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Arbeiter hat sich dahin geäußert: wenn der Herrgott die Feldfrüchte mit seinem Wetter ver­derbe, müsse der Staat doch auch Einsicht haben und dürfe die Steuern nicht immer höher schrauben.

Neuenbürg, 1. Okt. (Kartoffelmarkt.) Weiße Kartoffeln wurden in den letzten Tagen und heute zu 2 70 rote pr. Zentner zu

2 60 pfundweise zu 3 ^ verkauft.

Pforzheim, 29. Sepl. Auf dem heutigen Schweinemarkt waren ca. 100 Ferkel zugetrieben. Von denselben wurden 72 Stück und zwar zu einem Durchschnittspreis von 18 ^ das Paar abgesetzt.

Deutsches Aeich.

Neuesten Meldungen zufolge beabsichtigt die Reichsregierung dem Reichstag alsbald nach seinem Wiederzusammentritt einen, von den übrigen geplanten Justizreformen abgesonderten Gesetzentwurf betr. die Entschädigung unschuldig Verurteilter vorzulegen und so einem längst ge­hegten Wunsch des deutschen Volkes zu ent- sprechen. Auch ein neuer Marineplan soll dem nächsten Reichstag vorgelegt werden. Der Marineplan des allerersten Chefs der deutschen Marine, Generals v. Stosch, der s. Zt. vom Reichstag genehmigt worden war, soll zeitgemäß umgeändert werden und die Wiederherstellung der Flotte nach einem bestimmten Plan stetig und ohne Unterbrechung im Ersatzbau ange­bahnt werden. Hienach wäre sowohl das Per­sonal, als das Schiffsmaterial stetig zu er­gänzen. Letzteres nach einem Einheitstypus und zwar mit lauter Schiffen von ca. 12000 Tonnen Gehalt. Dieser Plan soll von jetzt an bis zum Jahre 1905 zur Durchführung gelangen und jährlich 5060 Millionen erfordern. Von ufer- losen Flottenplänen kann hieb« also wohl nicht die Rede sein und man wird sich wohl der Hoffnung hingeben dürfen, daß die verschiedenen Parteien des Reichstags ihrer Verantwortung sich bewußt sein werden, wenn sie über diesen Flottenplan abzustimmen haben.

Berlin, 29. Sept. DerReichsanz." schreibt: In der Annahme, daß eine Erweiter­ung und Verbreiterung der Kenntnis von den Ursachen der Verunglückungen bei dem Stein­kohlenbergbau durch Einsturz loser Gesteine auf Kohlenmaffen zur Verhütung beiträgt und im Hinblick auf das schätzbare Ergebnis der Unter­suchung über die Ursachen der Schlagwetter- explosionen, beschloß der Handelsminister eine Kommission von Sachverständigen zu berufen, welche die Ursachen der Unfälle durch Stein­kohlenfälle an der Hand der Erfahrungen des Inlandes und Auslandes, sowie aus eigener Anschauung eingehend zu untersuchen und ge­eignete Maßregeln zur Verhütung der Unfälle vorzuschlagen haben.

Cuxhaven, 29. Sept. Sämtliche Leichen der mit dem Torpedoboot8 26" Unterge- gangenen bis auf eine sind geborgen und um 4.55 Uhr nachmittags gelandet worden. Die­selben wurden in feierlichem Zuge, in welchem sich der Erbgroßherzog Friedrich August von Oldenburg, sowie die Herzöge Adolf, Friedrich und Heinrich von Mecklenburg-Schwerin, Offi­ziere und Mannschaften befanden, nach der Kaserne überführt, in welcher eine Trauerfeier stattfand.

Berlin, 30. Sept. Die große Liebesspende des Gustav Adolf-Vereins im Betrage von 8000 vIL erhielt die Gemeinde Jezecoo in Westpreußen. Die Gemeinden Soes- lingen in Württemberg uud Trautenau erhielten je 6136

Breslau, 29. Sept. Die Kaiserin hat, derSchless. Ztg." zufolge, im Kreise Lauban als Beihülfe für unterstützungsbedürftige Private nochmals 21000 überwiesen. Die Gesamtsumme der bisher von der Kaiserin ge­spendeten Gelder beträgt 120 600 v«

Breslau, 29. Sept. Die Abendblätter melden aus Lubliuz, daß seit gestern nachmittag in Boronow, Regbez. Oppeln, ein großes Feuer wütet, durch welches 32 Besitzungen eingeäschert worden seien.

Der Typhus bereitet sich in Beuthen

und Umgegend immer mehr aus. Bisher er­krankten 1279 und starben 75 Personen.

