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scheu Botschafter in Berlin von Szögyeny zu sich bescheiden und überreichte ihm persönlich mit huldvollen Worten den Schwarzen Adler- Orden.

Berlin, 22. Septbr. Heute Bormittag ist bei dem ersten Feuerschiff in Cuxhaven das Torpedoboot 8 26 gekentert und ge­sunken. Der Kommandant, Herzog Wilhelm von Mecklenburg, und 7 Mann sind er­trunken. ^Herzog Friedrich Wilhelm von Mecklenburg-Schwerin, geboren 5. April 1871, Lieutenant zur See, unverheiratet, ein Sohn aus der dritten Ehe des f Großherzogs Friedrich Franz II. mit der Prinzessin Marie von Schwarzburg-Rudolstadt.

Eine allgemeine Landesfeier für Kaiser Friedrich am diesjährigen Geburtstage des verstorbenen Herrschers wird vom Verbände deutscher Kriegsveteranen geplant. Im ganzen Lande rüsten sich die deutschen Kriegsveteranen bereits hierzu.

Nürnberg, 21. Sept. Die 6. Hauptversammlung des Verbandes deutscherGewerbevereine nahm gestern in Nürnberg ihren Anfang. Außer den Ver- tretern der Stadt Nürnberg waren zugegen Regierungsrat Keller für die daher. Regierung. OberregierungSrat M o st h a f vom württem- bergischen Ministerium des Innern, Vertreter des großherzoglich hessischen Ministeriums, Regierungsrat Wendel als Vertreter der württ. Zentralstelle für Industrie und Gewerbe. Im Verbände sind, wie der Geschäftsbericht ergiebt, 59 056 Mitglieder. Reichstagsab­geordneter Bassermann hielt einen längeren Vortrag über die Aufgaben, welche den Gewerbe- vereinen aus dem Gesetze, betreffend die Lage des Handwerks, erwachsen. Redner wies hin auf den Rückgang gewisser selbständiger Hand- werksmeister, dem ein Wachsen der kapitalistisch, fabrikmäßigen Betriebe gegcnüberstehe. So sei es begreiflich, daß die Handwerker nach den Ursachen iorschen und den Rückgang aufzuhalten suchen. In der Handwerkerbewegung mache sich eine Ueberschätzung der Macht des Staates geltend, wie leider auch eine Unterschätzung der eigenen Kraft. Das Lehrlingswesen dagegen sei etwas, woran der Staat nicht leicht vorüber- gehen könne, weitere Maßnahmen werden sich auf die Regelung des Kreditwesens beziehen. Zu diesen Maßnahmen gehöre auch die Frage der Organisation des Handwerks. Redner entwickelte das Entstehen des Gesetzes über die Organisation des Handwerks und legte die Aufnahme des Gesetzes in Handwerkerkreisen dar. Redner widerlegt die Behauptung, daß das neue Gesetz die Gewerbevereine vernichten werde. Zum Schluß seines mit großem Beifall auf. genommenen Vortrags stellte Redner folgende Leitsätze auf: 1. Nachdem durch das Reichsgesetz vom 26. Juni 1897 die Organisation des Hand­werks zum Abschluß gekommen ist, ist es die Aufgabe der Gewcrbevereine. diese neue Organi­sation so nutzbringend als möglich für das Handwerk zu gestalten. 2. Wenn die Hand- Werkerkammern zu einer segensreichen Thätigkeit für das Handwerk gelangen sollen, ist es not- wendig, daß überall lokale Vereinigungspunkte für die Handwerker vorhanden sind. Da nach den bisherigen Erfahrungen Zwangsinnungen wenigstens für einen großen Terl von Deutsch­land nicht als geeignete Organisationen aner- kannt werden können, fällt die Aufgabe, den notwendigen Unterbau für die Handwerkcr- kammern zu bilden, den Gewerbevereinen zu.

3. Die Gewerdevcreine sind berufen, nicht nur bei den Wahlen zu den Handwerkerkammern, sondern auch bei der verwaltenden und begut­achtenden Thätigkeit derselben ihren Einfluß geltend zu machen. Es gilt dies insbesondere bei der wichtigsten Frage des Lehrlingswesens und der Fachbildung. Nur bei regen, wechsel­seitigen Beziehungen zwischen diesen Lokalvereinen und den Handwerkerkammern wird die gesetzliche Organisation nutzbringend werden können.

