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ist denn hier los? Du schaust ja so mürrisch d'rein, daß man —"
Ein finsterer Blick, eine gebieterische Hand- bewegung des. Barons machten ihn verstummen.
„Wohl mag Dich die Art, wie ich Dich heute empfange, befremden." sagte dieser jetzt gemessen, „und darum sollst Du Zweck und Ursache Deiner Berufung sofort erfahren. Ich habe in letzter Zeit Anlaß gefunden, Deinem Thun und Treiben tiefer auf den Grund zu schauen und —"
„Onkel! —"
„Schweig!" rief der Baron jetzt gebieterisch. „Die Liebe und das Wohlwollen eines Baters habe ich Dir stets entgegengebracht, aber Du hast mich getäuscht, hintergangen, hast Dich nicht bemüht, das Vertrauen, das ich in den sittlichen Wert Deines Charakters setzte, zu rechtfertigen. Und um Dir von vornherein die Lust zu Ausflüchten zu benehmen, will ich Dir sagen, daß ich im Lauf der letzten drei Wochen fünf Mal in der Residenz war und dort den Spuren Deines grenzenlosen Leichtsinnes so lange nach- ging, bis ich, um mich juristisch avszudrücken, alle Glieder der Beweiskette für Deine Schuld gefunden hatte. Und so sage mir nun zunächst, wo hast Du das viele Geld, die Kapitalien her- genommen, die Dir das Treiben all' der noblen Passionen, die ich hier nicht aufzählen will, ermöglichten? — Sprich!"
„Ich habe vor Monaten eine bedeutende Summe in der Lotterie gewonnen!" sagte Richard trocken, und fügte dann lachend hinzu: „In dieser mir seitens der Fortuna zugewandten Gunst glaubte ich einen Wink des Schicksals erblicken zu sollen, meine Jugend einmal in vollen Zügen zu genießen. Wenn ich, bester Onkel, dereinst Gisela's Gatte geworden bin, dann —"
„Du? Gisela's Gatte?" fiel ihm der Baron in die Rede, indem er jedes Wort scharf betonte. „Und nun komm', begleite mich!" sagte er dann und Beide verließen das Gemach.
(Schluß folgt.)
Hyaeinthen in Töpfen.
Um Hyacinthen schon zu Weihnachten in Blüte zu haben, pflanze man die Zwiebeln Mitte September, für eine Blüte im Januar—Februar vier Wochen später, in Töpfe von etwa 10 em Weite und 10—12 em Höhe, die mit einer leichten, nahrhaften und weder zu nassen, noch zu trockenen Erde gefüllt sind; am besten sind zwei Teile gesiebte Mistbeet- oder Kuhmisterde, drei Teile lehmige Rasen- oder gewöhnliche Gartenerde und ein Teil gereinigter weißer Quarzsand. Die Düngererde darf keine unverwesten Bestandteile enthalten; ist sie nicht zu haben, so muß eine gute, kräftige Gartenerde, reichlich mit gewaschenem Sand vermischt, auch genügen.
Das Pflanzen geschieht folgendermaßen: Nachdem man das Abzugsloch mit einigen Topfscherben bedeckt hat, süllt man den Topf bis zum Rande mit Erde, sitzt die Zwiebel in der Mitte auf, preßt sie ein und drückt darauf die Erde rund herum fest, so daß nachher die Spitze der Zwiebel mit der Erdoberfläche abschneidet. Etwaige schadhafte Stellen an Zwiebeln schneidet man mit einem Messer aus und bestreut die Schnittfläche mit Holzkohlenpulver. Nach dem Pflanzen gräbt man die Töpfe im Freien bis zum Rande in Erde ein, oder, was noch Kiffer ist, man stellt sie in einer zu diesem Zweck bereiteten Grube im Freien auf und bedeckt sie 15—20 em hoch mit Erde oder Laub, diese Bedeckung überhebt der Mühe, sich weiter um die Pflanzen zu kümmern, da sie unter derselben den ihnen zuträglichen Grad von Feuchtigkeit er- halten; im andern Falle, oder wenn man sie nur im srostfreien Zimmer oder Keller ausbewahren kann, muß man sie, so oft sie ansangen trocken zu werden, doch nur dann, begießen.
Sechs Wochen nach dem Pflanzen müssen die Zwiebeln schon gut durchwurzelt sein und die Triebe sich zu zeigen beginnen. Man nimmt dann so viel von dem am weitesten im Triebe vorgeschrittenen, als man auf einmal treiben will, und gewöhnt sie ganz allmählich an Licht und Wärme. Zu diesem Zweck stellt man sie
anfangs an einen kühlen und schattigen Ort, I wo sie stehen bleiben, bis die gelblichen Triebe ) eine grüne Färbung angenommen haben; man giebt ihnen dann einen Hellern und wärmeren Standort im Wohnzimmer. Mistbeetkasten oder Glashause und steigert dir Wärme von 10 Grad U an, läßt sie jedoch nie über 17 Grad steigen. Je langsamer die Steigerung vor sich geht, desto kräftiger und regelmäßiger bildet sich die Pflanze aus.
Auf diese Weise erhält man je nach der Zeit, in der die Zwiebeln gepflanzt, der Temperatur, in der sie gehalten, oder nach den Varietäten, die man zum Treiben benutzt hat, Blumen vom Dezember bis zum April.
Berlin, 10. Sept. Ungeheure Heiterkeit wurde heute in einem Saale des Schöffengerichts durch die ungewöhnliche Anerkennung verursacht, durch die eine der Parteien ihre Hochachtung vordem Vorsitzenden ausdrücken zu müssen glaubte. Es handelte sich um eine der bekannten Schimpfereien, die Anlaß zu Beleidigungsklagen geben. Der Vorsitzende bemühte sich mit dem Aufwande seiner ganzen Beredsamkeit, die Parteien zu einem Vergleich zu bewegen. All' sein Mühen schien aber vergeblich sein zu sollen, denn die Klägerin wehrte sich nachdrücklichst gegen die Zumutung, die Klage zurückzunehmen. Endlich schmolz aber auch bei ihr das Eis. sie erklärte sich zum Vergleiche bereit, erläuterte diesen Entschluß aber mit Nachdruck dahin: „Ich thue es bloß, weil der Herr Präsident ein so netter, anständiger und gebildeter Mann sind!" Schallendes Gelächter begleitete diesen Ausbruch des Wohlwollens, für das sich der Vorsitzende lächelnd bedankte.
Berlin, 9. Sept. Bon einer sonderbaren Mode ward kürzlich aus Paris und London berichtet, Damen und Herren der Gesellschaft ließen sich tätowieren, und zumal Brautleute ließen zierliche Monogramme, von pfeilgetroffenen Herzen umgeben, in die Haut sich einritzen. Seitdem im Passage-Panoptikum das indisch birmanische Dorf erstanden ist. kann man erkennen, wie jener Mode auch in Berlin gehuldigt wird. Einer der Leute, die bas Dorf bevölkern, übt nämlich die Kunst des Tätowirens aus. Vor der Hütte dieses Birmanen wird es — so liest man in der „Nordd. Allg. Ztg."' — niemals leer. Damen und Herren benützen die Gelegenheit — sich tätowieren zu lassen.
London, 11. Sept. Auf die Frage: „Woraus besteht der Mensch?" anwortet die englische Zeitschrift „Iran": Der Mensch besteht aus 13 Grundstoffen, von denen fünf gasförmig und acht fest sind. Der Hauptbestandteil ist Sauerstoff in einem Zustande von äußerster Zusammenpressung. Ein Normalmensch von 70 Kilogramm Gewicht enthält 44 Kilogramm Sauerstoff, die unter gewöhnlichen Verhältnissen einen Raum von 28 Cubikmetern einnehmen würden. Ferner birgt besagter Mensch 7 Kilogramm Wasserstoff, die im freien Zustande einen Raum von 80 Cubikmetern füllen würden. Die drei übrigen Gase sind Stickstoff (1,72 Kilogramm) , Chlor (0.8 Kilogramm) und Fluor (0,1 Kilogramm). An festen Stoffen enthält der Normalmensch 22 Kilogramm Kohle, 800 Gramm Phosphor, 100 Gramm Schwefel, 1750 Gramm Calcium, 80 Gramm Kalium, 70 Gramm Natrium, 50 Gramm Magnesium und 45 Gramm Eisen. Edelmetalle birgt somit der menschliche Körper nicht und er enthält in der Hauptsache nur Stoffe, die wohl- feil sind wie Brombeeren. „Jron" glaubt deshalb kaum, daß eine bergmännische Ausbeulung des Menschen sich verlohnen würde.
Fahrräder aus Papier. Papierene Fahrräder, das heißt solche mit Rahmengestellen aus Papierrohren, sind das Neueste der amerikanischen Fahrrad.Industrie. Dieselben werden aus Papierbogen auf hölzerne Dornen unter Zugabe von Chromleim gewickelt, alsdann in Formen eingeschlossen und von innen einem sehr hohen hydraulischen Druck ausgesetzt, wodurch
die Wickelungen verdichtet und die Röhre genau zylindrisch gestaltet werden. Sodann werden die Röhre äußerlich geglättet, gehärtet und auf einer Drehbank glatt poliert, worauf uach der Zusammenfügung des Rahmens die einzelnen Rohrteile meist holzartig, zum Beispiel als Mahagoni, Rohr, Rosenholz, Eiche, gebeizt und lackiert werden. — Wie es mit der Dauerhaftigkeit solcher „amerikanischer" Erfindungen steht, muß noch abgewartet werden.
Einen so schlimmen Sommer, wie den diesjährigen, hat es für unsere Imker schon lange nicht mehr gegeben. Statt Honig zu bekommen, müssen sorgsame Bienenzüchter schon seit Wochen solchen den Stöcken füttern und wer bis zum Frühjahr noch im Besitz von Bienen sein will, muß sich sitzt mit einem bedeutenden Vorrat von Zucker und Honig versehen. Das macht statt der Einnahmen erhebliche Ausgaben. Rechnet man als Futter zur Durchwinterung für den Stock 15 Pfund Honig, so macht das für die Bienenzüchter große Kosten. Trotz der sonnigen, warmen Witterung ein solches Resultat! Man könnte fast glauben, daß die Blüten dies Jahr vom Mehlthau vergiftet wären, wenigstens besitzen sie wenig oder keinen Zuckerstoff, sonst müßte der Fleiß der emsigen Bienen anders belohnt werden.
Schwedische Sitte. In Schweden nimmt bei einfachen Leuten auf dem Lande die Braut ein mit Brod gefülltes Täschchen mit auf den Weg zur Kirche. Jeder ihr Begegnende erhält ein Stückchen von dem Brode, und so viele Brocken sie sortgtbt, so viele ihr vielleicht später drohende Unglücksfälle glaubt sie von sich fern zu halten.
(Afrikanisch.) Reisender: „Großer Häuptling, willst du mir deinen Schutz gewähren?" — Häuptling: „Ich will es; wer bedroht dich weißen Mann?" — Reisender: „Dein Vasall Ubembo: er hat mir sagen lassen, er wolle mich töten und mich verspeisen!" — Häuptling: „Wenn er das thuk, lasse ich ihn fünf Minuten später aushängen!" — Reisender: „Großer Häuptling, könntest du ihn nicht fünf Minuten vorher aufhängen lassen?"
(Immer Artillerist.) Sie (auf einem schönen Aussichtspunkt): „Sieh nur, Egon, das liebliche Dörfchen dort auf der Anhöhe!" — Er (Artillerie Offizier): „Wie Prächtig könnte man das von hier aus beschießen!"
(Ein gereimter Wunsch). Bekanntlich befindet sich der amerikanische Millionär Vander- bilt mit seinen Söhnen gegenwärtig auf Reisen in der Schweiz. Im Fremdenbuch auf dem Brienzer Rothorn hat ein lustiger Wiener dem Unterschied zwischen seiner Kasse und der des amerikanischen Krösus wie folgt Ausdruck gegeben:
„Am gleichen Tage war'n wir da,
Die Banderbilts und i;
Die gleiche Gegend hamma g'sehn I und gewiß aa sie;
Das gleiche Wetter hamma g'habt Mit Banderbilts zusamm'n;
Jetzt möcht i nur akk'rat zum Schluß Das gleiche Geld aa ham'n."
Bilderrätsel.
(Nachdruck verboten.)
»
«edaktto», »ruck und Verlag vo» «. Meeh i» «»»«»bürg.