In Ach karren in Baden fand kürzlich ein mit seinem Sohne vom Felde heimkehrender Einwohner die Thüre seines verschlossen ge­wesenen Hauses weit geöffnet und den Schlüssel vor derselben auf dem Boden liegend. Im Hause selbst aber fand er einen Kasten, der ebenfalls verschlossen war, offen stehen und durchwühlt; 118 Geld, sowie mehrere Kleidungsstücke waren daraus entwendet. Auf dem Boden der Wohnstube lag ein Zettel, auf welchem mit Blei­stift die Worte geschrieben standen:Not bricht Eisen und die Kästen". Man entdeckte den Thäier in der Person der eigenen Schwiegertochter.

Am Sonntag den 3. Oktober d. I., vor. mittags 11 Uhr beginnend, findet im Schul- Haus zu Hochstetten (Amt Karlsruhe) eine Bezirkskartoffel-Ausstellung statt. An diese wird sich ein Karioffelessen und eine Be- sprechung über Kartoffelbau anschließen.

Rappoltsweiler, 27. Sept. In der Weingegend südlich von Reichenweier bis Ingers- heim ist dieWeinlese im Gange oder be- bendet. Die Quantität ist fast überall unter den Erwartungen. Geschäfte entwickeln sich zu Preisen von 1214 «sL die 50 Liter neuer Wein bezw. Most. Nördlich von RappoltSweiler beginnt die Weinlese in den nächsten Tagen. Hier und in Hunaweier, Reichenweier, Zellenberg und Beblenheim beginnt die Lese in etwa 10 Tagen. Die warme, heitere Witterung, welche so uner- wartet eingetreten ist, bratet jetzt die Trauben aus, so daß alle völlig reif werden können. Es kann also demnach einenHauptwein" geben und die Preise werden hoffentlich die geringere Quantität ausgleichen. Scherweiler bei Schlettstadt, 28. Sept. Seit gestern wird bei uns geherbstet und es geht uns nicht besser als allen anderen weinbautreibenden Ortschaften, in denen nicht gespritzt wurde: wo man vor drei Wochen noch von einer Mittelernte sprach, da giebt es heute kaum noch einer solchen. Der Sauerwurm und die Peronospora haben im Verein mit der ungünstigen Witterung einen solchen Schaden angerichtet, daß das Ergebnis der diesjährigen Ernte selbst hinter den Er­wartungen der ärgsten Schwarzseher zurücksteht. Da hier die Reben alle unbespritzt bleiben, so sind die Trauben alle, wenn sie nicht der Fäulnis verfallen sind, mehr oder weniger abgestanden, so daß auch die Qualität, von der man sich an- fangs August so viel versprach, bedeutend ge­sunken ist. DerNeue" wiegt nach Oechsle 6070 Grad. Die Wagen selbst aber sind so unzuverlässig, daß sie keinen sichern Anhalts­punkt geben können. Der Neue wird hier ver­kauft zu 10.4010.80 die 50 Liter, der Tresterohm zu 88.80

Württemberg.

Seine Majestät der König hat dem Gefreiten Beit im lll.-Reg. Nr. 19 wegen Rettung eines Menschen aus Todesgefahr unter Einsetzung des eigenen Lebens die Rettungs- medaille verliehen.

Durch die Beförderung des Landtagsabge­ordneten für Böblingen, Reallehrer Dr. Hart­ranft in Sindelfingen zum Rektor der dortigen Realschule ist dessen Landtagsmandat erloschen. Obgleich eine Neuwahl von Seiten der Regier- ung noch nicht ausgeschrieben ist, sind die Sozialdemokraten bereits auf dem Plan erschienen und haben den Genossen Proß als Kandidaten aufgestellt. Aussichten gewählt zu werden hat derselbe nicht, wohl aber werden die Sozial- demokraten wahrscheinlich, wie bei der letzten Stichwahl, den Ausschlag herbeiführen können. Ob der bisherige Abg. wieder als Kandidat auf- tritt, ist bis jetzt noch nicht bekannt, ebensowenig wen die deutsche Partei ausstellen will.

Der Disziplinarprozeß gegen den suspen­dierten Schultheißen Schlör von Beutelsbach hätte am 1. Oktober stattfinden sollen, mußte aber auf unbestimmte Zeit vertagt werden, da Schlör ärztliche Zeugnisse eingesandt hat, wonach er zu der Verhandlung nicht kommen könne. Irgend einmal muß er aber wieder gesund werden und wenn von einem Teil der Presse auch diese Erkrankung als ein Motiv für die

Abschaffung der Lebrnslänglichkeit der Ortsvor­steher geltend gemacht wird, so wird man dies doch wohl mehr von der komischen, als von der ernsten Seite nehmen müssen. Angenommen, ein auf 10 Jahre gewählter Ortsvorsteher habe sich schon nach 2jähriger Amtsdauer verschiedener Vergehen oder Uebertretungen schuldig gemacht, die seine alsbaldige Entfernung für die ganze Gemeinde als sehr erwünscht erscheinen lassen. In diesem Falle ist der Traft sehr kläglich, daß man eines solchen Mannes nach 8 Jahren endlich sich entledigen kann. Auch in diesem Falle bleibt nichts anderes übrig, als ein brauchbares Gesetz zu schaffen, durch welches untaugliche Ortsvorsteher ohne sonderliche Umstände vom Amt entfernt werden können.

