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haben von 186 Wahlberechtigten 167 abgestimmt. Gewählt wurde R«wisionsossistent Kreeb von Heilbronn mit 75 St. Weitere Stimmen er­hielten: Verwaltungskandidat Burger von Birkrnield 65, Meldebeamter Beck von Stutt gart 29

Böblingen, 16. März. Gleich wie im Herbst vorigen JahrS herrscht hier unter dem G'flügel eine bösartige Seuche (Hühnercholera) Zahlreich sind die Opier. welche dieselbe fordert und mancher Besitzer kann von seinen vielen Tieren in kurzer Zeit nur noch wenige gesund und lebend sehen. Die Krankheit verläuft äußerst schnell, und ehe man sichs versieht, sind kurz vorher noch ganz muntere Tiere dahingerafft. Es wäre zu wünschen, daß diese Seuche bald erlöschen würde, um nicht noch mehr Verheerung anzurichten, lieber die Ursache dieser Seuche gehen die Ansichten auseinander. Biele glauben, eS liege in der Luft, die andern, Nebel wirken schädlich; doch sind alles nur Vermutungen.

Ausland.

Die französische Deputiertenkammer hat in den letzten Tagen noch rasch das Budget ge- nehmigt und bei dieser Gelegenheit dem Kabinet Meline wieder ein Vertrauensvotum, das 114. dieser Art gegeben. Die allgemeinen Parla­mentswahlen stehen in Frankreich vor der Thüre, und in Frankreich kann ein Ministerium bei den Wahlen den einzelnen Kandidaten recht nützlich und aber auch recht verderblich werden. Das Ministerium hat auch durch zahlreiche Versetz­ungen und Beförderungen von Volksschullehrern, welche offenbar als Wahlagenten benützt werden sollen, bereits die ersten Schritte zur Lenkung des Bolkswillens bei den nächsten Wahlen ge- than. Der aus dem Zoloprozeß rühmlich be­kannte und von der Regierung gemaßregelte Oberst Picquart hat seinen Duellgegner, den Oberst Henry, schwer am Arm verletzt, weigert sich aber fortgesetzt, sich mit dem Major Esterhazy zu schlagen, weil er mit diesem nur vor dem Strafrichter verkehren wolle. Erst kürz­lich hat Picquart angekündigt, sehr bedeutsame Enthüllungen über die Thaten Esterhazy's wirr- den binnen sehr kurzer Frist erfolgen. Darüber soll großer Schrecken im französischen Kriegs- ministerium und Generalstab entstanden sein, und, wie einzelne Blätter melden, hielt das Ministerium bereits Beratungen ab, wie dem neuen Schlag P'cquart's gegen Esterhazy am besten begegnet werden könne.

Paris, 16. März. Infolge des Zola­prozesses wurde Rechtsanwalt Leblois von dem Rate der Körperschaft der Anwälte für sechs Monate von der Ausübung seiner Thätigkeit als Anwalt suspendiert.

London, 16. März. Sir Henry Bffseurer ist gestorben. Henry Bessemer erfand 1856 den nach ihm benannten Besstmer Stahl, geschmolzenes und schwcfel- und phosphorreines G -ßeisen, in welches Luft eingeprißt wird

Unterhaltender Heil.

Der Wilddieb.

(Fortsetzung)

Zweites Kapitel.

Die Sonne stand tief am westlichen Himmel, ihre letzten Strahlen zitterten über Berg- und Baumspitzen hin und umgaben den tiefblauen Himmel mit langen goldenen Streifen als Wegeners Sohn Richard den Hügel Hinaufstieg, der von dem Schlosse aus führte, und auf dem gewöhnlichen Fußweg in den Wald schritt.

Obwohl er erst seit kaum einer Woche auf Herrnbach weilte, hatte sich seiner unedlen Natur doch bereits eine bedauernswerte Langeweile bemächtigt. Er hatte für die Jagd nicht das geringste Interesse, und das einförmige Land- leben erschien ihm unerträglich. Gelangweilt und verstimmt schritt er unter den Bäumen dahin, bis er in ein kleines Thal gelangte, durch welches ein Bach floß, über den eine hölzerne Brücke geschlagen war. Als er auf diese Brücke trat und über das niedrige Gländer blickte, entrang sich seinen Lippen ein Ausruf der lieber- raschung: und wie gebannt blieb er stehen und

betrachtete das heitere unschuldige Gesicht desselben jungen Mädchens, das am Morgen dem Wilddieb wie eine schöne Waldfee über den Weg geschlüpft war. Es saß auf dem grünen Rasen an des Baches Rand mit einer Näherei in den Händen, die es von Zeit zu Zeit in den Schoß sinken ließ, als hänge es irgend einem schönen Traume nach.

