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Stuttgart. 9. März. Di? Beerdigung des Verstorbenen F'nanzministers findet Sams- tag Nachmittag 3 Udr statt. In d-r Kammer der Abgeordneten widmete Präsident Payer dem Verstorbenen einen äußerst warmen Nachruf, indem er dessen groß? Talente, Verdienste und persönliche Liebenswürdigkeit Hervorbob. Zu­gleich kündigte der Präsident an, er werde am Begräbnistag die Sitzung aus^allen lassen.

Reutlingen, 9. März. Karl von Neubronner. K. Kammeryerr, von Schloß Lichtenegg. OA Oberndorf, in Stuttgart wohn­haft, ist heute in Reutlingen als rittcrschaftlicher Abgeordneter für den Schwarzwal"kreis an Stelle des fi Frhrn. v. Gültlingen gewählt worden.

Ulm, 10 März. Die hiesigen Sozial­demokraten haben im vorigen Jahr das Gast Haus zum weißen Roß hier um 130000 gekauft bezw. die Weiß'jche Bierbrauerei in Stuttgart hat das Geld dazu hergegeben. Das Anweien ist heute um 100 000 zu haben, so schlecht rentiert sich das Geschäft.

Ausland

Paris, 10. März. Zola hat gegen die Entscheidung des Zuchtpolizeigerichts, durch die letzteres sich zur Verhandlung des von den Schreibiachverständigen angestrengten Prozesses für zuständig erklärt, Berufung eingelegt.

Aus den Alpen. 8 März. Die Unwetter der jüngsten Zeit haben sich vom nördlichen Hange der Alpen bis nach dem Südhange mit starken Schneefällen gemischt; am Südhange aber auch mit furchtbaren Regen­güssen, die infolge der Waldlosigkeit der Berge gleich zu Ueberichwemmungen der Thäler geführt haben. Die Stürme waren von unerhörter Heftigkeit, namentlich am Sonntag und Montag in und bei Verena, wo großer Schaden an Gebäuden anger'chtet worden ist

Ftnteryaltender Teil.

Heimlich verlobt."

Eine lustige Lieutenantsgeschichte v. Alwin Römer.

(Schluß.)

Elvira war eingeiretcn. Eine leise Be­fangenheit hatte sie überschlichen. Als sie indes die verdächtig wohlwollenden Züge der Frau von Borkenitz gemustert und die knifflige Tücke erkannt hatte, die hinter ihren kleinen, grünlich schillernden Augen lauerte, bekam sie ihren ganzen fröhlichen Humor wieder.

Was wünschest Du, Mama?" fragte sie lächelnd, nachdem man sie vorgestellt hatte.

Frau von Borkenitz erzählte uns, Du seiest heimlich mit Herrn von Frellstedt verlobt. Sie hat es von Herrn von Frellstedt selbst, der sich da einen, meiner Meinung nach höchst un- zieml'chen Scherz gestattet haben muß. Denn das ist doch nicht wahr. Elvira?"

Und warum nicht?" hauchte das Töchterlein.

Eloira!" rief entsetzt die Mutter.

Alle Donnerwetter!" lachte Kleeland, der nicht recht wußte, ob er sich ärgern oder freuen sollte."

Also doch!" flüsterte Frau von Borkenitz und bemühte sich vergeblich, ihr unendlich lang gewordenes Gesicht wieder in die richtigen Proportionen zu bringen.

Mädel, Mädel!" entrüstete sich schließlich der Vater. Was machst Du für Streiche?"

Das hättest Du uns doch sagen können!" fügte die Mutter sichtlich ergriffen hinzu.

Glaubt mir," erklärte Elvira langsam, ich konnte es nicht!"

Bald nach dieser Szene verließ Frau von Borkenitz das Haus Kleelonds. um nach Berlin zurück za fahren Frau Kleeland begleitete sie. Es war verabredet, das tiefste Schweigen über den Vorfall zu beobachten. bis alles für die O ff ntlichkeit reif sei. Herr von Frellstedt mußie sich doch jetzt den Eltern erklären. Viel­leicht sollte Elvira dann auch in Begleitung der Mutter zur Hochzeit kommen.

Hans von Frellstedt kam schneller, als die guten alten Kleelands sich das gedacht hatten. Er war seinem Freunde Halben in denLöwen"

nachgegangen, und sie hatten dort einen wohl- verborgenen Doppelposten gebildet.

