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erfreuliche Wirkung für die Transvaalrepublik in Südafrika hatte. Präsident Krüger hat nämlich erklärt, der Vertrag von 1883 regle allein die Beziehungen der Transvaalrepublik zu England. In diesem Vertrag, den die Transvaalrepublik redlich halte, stehe aber kein Sterbenswörtchen von einer Suzeränität Eng­lands über die Transvaalrepublik. Und nun geben die englischen Blätter zu, sie und Kolo- nialminister Chamberlain hätten eben in jenem Vertrage eine Art Suzeränitätsverhältnis er­blickt, wollen aber gleichfalls über jenen Ver- trag nicht hinausgehen. Der britische Löwe weicht also wieder einmal mutig zurück.

Aus Stambul wie Athen liegen augen­blicklich ziemlich günstig lautende Nachrichten vor; trotzdem steht die beste Nachricht, die aus dem europäischen Wetterwinkel kommen kann, diejenige vom erfolgten Friedensschlüsse zwischen der Türkei und Griechenland, noch immer aus. Fortgesetzt eigentümlich nimmt sich die Haltung Englands und seiner Vertreter in den türkischen Dingen aus. Bei der Festlichkeit z. B., welche der Gouverneur von Kreta, Dschewa Pascha, am 31. August, dem Jahrestage der Thronbesteigung des Sultans, in Kanea veranstaltete, fehlte der britische Admiral, während seine Kollegen an­wesend waren. Was soll diese Demonstration bedeuten?

Durch die Ermordung des spanischen Mi­nisterpräsidenten Canovas de Castillo ist die Aufmerksamkeit auf die anarchistische Presse in Spanien hingelenkt worden. Der Zeit­schriftRevista Contemporanea" zufolge, stehen nicht weniger als einunddreißig spanische Blätter im Dienste der anarchistischen Ideen. Da braucht man sich über die Ausbreitung anarchistischer Ideen in Spanien nicht zu wundern.

Sitten (Schweiz), 2. Sept. Bei einer Besteigung des Mont Plawend durch eine Gesellschaft von 8 Personen wurde die erste Gruppe, bestehend aus dem Pfarrer Gossin von Sitten und 3 seiner Pensionäre, von einer Lawine erfaßt und in die Tiefe gerissen. Alle 4 Personen waren tot. Die aus dem Führer und 3 jungen Schweden bestehende zweite Gruppe entging der Katastrophe.

Rom, 1. Sept. In der Finanz-Jnten- dantur der Lottodirektion brach heute früh ein furchtbarer Brand aus. Das Dach stürzte ein und durchschlug zwei Stockwerke. Der Schaden ist vorläufig ein unberechenbarer, da in de.i Kassen sich mehrere Millionen in Papiergeld befanden. Eine Anzahl Bediensteter büßten ihr Leben ein. In dem ganzen Stadtteil herrscht große Panik.

Dax, 31. Aug. Bei dem gestern hier abgehaltenen Stiergefechte wurden 6 Stiere getötet und fielen hiebei 13 Pferde zum Opfer, Menschenleben wird jedoch keines beklagt.

Mleryattender Teil.

Dreizehn.

(Nachdruck verboten.)

Wir sind, und dies mit vollem Recht, gewöhnt, das Mittelalter für die Zeit des krassesten Aberglaubens zu erklären. Zauberer, Goldmacher» Alchymisten, und wie diese Leute alle genannt wurden, fröhnten zu ihrem eigenen Vorteil der Unwissenheit des Volkes, und über allen Ländern lag wie ein dichter Nebel die tiefste geistige Finsternis.

Die Neuzeit rühmt sich, diesen Standpunkt besiegt und das Licht der Allsklärung entzündet zu haben, vieles ist darin geschehen, die Volks­erziehung hat Großes geleistet, und dennoch ist der lange, bittere Kampf gegen die Finsternis nicht beendet, denn überall finden wir die Völker, wenn auch vielleicht in etwas milderer Form, demselben Aberglauben wie die Voreltern huldigen. Es ist jedenfalls eigentümlich, daß wir einige dieser abergläubischen Ueberlicferungen nicht nur bei einem Volke, sondern weit über die Erde verbreitet finden; eine davon ist die, welche mit der Unglückszahl dreizehn zusammen­hängt.

Um dem Aberglauben abzuhelfen, vereinigten sich in England eine Anzahl einflußreicher Leute

zu einer Gesellschaft. Am treffendsten das Objekt ihrer Bereinigung bezeichnend, nennen sie sich den Klub der Dreizehn.

Wir wollen und können es dem Verein durchaus nicht absprechen, daß er mit großem Eifer seine Zwecke verfolgt, nur scheinen uns die Schnurrpfeifereien lächerlich, in denen sich der Klub bei seinen Zusammenkünften ergeht. Die Exzentrizität der Engländer ist wohlbekannt, und derDreizehner-Klub fröhnt diesem Charakter- zuge in vollem Maße.

Kürzlich versammelten sich die Mitglieder desselben zu dem jährlichen Festmahle in Nr. 13 eines Hotels. Im Speisesaal waren 13 Tische aufgestellt, und auf einem jeden davon lagen Kouverts für 13 Personen. So wichtig hielt man dies, daß, als durch das Ausbleiben einiger Mitglieder an mehreren Tischen die magische Zahl nicht voll war, man Kellner zwang, die dreizehnten zu bilden. Um die Ver­achtung jedes Aberglaubens noch mehr zu zeigen, hatte sich das Festkomitee bemüht, schielende Kellner aufzutreiben, und es war ihm auch, jedenfalls nicht ohne große Schwierigkeiten denn schielende Kellner sind selten gelungen, solche aufzufinden, so daß man bei Tische nie wußte, wen die Aufwartenden eigentlich ansahen. Die Servietten waren mit Pfauenfedern geschmückt, die Messer lagen gekreuzt, und die Salzfäßchen hatten die Form von Särgen. Vom Kronleuchter herab hingen japanesische Skelette und die Gläser desselben bildeten Totenköpfe. Ueber dem Sessel dcZ Präsidenten erhob sich eine Trophäe, reich verziert mit schwarzen Katzen, Pfauenschweifen, Schädeln und gekreuzten Knochen, zwischen denen grimmige Augen hervorleuchteten, die den bösen Blick andeuten sollten.

Beim Eintritt in das Empfangszimmer erhielt ein jeder ein kleines japanesisches Skelett an Stelle eines Knopflochsträußchens, und selbst die sonst bei allen Festlichkeiten unerläßliche weiße Halsbinde mußte abgelegt und durch eine grasgrüne ersetzt werden. Das Komitee, um es kenntlich zu machen, trug nebenbei noch auf der Brust Rosetten in Gestalt von Särgen.

Das Mahl mit seinen 13 Gerichten ist serviert, aber weder eine Glocke noch ein Gong ertönt, um dies anzuzeigen, sondern der Ober­kellner ergreift einen Stock und zerschmettert mit demselben einen großen Spiegel. Alles schreitet in feierlicher Prozession dem Speisesaale zu, aber noch ist ein anderer Aberglaube zu bekämpfen, denn die Thüre desselben ist teilweise durch eine schräg davorstehende Leiter geschloffen, unter der man sich hindurchwinden muß.

Es wird nicht berichtet, daß ein oder das andere der 13 Gerichte etwas Außergewöhnliches oder Ucbernatürliches gezeigt habe, obgleich man denselben entsprechende Namen, wie Freitags- Sauce, Schlangenzungen, Teufelsfisch u. s. w. gegeben hatte. Die Menukarte war aus feuer­rotes Papier gedruckt und hatte die Ueberschrift: Zum Andenken an vielen unsinnigen Aber- glauben, bekämpft und vernichtet durch den Londoner Dreizehner-Klub."

Ein solches Fest kann natürlich nicht ohne Reden ablaufen, nur baß der gewöhnliche Ruf des ZeremonienmeistersHerr so und so wünscht zu sprechen", diesmal lautete:Herr so und so wünscht mit Ihnen die Salzfässer umzuwerfen." Der Toast des Präsidenten auf die Königin zeichnet sich durch lakonische Kürze aus, er bestand aus genau 13 Worten. Ein anderer Toast war:Feinde aller Unwissenheit, jedes Aberglaubens und Humbugs, trinkt mit mir auf beste Erfolge des Dreizehner-Klubs!"

Das eigentliche Fest endete damit, daß ein jeder der Teilnehmenden einen kleinen Spiegel, der neben seiner Serviette lag, zertrümmerte, und die edle Mustka kam an die Reihe.

Der jährliche Beitrag beträgt dreizehn Schilling, zahlbar am dreizehnten eines Monats, es wird aber ausdrücklich bemerkt, daß wer dreizehnmal zur Zahlung aufgefordert werden muß. die Sache doch etwas zu weit treibt.

