direkt gegen die Interessen der Arbeiter gehandelt. Gerade die große Masse der Arbeiter wird !sür lange Zeit von dem Bau der Kriegsschiffe lohn- ende Arbeit haben. Denn während beim Land. Heer die Kosten für die Erhaltung des einzelnen Mannes di? Hauptsache sind, verlangt die Flotte einen bedeutenden Aufwand für das Material. Um das Ding beim Ursprung anzufassen: die Rohstoffe sind Eisen und Kohle. Sie birgt der heimische Boden. Arbeiter müssen sie zu Tage fördern. Es folgt die weitere Verarbeitung, das Gießen, Schmieden, Walzen. Alles verlangt Tausende von Händen Ebenso dann das Zusammenfügen der fertig gemachten Teile; und hiernach der Bau des Schiffes, seine Ausrüstung, seine Vollendung. Man erwäge doch die urige- heure Menge von Dingen, die zu verarbeiten sind: von der Platte des Panzers bis zu den elektrischen Glühlichtlampen, die die Salons des Schlffskommandanten erhellen, von dem gemalt jgen Rumpf des Schiffes bis zu den tausend Stücken der riesigen Maschinen. Die alles Dieses schaffenden und aussührcnden Arbeiter gehören Jndustrieen an, die, wie der Bergbau-, die Eisen- und Hüttenwerke, das Maschinengewerbe, die Waffenlndustrie, die Werften, an sich schon gute Löhne zahlen und diese Löhne in dem Maße verbessern, wie die Aufträge wachsen. Die Aufträge für die Schiffsbauten sollen ja nun sämtlich im Jnlande vergeben werden. Nun wenden unsere Demagogen ein: „Den Profit" hat das Unternehmertum. Gewiß teilen sich Unternehmer und Arbeiter darin. Vergleicht man aber den Gewinn der Unternehmer mit der Summe der gezahlten Löhne, so wird man bei ehrlicher Prüfung finden, daß die Lohnsumme bei weitem höher ist und dergestalt dre Hauptmasse der für die Sch ffsneubauten gezahlten Gelder auf die Löhne entfällt. Hierzu kommt, daß das Geld, das der Arbeiter bei den Schiffsbauten verdient, wieder in ungezählte Kanäle fließt und so unter das Volk strömt, indem es für Lebensmittel, Kleidung, Wohnung, Erholung, Belustigung, Bildung ausgegcben wird. Und dieser Zustand gesteigerter Lebenshaltung verspricht, ein dauernder zu werden, um so mehr, als die Schiffsbau- Industrie, wenn sie für das Inland hervorragendes leistet, erfahrungsgemäß vom Auslande vermehrte Bestellungen erhält und so ihre Ar- beiter auf Jahre hinaus gut zu stellen vermag. Dergestalt greifen die verschiedenen Umstände ineinander und wirken wechselseitig. Der allge- meine Wohlstand hebt sich und mit ihm das Wohl der Arbeiter und der kleinen Leute. Nur vom vermehrten Wohlstände des ganzen Reiches hängt die Möglichkeit ab, daß das Reich auch das Los seiner Angehörigen verbessert. Der Hebung des Nationalwohlstandes aber gilt, aus tausendmal gesagten Gründen, die Verstärkung der deutschen Flotte. Englands Meere umspannende Herrschaft ist die Haupt-, wenn nicht einzige Ursache, daß der englische Arbeiter so reichlichen Verdienst hat. Trägt also der Ar. beiter an seinem Teile mit zur Hebung der deutschen Seemacht bei, so arbeitet er in seine eigenste Tasche. Wir meinen, alle diese Wahrheiten wären so einfach klar, daß sie jedem Arbeiter einleuchten müßten. Es kommt deshalb darauf an, diesen richtigen Zusammenhang der -Linge immer wieder klar zu stellen gegenüber den demagogischen Verdunketungsversuchen.
Die Reise des Kaisers auf dem Schnell- dampfer „Kaiser Wilhelm der Große" gewinnt eine besonderte Bedeutung dadurch, daß der Dampfer als Hilfskreuzer für die kaiserliche auarine, jedoch ohne Zuschuß des Reichs, erbaut w ^ Kriegsfälle eine überaus wertvolle Ergänzung der Reichsmarine darstellt. Der Dampfer ist mit besonderer Fundamentierung für 12 Schnellfeuer-Geschütze ausgestattet und hat eine Reihe anderer Einrichtungen für seine Verwendung im Kriegsfälle.
Der Flügeladjutant des Kaisers, Kommandeur des Kaiser Alexander-Garde- Menadier-Regiments Oberst v. Mollke. begiebt R Petersburg, um dem Kaiser von
Rußland im Allerhöchsten Aufträge zwei Jagd- LEwehre zu überdringen.
In ihrem Artikel über die militärische Laufahn des Fürsten Bismarck teilt die „Münch.
