Erscheint Dienstag«, Donnerstags und SamSiagS. Die Einrückung« gebühr betrügt im Bezirk und in nächster Umgebung » Psg. die Zeile, weiter entsernt rr Psg.
Dienstag, den 17. Dezember 1901,
- Vierteljährlicher AbonncmentSpreiS in der Stadt Mk. 1.1S
> in« Haus gebracht, Mk. 1. 15 durch die Post bezogen im Bezirk; ^ außer Bezirk Mk. 85.
Amtliche Bekanntmachungen.
Der Vorstand
der
Versicherungsanstalt Württemberg
an das Kgl. Oberamt Calw.
Da wiederholt Zweifel bezüglich der Gewährung von Angehörigen-Unterstützung während des Heilverfahrens und insbesondere bezüglich derAuS- bezahlung einer solchen für Sonntage hervorgetreten sind, eröffnen wir dem Kgl. Oberamt Folgendes:
Nach Z 18 Absatz 3 und 4 des Jnvaliden- versicherungsgesetzes in Verbindung mit § 7 Abs. 2 des Krankenversicherungsgesetzes ist während deS Heilverfahrens für solche Angehörige des Versicherten, deren Unterhalt dieser bisher aus seinem Arbeitsverdienste bestritten hat, eine Unterstützung zu zahlen.
Diese Angehörigenunterstützung beträgt:
1. sofern der Versicherte der reichs- oder landesgesetzlichen Krankenfürsorge unterliegt, bezw. bis zum Eingreifen der Versicherungsanstalt unterlag, die Hälfte des für ihn während der gesetzlichen Dauer der Krankenunterstützung, also der ersten 13 Wochen der letzteren maßgebenden Krankengeldes und ist daher für Sonntage nur dann zu bezahlen, wenn dem Versicherten während der gesetzlichen Dauer der Krankenunterstützung ein Anspruch auf Krankengeld Kraft besonderer Bestimmung des Krankenkassestatuts auch für Sonntage zusteht;
2. im klebrigen ein Viertel des für den Ort der letzten Beschäftigung oder des letzten Aufenthalts maßgebenden ortsüblichen Talglohns gewöhnlicher Tagearbeiter.
In diesen Fällen ist die Angehörigenunterstützung stets nur für Arbeitstage zu bezahlen.
Stuttgart, den 10. Dez. 1901.
Maginot.
Den Gemeindebehörden, Krankenkassen und der Krankenpstegeversicherung des hiesigen Bezirks wird von Vorstehendem zur Nachachtung Eröffnung gemacht.
Calw, den 12. Dez. 1901.
K. Oberamt.
Amtm. Münz, ges. Stv.
Bekanntmachung.
In Ostelsheim ist die Maul- un- Klaueuseuche erloschen. Der Bezirk ist wieder seuchenfrei.
Calw, den 14. Dez. 1901.
K. Oberamt. Voelter.
Bekanntmachung.
Den Ortspolizeibehörden läßt man mit nächster Post ein Musterexemplar -es neuen Dienstbuchs zur Aufbewahrung in der Gemeinderegistratur zugehen.
Wegen des Aufbrauchs des etwa noch vorhandenen Vorrats an Formularen der bisherigen Einrichtung wird auf den Min.-Erlaß vom 30. Oktober 1901 (Min.-Amtsblatt S. 248) hingewiesen.
Calw, den 14. Dez. 1901.
K. Oberamt.
Voelter.
Bekanntmachung.
Die Ortswege in Weltenschwann sind wieder fahrbar hergestellt.
Calw, 16. Dez. 1901.
K. Oberamt. Voelter.
Tagesnemgkeiten.
* Calw, 16. Dez. Zur Ausführung der Korrektur der Altburger Steige sind Ser- schiedene Offerten eingelaufen. Bemerkenswert ist, daß das Angebot einer großen Schwankung unterworfen ist. Beim höchsten Angebot werden 17"/» Aufschlag und beim niedersten 15 "/° Abschlag geboten. Die Differenz beträgt somit 32 °/°. Der Zuschlag an einen Unternehmer wird nach der vorgesehenen Frist erfolgen.
Calw, 15. Dez. Gestern nachmittag wurde alt Schultheiß Wolf in Zwerenberg beerdigt. — Der Verkehr auf dem Walde wird bereits per Schlitten bewerkstelligt, indem in den letzten Tagen viel Schnee gefallen ist. — Fuhrwerkbesitzer Sch. hier erlitt in verflossener Nacht einen sehr empfindlichen Verlust, indem eines seiner Pferde dem andern einen Fuß abschlug.
Marbach, 13. Dez. Ein seit Jahren verschwunden gewesener Schillerbrief, einer der umfangreichsten (6 eng vollgeschriebene Seiten 4°) und inhaltlich hervorragendsten, ist dieser Tage Sr. Exz. dem Herrn Staatsminister Frhrn v. <soden, als dem Vorsitzenden des Schwäbischen Schiller- vereinS, schenkweise für das im Bau begriffene Schillermuseum in Marbach durch Herrn Landauer in Gerabronn, dessen Bruder den Brief in London in einer Auktion ersteigerte, übergeben worden. Der Brief ist vom 10. März 1789 mit einem Nachtrag vom 12. März. Er ist an Gottfried Körner gerichtet und enthält neben vielerlei Anderem namentlich den ausführlichen Plan Schillers zu einem Epos über Friedrich II., König von Preußen und gewährt einen tiefen Einblick in die Gewissenhaftigkeit und den Eifer Schillers bei den Vorstudien zu seinen historischen Werken; Schiller kam später (1791) von der Ausführung dieses Planes, dieser „Riesenarbeit der Idealisierung Friedrich's II.", ab. Der Brief wurde zuletzt abgedruckt von Jonas „Schiller's Briefe, 1892, 11. Band S. 252", aber nicht nach dem Original, das Jonas nicht zu ermitteln vermochte, sondern aus Gödeke's Ausgabe, also noch mit allen den vielen Ungcnauigkeiten jenes Druckes. Für die Feststellung des Urtextes ist daher diese Schenkung des Originals von großem Wert.
