Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

Neuenbürg, 12. Dez. Bei der gestrigen Gemeinderatswahl wurden die bisherigen Mitglieder Blaich, Gollmer, Hummel und O!pp wiedergewählt; es zeigte sich, daß der Vorschlag, dieAlten" ohne Rücksicht auf deren Partei, stellung wiederzuwählen, allgemeinen Anklang fand und so nahm die Wahl bei zahlreicher Abstimmung einen ruhigen Verlauf. Auf einem von einigen Anderen aufgestellten Zettel standen 2 der obigen Namen, trotzdem ist die Zahl der auf diese beiden Namen gefallenen Stimmen nicht entsprechend größer, ja es erhielt einer derselben sogar 4 St. weniger als einer, der nur auf dem Vorschlag stand, der denAlten" galt.

Birkenfeld, 9. Dez. Heute gingen bei der hiesigen Einwohnerschaft an eingesammelten Naturalgaben für die Gewitterbeschädigten ab: 11 Säcke Kartoffeln. 8 Säcke Dinkel. 2 Säcke Haber, 2'/i Säcke Gerste, ferner weitere bare 44 90 Geld neben der 1. Sendung von

411 «« 71 zus. 456 61 L.

So viel wir wissen, will der Herausgeber desPforzheimer Beobachters" letzteren weiter als Amtsverkündiger fortbestchcn lassen, wenn ihm behördlicherseits für die wieder- fahrene Unbill eine Genugthuung in Form einer Erklärung gegeben wird. Eine solche scheint aber nicht beabsichtigt zu sein, denn derPforz- heimer Beobachter" hört am 1. Januar auf, Amtsblatt zu sein.

Nagold, 10. Dez. (Marktbericht.) Der gestrige Markt war ziemlich gut befahren. Zu Markt wurden gebracht: 77 Paar Ochsen, verkauft wurden 33 Paar mit einem Erlös von 80987 Mk.; 123 Kühe. 58 Kälber. 46 Stück Schmaloieh, verkauft wurden 36 Kühe mit einem Erlös von 8464 Mk., 28 Kälber mit einem Erlös von 4413 Mk., 19 St. Schmalvieh mit einem Erlös von 2081 Mk., zusammen 83 St. mit einem Erlös von 14 958 Mk. Ferner wurden zu Markt gebracht: 224 St. Läufer- schweine, wovon 210 St. verkauft wurden, Preis pro Paar 3590 »1L. 205 Stück Saug- schweine, wovon 135 Stück verkauft wurden. Preis pro Paar 2331 Gesamterlös für Läuferschweine zusammen 5040fL. Gesamterlös für Saugschweine 1596 zusammen 6636 «it.

Deutsches Aeich.

Nach der vom Marine-Oberkommando fest­gesetzten Reiseroute der 2. Division des Kreuzergeschwaders wird Prinz-Admiral Heinrich bei seiner Ausreise nach Ostasien 58 Tage in See sein, che sein Flaggschiff in einem chinesi- scheu Hafen vor Anker gehen wird. In der Kiautschau-Bucht kann der Prinz-Admiral erst innerhalb der zweiten Hälfte des Februar ein- laufen.

Wie man denBerl. N. Nachr." schreibt, beginnt der deutsche Handel bereits der Flagge zu folgen. Die in überseeischen Ge­schäften erfahrenen Berliner Kaufleute hätten bereits geeignete Schritte gethan. Chefs dortiger großer Häuser hätten Vertreter ihrer Geschäfte im fernen Osten angewiesen, sich die Verhält­nisse in Kiautschau näher anzusehen. Die betr. Herren dürften schon unterwegs sein.

Der Bundesrat hat dem Entwürfe von Grundsätzen für die Handhabung von Bestim­mungen der Gewerbeordnung über den Ge­werbebetrieb im Umherziehen, insbesondere über die Mitführung von Kindern zugestimmt, ebenso dem Entwurf wegen Aenderungen des Gerichts- Verfassungs-Gesetzes und der Strafprozeßordnung, sowie Aenderungen der Zivilprozeß-Ordnung und eines dazugehörigen Einführungs Gesetzes.

Nach derPost" liegt es nicht in der Ab- sicht der Budget-Kommission des Reichstages, noch in diesem Jahre zusammenzutreten, um die ihr zugewiesene Beratung der Marinevorlage zu beginnen.

Alle deutschen Veteranen aus den Feldzügen von 1848, 1864, 1866 und 1870/71 werden behufs Aufnahme einer Statistik (Stamm­rolle pro 1898) aller noch lebenden deutschen Krieger, gebeten, ihre genaue Adresse, die Be­zeichnung der mitgemachten Feldzüge, sowie Angabe des Regimentes und der Kompagnie, welcher sie angehörlen, den Ortsbevollmächtigten

des Verbandes deutscher Kriegs-Beteranen oder dem Bureau des genannten Verbandes, Leipzig, Nordstraße 26, mitzuteilen.