Richard Wegener hielt den Atem an und blieb regungslos stehen, fürchtend, die schöne Erscheinung vor ihm könne bei der geringsten Bewegung in Luft zerflußen. Sein Herz klopfte in heftiger Erregung.

Nicht ahnend, daß sie beobachtet wurde, ließ sie indessen ihre Stimme erschallen und brach dann plötzlich in ein heiteres Lachen aus.

Der Gesang hatte sie an ihr Zusammen­treffen mit dem Wilddieb erinnert und erweckte ihre Heiterkeit, als sie ihrer thörichten Furcht dabei gedachte. Obgleich Georg Lachners Gesicht nur wie ein flüchtiger Sonnenstrahl an ihrem Auge vorübergezogen war, hatten seine charakterist­ischen Züge doch einen gewissen Eindruck in ihrem Innern zurückgelassen und lenkte ihre Gedanken unwillkürlich auf ihn. Noch mit dem munteren Lachen auf den L'ppen sprang sie auf, lief das etwas abfallende Uier hinab und befand sich auf der Mitte der kleinen schmalen Brücke, ehe sie Richard Wegener gewahrte. Als sie an ihm vorüber wollte, trat er vor sie hin und versperrte ihr den Weg.

Eine wahre Waldnymphc!" rief er mit frechem Lächeln.Wie Du zitterst, Mädchen! Ich will Dir ja nichts zuleide thun.

Bitte, lassen Sie mich vorbei!" sagte sie schüchtern.

Noch nicht!" versetzte er.Erst muß ich einiges über Dich erfahren. Wohnst Du hier auf dieser Besitzung?" fuhr er in verletzender Weise fort.

Ja." entgegnete sie.Ich bin auf dem Heimweg."

Und wo ist Dein Heim?" fragte er weiter und sah sie wieder mit frechem Blick an.

Nicht weit von hier," sagte sie und wich einen Schritt zurück.

Du bist sehr schön." sprach er lächelnd.

Ein Zug der Entrüstung glitt bei dieser Bemerkung über ihr freundliches Gesicht, und sie machte noch einmal den vergeblichen Versuch, an ihm vorüber zu kommen. Schnell ergriff er sie am Arm und hielt sie so fest, daß ihr ein leiser Schmerzensschrei entschlüpfte.

Nur ein Elender ist im stände, ein schwaches Mädchen so zu beleidigen!" rief sie entrüstet, während sie sich entschlossen von ihm losriß. Ihrer Kleidung nach hielt ich Sie für einen anständigen Mann."

Und Du hattest recht. Mädchen," erwiderte er mit erzwungener Heiterkeit.Werde nicht böse, und höre mich ruhig an! Ich will Dich zu einer feinen Dame machen, wenn" . . .

Hastig wandte sie sich von ihm ab und lief über die Brücke zurück, sie hatte das diesseitige Ufer wieder erreicht, als sich fein Arm um ihre Taille legte und er ihr von Zorn gerötetes Gesicht dem seinigen nahe zog.

Komm, komm," grinste er. Sei doch keine so eigensinnige Thörin! Du bist viel zu hübsch, um Dein Leben in diesen Wäldern zu verbringen. Ich sehe ja, daß Du so arm bist wie . . ."

Wie ich ehrlich bin," unterbrach sie ihn empört.

Das reizendste Gesicht, das ich je gesehen habe!" fuhr er mit beleidigendem Lachen fort. Du bist meine Gefangene, und als Preis für Deine Freilassung muß ich einen Kuß von diesen rosigen Lippen haben. Du kämpfst und ringst vergebens. Das und nichts Geringeres ist meine Bedingung!"

Ein greller Schrei drang durch die Luft; dann ward ein leises Rauschen in den Zweigen vernehmbar, hastige Schritte folgten, eine Gestalt kam über die Brücke geeilt, und im nächsten Moment lag Richard Wegener besinnungslos im Grase-

Das junge Mädchen lief in höchster Eile über die Brücke. Oben auf dem Hügel angelangt, blieb sie stehen und schien mit gefalteten Händen ihrem Befreier zu danken, aber ihrem Retter

blieb kaum Zeit dies zu bemerken, denn nächsten Augenblick war sie auch schon zwischen den Bäumen seinen Blicken entschwunden.

