisch-amerikanischen Konflikts angeregt haben. Lange kann aber die jetzige Ungewißheit über den Ausgang desselben jedenfalls nicht mehr andauern
Hinterhaltender Teil.
Das Rätsel in Marmor.
Original-Novelle von Gustav Höcker.
(Nachdruck verboten).
I.
Durch die verschlungenen Gänge eines der Friedhöfe der Residenz wandelte an einem Spät- Nachmittage im August 1855 langsamen Schrittes ein hoch und kräftig gewachsener Herr. Seine Grsichlszüge waren geistig belebt und von edlem Ausdruck, aber ein tiefer Ernst breitete sich darüber. Er trug das dunkelbraune Haar ganz kurz geschoren und auch der Vollbarl, den ein dunkler Schein auf Wangen und Kinn andeutete,
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war glatt rasiert, beides wahrscheinlich mit Rück- sicht auf die heiße, Jahreszeit.
Er mochte wohl fremd in diesen Wohnungen des Friedens sein, denn wo sich die Wege kreuzten, blieb er unschlüssig stehen, zweifelhaft über die Richtung, die er einschlagen sollte Plötzlich verfiel er aus seinem gemessenen Schritte in etwas raschere Gangart, als galt es einem besonderen Ziele. Er hatte von Weitem ein Monument und dabei ein Quadrat von Gräbern entdeckt, die durch ihre Schlichtheit und Gleichiörmigkeit auffielen. Es giebt auf vielen Friedhöfen solche Hügelreihen, deren stumme Bewohner in gemeinschaftlichem Unglück den Tod fanden, sei es durch eine verheerende Seuche, eine Sturmfluth oder einen furchtbaren Brand, der Massen von Menschenleben forderte. Auch die hier Begrabenen, welche der fremde Mann gesucht und endlich auch gefunden hatte, waren einen gemeinschaftlichen Tod gestorben. Sie alle hauchten ihr Leben für die Freiheit aus; viele im unklaren Jugenddrange nach einem Ideale; manche mit der klaren Erkenntnis eines erreichbaren Zieles. Es waren die gefallenen Freiheitskämpfer des Dresdener Maiaufstandes von 1849.
Der Fremde schritt durch die Hügelreihen, und wo eine Inschrift den Namen des Toten nannte, beugte er sich herab, um sie zu lesen. Zuweilen sann er nach und nickte dann leise mit dem Haupte, als sei ihm der Name wohl- bekannt. Die Gräber entbehrten meist des Schmuckes; die Kränze, die darauf lagen oder auf den Kreuzen hingen, waren längst verwelkt. Nur von einem der Hügel hob sich ein farbiger Kranz ab, der erst vor wenigen Tagen von liebender Hand hier niedergelegt sein konnte. Auch ein marmorner Denkstein mit einem Kreuze zeichnete das Grab vor vielen anderen aus. Zwei verschlungene Hände waren in den Marmor cingemeißelt und darunter las der fremde Kirch- hofsbesucher folgende Inschrift:
„Wohl mag menschliches Irren die Herzen trennen. Und für trüglichen Schein kämpft sich der Wand'rer in's
Grab.
Doch die Treue harrt aus und blickt hoffend hinüber, Wo vor dem himmlischen Lichte die Binde herabsinkt Und, was entzweit war, zu ewigem Bunde sich eint."
Ueber den beiden verschlungenen Händen standen noch einige Worte und Ziffern. Kaum hatte der Fremde auch diese gelesen, als er, von einem Schwindel ersaßt, mehrere Schritte zurück- taumelte. Rasch erholte er sich jedoch wieder von seiner seltsamen Erschütterung. Unmöglich konnte er richtig gesehen haben; sein Auge hatte ihn wohl getäuscht. Er trat wieder näher, um sich nach dem Steine herabzubücken und aufs neue zu lesen. Aber so genau er auch jeden Buchstaben, jede Zahl betrachtete, nach wie vor lautete die Inschrift:
Wolfgang Ritter.
Geboren am 14. August 1827 zu Leipzig, f 9. Mai 1849.