Als der Kleelandsche Wagen die beiden alten Damen zur Bahn brachte, schnallte Hans seinen Säbel um und schritt wie ein Held die Rosenstraße hinunter. Er wollte wissen, wie die Sachen standen.

Elvira war gerade dabei, ihrem Vater zu erklären, daß er Herrn von Frellstedts demnächstige Werbung auf jeden Fall abweisen müsse.

Weshalb denn?" fragte der verwundert.

Weil ich nicht aus Dankbarkeit geheiratet werden möchte!"

Aus Dankbarkeit?" wunderte sich Kleeland. Ich denke. Ihr liebt Euch?"

Und nun erzählte sie ihm fliegend seinen Ueberfall im Garten. Und wie sie nicht anders gekonnt habe, als ihm beizustehen in seiner Not.

Aber, Elvira." zürnte stirnrunzelnd der Vater,wie konntest Du wohl solches Opfer bringen? Das ist unerhört!"

Es erfährt ja hier niemand, Vater!"

Trotzdem!"

Nun denn, ich liebe ihn!" bekannte sie erglühend.Aber bitte, bitte. Väterchen, weise ihn ab Ich will keine Dankbarkeit!"

Thörichtes Mädchen!" murmelte der Vater ihr nach und schritt dann in sein Zimmer. Gleich danach meldet Johann den Herrn Lieutenant.

Sie sehen mich in einer fürchterlichen Situation wieder, Herr Kleeland!" begann er zaghaft.Ich weiß nicht, ob Ihre Fräulein Tochter . . ."

Ich weiß alles!" erklärte der Alte. Meine Tochter hat sich vorhin unbegreiflicher Weise als Ihre Verlobte bekannt, ohne . . ."

O das wunderbare Geschöpf!" stammelte Hans und seine Augen strahlten.

Ich verstehe nur nicht, wie Sie als Mann daS verlangen konnten, abgesehen davon, daß die Eifindung dieser Verlobung für Ihre Zwecke in Stahlburg mir mehr als frivol erscheinen will!" sagte verdrießlich der Vater.

Sie haben vollkommen Recht, böse auf mich zu sein, Herr Kleeland! unterwarf sich zerknirrscht der Lieutenant.Es giebt nur eins, was mich entschuldigen kann, meine jammervolle Schüchternheit Ihrer Fräulein Tochter gegenüber. Sie ist es auch, die mich um mein Glück gebracht hat. Denn ich liebe Ihre Tochter seit dem ersten Tage, da ich sie gesehen. Ich beachtete kein anderes Mädchen, wenn sie gegenwärtig war. Sre war meine ganze Seligkeit, meine Wonne, mein Ideal! Aber ich brachte es nicht über die Lippen, es ihr zu gestehen! Auch beim Abschied nicht, obgleich ich es auf der Zunge hatte! Ich hatte ja schon angefangen damals, aber da kamen die unseligen Kirschtörtchen von Honigmann dazwischen und da war's aus mit meiner Rede, rein aus! Und nun habe ich das Nachsehen! . . . Aber wer weiß, ob sie nicht auch damals schon gewählt hatte . . ."

Gewählt hatte? Was denn? Wen denn?"

Ich weiß von meinem Freund Kurt von Halben, daß Ihre Fräulein Tochter so gut wie verlobt ist . . ."

Donnerwetter! Schon wieder mit wem anders?"

Und wollte mir nur erlauben, um den Namen dieses Herrn zu bitten, damit ich ihm gegenüber meine traurige Figur rn dieser An­gelegenheit einigermaßen erklären könnte . . ."

Ja, von diesem anderen weiß ich aber ebenso wenig, wie ich von Ihnen wußte!" polterte der Alte.So ein Wettermädel!"

Da ging die Thür auf und mit tiefer Glut übergossen trat Elvira herein. Sie hatte gelauscht.

Kind, das wird ja immer bunter!" rief Kleeland.Was hör' ich da für Geschichten!"

Nichts als Mißverständnisse. Vater!" erklärte sie, mit einer reizenden Verlegenheit kämpfend.Ich habe Herrn von Halben neulich bei seiner Werbung verraten, daß ich ihn nicht erhören könne, weil mein Herz einem anderen gehöre. Herr von Halben wußte nicht, daß dieser andere selbst keine Ahnung davon habe . . ." Ein zaghafter Bl'ck ihrer Schelmenaugen traf hierbei Hans von Frellstedt.

