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Seit Montag weilen der Kaiser und die Kaiserin in Coblenz, um den großen Manövern des XIII. und XI. Armeekorps, welche in dieser Woche beginnen, beizuwohnen. Auch sind zu diesem Zwecke eine Anzahl deutscher Fürsten in Coblenz eingetroffen.

Koblenz. 31. Aug. Den Glanzpunkt des gestrigen Festtages bildete der um 9 Uhr stattgehabte Za p f e n st r e i ch. Die Umgebung des Schlosses war feenhaft beleuchtet. Eine ungeheure Menschenmenge hatte die Absperrung durchbrochen und folgte dem Zug. Als auf dem Balkoo des Schlosses das Kaiserpaar er­schien, ertönte vieltausendstimmiges Hurrahrufen. Die Menge stand vor dem Schlosse und sang: Heil Dir im Siegerkranz". Bei herrlichem Wetter ging die Denkmalsfeier heute nach­mittag 4 Uhr von statten.

Die Nachricht von einem neuen schweren Eisenbahnunglück kommt aus Elber­feld. Auf dem Bahnhofe Vohwinkel stießen in der Nacht zum Montag um 12 Uhr zwei Personenzüge zusammen. Zwei Personen wurden getötet, zehn schwer verwundet. Leichte Verletzungen kamen in großer Anzahl vor. Auch der Materialschaden ist bedeutend. Neun Wagen wurden fast gänzlich zertrümmert.

Berlin, 31. Aug. DemReichsanzeiger" zufolge hat der Eisenbahnminister anläßlich der vielen Betriebsunfälle eine besondere Kommission beauftragt, in den einzelnen Direktionsbezirken auf größeren Bahn­höfen und für besonders schwierige Verkehrs- Punkte und Strecken die betriebssicherheitlichen Anordnungen und Einrichtungen, die Anzahl, Diensteinteilung, Dienstdauer und Dienstkenntnis des Personals des äußeren Dienstes unter Zuziehung geeigneter Beamten des Bezirkes an Ort und Stelle zu prüfen, sowie die allgemeinen Vorschriften für Betriebssicherheit erneut zu revidieren.

Würzburg, 31. Aug. Der König vonWürttemberg traf mittels Sonderzuges heute Abend 8 Uhr hier ein und wurde vom Prinzregenten am Bahnhof herzlichst begrüßt und zum Schloß geleitet. 10 Minuten später traf der Großherzog vonHessen ein, der vom Prinzen Ludwig empfangen wurde.

Der größte Dampfer der Welt, der neue Doppelschraubendampfer des Nord­deutschen Lloyd in Bremen,Kaiser Wilhelm der Große", bekanntlich der größte, ist am 28. August von Stettin nach Swinemünde abgegangen und wird Anfang September seine Probefahrten beginnen nnd sodann am 14. September seine erste Reise über den Ozean antreten.

Berlin, 28. Aug. Im Alter von 101 Jahren und 13 Tagen ist in Neuholland bei Oranienburg der Rentner Gottlieb Nölte verschieden. Mit ihm ist einer der letzten Kämpfer aus den Freiheitskriegen dahingegangen. Soweit bekannt, leben jetzt nur zwei Mitstreiter noch, die in jener Zeit der Erhebung Deutschlands in jugendlichem Feuer zu den Waffen griffen. An seinem hundertsten Geburtstag wurde der Verstorbene noch durch Verleihung des Roten Adlerordens vom Kaiser geehrt. Im Kreise seiner Kinder und Enkel­kinder war ihm der Lebensabend leicht gemacht worden.

Aus Walldürn wird von weiteren erfolgreichen Ausgrabungen berichtet, die dort der Altertumsforscher Kreisrichter a. D. Conrady aus Miltenberg vorgenommen hat. In der Nähe des Römerkastells wurde ein noch gut erhaltenes Römerbad entdeckt, dessen Grundriß mit den Seitenmauern blosgelegt ist. Ebenda wurde ein vorzüglich erhaltener, eine zwölfzeilige Inschrift tragender Altarstein ausgegraben. Er wird im Rathaus aufbewahrt.