Die Hinrichtung des Raubmörders Oel- schläger aus Wurzbach hat am Mittwoch früh im Hofe des Landgerichtgebäudes zu Gera durch den Scharfrichter Reindel aus Magdeburg stattgefunden.

Gegen Wanderlager u. Schleuder­geschäfte hat der Kaufmännische Verein zu Hersfeld in Hessen ein probates Mittel erfunden. Im Jahre 1892 tauchte in Hersfeld ein Wander­lager auf. ebenso Mitte ds. Js. ein weiteres; beide machten durch ihre Plakate mit riesig billigen Preisen viel Reklame und erregten damit die Aufmerksamkeit des Publikums. In beiden Fällen, d. h gegen beide Wanderlager, wurde nun folgendes Mittel angewandt: Der Vereins- Vorstand engagierte sofort einen zuverlässigen, ortskundigen Mann, stellte ihn vom frühen Morgen bis abends zum Schluß des Geschäfts ganz in der Nähe der Eingangsthür des Waren­lagers auf und ließ von ihm sämtliche Käufer oder sämtliche Personen, die das Warenlager besuchten, aufschreiben. Dem Publikum fiel dies sofort auf, es sprach sich aus, daß man aus­geschrieben würde rc . kurz und gut, das Publikum und besonders die Leute, die bei den ansässigen Kauflenten drei Jahre borgten, aber stets die ersten im Wanderlager sind, blieben fort und mieden das Wanderlager. Das bessere Publikum und diejenigen Personen, die unabhängig sind, genierten sich, hineinzugehen, weil sie wußten, daß sie ausgeschrieben wurden und ihr Besuch zur Kenntnis der Kaufleute kam. Denjenigen Kunden, die bei den Kaufleuten lange borgten und trotzdem bei dem Wanderlager kauften, wurde von den Kauflenten mitgeteilt, daß sie sofort verklagt würden, wenn sie ihre alten Schulden nicht bezahlten, sie hätten ja bares Geld für das Wanderlager gehabt, folglich müßten sie auch Geld haben, um die Schulden beim Kaufmann zu bezahlen. Die Inhaber des Wanderlagers beschwerten sich nun bei dem Landrat. dem Bürgermeister, der Polizeibehörde über das Vorgehen der Kaufleute, wurden aber überall abgewiesen, packten infolgedessen am dritten, vierten Tag ihren Kram ein und ver- schwanden aus den Mauern von Hersfeld. Dieses Mittel war in beiden Fällen vom besten Erfolge begleitet; das erste Wanderlager ist nie wieder nach Hersfeld gekommen, das zweite Wanderlager, das im September dort war, hat fast gar kein Geschäft gemacht, die Inhaberin hat sich geäußert, daß sie noch nicht einmal die städtischen Abgaben (42 Mark in der Woche) verdient hätte.

Württemberg.

Württembergischer Landtag.

(171. Sitzung.)

Stuttgart, 10. Dezbr. Die General- diskussion über den Gesetzentwurf betr. die Be­stellung und Amtsobliegenheiten der Ortsvorsteher u. Berwaltungsaktuare wird fortgesetzt. Schrempf-Schorndorf ist für Ueberweisung des Entwurfs an eine Kommission, die besonders den Artikel betr. die Rückwirkung ins Auge fassen möge. Frhr. v. Seckendorf erklärt, die Ritterschaft werde dem Eintritt in die Beratung des Gesetzentwurfs nicht entgegen sein, obwohl auch sie es für besser halte, die Einführung des bürgerl. Gesetzbuches abzuwarten. Die Wahlperiode von 10 Jahren dürfe nicht ge­kürzt werden. Die volle Pension aus allen Be­zügen sei gerecht und billig; der rückwirkenden Kraft des Gesetzes stimme die Ritterschaft nicht zu. Redner bemängelt, daß der Entwurf kein gutes Wort für die Schulzen hav^ und daß auch der Minister gestern keines für dieselben gehabt habe. Minister v. Pischek betont den letzteren Ausführungen deS Vorredners gegenüber, daß er den Schulzen nicht feindlich gesinnt sei, wenn er sie auch nicht als dieGrundsäulea des Staates" betrachte. Angesichts der Programme der einzelnen Parteien und des Beschlusses des hohen Hauses vom 3. Juli 1895 mußte die Re­gierung annehmen, daß die Abschaffung der Lebenslänglichkeit eine allgemeine Volksforderung sei. Daher könne er einer Verschleppung der