Allg. Ztg." eine Randglosse mit. die der Kaiser machte, als ihm im Jahre 1893 berichtet wurde, Graf Caprivi habe in der Militär-Kommission auf!das Entschiedenste dagegen protestiert, die Sicherheit der Zukunft des deutschen Heerwesens an den Mindestfordernden im Reichstag zu ver- geben. Der Kaiser schrieb an den Rand des betr. Referats: „Bravo, eine echt Bismarckjche Erklärung!"
Es wird jetzt bestätigt, daß die nächsten allgemeinen Retchstagswahlen dem Ablaufe der gegenwärtigen Legislatur Periode unmtttel- bar folgen, also in der zweiten Hälfte des Juni vorgenommen werden sollen. Unter den Zwtck mäßigkeits Gründen, welche für diesen Zeitpunkt sprechen, fällt besonders stark die Erwägung ins Gewicht, daß cs stets ratsam ist. sich die Möglichkeit zu sichern, zu jeder Zeit den Reichstag zusammenberusen zu können.
Kürzlich ist eine Deputation des Zentral- Verbandes deutscher Kaufleute vom preußischen Finanzminister, dem Minister des Innern und dem Handelsminister empfangen worden, um die Wünsche der Detailoerkäufer zur Hebung der Lage des gewerblichen Mittelstandes vor- zutragen. Üeberall fand die Deputation freundliches Entgegenkommen; alle amtlichen Instanzen sagten eine nähere Prüfung der vorgedrachtcn einzelnen Beschwerden zu.
Hamburg, 25. März. Die großen Warenhäuser, die den Mittelstand zu Grunde richten, verkaufen auch Bücher, natürlich billiger als der Buchhändler. Sie nehmen nur „gangbare" Werke und kaufen große Auflagen an. Unter den Buchhändlern geht jetzt von hier eine Anregung aus. daß sie für keinen Verleger mehr thätig sein wollen, der an Warenhäuser liefert.
Wenn die „Deutsche Verkehrs-Ztg." meldet, es seien nunmehr die in Betracht kommenden Reichsbehörden, die bisher „Kiaotschau" schrieben, zu der Schreibweise „Kiaulschou" übergegangen, so daß diese als dre amtlich gebilligte angesehen werden könnte, so ist dies insoweit richtig, als man allerdings die Schreibweise „Kiaulschou" amtlicherseits jetzt bevorzugt.
Der letzte Zwischenfall an der deutschfranzösischen Grenze, bei dem es sich um die thätliche Beleidigung eines deutschen Zollbeamten durch französische Arbeiter handelte, hat zunächst die Verurteilung des Hauptschuldigen, des 18 jährigen Arbeiters Nourisson, zu 5 Fccs. Strafe zur Folge gehabt. In Deutschland durfte dieses außerordentlich milde Urteil niemand überraschen. Von einem französischen Gericht darf man nicht verlangen, daß eS durch Verhängung angemessener Strafen der Wiederkehr derartiger Zwischenfälle Vorbeugen sollte.
Das AufblühenBerlins wird unter anderm durch die wachsende Zahl der reichen Leute gekennzeichnet, die dort ihre Wohnstätte aufgeschlagen haben. Nach dem Bericht der Steuer-Deputation des Magistrats für die Zeit vom 1. April 1896 bis zum 31. März 1897 crgiebt nämlich die Zusammenstellung der Resultate der Veranlagung der Ergänzungs- steuer in der Gemeinde Berlin bei den steuerpflichtigen Personen mit einem Einkommen von mehr als 3000 Mk. 32772 Steuerpflichtige mit einem Normaisteuer-Soll von insgesamt 3,044 Millionen Mark. Hierunter befinden sich 1178 Mark-Millionäre und unter letzter» 252 Thaler-Millionäre. 93 Personen haben ein Vermögen von 3 bis 4 Millionen Mark, 50 Personen 4 bis 5, 28 Personen 5 bis 6. 17 Personen 7 bis 8, 10 Personen 8 bis 9, 3 Personen 9 bis 10, 29 Personen 10 bis 20, endlich 5 Personen 20 bis 27 Millionen Mark. Werden die hier angegebenen Zahlen, soweit sich eine Uebersicht ermöglichen läßt, mit den Ver- mögens-Verhältnissen der Berliner vor einigen Jahren zusammengehalten, so tritt ein gewaltiger Fortschritt zutage. Der Aufschwung betrifft aber keineswegs lediglich die obersten Klaffen der Steuerzahler, vielmehr hat die finanzielle Behäbigkeit in ähnlich starkem Maße auf den Mittelstufen sich ausgebreitet. Daß die nationale und Wirtschafts-Politik hierzu ihr Teil beigetragen haben, kann keinem Zweifel unterliegen. Diejenigen, welche noch freiyändlerischen Ideen nachhängen, sollten sich gelegentlich Vorhalten,
wie große Erfolge der planmäßige Schutz der nationalen Arbeit zuwege gebracht hat.