Die in vorletzter Woche stattgefundene plötzliche bedeutende Steigerung der Ge­treidepreise erweckt für die Gestaltung des Getreidemarktes nicht nur ein verstärktes wirtschaftliches, sondern sogar ein öffentliches Interesse, da in einzelnen Ländern wie in Frankreich und Rußland bereits Teuerungspreise für den kommenden Winter befürchtet werden. Die Ernteaussichten in allen Ländern östlich

vom Rhein sind sehr beeinträchtigt worden, während man die Ernte in Frankreich auf kaum 34400000 Qrs. veranschlagt, was um 5800000 Qrs. hinter dem Bedarf zurückbleibt. Die eng­lische Ernte dürfte 6800000 Qrs. oder 500000 Qrs. weniger als im vorigen Jahre erreichen. Die sichtbaren Vorräte in Europa samt den unterwegs befindlichen überseeischen Ladungen betrugen Anfangs August nur 4898000 Qrs. oder ungefähr 400000 Qrs. weniger als im vorigen Jahre und reichlich 5'/» Millionen Quarters weniger als am 1. August 1895. Der Unterschied zwischen den europäischen Vor- raten in diesem und im vorigen Jahr ist jedoch weniger wichtig als der Umstand, daß. während im vorigen Jahr die sichtbaren Vorräte in Amerika 7 341000 Qrs. betrugen, diese diesmal nicht einmal halb so hoch sind. Die amerikanische Ernte wird gegenwärtig rasch eingeheimst und die Landwirte bringen sie auch rasch auf den Markt, um den hohen Preisstand auszunutzen, so daß die statistische Lage bald eine Aenderung erfahren dürfte, zumal die diesjährige amerikanische Ernte auf 18 750000 Qrs. höher geschätzt wird als die vorjährige. Die scharfe Aufwärtsbeweg, ung, die jüngst stattgefunden hat, kann man beinahe ausschließlich den Franzosen zuschreiben, welche beinahe aus Furcht vor einer großen Teuerung riesige Getreidekäufe machten. Ein ziemlich großer Teil der festländischen Käufe war indes rein spekulativ, und es ist leicht möglich, daß binnen Kurzem ein Rückschlag vorkommt. Die Lage erscheint nicht so schlimm, wie im Jahre 1881 und 1892 und dürfte bei den jetzigen hohen Preisen ein großes Angebot von Weizen zu erwarten sein.

Württemberg.

Stuttgart. Die Räume der Gew erb e- Halle, in den nicht allein das Stuttgarter sondern auch auswärtiges Publikum in den letzten 14 Tagen so manche feucht-fröhliche Stunden verlebt haben, schließen sich heute wieder und erreicht damit gleichzeitig die in jeder Weise so gelungene Fachausstellung für das Hotel- u. Wirtschaftswesen und verwandte Gewerbe ihr Ende. Der feierliche Schlußakt mit Bekanntgabe der Prämiierungen findet heute Dienstag nachmittag um 4 Uhr statt. Obwohl das finanzielle Er- trägnis noch nicht vollständig feststeht, können wir doch verraten, daß das Gesamtunternehmen sehr günstig abschließt. Dieser Umstand beein­flußt aber auch nicht unwesentlich das Lotterie- Unternehmen. Durch den bescheidenen Nutzen mit dem sich das Komitee an der Lotterie be­gnügte, war es möglich die Gewinnwerte de- bedeutend höher zu stellen. So können wir heute schon dem glücklichen Gewinner des ersten Preises zu der reichhaltigen seinen Speisezimmer. Einrichtung gratulieren und ebenso dem Gewinner des zweiten Preises zu dem wirklich schönen Landauer, aus der renommierten Fr. Rentier- scheu Fabrik. Eine Verschiebung der für 6. Seplbr. angesagten Ziehung ist ausgeschlossen. Die Nachfrage nach Losen ist eine so starke, daß zu erwarten steht, die noch vorhandenen nur wenigen Lose werden schon in den nächsten Tagen vergriffen sein.

Für die württ. 5-Pfg. Korrespondenz, karten, an welchen bei dem WortHaus­nummer" dasr" fehlt, werden jetzt schon bis über 1 ^6 bezahlt.

Stuttgart. 3l. Aug. Der Lebens- mittelmarkt ist mit 121400 Körben Obst aller Art befahren. Zwetschgen kommen von Bühl, von Weisenheim, der Bergstr. Prächtige Aepfel aus Ravensburg kündigen an, daß wir nicht lange mehr auf Obst vom Bodensee zu warten' haben. Birnen in riesigen Mengen. Gaishirtle noch ziemlich reichlich (2025 ^s.) Preiselbeer aus dem Fichtelgebirge, vom Schwarz, wald (Lauterbach bei Schramberg), St. Georgen, das halbe Liter 30 Trauben aus Italien Südtirol, aber auch schon ziemlich zahlreich aus der Heimat. Gemüse gewaltige Vorräte. Blumenmarkt riesig befahren.