Das war sie!" murmelte er, während sei froh erregter Blick ihr folgte.Zweimal ^ einem Tage, und jetzt habe ich sie vor Gewalt und Beleidigung gerettet! Verschwunden' Das liebliche Gesicht mir wieder aus den Augen! Aber ihr Lächeln sie ließ mir ihr Lächeln mich zu erfreuen."

Ein leiser Seufzer Richard Wegeners len!li des Burschen Aufmerksamkeit auf diesen. M kräftiger Hand ergriff er seinen auf der Erde liegenden Feind und richtete ihn auf; sein Gesicht war bleich vor Wut und Schmerz, und seine Lippen mit Schaum bedeckt.

Also von Euch kam der Schlag!" sagt, er mit einem gehässigen Blick auf seinen Gegner.

Ja, von mir." lautete die Antwort.

So? Wirklich, mein edler Held," stieß jener giftig hervor.Gerädert sollt Ihr werden für diese Beleidigung so bestimmt, wie ich Richard Wegener heiße!"

Richard Wegener sind Sie!" rief der Wilddieb lachend.Ein edler Nachfolger des Herrn der Herrnbacher Besitzungen! Wagen Sie, mich anzurühren und Ihr Körper soll ein Stück Blei zur Erinnerung an mich erhalten!'

Wer seid Ihr, Bursche?" fragte Richard Wegener in hochmütigem Tone, während doch sein bleiches Gesicht seine Furcht verriet.

Der Aeltere von uns beiden, Schurke!' antwortete Georg verächtlich und schritt stolzen Schrittes das Thal hinab in den Wald.

Verdammter Bursche! ... Er thut so groß, als ob jcder Zoll Bodens, auf dem er schreitet, sein wäre!" orummte Richard zwischen den Zähnen.Vermutlich der Liebhaber des Mädchens! .... Wenn er das ist. soll ihm sein Schlag gut gelohnt werden. Erst must ich in Erfahrung dringen, wer das Mädchen ist... vermutlich die Tochter eines Bauern ... und was ihren Liebhaber andelangt . ."

Seine Augen sprühten Feuer und seine geballte Hand erhob sich mit drohender Gebärde, als er sein Selbstgespräch mit einem unterdrückten Fluche schloß.

lieber Rachegedanken brütend, kehrte er langsamen Schrntes in das Schloß zurück.

(Fortsetzung folgt.)

Witterungsbericht von Rud. Falb. Alle Anzeichen sprechen dafür, daß der bisherige milde Charakter des Weiters sich auch in der nächsten Zeit noch fortsetzen werde. Schneefälle stören denselben nur für wenige Tage. Die von uns für den kritischen Termin des 8. März in Aussicht gestellten Schneefälle sind thatsächlich in sehr auffälliger Weise eingetreten. Sie er­eigneten sich, von Ollen nach Westen fortschreitend, am 7. und 8. Es wurden nicht nur ganz Deutschland und die Schweiz, sondern auch die Niederlande und Frankreich davon betroffen. Vom 17. ab erwarten wir Regenwetter bei an­fangs höherer, später tieferer Temperatur. Der 22. ist ein kritischer Termin I. Ordnung, der ausgebreitetc und nicht unerhebliche Niederschläge auch in Schneeform bringen dürfte. Auch uni den 29. ist schlechtes Wetter zu erwarten.

(Schreibkünstler.) Ein Schreibkunststück brachie, wie man uns aus München schreibt, der Maschinenzeichner Kübler zu stände, indem er auf eine Visitenkarte 2470 Worte schrieb.

(Kindliche Ansicht.) Hans (dessen Vater Dichter ist):Papa, der Schiller scheint aber gar nicht ein so großer Dichter gewesen zu sein, wie die Leute immer sagen. Vater: Wieso denn nicht, mein Sohn? Hans: Drüben im Buchladen sind sämtliche Werke von Schiller für 6 zu haben, soviel hast du ja schon oft für ein Gedicht bekommen!

(Schreckliche Lage.)Lieber Freund! Borgen Sie mir rasch zwanzig Mark! Ich M auf glühenden Kohlen und die sind noch nW bezahlt!

Mit einer Beilage.

Redaltion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg