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wird, daran haben sollten, der französischen Revanchetust zu Hilfe zu kommen. Zarenhymne und Marseillaise. daS reimt sich nicht. Immer- hin ist das französische Töpfchen aber dem Feuer jetzt näher gerückt und kann noch leichter als sonst plötzlich einmal überkochen. ES ist ganz gut. daß wir Deutschen nie zur Phäaken-Behag- lichkeit kommen können und daß die Pariser, die ja die französische Politik machen, uns von Zeit zu Zeit mit ihrem Geschrei aus allzu schönen Träumen wecken. Aber mit den nativns amios et aliiees können sie uns nicht bange machen; russische Kaiser sind heute doch zu gewissenhaft. Um ihre Soldaten marschieren zu lassen, nur damit die französische Eitelkeit vielleicht Befriedigung findet.
Württemberg.
Stuttgart, 6. Sept. Klein-Popo in Togoland hat in der Person des Herrn Leder- bogen einen 2. Lehrer erhalten. Derselbe wurde nach der allg. deutschen Lehrerzeitung am 1. April durch den schon dort angestellt gewesenen Lehrer Walter in sein Amt eingeführt.
Stuttgart. 5. Sept. Radfahrende Polizisten soll Stuttgart infolge der gelungenen Verhaftung eines Rowdy durch einen Velozipedisten in nächster Zeit erhalten. Dieselben werden, verschiedenen Blättermeldungen ufolge, die berittenen Schutzleute zum Teil er- etzen.
Tübingen. Die Schwurgerichtssitzungen des III. Quartals 1897 beginnen am Montag den 27. September vormittags 9 Uhr. Zum Vorsitzenden ist Landgerichtsrat Kohlhund daselbst ernannt.
Cannstatt, 6. Sept. Bei der heutigen Versteigerung der Wirtschaftsplätze auf dem Wasen zum Volk § fest hat die Stadtgemeinde trotz des schlechten Wetters 12000 olL erlöst.
Nürtingen, 7. Sept. Als am Sonntag Abend vor Einbruch der Dunkelheit Herr Schultheiß Bachofer von Neckarhausen aus Neckartenzlingen zurückkehrte, wurde er an einem Kreuzweg von 3 daselbst stehenden Bauern aus Gniebel OA. Tübingen nnt den derbsten Schimpf. Worten ohne irgend welchen Anlaß angegriffen. Der Angegriffene verbat sich diese Flegelei, worauf alsbald einer der Bauern einen Revolverschuß abfeuerte und alle 3 dann das Weite suchten. Auf sofort erstattete Anzeige gelang rS. dieselben in einer Wirtschaft zu Schlaitdorf festzunehmen.
Crailsheim. 6. Sept. Die Frau des Kameralverwalter Häusermann kam Samstag abend mit dem Lichte einem Vorhänge zu nahe, so daß derselbe Feuer fing; dadurch wurde die Frau derart vom Schrecken ergriffen» daß ein Herzschlag ihrem Leben ein jähes Ende bereitete.
Leutkirch. 5. Sept. Die Berge des Bregenzer Waldes und der Scesa-Plana zeigten sich diesen Morgen weit herab eingeschneit. Die Temperatur ist ziemlich kühl geworden.
Patentliste für Württemberg. (Aufgestellt vom Süddeutschen Patentbureau in Stuttgart, welches den Lesern dieses Blattes Auskünfte ohne Recherchen kostenlos erteilt.) Gebrauchsmustereintragungen: 79988. Damenrockhalter; P. Kiefer, Wildbad 79924 und 79925. Schriftensammlermechanik; H. Hervegen; Stuttgart. 79882. Dampfkesselpfeifewasserreiniger; Aug. Pfister, Bopfingen. 79966. Holzbrand-Jmitation; K. Miller, Stuttgart. 79879. Hosenträgerschnalle; R.RecS, Wehingen. 79766. Flaschenservis; F. W. Quist, Eßlingen. 79913. Gelatinefolienpackung; Württ. Gelatinefolienfabrik, Obertürkheim. 79748. Zange mit Fühlung. Ahle und Messern; W. Heidelmann, Stuttgart.
Stuttgarr. (Landesproduktenbörse. Bericht Vom 30. Aug. von dem Vorstand Fritz Kreglinger.s Der anfangs der abgelaufenen Woche eingetretene Rückgang der Weizenpreise in Amerika hat nicht Stand gehalten, so daß wir heute die annähernd gleichen Preise zu verzeichnen haben wie vor 8 Tagen. Die Tendenz ist fest, der Bedarf ein großer. Norddeutschland sendet uns große Mengen trockener Weizen neuer Ernte. Die süddeutschen Märkte sind gut befahren, Preise fest. — Mehlpreise Pr. 100 Kilogr. inkl. Sack: Mehl Nr. 0: 35 -4L — bis 36 ->t —
Nr. 1: 33 ^ bis 34 -4L — Nr. 2: 31
50 ^ bis 32 -4L 50 Nr. 3: 29 -4L 50 bis 30 ^L — , Nr. 4: 25 -4L — ^ bis 26
Suppengries 35 -4L 50 bis 36 -4L 50 «>. Kleie 8 -4t.
Obstpreiszettel.
Stuttgart, 4. Sept. (Mostobstmarkt auf dem Hauptgüterbahnhof.) Zuqesührt: 2 Waggon aus Holland, 1 Waggon aus Velgien, Preis per Waggon 1000—1050 -4t Im Einzelverkauf: 5 40 ^ bis
5 -4t 80 pr. Ztr.
Ravensburg, 4. Sept. (Obstmarkt). Zufuhr 350 Säcke Mostobst. Preise für iAePfel und Birnen 4 -4L 80 ^ bis 5 -4L 80 ^ per Ztr. Tafelobst: Zu- fuhr r. 400 Körbe. Preis 6—7 -4t der Ztr.
Ausland.
Bern, 6. Sept. Aus dem Kanton Tessin werden große Überschwemmungen gemeldet. Am Ufer des Lago Maggiore wurden mehrere Tierleichen gesunden. Zahlreiche Brücken wurden weggerrissen oder zerstört. Das Dorf Girrnico stebt in Gefahr; in den Umgebungen von Locarno und Belinzona hat das Obst und die Weinernte schwer gelitten.
Paris, 6. Septbr. Sämtliche Pariser Abendblätter, unter ihnen der „Temps", „Journal des Dobats", „Liberto", beschäftigen sich mit den Trinksprüchen des Kaisers Wilhelm und des Königs Humbert. Alle Blätter sind darin einig, daß diese Trinksprüche den Zweck hätten, die Bedeutung der Reise des Königs Humbert genau zu bestimmen und zu zeigen, daß der Dreibund auch nach der Verkündigung des Zweibundes ebenso fest fortbestehe, wie vorher. Die Blätter heben jedoch hervor, daß, wenn die Rede des Kaisers sowohl als die des Königs in so friedlichen Worten gehalten worden seien, dieser Umstand dem Bestehen des Zweibundes zu verdanken sei.
Paris, 6. Sept. In der Kirche Sacrs- Coeur wurde ein Anarchist verhaftet, der dem Priester während der Predigt Schimpfworte zurief. — Auf der Fahrt zwischen Nancy und Vitry-le-Franyois verübte ein junger Mensch in einem Wagen 3. Kl. einen Mordversuch an einem Mädchen. Der Verbrecher wurde verhaftet, die Verletzungen des Mädchens sind schwer.
Paris, 6. Sept. Aus St. Die wird gemeldet: Unter dem hiesigen Jägerbataillon brach eine Typhusepidemie aus; 70 Soldaten sind erkrankt, 7 gestorben.
Madrid, 7. Sept. Amtlich wird bekannt gegeben, daß das Kriegsgericht den Attentäter Sampan Barill zum Tode verurteilt hat.
Vermischtes.
Die Schulden der einzelnen Staaten vermehren sich besonders infolge des bewaffneten Friedens von Tag zu Tag. Ist es da ein Wunder, wenn die Gesamtschuld aller Staaten der Welt heute auf 127 Milliarden Mark beläuft, während sie 1875 nur 105 Milliarden Mark betrug Frankreich kann sich rühmen. das schuldenreichste Land der Erde zu sein. Seine Nationalschuld beträgt 26^/, Milliarden Mark. England folgt mit ungefähr halb so viel, dann kommen Oesterreich-Ungarn, Rußland, Italien, Spanien, die Vereinigten Staaten. Deutschland hat, die Schulden der Bundesstaaten nicht gerechnet, etwa 2'/r Milliarden Mark Schulden, also ein Zehntel soviel als Frankreich. Spanien schuldet das meiste dem Ausland, während in Frankreich die größte Menge der Schuldscheine in den Händen der Einw. geblieben ist.
Nach einer amtlichen Statistik werden gegenwärtig 17,7 Milliarden Liter Bier auf der Erde gebraut. Davon kommen 5 Milliarden Liter auf Deutschland, 4,79 Milliarden auf Großbritannien und Irland, 3,2 Milliarden auf die Vereinigten Staaten u. 1,35 Milliarden auf Oesterreich-Ungarn. Belgien braut und verzehrt jährlich 1,05 Milliarden Liter Bier. Frankreich 840 Millionen und Rußland 400 Millionen.
Das Hospital Tenon war vorgestern Nacht der Schauplatz eines schrecklichen Selbst- mordes. Eine Kranke, namens Clodilde Fleury, im Alter von 56 Jahren, welche teilweise gelähmt war, fühlte, daß sich die Lähmung in
Kürze des gan zen Körpers bemächtigen würde und beschloß sich, demzufolge zu töten. Sst wählte zunächst den Hungertod und weigerte sich,, irgend welche Nahrung zu sich zu nehmen. Da ihr jedoch gewaltsam Nahrung eingeflößt wurde, so sann sie auf andere Mittel, um ihrem Leben ein Ende zu bereiten. Vorgestern Abend stand sie leise auf und begab sich nach dem Bedürfnis- ort. Zehn Minuten später erhob sich ihrerseits eine andere Kranke, namens Rigal, um sich ebenfalls dorthin zu begeben. Kaum hatte letztere die Eingangsthüre geöffnet, so wich sie ganz entsetzt zurück, Schreckensrufe ausstoßend; denn vor ihr stand aufrecht eine brennende Frau. Frau Fleury hatte sich, um sich zu töten, in ihr Betttuch eingehüllt und dasselbe vermittelst eines Stückchen Papiers, welches sie am Gaslichte an- zündete, in Brand gesteckt. Trotz aller Pflege starb dieselbe 24 Stunden darauf unter den qualvollsten Schmerzen. Fräulein Rigal ist durch den Schrecken in einen Geisteszustand versetzt worden, der das Schlimmste für sie befürchten läßt.
Die Glocken der Fahrräder müssen in Frankreich nach einer Verordnung des Ministeriums für öffentliche Arbeiten so beschaffen sein, daß sie auf eine Entfernung von 50 Meter noch zu hören sind.
Der Stifter der Wiener Rettungsgesellschaft. Baron JohannMundy, vermachte von seinem auf 1 600 000 fl. geschätzten Vermögen dem Siechenhause in Brünn und je Vr dem Blinden- und Taubstummeninstitut.
In St. Franzisko starb im verflossenen Jahre der dortige mehrfache Millionär Andreas Gallo, ein gebürtiger Ungar. Wie aus Budapest gemeldet wird, hat sich nun als ausschließlicher Erbe ein Cousin des Erblassers, der gegenwärtig im 6. Infanterie-Regiment als Mustk- seldwebel im Dienste stehende Joseph Gallo, bei einem hauptstädttfchen Advokaten gemeldet und denselben um seine Vertretung in dieser fünf bis sechs Millionen Gulden betragenden Erbschaftsangelegenheit ersucht. Auf eine Anfrage des Advokaten hat St. Franziskoer österreichischungarische Konsul Körbel in einem Briefe vom 4. April erwidert, daß die Daten auf Wahrheit beruhen und daß der glückliche Feldwebel begründete Aussicht auf die Erlangung der Erbschaft hat.
In einer Sommerfrische des Schutter- thales hatten sich mehrere junge Damen in der herrlichen Luft und bei guter Verpflegung ausgezeichnet erholt. Um bei ihrer Heimkehr aber nicht allein die rosigen Bäckchen als Quittung für die erfolgreiche Sommerfrische, sondern auch etwas Schriftliches vorweisen zu können, beschloß man, vor der Abreise sich noch wiegen zu lassen. Der Sohn des Hauses stellte sich freundlichst zur Verfügung. In einer Dame stiegen jedoch Bedenken gegen den Befähigungsnachweis des jungen Mannes auf. Ob das ihr zugesprochene Gewicht ihr zu leicht oder zu schwer erschien, sei dahin gestellt. Kurz, sie fragte den jungen Mann, ob er auch sein verantwortungsvolles Amt recht verstehe. „Das will ich meinen", antwortete der biedere Sohn des Schwarzwaldes, „i Han schon viel Säule do druf gewoge!" Der Befähigungsnachweis wurde unter allgemeiner Heiterkeit für geliefert erachtet.
Auflösung der dreisilbigen Scharade in Nr. 139.
Papierkorb.
Aufgabe.
Mit welcher Zahl muß man 59 (Geburtsjahr unsers Kaisers), und mit welcher andern Zahl muß man 97 (unsere Jahreszahl) multiplizieren, um als Summe der beiden Resultate 1800 zu erhalten? — Der Unterschied der beiden gesuchten Zahlen soll 12 betragen.
Mit einer Beilage.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh t« Neuenbü.rg.