Das Cannstatter Volksfest ist bei prachtvollem Wetter und Radau stärker besucht als seit Jahren. Die Schaubudenbesitzer und die Wirte, sowie deren Lieferanten au Bier, Würsten, Brot u. dergl. haben glänzende Geschäfte gemacht. Mit ihnen aber auch die Stadt Cannstatt, die aus demWasen" eine glänzendere Rente bezieht, als wenn derselbe aus den fruchtbarsten Aeckern und Weinbergen des Landes bestände.

Stuttgart, 27. Sept. Die Rechnung ohne den Wirt gemacht kann das Handels­haus von Geschwister Knopfs, Tübingerstr., früher Kowaliky jagen. Diese Firma verkaufte die Greiner-Pfeiffer'schen Bolksfestkarten statt zu dem verabredeten Preise von 10 zu 3 L selbst mit Verlust. Als die Verleger dies er­fuhren, ließen sie sämtliche Karten in dem Ge­schäft auskaufcn.

Cannstatt, 29. Sept. Gestern abend wurde auf dem Volksfestplatze einem ca. 30jähr. Manne von einem im Gang befindlichen Dampf- karousell ein Arm fast vollständig vom Leibe gerissen. Der Verunglückte wollte einen ent­fallenen Spazierstock wieder zu fassen f suchen und kam so dem Karousell zu nahe. Der Arm, der nur noch an einer Sehne hing, wurde auf der Sanitätswache vollends abgetrennt und der Verunglückte darauf ins Bezirkskrankenhaus ver­bracht. Gleichfalls bei einem Dampkkarousell zog sich ein Fräulein einen Beinbruch zu. Die Sanilätswache auf dem Volksfestplatze hatte vor­gestern und gestern je 16 mal in Thätigkeit zu treten.

Ravensburg, 30. Sept. In Durles­bach wurde gestern Abend zwischen 6 und 7 Uhr eine auf den Bahnkörper geratene Kuh von einer Lokomotive total überfahren und voll­ständig verschnitten. Die Lokomotive wurde ebenfalls nicht unerheblich beschädigt.

Vom Bodensee, 30. Sept. Der See fällt infolge des prächtigen Wetters gewaltig und wird bald seinen normalen stand erreicht haben.

ObstpreiSzettel.

Eßlingen, 29. Sept. Giiterbahnhof. 38 Waggon nieder!., ungar., elsäß. und rheinl. Mostobst, Preis pr. Ztr. 6 »kt 80 Reutlingen. Giiterbahnhof.

6 Waggon Holland., ital. und östr. Obst, 6 60 ^

bis 6 »kt 80 pr. Ztr. Tübingen. Güter­bahnhof. Zufuhr: 6 Waggon Mostobst. Pfälzer Birnen kosteten 5 «kt 50 Hess. Aepfel 7 >»kt 20 und Holland. Aepfel 6 »kt 80 bis 7 »kt der Ztr. Ulm. Güterbahnhof. Gestern wurden 8 Waggon verkauft. Heute stehen 25 Waggon Mostobst zum Verkauf, Handel etwas flau, Preis 6 -kt 50 ^ bis 6 «« 80 ^ pr. Ztr.

Stuttgart, 30. Sept. Kartoffelmarkt am Leonherdsplatz. Zufuhr 800 Ztr., Preis per Ztr. 3 ^t ^ bis 3 -kt 50 Krautmarkt am Marktplatz.

Zufuhr 800 Stück Filderkraut, 18 bis 20 -kl per 100 Stück.

Ausland.

Die Wirren in Oesterreich spitzen sich immer mehr zu. Vorige Woche wurde der Österreich. Landtag wieder einberufen und gleich bei der Wiederwahl des Abg. Dr. Kathrein zum Kammerpräsidenten kam es zu stürmischen Szenen. Die deutschen Abgeordneten glaubten in den Saaldienern Geheimpolizisten zu erkennen und der Abg. Wolf rief dem Ministerpräsidenten Grafen Badeni zu:Das ist eine polnische Schufterei." Graf Badeni ließ den Abgeordneten Wolf fordern und bei dem Pistolenduell erhielt der Ministerpräsident eine Kugel in den linken Oberarm. Kurz vor dem Duell hatte Graf