Welche geheime Macht besaßen diese schlichten Daten, daß sie den Lesenden so tief ergriffen? Nannten sie den Namen seines teuersten Freundes, wohl gar eines geliebten Bruders, den er noch unter den Lebenden geglaubt und unerwartet unter den Toten fand? Sein Auge blieb trocken, der Ausdruck seiner Züge war nicht der erner schmerzlichen Ueberraschung. Eher war es Schrecken, was ihn bannte, und wie er die gefalteten Hände fest zusammengepreßt hielt und dabei ungläubig mit dem Kopfe schüttelte, schien es zugleich, als ob er es mit etwas Unbegreiflichem, ja Unmöglichem zu thun habe. Und so war es auch, denn die kurze Kunde von Beginn und Erlöschen eines Menschendaseins, deren vertiefte Schriftzüge im Purpurschein der sinkenden Sonne mit scharfen schattigen Rändern vor seinen Augen standen, behauptete nichts Geringeres, als daß er selbst unter diesem Hügel begraben liege. Der Zufall war nicht denkbar, daß diese Namen und Daten auch aus einen Anderen stimmen konnten. Bor- und Zuname, Geburtstag und Heimat — Alles traf auf's Genaueste zu, und der 9. Mai 1849, der hier als sein Todestag bezeichnet wurde, war für ihn ein Tag verhängnisvoller Erinnerung, von dem eine neue Wendung seines Lebens ausging.
Damit er uns aber kein Fremdling bleibe mit dem ein bloßer Zufall uns zusammengeführt hat. möge jetzt seine Vergangenheit an uns vorüberziehen, dis uns der Gang der Begebenheiten an die Stelle zurückführl, an der wir ihn seinem Sinnen und Grübeln überlassen müssen (Fortsetzung folgt.)
(Die Mustkdirigenten der Garde Infanterie. Regimenter) haben bereits die neue Uniform angelegt. Die Achselstücke aus Wollschnur in den Regimentsfarben machen sich ganz gut; die Binde, aus zwei Tressen und einem Tuchstück in der Regimentsfarbe in der Milte, wirkt da- gegen etwas eigentümlich. Hübsch ist nur das Schloß, das eine auf zwei Schwertern liegende Lyra inmitten eines Lorbeerkranzes zeigt. Der Berliner VolkSwitz hat die Binde schon „Bauch, binde" genannt.
Fünfzig Jahre zur See gefahren ist der L-ecsischer Martin Mewes in Finkenwärder. Seit 40 Jahren führt er sein eigenes Fahrzeug und hat stets glückliche Fahrten gehabt. Fünf Menschenleben wurden von ihm gerettet, wofür ihm bereits 1867 die große silberne Medaille verliehen wurde.
Der erste Baß eines Mannheimer Gesangvereins liest seiner Frau den Bericht vor über eine solenne Feier größeren Stiles. Als derselbe an die Stelle kommt: der Lehrer- Sängerchor habe die Feier eingeleitet durch den Vortrag: „Stumm schläft der Sänger," unter, bricht ihn seine Frau mit den Worten: „Guck, an dem dhät ich mir e Beischbiel nemme, Du alder Schnarcher!"
sAuf dem Katheder.) Professor (über die Bedeutung des Wassers sprechend): „Und dann, meine Herren, vergessen sie das nie: Wenn wir kein Wasser hätten, dann könnten wir nicht schwimmen lernen, und wieviel Leute würden dann ertrinken!"
Auflösung des Oster-Rösselsprunges in Nr. 55.
Singet Psalmen, ihn zu loben,
Schmückt mit Palmen ihm die Bahn. Herr, du nimmst die Siegespalmen,
Die dein Volk voraus dir bringt,
Gehst für uns am Kreuz zu sterben, Stirbst, uns Leben zu erwerben,
Daß dir ihre Osterpialmen Die erlöste Menschheit singt.
Karl Gero!.
Silbenrätsel.
de do e en
gie mi pa ser
Zu suchen sind 4 dreisilbige Wörter, deren Anfangs- und Endsilben oben gegeben sind. — Wer die richtigen Wörter gefunden hat, kann sie so ordnen, daß ihte Mittelsilben eine Waffe nennen.
Telegramm.
P a r is , 8. April. Das Kriegsgericht beschloß nun doch einen neuen Prozeß gegen Zola zu beaniragen und als Kläger aufzutreten. Das Kriegsgericht gab bekannt, daß der Kriegs« minister bei dem Kanzler der Ehrenlegion Klage erhoben habe, um die Streichung Zolas aus der Ehrenlegion zu erlangen.
_ Am Ostermontag wird kein Blatt aus«
gegeben Die nächste Nr. erscheint am Mittwoch vormittags so zeitig, daß sie noch mit de» um 12 Uhr abgehenden Postboten besördert werden kann ,
Bestellungen
auf den
Grrzthkler
für das zweite Wierteljahr 1898
können noch bei den Poststellen und Postboten gemocht werden.
Mit einer Beilage.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg