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Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

Neuenbürg, 17. Dez. (Unlieb verspätet.) Die vom landw. Bezirksverein am letzten Sonn­tag in Dobel abgehaltene Plenarversamm­lung hatte sich trotz der zweifelhaften Witterung eines sehr guten Besuchs von nah und fern zu erfreuen. In seiner Begrüßungsansprache gab der Vereins - Vorstand, Oberamtmann Pfleiderer, seiner Freude über den zahlreichen Besuch Ausdruck, warf einen Rückblick aus das ablaufende Jahr, das dem Landwirt nicht günstig gewesen sei und gab ein Bild über die Thätig- keit des Vereins insbesondere aus dem Gebiet der Vieh- und Schweinezucht, der Saatfrüchte- Vermittlung und des Obstbaues. Den ersten Gegenstand der Beratung bildete die Wahl des Vorstandes, seines Stellvertreters, sowie der Mitglieder des Vereins- und Gauausschusses. Diese durch Aklamation vorgenommenen Wahlen brachte sämtlichen Funktionären die wohlverdiente Anerkennung ihrer Thätigkeit durch einmütige Wiederwahl. Hierauf kamen die bei der staat­lichen Bezirks-Rindviehschau am 2. Juli d. I. zuerkannten Prämien und Diplome zur Ver­teilung und es erhielten: a) für , Farren:

III. Preis (100 Mich. Lehmann, Beinberg;

IV. Preise (80 Jakob Stahl, Bauer, Langenbrand; Gottl. Seybold, Bauer, Maisen­bach; Gottl. Spiegel, Bauer, Ottenhausen; Heinr. Rentschler, Grunbach; b) für Kühe: II. Preise (100 Chrn. Burghardt, Bauer, Engels­brand; Gottl. Rentschler, Grunbach; IV. Preise (60 Chrn. Dittus, Gipser, Grunbach; Lud. Reh, Landwirt, Conweiler; Ernst Merkte, Schreiner, Grunbach; Fried. Schönthaler, Rud­mersbach; W. Walz z. Löwen, Salmbach; W. Härter z. Sonne, Neusatz und Schultheiß Volle, Schwarzenberg. Nunmehr hielt Hr. Gartenbau- Inspektor Held aus Hohenheim einen sehr ein­gehenden, lehrreichen Vortrag, der auch des Humors nicht entbehrte, über denObstbau mit besonderer Berücksichtigung der Schädlinge und ihre Bekämpfung". Er führte dabei etwa Folgendes aus: Es ist eine schwierige, aber unerläßlich notwendige Aufgabe eines jeden Baumbesitzers, die Schädlinge, die ihm nickt nur die Erträgnisse seiner Obstbäume zerstören, son­dern diese oft selbst zum Kränkeln oder völligen Absterben bringen, mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zu bekämpfen. Schon in früherer Zeit ist diese Kalamität vorhanden gewesen, aber glücklich beseitigt worden. Ins­besondere waren es die Klöster, die für Pflanz­ung und Pflege der Obstbäume vieles gethan haben. König Wilhelm I. von Württemberg erließ eine Verordnung, bei Vermeidung einer Strafe von 2 Leimringe um die Obstbäume zu legen. Auch in unserer Zeit wäre es mög­lich, die Feinde unserer Obstbäume mit Erfolg zu bekämpfen, wenn nur jedermann an diesem Kampfe sich beteiligen wollte. Wenden wir vor allen Dingen der Hegung und Pflege der so nützlichen Singvögel in erhöhtem Maße unsere Aufmerksamkeit zu. Besonders viele Raupen werden von Meisen verzehrt. Jede Meise frißt täglich so viele Raupen, als sie schwer ist. Durch Herstellung von Vogelnistkästen, deren Fluglöcher aber nicht mehr als 2 cm Durchmesser haben dürfen, könnten insbesondere junge Leute die langen Winterabende in nutzbringender Weife anwenden. Auch vergesse man Winters die Fütterung der Vögel nicht, denn reichliches Futter macht sie widerstandsfähiger gegen den Frost. Auch die Wandervögel, Spechte, Schleier­eulen sollten ihres großen Nutzens wegen mehr geschont werden. Wer einen Laufkäfer zertritt, oder ein Herrgottskäferchen tötet, weiß nicht oder will es nicht wissen, welche gefährlichen Feinde der Obstbaumschädlinge gerade diese Insekten sind. Welches sind nun die bekanntesten unter diesen Schädlingen? 1) Der Frostspanner. An Apfel- und Kirschbäumen richtet er manchmal großen Schaden an. Bekämpft kann er nur werden durch Leimringe, die um den Stamm gelegt werden, und deren Leim öfters erneuert werden muß. Die Ringe müssen mehrere Jahre hintereinander angebracht werden. 2) Der Apfelblütenstecher, auch Kaiwurm genannt, ist ein Rüsselkäfer, der die Blütenkelche anbohrt