4. Angesichts der durch das Reichsgesetz erhöhten Bedeutung der Gewerbevereinigungen gilt es, überall da wo solche fehlen, Gewerbevereine ins Leben zu rufen, da, wo die Gewerbeoereine bestehen, diejenigen Handwerker, die den Bestreb-

ungen der Gewerbevereine bisher teilnahmslos gegenüberstanden, zur Bethätigung ihrer Kräfte heranzuziehen. 5. Seit langem haben die Gewerbevereine die Einrichtung von Handwerker- kammern erstrebt. Heute gilt es, diese neue Organisation mit dem in den Gewerbevereinen gepflogenen Geist der freiheitlichen Entwickelung im Handwerke und Gewerbe zu erfüllen und damit gleichzeitig dem Verlangen nach obligator- ischen Zwangsinnungen und dem Befähigungs­nachweis entgegen zu arbeiten. Die Versammlung zollte dem Vortrag großen Beifall und beschloß auf Antraq, den Bortrag im Druck erscheinen zu lassen.

Rastatt, 21. Sept. Nach demR. T." wird die für Auffindung des Kaufmanns Bub aus Ulm ausgesetzte Prämie von 1000 dem Fischer Adolf Busch von Illingen, der die Leiche bei Au aus dem Rhein tändele, ausdc- zahlt werden.

Württemberg.

Se. Maj. der König ist am letzten Sonn­tag nach U l m gereift, um sich am Montag früh zu den Herbstmanövern bei Herbrechtingen und Heidenheim zu begeben, mußte aber infolge des anhaltend schlechten Wetters diesen Plan in Ulm selbst wieder aufgeben. Die Manöver wurden aus demselben Grunde vorzeitig wieder abge­brochen und im Laufe dieser Woche sind nach einer größeren Festungsübung bei Ulm alle württb. Truppen wieder in ihre Garnisonen zu­rückgekehrt. Se. Majestät ist von Ulm aus nach Tübingen und Bebenhausen zu längerem Auf­enthalt gefahren.

Stuttgart. Das anhaltend regnerische und kühle Wetter hat in Feld und Flur im ganzen Lande schweren Schaden verursacht. Eine ganze Menge Oehmd ist auf den Wiesen so ver­dorben worden, daß es nur noch als Streu Verwendung finden kann. Auch eine ganze Menge von Hafer und Spätgerste hat durch den Regen schwer gelitten, die Kartoffeln beginnen im Boden zu faulen und die Trauben an den Weinstöcken. Wenn nicht bald anhaltend schönes Wetter kommt, so wird der diesjährige Wein, der den ganzen Sommer hindurch so schöne und reiche Erträgnisse versprach, ziemlich minder­wertig an Qualität ausfallen.

Cannstatt. 22. Sep. Der Neckar ist seit gestern Nacht wiederum gestiegen. Heute vormittag I0*/r Uhr zeigte der Brückenpegel 2.88 m.

Stuttgart. Sicherem Vernehmen nach geht am 1. Juli n. I. */, des Großen Bazars (an der Kronprinz- und Königsstraße) in den Besitz von Brauereibesitzer Rob. Leicht in Vaihingen a. F. über. Die Kaufsumme beträgt 160 000 Damit hat sich das 3. der großen Brauereigeschäfte io letzter Zeit in der Königs- straße bezw. deren nächster Nähe angekauft; die 3 Anwesen Tivoli Königstr. 58 und Kronpcinzstr. 15, Wulle Rothebühlstr. 1*/r und Leicht Großer Bazar repräsentieren einen Wert von 1216400 »fL.

Eine arme, von ihrem Manne verlassene Frau in Heilbronn nahm nachts ihr halb- jähriges Kind zu sich ins Bett. Am Morgen hielt sie eine Leiche im Arme. Die Mutter hatte ihr Kind im Schlafe erstickt.

Hornberg. 20. Sept. Der Verein Schwarzwälder Gastwirte-, welcher bekanntlich seinen Sitz in Hornberg hat. hält in den nächsten Tagen vom 27.. 28. und 29 ds. Mts. in Wildbad seine diesjährige Hauptversammlung ab. Der Verein, dessen segensreiche Wirksamkeit inbezug auf den Fremdenverkehr, hinlänglich bekannt ist, zählt z. Zt. 224 Mitglieder, die sich über mehr als 100 Bade- und Luftkurorte des badischen und würltembergischen Schwarzwaldcs verteilen. Im Hinblick auf die Wichtigkeit der umfangreichen Tagesordnung der Hauptver­sammlung, sowie in Anbetracht dessen» daß dieselbe diesmal in der schönen Bäderstadt Wildbad tagt, darf auf zahlreiche Beteiligung seitens der Mitglieder des Vereins gerechnet werden.

Wildberg, 22. Sept. Aus zuverlässiger Quelle erfahren wir, daß das durch die Pension- ierung des seitherigen Forstmeisters Forstrats Hopfengärtner in Erledigung gekommene Forstamt Wildberg dis zur entschiedenen Frage

über eine neue Forstorganisation nicht mehr definitiv werde besetzt werden. Zur Versetzung der immerhin für einige Jahre in Aussicht zu nehmenden Amtsverweserei ist H Oberförster Müller von Fceudenstadt bestimmt, welcher im Lauf kommenven Monats seine neue Stelle antreten wird. (Gesellsch)

F r e u d en st a d t, 20. Sept. Heute fiel hier ver erste Schnee. Auf dem Kniebis ist stärkerer Schneefall eingetreten.

Ulm, 22. Sept. (Obstmarkt auf dem Güter­bahnhof): Heute stehen 10 Eisenbahnwagen Mostobst zum Verkauf. Die Nachfrage ist lebhaft, die Preise sind wie gestern 7 bis 7,40 für den Ztr.

Ausland.

Fiume, 22. Sept. Gestern abend er­folgte in der Nähe des großen Hafens ein Zusammenstoß zwischen dem englischen Dampfer Tiria und dem P-rsonendampser Jka, der etwa 60 Personen, meistens Ausflügler aus Agram, Wien und Pest trug Der Jka sank sofort, nur der Kapitän und die Mannschaft wurden gerettet.

Fast alle Passagiere sind ertrunken.

Bayonne, 22. Septbr. Der General Bourbaki ist gestorben. Mit Bourbaki ist einer der letzten und einer der wenigen Führer des französischen Heeres aus dem letzten großen Kriege dahingegangen, die nach dessen unglücklichem Ausgange nicht des Verrates von der erbitterten Nation geziehen wurden, und die daher auch nach 1871 noch aktive Stellungen im Heere begleiteten. Charles Denis Saurer Bourbaki war 1816 zu Pau geboren, er hat also ein Alter von 81 Jahren erreicht. Sein Vater war ein griechischer Oberst, der im griech­ischen Unabhängigkeitskriege 1827 fiel. Im Juli 1870 wurde er an Stelle Bazames Kom­mandant der Kaisergarde, mit der er mit der Rheinarmee hervorragenden Anteil an den Kämpfen um Metz nahm, aber eingeschlosfen wurde. Er entkam verkleidet aus, Metz und ging in vertraulicher Sendung nach Chiselhurst, um mit der Kaiserin Eugerne Verhandlungen über den Frieden anzuknüpfen. Unverrichteter Sache zurückgekehrt, erhielt er den Befehl über die Nordarmee, deren Reorganisation er sich zunächst widmete, dadurch aber in Zwiespalt mit Gambetta geriet, der in diesen Reorgaui- sationsversuchen nur eine Verschleppung erblicke.

Er wurde abberufen und mit dem Befehl über den rechten Flügel der Loirearmee betraut, um die Ostarmee zu bilden, mit deren 150000 Mann Belfort zu entsetzen, das Elsaß wieder­zunehmen und so die deutsche Verbindung zwischen Paris und dem Rheine zu unterbrechen.

Die dreitägige Schlacht an der Lijaine, in der er den deutschen Truppen unter General Werder unterlag, machte dies Vorhaben unmöglich und zwang Bourbaki, sich nach Besancon zurückzu, ziehen. Der Weg dahin wurde ihm aber verlegt, und der tapfere Führer sah sich schließlich ge- zwungen, von PontarUer aus längs der Schweizergrenze in südwestlicher Richtung zu entkommen. Seine Lage gestaltete sich immer ^ trostloser. Seinen Truppen fehlte Verpflegung, die Niederlagen hatten demoralisierend gewirkt und die Mannszucht untergraben. Schnee und Eis machten die Gebirge unwegsam. In der Verzweiflung machte er einen Selbstmordversuch und brachte sich mittels Pistole eine ledens- gefährliche Verwundung bei. Er wurde nach der Schweiz gebracht, wohin auch seine Truppen in einer Stärke von 90000 Mann unter General Clinchants Führung gedrängt wurden. Bourbaki schwebte in Todesgefahr, genas aber wieder uud erhielt nach völliger Wiederher­stellung im Juli 1871 das Kommando des VI. Armeekorps, 1873 das des XIV. und das Gouvernement von Lyon. 1879 wurde er zur Disposition gestellt und 1881 schied er gänzlich aus dem aktiven Dienst. Seitdem ist sein Name öffentlich kaum noch genannt worden.

Der Friede zwifchen der Türkei und Griechenland ,st am letzten Samstag end- lich zustande gekommen, wenigstens sind die Präliminarien von dem Sultan unterzeichnet. Hieaach erhält die Türkei einen kleinen Gebiets­zuwachs in Thessalien, der aber alle von Mace- donien nach Thessalien führenden Pässe in sich