Die Basler Nachrichten enthalten folgendes Inserat:Wer bei Knopf kaufen will, kaufe folgende weit unter Ankaufspreis angeschriebene

Artikel: Haarnadeln 5 Packet zu 1 Cts., Finger, hüte 3 Stück 1 Cts., Herrenkravatten 3 Stück 1 Cts., dasselbe 1 Stück 2 Cts., Bleistifte 1 Stück 1 Cts. Andere Artikel aber kaufe man in solchen Geschäften, welche ihre Ware mit bescheidenem Nutzen verkaufen, zu reellen Preisen, bei welchen Käufer und Verkäufer leben können. Die Kommission des Verbandes Basler Kauf, leute." So schützt man sich! Diese Handlungs- weise ist die richtige, man muß gewisse Leute mit ihren eigenen Waffen bekämpfen.

Paris, 1. Septbr. Ein Berichterstatter vom Gaulois, der mit einem Kammerdiener des Präsidenten der Republik hier zusammentraf, stellte an denselben die Frage:Welches sind Ihre schönsten Erinnerungen, welche Sie aus St. Petersburg mitgebracht haben. Derselbe erwiederte:Mein Herr, über nichts kann ich mich mehr wundern; als ich in St. Petersburg war, hat mich eine Prinzessin geküßt, ja eine wirkliche Prinzessin, aber nicht als Kammer­diener, sondern als Franzose. Der Journalist Herr von Menowal schreibt demJournal" man möge dem Boulevard Sebastopol einen anderen Namen geben, damit dieses Wort, welches für die Russen, unsere Aliierten eine schmerzliche Errinnerung aus dem Krimkriege sei, aufhörte zu existieren. Er schlägt vor, dem Boulevard Sebastopol den Namen Boulevard de Russie zu geben, das entspräche der allgemeinen Stimmung der Patrioten umsomehr, als der Boulevard de Russie direkt auf den Boulevard de Straßbourg anstöße.

(Zu kurz ausgedrückt.)Das Ulm er Fußartilleriebataillon Nr. 13 wird Samstag und Sonntag in der Ausstellung konzertieren," lesen wir in einem Heil- bronner Blatte.Und dazu giebt man 700 Millionen Mark für die Soldateska aus!" würden gewisse Blätter sagen.

(Merkwürdig.)Darf ich bitten um Ihren Namen?"Bin der Warschauer aus Bamberg." Ist das e merkwürdiges Zusammentreffen; ich bin der Bamberger aus Warschau."

Auflösung des Bilder-Rätsels in Nr. 137.

Erst wägen, dann wagen.

Richtig gelöst von K. Kübler und Wilhelm Proß in Calmbach.

Dreisilbige Scharade.

Herr Schulze liebt ein Mägdelein;

Und wie es öfter pflegt zu sein,

Daß, wer da liebt, auch Verse macht,

So hat er zu Eins-Zwei gebracht,

Wovon so übervoll sein Herz;

Doch bald zu seinem großen Schmerz. Bekam Herr Schulze eine Drei.

Da war sein schöner Traum vorbei;

Und nun erwacht, warf er Eins-Zwei Mit dem Gedicht ins Eins-Zwei-Drei.

Telegramme.

Berlin, 3. Septbr. Die Nordd. Allg. Ztg. begrüßt in einem längeren sehr herzlich gehaltenen Artikel den König von Italien auf deutschem Boden.

Homburg a. d. H., 3. Septbr. Der kaiserliche Sonderzug lief kurz vor 1 Uhr in den hiesigen Bahnhof ein. Zur Begrüßung waren anwesend die Kaiserin Friedrich und der Großherzog von Mecklenburg-Strelitz. Es sind hier ferner eingetroffen der König von Sachsen und der König von Württemberg. Gutem Vernehmen nach reist der Reichskanzler Fürst Hohenlohe morgen früh nach Homburg ab.

Aschaffenburg, 3. Sept. Wie ver­lautet, wird nunmehr preußischerseits auf Ver­anlassung des Kaisers die Ausarbeitung eines Projekts der Mainkanalisation von Frankfurt a. Main bis Aschaffenburg in Angriff genommen werden.

London, 3. Sept. Wie derCentral News" aus Bombay berichtet wird, soll binnen kurzem eine Truppenmacht von 20 000 Manu zur Bestrafung der Afridis ausrücken mit dem .Befehl, bis Tirah (?) vorzudringen.

Redaktion, Druck und Verlag von C. Me eh in Neue nbü.rg.