und dorthin seine Eier legt. Als Schutz- und Vertilgungsmittel sind vor allem Abscharren der Baumrinde, Bestreichung des Stammes mit Kalkmilch u. Umlegen von Ringen aus Holzwolle zu empfehlen. Die Käfer suchen in denselben ihr Winterquartier auf und können so beim Abnehmen der Ringe getötet werden. Sehr schädlich, besonders für junge Obstbäume, ist 3) der Splindkäfer, welcher unter der Rinde in den Splind des jungen Holzes seine Gänge bohrt und durch die dadurch eintretende Saft­stockung bewirkt, daß der junge Baum abstirbt. Das Holz desselben darf nicht liegen gelassen, sondern muß sofort verbrannt werden. 4) Um die Uebertragung des Borkenkäfers auf den jungen Stamm zu verhüten, sollen die Baum­pfähle geschält sein. 5) Die Schildläuse kommen an Reben häufig vor. Letztere müssen daher im Herbste mit einer scharfen Bürste abgebürstet und die Reben mit Lehm überstrichen werden. Ein Hauptmittel, die Bäume gegen genannte Schädlinge widerstandsfähiger zu machen, ist eine reichliche Untergrundsdüngung, bestehend ans Gülle und Asche, die in Gräben, die außen an Baumspitzen um den Stamm gezogen werden, gebracht und dann wieder bedeckt werden. Mit Gülle allein zu düngen wäre verfehlt, weil ihr die zur Erzeugung der Blüten notwendige Phosphorsäure fehlt. Für Bäume mit wenig Trieben hat man mehr Gülle, für solche mit geringer Fruchtbildung mehr Holzasche zu nehmen. Auch künstlicher Dünger wird hiebei mit großem Erfolge angewendet. 4 k§ Thomasphosphat­mehl, 4 k§ Kainit und 2 kg Chilisalpeter reichen aus zur Düngung eines mittelgroßen Obstbaums. Was den Baumsatz anbelangt, so merke man sich, daß junge Bäume in der Regel nicht an die Stelle abgegangener gesetzt werden dürfen. Kann dies aber, z. B. an Straßen, nicht ver­mieden werden, so grabe man eine möglichst umfangreiche Grube und fülle dann diese beim Setzen des Baumes mit neuer Erde aus. Als Untergrundsdünger ist hiebei Kunstdünger mit Erde vermischt zu verwenden. Kalkarmer Boden muß mit Kalk vermischt werden. Bei eintretender Blattfallkrankheit müssen die Bäume bespritzt, das gefallene Laub zusammengerechnet und nach dem Streuen reichlich mit Gülle überschüttet werden. Redner schloß seinen Vortrag mit den Worten:

In jeder Not

Dir zu Gebot

Zwei Freunde stehn:

Dein eigen Ich

Und Gott, der Dich

Nicht läßt vergehn.

Reicher Beifall lohnte den Redner für seinen gediegenen Bortrag. Oberamtsbaumwart Weiß, Ottenhausen, beleuchtete noch einige andere Seiten des Obstbaues, insbesondere die Obst­verwertung und empfahl in obstreichen Jahren das Obstdörren. Das Ausschußmitglied Zelt­mann lenkte die Aufmerksamkeit auf das viel­fach geringe Interesse, das die Landwirte den Be­strebungen des landw. Vereins entgegenbringen und mahnte zum Beitritt in den Verein. Desgleichen thaten dies Inspektor Held und Bereinssekretär Kübler, welch letzterer insbesondere darauf hinwies, wie der geringe Beitrag jedem Einzelnen wieder zu Gut komme und wie die Thätigkeit des Vereins eben nur dann erfolgreich sein könne, wenn der Verein einen guten Rückhalt an seinen Mitgliedern habe.

HZ Neuenbürg, 16. Dezdr. (Corr.) In auswärtigen Blättern wird berichtet über eine Gabe von 2000 Mark, welche Herr Kommerzienrat Schmidt dem hieß Turnverein zu feinem Turnhallebau'onds zugewiesen hat. Wenn dieser erfreulichen Thatsache bis heute im Enzthäler noch keine Erwähnung gethan worden ist, so ist dies allein damit zu erklären, daß eine Veröffentlichung nicht im Sinne des gütigen Spenders lag, wie auch heute festgestellt bezw. berichtigt werden soll, daß an die Spende keinerlei Bedingung geknüpft worden ist. Gleichwohl ist durch diese hochherzige, für die Turniache opfer- freudige Gabe das Projekt der Erstellung einer Turnhalle nun in ein Stadium getreten, welches eine baldige Entscheidung der Frage erheischt. Es kann das Projekt wohl nicht mehr von der Hand gewiesen werden. Wie allerwäcls. wenn