Stuttgari. sLandesproduktenbörse. Bericht vom 30. Aug. von dem Vorstand Fritz Kreglinger.j I Es war zu erwarten, daß auf den starken Aufschlag

in Amerika eine leichte Abschwächung sich einstellen wird; die Grundtendenz im Geschäft bleibt aber eine entschieden feste. Die Offerten aus Amerika und Ruß. land sind nicht sehr belangreich, dagegen wird aus 2. Hand mit Nutzen realisiert und sind die Angebote von dieser Seite größer gewesen. Braugerste findet nun volle Beachtung seitens der Brauereien, die Preise sind sehr fest und das Angebot nicht bedeutend. Mehl. Preise pr. 100 Kilogr. inkl. Sack: Mehl Nr. o- 35 ^ bis 36 -4L ^, Nr. 1: 33 ^

bis 34 -4L Nr. 2: 31 -4L 50 bis 32 -4L 50 ^, Nr. 3: 29 -4L 50 bis 30 -4L Nr. 4: 25 -4L -- ^ bis 26 Suppengries 35 -4L 50 ^

bis 36 -4L 50 4-. Kleie 8 -4L.

Stuttgart, 31. Aug. Kartoffelmarkt am Leonhardsplatz. Zufuhr 400 Ztr., Preis per Ztr. 2 ^L 80 bis 3 ^L 20 Krautmarkt am Marktplatz.

Zufuhr 2500 Stück Filderkraut, 20 bis 22 -4L per 100 Stück.

Ausland.

In Oe st erreich erwartet man mit Un- geduld die Entscheidung, welche der Kaiser Franz Josef in der Sprachenfrage in Böhmen treffen wird. Inzwischen scheint sich der Sprachenstreit auch aus Mähren auszudehnen, denn in Brünn ist man bemüh!. eine Konferenz aller deutsch­mährischen Abgeordneten einzuberufen, um fest- zustellen, daß der Kampf gegen die Sprachen- Verordnung keine rein böhmische Angelegenheit ist, sondern auch Mähren betreffe.

Dünkirchen, 31. Aug. Präsident Faure und der Minister des Auswärtigen Hanotaux, sind heute Vormittag Uhr hier gelandet. Ministerpräsident Mäline, der Marineminister, sowie der Kriegsminister begrüßten den Präsidenten. Moline sprach die Glückwünsche des Cabinets für den glücklichen Ausgang der Reise aus. Faure besuchte die Handelskammer, das Hospital und nahm sodann an einem oon der Staatvertretung gegebenen Festmahl teil. Trotz des Regens durchzog eine begeisterte Menge die Straßen.

Dünkirchen, 31. Aug. Präsident Faure ist heute Nachmittag 2 Uhr nach Paris abgefahren.

Der Präsident der französischen Republik, Felix Faure ist am Dienstag von seiner Reise aus Rußland zurückgekehrt. Bereits in Dünkirchen wurde Faure von den Ministern und mehreren Deputationen festlich empfangen und seine am Dienstag nachmittag in Paris stattgefundene Ankunft glich einem wahren Triumphzuge, denn die nationale Er­regung der Franzosen über das endlich abge­schlossene französisch-russische Bündnis kennt kaum noch Grenzen. Zugleich erfahren wir aus Paris, daß die ZeitungSoir", das Organ des Minister­präsidenten Moltne, ermächtigt ist, mitzuteilen, daß Mäline am 25. August, dem Vorabende der letzten Trinksprüche, in denen vom Präsi­denten Faure und dem Kaiser Nikolaus in Kronstadt die Allianz erwähnt wurde, aus Petersburg eine Depesche mit der Mitteilung vom Abschlüsse einer Offensiv- und Defensiv. Allianz zwischen Frankreich und Rußland erhielt. Ferner ist derSoir" autorisiert, zu erklären, daß bis zur Reise des Präsidenten Faure nur eine provisorische Militärkonvention bestand, allerdings halte in letzter Zeit der Minister des Auswärtigen, Hanotaux. von einer autorisierten Persönlichkeit die mündliche Zusage erhalten, daß in Kronstadt die endliche Allianz richtig zum Abschlüsse gelangen werde. Eine Meld­ung aus Petersburg will wissen, daß sich die Spitze des französisch-russischen Bündnisses nicht gegen Deutschland, sondern gegen England richtet, mit dessen Haltung im Orient, in Asien und Afrika Rußland und Frankreich sehr unzu­frieden sind.

In den letzten Tagen hat der Aufstand in den indischen Grenzländern an Ausdehnung gewonnen, denn drei große muha- medanische Stämme führen jetzt den Empörungs­krieg. Ferner sind die Stämme längs der Boian-Paß-Straße nach Guetta auch unruhig geworden. Die Telegraphendrähte wurden wiederum zerschnitten. Eine Ansammlung von Angehörigen der Stämme soll, wie berichtet wird, in der Nähe von Ziaret stattfinden, wo­selbst große Besorgnis herrscht.

Mit einer Beilage.

Redaktion, Druck u»d Verlag von C. Me eh in Neuenbü.rg.