Ulm, 11. Dez. (Schwurgericht.) Ein betrübendes Bild bäuerlicher Verarmung entrollte die heutige Verhandlung gegen die 40jährige Bauersfrau Barbara Diesch und ihre Schwester Gertrud Werz wegen betrügerischen Bankerotts bezw. Beihilfe hiezu. Die Beweisaufnahme ergab folgendes. Die Angeklagte Diesch ist die zweite Ehefrau des 45 Jahre alten, seit langem kränklichen Bauern Andreas Diesch in Schlechtenfeld, Gde. Kirchen, OA. Ehingen. Der Bauer heiratete 1880 aus den damals auf 80 000 gewerteten und mit 67 000 Mark Schulden belasteten Hof und brachte selbst 18 600 bares Geld mit in die Ehe. Die erste Frau starb 1886 und hinterließ zwei Kinder, denen zusammen 8400 als Erbabfertigung auf zweite Hypothek eingetragen wurden. Damals wurde das Anwesen aus 60 000 ^ veranschlagt und die Schulden betrugen 42 000 Das Hauswesen
konnte ohne Frau nicht bestehen und so verehelichte sich ein Jahr darauf der Bauer mit der Angeklagten Barbara, geb. Werz, aus Aepfingen. Außer einer Aussteuer im Werte von 500 brachte die zweite Frau nicht viel auf den Hof. Die übergroße Schuldenlast lastete schwer auf den Eheleuten, die sich die redlichste Mühe gaben, vorwärts zu kommen. Bald stellte sich beim Manne Kränklichkeit ein; er wurde bettlägerig, hörte nicht mehr recht und war, wie sich die Frau ausdrückte, „wankelmütigen" Sinnes. Die ganze große Sorge um das stattliche Gut ruhte nun auf den Schultern der Frau, deren Züge die Spuren unermüdlicher schwerer Arbeit und zahlreicher Kümmeruisie tragen. Um doch einigermaßen eine Stütze zu haben, zog sie ihre Schwester als Dienstmagd zu sich auf den Hof und die beiden Schwestern bewirtschafteten zuletzt ganz allein das Gut, das immer noch einen Viehstand von 15 Stück aufwies. Da stellte sich auch noch das Unglück ein; zwei wertvolle Pferde gingen zu Grunde, sieben Stück Vieh fielen an der >' Maul- und Klauenseuche, eine Scheuer fiel teilweise zusammen, 1200 gingen bei einer Bürgschaft verloren u. s. w. Es wurden, um etwas Luft zu bekommen, für 30 000 Aecker verkauft; aber der Erlös reichte nicht hin, um die Pfand- und laufenden Schulden zu decken. Schon 1899 wurde der Verkauf des Anwesens erwogen; aber das Gebot war ein zu niedriges. Um die drängendsten Gläubiger zu befriedigen, lieh der Handelsmann Einstein aus Laupheim 3000 ^ unter der Bedingung, daß seine Forderung an zweiter Stelle eingetragen werde. Das Muttergut der Kinder kam dadurch an dritte Stelle, und das war der Grund, warum das Vormundschaftsgericht einem späteren Verkauf, den Einstein zu 33 000 abgeschlossen hätte, die Zustimmung versagte; es hätten die Kinder der 1. Ehe ihr Muttergut dabei eingebüßt. Nun wurde der Gerichtsvollzieher ständiger Gast. Am 13. Mai d. I. kam er das erstemal. Am andern Tag und etwa 8 oder 14 Tage später ließ nun die Barb. Diesch im Einverständnis mit ihrer Schwester Gertrud Hauseinrichtungsgegenstände, Leinwand, Wäsche, Kleider im Gesamtwert zu 581 durch den 16jährigcn Sohn Josef aus 1. Ehe zu ihrem Schwager Rechtsteiner in Aepfingen, bei dem die Gertrud das Wohnrecht hatte, schaffen. Sie will dies gethan haben, um ihrer Schwester, die für zwei Jahre den Lohn gut hatte, einen Ersatz zu geben. Der Gerichtsvollzieher fand, als er am 14. Aug. l. I. zum siebtenmale kam, nichts Pfändbares mehr vor. Daraufhin stellte Einstein am 19. August Antrag auf Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung und die Oberamtssparkasse Reutlingen, die ein Kapital von 29 000 und 1300 Zinsen auf dem Anwesen stehen hatte, ans Eröffnung des Konkurses, welch letzterem am 29. Scpt. entsprochen wurde. Die Barbara Diesch wurde wegen betrügerischen Bankerotts u. Gläubigerbegünstigung, ihre Schwester wegen Beihilfe unter Anklage gestellt. Die Geschworenen ließen wohl ihr Herz mitsprechen, als sie ihren Spruch aus „Nichtschuldig" abgaben. Die bedauernswerten Schwestern wurden daraufhin sreigesprochen.
Berlin, 13. Dez. Aus Not erhängten sich in ihrer Wohnung die 55jährigc Frau eines Droschkenkutschers und deren Schwester, eine 46jährige von ihrem Manne verlassene Arbeiterfrau.
Berlin, 13. Dez. Der Lokal-Anzeiger meldet aus Budapest: Ungefähr 1500 Bäckergehilfen und Arbeitslose hielten gestern Abend eine Versammlung ab, nach welcher sie zum Arbeits-