es sich um öffentliche Gebäude handelt, so tritt auch in dem vorliegenden Fall die Frage des Bauplatzes in den Vordergrund und dies mit vollem Recht man denke an das Stuttgarter Rathaus oder an den schon so lange fraglichen Platz eines künftigen Theaters oder Saalbaues im benachbarten Pforzheim. Wenn man aber hier weiß, daß ein Staatsbeitrag nur für den Fall zu erwarten sein dürfte, wenn die Turnhalle nächst dem Schulhaus zu stehen kommt, weil die Halle nur dann für den Turnunterricht der Schülerklassen in Betracht kommen kann, so dürfte die Entscheidung von vornherein getroffen sein, denn auf den Staatsbeitrag wird wohl nicht verzichtet werden wollen; im Gegenteil, man hofft, daß solcher etwa ein Drittel der Baukosten betragen werde. Da der vom Turnverein ersammelte Baufonds, einschlßl. des oben er­wähnten reichen Beitrags, wieder etwa ein Drittel der Kosten decken wird, so hätte die Stadt noch den Rest zu verwilligen. Der Platz beim Schulhaus würde sich ganz und gar für die Turnhalle eignen und es ist nicht abzusehen, warum dafür von gewisser Seile dem bisherigen Turnplatz am Sägerweg das Wort geredet wird. Doch nicht, weil dies zufällig der bisherige Turnplatz ist, oder weil für ihn eine gewisse Vorliebe mehrerer in der Nähe wohnender Leute besteht? Maßgebend allein kann doch nur die jetzige Lage des Schulhauses sein; denn da der seitherige Turnplatz gerade am andern Ende der Stadt liegt, so wären die Schulklassen genötigt, vor Beginn des Turnunterrichts stets den langen, zeitraubenden Weg dahin zu machen. Dieser Umstand muß ausschlaggebend sein und eS wird deshalb, wenn ein Staatsbeitrag in der gedachten Höhe erhofft wird, an dem Platz beim Schulhaus festgehalren werden müssen, auch noch deshalb, weil, wenn die künftige Halle ihrem allgemeinen öffentlichen Zweck dienen soll, dieselbe auch einen günstigen leicht zu­gängliche», nicht allzusehr von der Mitte der Stadt gelegenen Platz erhalten muß. Von diesen Gesichtspunkten aus wird der Schulhausplatz von der Mehrheit der Einwohnerschaft als der allein richtige erkannt werden und man kann nur wünschen, daß die Platzfrage kein Hindernis bieten, daß vielmehr der Bau einer städtischen Turnhalle rasch möglichst gefördert werden möge.

Neuenbürg. (Linges.) Sonntag und Montag ist auf dem Turnplatz ein Löwen- und Bärentheater aufgestellt, lieber dasselbe schreibt eine Mannheimer Zeitung bezw. der Pf, Anz.:Als besonders hervorragende Sehenswürdigkeit tst unstreitig das weltberühmte und beliebte Theater der Geschw. Bügler zu nennen. Staunenerregend sind die Leistungen der jungen Damen, welche sich mit einer gewissen Tollkühnheit der Bestie im Zwinger entgegen­wagen. Es versäume niemand, dieses Theater zu besuchen."

Neuenbürg, 18. Dez. Auf dem heutigen Schweinemarkt wurden Milch­schweine zu 1824 oiL verkauft.

Deutsches Weich.

Unter Teilnahme des Kaisers und seiner drei ältesten Söhne hat sich am Donnerstag vormittag in Kiel die Abfahrt der zur Ver­stärkung des deutschen Geschwaders in Ostosien bestimmten KreuzerDeutschland" undG.fion" nach ihrem fernen Ziel vollzogen. Der Kaiser und die Prinzen gaben an Bord derDeutsch­land" ihrem Bruder und Oheim, dem Prinzen Heinrich von Preußen, der als Kommandant des zweiten Kreuzergeschwaders für Ostasien be­rufen ist, eine hervorragende Rolle in der weiteren Aktion Deutschlands gegen China zu spielen, das Abschiedsgeleite bis Rendsburg. Am Mittwoch nachmittags 3 Uhr war der Kaiser, begleitet von dem Prinzen Adalbert, in Kiel ein­getroffen, nachdem er unterwegs in Hamburg einen 1 '/»ständigen Aufenthalt genommen hatte. Nach dem Empfang in Kiel besichtigte er in Begleitung des Prinzen Heinrich, des Staats» ftkretärs Tirpitz und des kommandierenden Ad­mirals Knorr denG fion", an dessen Besatzung er eine kurze, kräftige Ansprache richtete. Dann wurde auchDeutschland" besichtigt, hieraus be­gab sich der Kaiser in das königliche Schloß; hier fand abends ein Diner statt, bei welchem

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