Welche außerordentliche Sicherheitsmaßregeln bei den großen Passagiersdampfern für den Notfall getroffen werden, dafür bieten die nachstehenden Angaben über die Pumpenanlage des für den Norddeutschen Lloyd gegenwärtig im Bau befindlichen neuen Schnelldampfers „Kaiser Friedrich" einen interessanten Maßstab. Außer den für die Unsinkbarkeit des Schiffes getroffenen baulichen Sicherheitseinrichtungen durch Doppelboden und die Einteilung des Schiffes in nicht weniger als 18 wasserdichte Abteilungen erhält der Dampfer sür Maschinen und Hilfszwecke 13 zum Teil gewaltige Pumpen und zwar 2 große Centrifugalpumpen von zusammen 2800 Tonnen stündlicher Leistung, 3 Dampipumpen von je 100 Tonnen, 2 von je 80. eine zu 60. eine zu 40, eine Ballastpumpe von 240 Tonnen. 2 Maschinenlenzpumpen von je 100 und 3 Ejektoren von je 60 Tonnen. Zusammen genommen besitzen die Pumpen eine Leistungsfähigkeit von über 4000 Tonnen in der Stunde. Außerordentlich umfangreich sind auch die für Feucrlöschzwecke getroffenen Vorkehrungen, die sich nach allen Teilen des Schiffes verzweigen und welche selbstverständlich mit allen technischen Verbesserungen versehen sind, um im Falle der G-fahr ein sofortiges sicheres Eingreifen zu ermöglichen.
An frtschemObst wurden im Voriahre für 30500000 Mk. in Deutschland eingeführt, und säst ebensoviel an getrocknetem Obst. Könnten wir nicht das Geld im Lande behalten und mehr Obst produzieren?
Württemberg.
Wrrrttembergischer Landtag.
Stuttgart, 30. März. Tagesordnung: Fortsetzung der Beratung des Verfassungsgejetzes. Bei Art 17. Die Verfassungskommission hat zu diesem Artikel folgenden Antrag gestellt: Art. 17 folgendermaßen zu fassen: ß 153 der Verfassungs- Urkunde wird dahin avgeäadert: Z 153 eine neue Wahl ist anzuoronen, wenn der Gewählte die Wahl nicht angenommen hat. Dieser Artikel wird dedattelos angenommen. Es folgt Art 18, welcher in Z 156 bestimmt, daß die Mitglieder beider Kammern ihr Stimmrecht in Person auszuüben haben, und daß niemand eine doppelte Stimme haben darf; ferner regelt der Z die Stellvertretung der Standesherrn in der ersten Kammer. Abg. Kiene (Ztr.) hat zu diesem Artikel einen Antrag eingevracht. demzufolge die Stellvertretung nicht wie im Kommisstonsantrag nur durch den Sohn oder den sonstigen präsumtiven Nachfolger in der Standesherrschaft» sondern durch einen beliebigen Agnaten ausgeübt werden kann. Justizminister v. Breitling empfiehlt den Antrag Kiene, welcher Aussicht habe im andern Hause angenommen zu werden. Nach einer kurzen Debatte stellt Abg. Haußmano- G-rabronn (Vp.) den Antrag aus dem Artikel diejenigen Absätze zu streichen, welche von der Stellvertretung der Standesherrn handeln. Abg. Kiene (Ztr ) und Ministerpräs. v. Mittnacht weisen aus die Gefährlichkeit dieses Antrags hin» da das andere Haus den größten Wert auf diesen Punkt lege. Bei der Abstimmung werden die Anträge Haußmann und Kiene mit 44 gegen 38 bezw. 36 Stimmen abgelehnt, der Kommisantrag angenommen, ebenso die übrigen Teile des Art. 18, — Art. 19, welcher die Wahldauer eines Abgeordneten auf 6 Jahre festsetzt. Art. 20, welcher redaktionelle Aenderung des Z 158 verlangt und Act. 21, welcher von der Legitimation der Abgeordneten handelt, werden angenommen. Es folgt Art. 2Ia, dessen erster Absatz lautet: Jede Kammer prüft die Gesetzmäßig, keit der Wahlen und entscheidet über die Legitimation ihrer Mitglieder. Dieser Absatz rief eine längere Debatte hervor. Abgg. Kiene (Ztr.), Gcöber (Ztr ), Haußmann-G-rabronn (Bp.), der Ministerpräsident und Minister v. Pischek traten diesen 3 Rednern entgegen. Bei der Abstimmung wird der Punkt 1 des Artikels angenommen, ebenso die beiden folgenden, welche von der Ungiltigkeit und Anfechtbarkeit der Wahlen handeln. Des weiteren wird ein Antrag Haußmaaa- Gerabronn angenommen, welcher folgenden Wort-