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Im „Verein für Erdkunde" in Halle hat Professor Alfred Kirchhof unter Berufung auf den berühmten Geographen und Forschungs- reisenden v. Richthofen dieser Tage darauf hin gewiesen, daß die Blicke Deutschlands bereits im Jahre 1870 auf die Erwerbung der Kiao- tfchau-Bucht gerichtet waren. Nach Richthofen hat Fürst Bismarck bereits 1870 die Be setzung der Kiaotschau. Bucht beabsichtigt. Die deutschen Pläne gerieten durch den Ausbruch des Krieges von 1870 in den Hintergrund.
Berlin, 25. Jan. Das Landgericht verurteilte heute den verantwortlichen Redakteur des „Kladderadatsch", Johannes Trojan, wegen Majestätsbeleidigung zu zwei Monaten Festungshaft.
Die Ergebnisse der preußischen Einkommen- und Ergänzungssteuer Veranlagung für 1896/97 lassen erkennen, daß die Erwerbs- und Vermögens - Verhältnisse im letzten Jahre sich recht günstig gestaltet haben. Der Aufschwung in Industrie und Handel und die bessere Arbeits- Gelegenheit, die in Preußen unzweifelhaft statt gefunden haben, machen sich auch in der Steuer- Statistik bemerkbar.
Wie sich sozialdemokratische Blätter gegenseitig behandeln, zeigt u. a. eine Probe aus der „Leipz. Volksztg." Das Organ des Reichstagsabgeordneten Schönlank sagt vom „Vorwärts": Der „Vorwärts" hat bewußt ge
fälscht_ Mit dem „Vorwärts", der so gröb
lich den litterarischen Anstand und die elemen- tarischen Grundsätze der journalistischen Ehren. Hastigkeit verletzt, diskutieren wir hiernach nicht «ehr. In den Augen aller ehrenhaften Leute ist er gerichtet." In derselben Tonart wird vermutlich der „Vorw." den Angriff der „Leipz. Volksztg." beantworten.
Ein erbitterter Wahlkampf ist in den letzten Tagen zum Ausgang gelangt. Zwei Mal schon hatten sich Nationalliberale und Freisinnige bei derLandtagswahl in Lörrach- Land gemessen, in beiden Fällen h^tte jedoch die badische Kammer das Resultat, die freilich nur mit winziger Mehrheit erfolgte Wahl des nationalliberalen Kandidaten Dreher, für un- giltig erklärt. Bei der nun vorgenommencn dritten Wahl ist Dreher unterlegen, er erhielt
61 Stimmen, sein freisinniger Gegner Hagist
62 Stimmen; demnach hat die Demokratie den bislang nationalliberal vertreten gewesenen Wahlkreis Lörrach Land erobert, falls sich ange sichts der geringfügigen Stimmenmehrheit des Siegers nicht etwa wiederum ein Ungiltigkeitsgrund herausstcllt.
Herne i. Wests., 24. Jan. Heute früh entgleiste bei der hiesigen Station der Berlin- Kölner Schnellzug. Einer amtlichen Meldung zufolge sind vier Personen getötet worden und 26 verwundet, darunter 11 schwer. Das Unglück ist entstanden durch Defekt eines Herzstücks, so daß beim Uebergange über eine Weiche Lokomotive, Tender und der Postwagen auf ein zweites Geleise übersprangen, während der übrige Teil des Zuges sich losriß und auf dem richtigen Geleise weiterfuhr. Die Strecke ist gesperrt, der Verkehr wird durch llmsteigen aufrecht erhalten.
Nürnberg, 21. Jan. Der „Nürnberger Anzeiger" erzählt: Vor einiger Zeit mußte sich ein hiesiger 80jähriger Kaufmann einer Operation bei einem Erlanger Professor unterziehen. Der Verlauf war sehr glücklich, sodaß der Mann nach wie vor seine Abendgesell chaften besuchen konnte. Wer beschreibt aber sein Erstaunen, als ihm in den ersten Tagen des neuen Jahres ein Brief nnt der Aufschrift: „An die Relikten (Hinterbliebenen) des Kaufmanns N. N." zugestellt wurde. Der Brief enthielt die Liquidation des Erlanger Professors. Die Verlegenheit des letzteren, als ihm der Totgeglaubte persönlich den Betrag der Rechnung überbrachte, läßt sich leicht denken.
M a i n z, 21. Jan. Die hiesige Handelskammer feiert am 30. Januar ihr lOOjähr. Bestehen. Sie hieß ursprünglich — 1798 — „Kommcrzkammer" und sollte, wie es nach dem Beschlüsse der damaligen städtischen Verwaltung hieß, die Interessen des Handels vertreten.
Karlsruhe, 24. Jan. Wie in früheren Jahren, so sollen auf Anordnung des Großher- zogs von jetzt ab bis Ostern in der Schloßkirche Vorträge von auswärtigen Geistlichen der evangelischen Kirche statifiaden, und zwar jeweils am Mittwoch unter Mitwirkung des evangelischen Hofkirchenchors. Den ersten Vortrag wird am 26. d. Mts. Pfarrer Riehm aus Kieselbronn halten.
In Niederbühl (Amt Rastatt) haben, wie man in der „Bad. Landesztg " liest, am letzten Mittwoch zwei dortige Landwirte auf einer Wiese an der Sasbach Oehmd gemäht und anderen Tags geerntet. Im Januar gewiß eine Seltenheit!
Württemberg.
Stuttgart, 25. Jan. Der König reist morgen mit der Prinzessin Pauline nach Berlin behufs Teilnahme am Kaisers- geburtstagsfest Die Königin mußte auf ärztlichen Rat auf die Berliner Reise verzichten undwechseltehierüber mit der Kaiserin Telegramme, die das gegenseitige Bedauern aussprachen.
Die Verfassungskommission hat gestern die zweite L sung des Verfassungsgejetzes begonnen Zunächst entspann sich eine langwierige Erörterung über die Frage, ob eine zwei Drittel Mehrheit erforderlich sei nur bei der Abstimmung über das ganze Gesetz (so der Berichterstatter Kiene) oder auch bei der Abstimmung über die einzelnen Artikel (so der Mitberichterstatter Prälat v. Sandberg er.) Die Beschlußfassung wurde ausgesctzt, bis die Vorträge der beiden Berichterstatter vorliegen Alsdann wurde übergezangen zu Art. 1, betr. die Zusammensetzung der ersten Kammer. Die Beschlüsse der ersten Lesung wurden aufrecht erhalten, darunter auch derjenige, welcher die Ernennung weiterer erblicher standesherrlicher Mitglieder der I. Kammer ausschließt. Auch die Kommission für das Ortsvorsteherg esetz hat gestern ihre Arbeiten begonnen.
Zur Einführung des bürgerlichen Gesetzbuchs. Wie der „Schm. Merkur" vor einigen Tagen berichtet hat, sollen beim Landgericht Stuttgart von jetzt ab periodische Vorträge über das neue bürgerliche Recht für die in Stuttgart domizilierten Richter und Anwälte stattfinden. Damit ist auch in Württemberg, ähnlich wie in den übrigen deutschen Bundesstaaten, der dringend gebotene Anfang einer systematischen Einführung jener beiden Bervfs- klassen, welche in erster Linie mit der Handhabung des neuen Rechts sich zu befassen haben werden, in die künftige Rechtsordnung gemacht. Sehr erfreulich wäre es. wenn auch etwas ge schehe, dem großen Publikum die Kenntnis des künftigen Rechts zu vermitteln. Das würde am besten geschehen durch öffentliche populäre Vorträge geeigneter Persönlichkeiten. Die geeigneten Persönlichkeiten sind überall die Herren Juristen. In Erfurt z B. hat sich ein Kreis von Richtern und Anwälten zusammengethan, die abwechselnd öffentliche populäre Vorträge über das neue bürgerliche Gesetzbuch halten; letztere erfreuen sich stets eines sehr zahlreichen Besuches.
Stuttgart, 22. Jan. Unter dem Vorsitz des Geh. Hofrats Dr. v. Jobst fand hier kürzlich abermals in Sachen der Hebung der Neckarschifffahrt eine Beratung der Stadtvorstände von Stuttgart. Heilbronn, Eßlingen, Cannstatt und Marbach sowie der Vorsitzenden der beiden Handelskammern Stuttgart und Heilbronn samt deren Mitgliedern statt. Um volle Klarheit in der Sache zu erlangen, soll Bauamtsassessor Specht, Privatdocent an der technischen Hochschule zu Karlsruhe, mit der Ausarbeitung einer allgemeinen Skizze mit annähernd bemessenem Kostenüberschlag und möglichst zutreffender Betriebsrechnung sowohl für die Strecke Mannheim-Heilbronn, als auch Heilbronn-Eßlingen beauftragt werden. Die Arbeit dürfte in einigen Monaten vollendet sein, die Kosten des Planes werden von den beteiligten Städten und Körperschaften aufgebracht.
Eßlingen, 25. Jan. Der Absatz der Loose der Eßlinger Geldlotterie zur Freilegung der Frauenkirche scheint ein guter gewesen zu sein, da nun der Preis für ein Mn Mark Loos eine Mark und 10—20 Pfennig beträgt.
Am Mittwoch besuchte Univerfitätsprofessor Dr. Liebermeister in Begleitung des Oberamts, arztes Schneckenburger aus Tuttlingen das „schlafende Mädchen" in Nen,d i n g e n, Johanna Mattes, das nun 166 Tage ohne Nahrung ist. Dem Rate des Herrn Professors, das Kind in die Universitätsklinik zur genauen Beobachtung und sachkundigen Behandlung zu verbringen, wollten die Eltern nicht Folge geben, was in, Interesse der Wissenschaft wie des Kindes sehr zu bedauern ist.
HofLembach (Marbach), 24. Jan. (Mütter gebet acht.) Das 1V, Jahre alte Kind der Familie F fiel während der augenblicklichen Abwesenheit der Mutter in einen mit heißer Waich, brühe gefülltem Kübel und erhielt dadurch solche Brandwunden, daß es sterben mußte.
Stuttgart. sLandesproduktenbörse. Bericht vom 24. Januar von dem Vorstand Fritz Kreglinger.j Die Tendenz im Getreide Geschäft hat sich in der abge. laufenen Woche wesentlich befestigt, indem Amerika und die Laplatastaaten ihre Forderungen ziemlich stark er- erhöhten. England trat stark als Käufer auf. Die Landmärkte sind unverändert. — Mehlpreise per l00 Kilogr. tnkl. Sack: Mehl Nr. 0: 34 bis 35 — -f, Nr. 1 : 32 ^ bis 33
Nr. 2 : 30 50 bis 31 ^ 50 Nr. 3 : 29
bis 29 50 ^z, Nr. 4: 25 -4L — bis 25 50
Suppengries 34 50 ^ bis 35 50 Kleie 8
Ausland.
In der französischen Deputiertenkammer ist am Samstag wieder einmal eine große Schlacht in Sachen Drehsus ausgcfochten worden, aber nicht nur mit den Waffen des Geistes, sondern zuletzt auch mit den Fäusten. Denn Monarchisten und Sozialisten gerieten bei ihren Auseinandersetzungen über die Dreyfus-Affaire in eine regelrechte Prügelei mit einander, die schließlich die Aufhebung der Sitzung nötig machte. Infolge dieses Zwischenfalles herrscht in den Pariser parlamentarischen Kreisen noch immer große Erregung. Daneben gehen in Paris die Kundgebungen gegen die Verteidiger des Kapitäns Dccyfus weiter, in. welchem Sinne am Sonntag wieder mehrere größere Demonstrationen statt fandeo. Zu sehr ernsten Slraßenunruhen führt! jedoch die antisemitische Bewegung in Algier, die Tumultanten begannen die jüdischen Läden zu plündern, ebenso jüdische Wohnhäuser, ja sogar hie und' da Feuer an dieselben zu legen. Gensdarmerie und Polizei waren nicht im Stand! die Ordnung wiederherzustellen, es mußte vielmehr Militär einschreiten. Dasselbe ging mit dem Bajonett vor, wodurch zahlreiche Tumultanten verwundet wurden; zwei der Verwundeten starben alsbald, infolge dessen die Erregung in der christlichen Bevölkerung Algiers noch weiter gestiegen ist. Die Antisemiten haben geschworen, die beiden Toten an den Juden zu rächen, so daß die Erneuerung der augenblicklich unterdrückten Straßenemeuten befürchtet wird; an denselben hat auch viel notorisches Gesindel teil- genommen. Die Hauptstraßen werden von den Truppen gesperrt.
Paris, 25. Jan. Die Deputiertenkammer nahm trotz dem Einsprüche des Kriegsministers mit 234 gegen 208 Stimmen einen Antrag an, nach welchem eine Erinnerungsmedaille an den Krieg 1870/71 gestiftet werden soll.
Aus der Schweiz, 20. Jan. In Lausanne hatte ein rumänischer Student einem Vaterlandsgenossen seinen Paß gestohlen und schickte sich an, mit diesem Ausweispapier am Postschalter eine eingeschriebene Wertsendung auf den Namen seines Freundes zu erheben. Er war sehr erstaunt, als er statt in den Besitz der Sendung in die Hände eines handfesten Polizei- unterosfiziers geriet. Auf dem Wege zum Gefängnis zog der Verhaftete heimlich einen Revolver aus der Tasche und schoß sich eine Kugel in den Unterleib.
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