Angelegenheit nicht zustimmcn, ein Provisorium sei nicht ausreichend. Kiene-Ehingen legt noch­mals den Zentrumsstandpunkt dar. Das Zentrum sei: 1) für Abschaffung der Lebenslänglichkeit, 2) für Wahrung der wohlerworbene Rechte der Schulzen, 3) für Neuregelung der Amtsgeschäfte. Es vertritt also die Penstonsbezüge aus dem Gesamteinkommen der Schulzen. Da hierdurch aber den Gemeinden zwei Schulzen mit den­selben Bezügen entstehen könnten, so dränge sich die Frage auf, ob man nicht die Rückwirkung des Gesetzes aufheben solle. Den Standpunkt, daß der Gesetzgeber wohlerworbenen Rechte ohne Entschädigung aufheben könne, teile das Zentrum nicht. Sachs Crailsheim weist darauf hin, daß das Ministerium früher einer Anzahl Schulzen erklärt habe, die Rückwirkung würde nicht in das Gesetz ausgenommen, und von dieser Be­stimmung würde das Gesetz abhängig gemacht. Ec tritt nochmals für Aufhebung der Entscheidung ein. Minister v. Pischek konstatiert dem Bor- redner gegenüber, daß eia Widerspruch in der Haltung des Ministeriums nicht zu finden sei. Käß Backnang wünscht vor allem die Interessen der Gemeinden vertreten zu sehen und erklärt, dem Gesetzentwurf nur zustimmen zu können, wenn er im großen und ganzen so bleibe, wie er vorliegt. Haug-Ulm (Land) verwirft die Rückwirkung des,Gesetzes und Bürk-Rottweil vertritt den Standpunkt der Volkspartei und spricht für Kürzung der Wahlperioden. Haußl- mann-Balingen: Die BedürsniSfrage sei dem Volke so klar, daß er ihr keine Worte zu widmen brauche. Nicht zu unterschätzen sei aber di« Frage, ob für alle Gemeinden die gleichen Wahlperioden geschaffen werden sollen. Be- achtenswert sei die Anregung deS Abg. Hartranst- Freudenstadt, die erste Wahlperiode kürzer fest­zusetzen. Er neige der Meinung zu, daß nicht nur fachlich vorgebildeten Beamten, sondern auch intelligenten Bürgern die Möglichkeit gegeben werde, Octsvorsteher zu werden. In Hellbraun hätten sich die Schulzen einstimmig gegen die Beibehaltung der Strafgewalt beim Orts- vorsteheramt ausgesprochen; gestern sel Sachs einer der ersten Vertreter des Ortsvorsteher­standes, dafür eingelrelen. Bezüglich der Pen­sionierungen teilt der Redner den Standpunkt deS Abg. Schuhmacher-Spaichingen. Den gegen­wärtigen Zeitpunkt hält er für nicht ungeeignet, Mit Zurückstellung des Entwurfs verfolge der Landtag erne Zickzackpolitik, welche der Würde des Hauses nicht enlfpreche. Der Staat möge den Schulzen eine gerechte Entschädigung ge­währen, aber auch gerecht gegen die Gemeinden verfahren. Die Votkspartei werde die Inter­essen der Octsvorsteher mit Wohlwollen berück- sichtigen, aber die rückwirkende Kraft des Ge­setzes müsse sie beibehalten. Redner kritisiert die Haltung der deutschen Partei und deS Zen­trums dem Entwurf gegenüber. Diese Parteien möchten sich hüten» einen Beschluß zu fassen, der das Ansehen sowohl des Landtags als auch der Regierung beeinträchtige.

172. Sitzung.

Stuttgart, 11. Dez. Die Generaldisku­sion über den Entwurf eines Berwaltungsreform- gesetzes wird fortgesetzt. Mayser-Ulm (Stadt) und Wei dle-Tübingen traten für die Abschaffung der Lebenslänglichkeit ein, während Rathgeb- Ellwangen (Amt) für Aufschiebung der Ange­legenheit bis zur Einführung des bürgerl. Ge­setzbuches ist. Lan g-Neckarsulm schließt sich de« gestrigen Ausführungen HaußmannS an. Rem- Vold-Aalen verteidigt sich und das Zentruoi gegen die gestrigen Vorwürfe des Ministers von Pischek und des Abg. Haußmann, und bestreitet, daß seitens des Zentrums seit dem Jahr 1895 eine Schwenkung in dieser Frage ausgeführt worden sei. Wenn der Abg. Haußmann gestern der Lebenslänglichkeit des Rechtes diejenige der Pflicht gegenübergestellt habe, so müsse ma« konsequenter Weise, dem Staate das Recht zu- sprechen, feine sämtlichen Beamten ohne Pension zu entlassen. Die Art und Weise, in welcher der Abgeordnete Käß gestern gegen einen ehren­werten Beamtenstand vorgegangen fei, könne vom Volke nicht gut geheißen werden. DaS öffentliche Wohl werde nicht bestehen bleibe« können, so bald der Staat anfange, einen direkten