Elvira!" rief dieser jauchzend.

HanS!" jubelte sie.

Und dann lagen sie sich in den Armen

Na, dann stimmt'- ja doch noch!" sch«.,, Papa Kleeland, der um seinen Segen nicht ein. mal gefragt wurde.

Indem war Frau Kleeland vom Bahnhof zurückgekehrt und nebenan in den Salon getreten

Du Kleeland." rief sie.Ich habe gleich an Frellstedt telegraphiert und um sofortigen Besuch gebeten. Die Sache muß doch geregelt werden!"

Kleeland trat zu ihr hinein, legte ihre» Arm in den seinen und führte die Ahnungslose auf die Schwelle seines Arbeitszimmers.

Bewundere die Geschwindigkeit des modernen Verkehrs." sagte er schmunzelnd. Da ist schon Antwort!" ^

Frankenthal. 7. März. Eine weiß, gepuderte Lokomotive lief am Sonntag Abend in Frankenthal ein. Sie hatte am Bahn- Übergang von Frankenthal einen Mchlwagen erfaßt und sich mit dem wertvollen Inhalt bestreut."

Obsttreunde wird es interessieren, zu hören, daß Herr L. Knönagel in Magdeburg Ver. suche angestellt hat, bei Veredlungen seiner Spalierbäume statt der sonst üblichen lO Centi. Meter langen Edelreiser solche bis zu l'/r Meter Länge zu verwenden und sind ihm diese Ver­suche. wie er in der letzten Nummer des praktischen Ratgebers im Obst- und Gartenbau berichtet, gut gelungen. Gerade jetzt, wo manche Obst- freunde beschäftigt sind, an ihren Spalieren Winterschäden, Hasenfraß u a. m. auszubessern, dürfte es vielfach angebracht sein, zur Aus- gleichung längere Edelreiser zu verwenden, wes­halb wir auf den interessanten, auch mit Ab- ? bildung versehenen Aufsatz aufmerksam machen.

! Das Verfahren hat auch den Vorteil, datz sich ? aus den austreibenden Knospen meist Frucht- j knospen entwickeln, sodaß man von solchen langen , Reisern vielfach schon im nächsten Jahre wird s Früchte ernten können.

A l t e L i e b e r o st e t n i ch t. Die Braut eines Berliner Braumeisters war vor länger als einem Jahrzehnt mit einem Artisten davon- gegangen. Vor einigen Monaten hatte sie von Melbourne in Australien dem schmählich Ver­lassenen geschrieben, daß sie jener Künstler als Millionärswitwe zurückgelassen habe, sie dem unvergessenen Geliebten Herz und Hand anbiete und. nn Falle er es annehme, sofort zurückkehren wolle. Der Braumeister schrieb, daß er glück' licher Gatte und Vater von drei Kindern sei, sie also ruhig in Melbourne bleiben könne. Statt der liebensdurstigen Frau langten vor wenigen Tagen drei Bankanweisungen von je 300 000 Mark für jedes der drei Kinder an. Dieses hat der wackere Braumeister nicht aus­geschlagen.

(Violette Farben) sind augenblicklich London höchst modern. Allenthalben an den fashionablen Orten, in Rotten Row, Hydrparl, auf den Squares, in Bond Street und Mayfair kann man eine äußergewöhnliche Anzahl junger Damen sehen, die violette Kleider tragen nebst schwarzem Cape und violetten Hütchen. Die schöne, angenehme Farbe wirkt sehr gut und steht ebenso den braunen wie den lichtblonden Schönheiten vortrefflich.

(Ein kleines Mißverständnis.) Schuldner:A möchte gern diese kleine Rechnung bezahlen... Gläubiger (sehr erfreut):Ah sehr schön, mein Lieber!"Schuldner:Ave ich kann nicht!"

(Boshaft.) Schauspieler (an einer Schmiere). Raten Sie, was ich neulich in dem Larve ' kravz fand, der mir zu meinem Benefiz " ' reicht wurde." Herr:Die Gärtnerrechnungr

(Grausames Spiel)DaS Hab' ich ^ meinen Kompositionen nur eben herausgegrisst > was sagst du dazu?"Greis' nicht v hinein!" _^

Redaktion, Druck und Lerlag von C. Meeh in Neuenbürg.