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werden sollte, plötzlich in schnellstem Laufe davon, seiner alten Heimat zu. Derselbe ist bereits heute wieder eingebracht worden. Es war der letzte Arrestant, den Gerichtsdiener Biegert vorzuführen hatte, da letzterer mit dem heutigen Tage in den wohlverdienten Ruhe- stand tritt.

Neuenbürg, 31. Aug. Bei der Deutschen Fachausstellung für Hotel- und Wirt- schaftswesen in Stuttgart wurde der Teilnehmer in Abteilung lu u. b, Getränke aller Art: Christian Bacher hier, mit silberner Medaille prämiirt.

Wildbad, 26. Aug. Die Fremden­zahl ist bis zum 24. August auf 10,200 ge­stiegen, was gegen das Vorjahr einem Mehr von über 1600 gleichkommt, ein sehr beachtens­werter Aufschwung. Zwar ist die Badezeit in der Ebbe begriffen, immer aber sind einzelne Gasthöfe und Pensionen noch sehr stark, ja fast voll besetzt. Das sehr gute Kurorchester unter Kapellmeister Carl vermindert die Zahl seiner Mitglieder im Monat September von 34 aus 24; das ebenfalls durchaus leistungsfähige Badetheater, unter Jntendanzrat Liebig vom Hoftheater in Altenburg, beendet seine Vorstel- lungen mit Ablauf des Monats August. Wie verlautet, geht die Kurverwaltung mit der Absicht um, einen Umbau des allerdings für die jetzigen Verhältnisse des Badeorts unzureichenden kleinen Theaters für die nächste Spielzeit vorzunehmen. Es soll ein entsprechender L, aal bau errichtet werden, der auch, was sehr erwünscht sein könnte, zu Konzerten dienen kann.

Herrenal b. Die letzte Kurliste von Herrenalb weist 4127 Personen auf. Der vorige Woche zum Besten der Hagelbeschädigten veranstaltete Bazar, bei welchem Kinder als Verkäuferinnen fungierten, ergab ein glänzendes Resultat, so daß rund 1000 Mark abgeführt werden konnten.

Gräfenhausen, 30. Aug. Wie jetzt erst bekannt geworden ist, befand sich am Dienstag Abend unser Ortsvorsteher, Herr Schultheiß Glauner, in großer Lebensgefahr. Als er gegen 8 Uhr von einer Ausschußsitzung des landw. Vereins des Wegs daher kam und einige Augenblicke bei einem Kalksteinhaufen an der Seite des Wegs verweilte, knallte plötzlich ein Schuß, dessen Ladung, wie von Hrn. Glauner deutlich wahrgenommen wurde, rn das nahe Gebüsch und Gehölz drang. Bald darauf be- gegneten ihm, den Weg heraufkommend, 3 be­kannte Pforzheimer Jagdliebhaber, welche grüßend vorübergingen. Nach näherer Untersuchung ergab sich, daß an einzelnen Steinen des Steinlager­platzes, an welchem sich Hr. Schultheiß befand, deutliche Spuren des Schrotschusses zu sehen sind. Es ist somit anzunehmen, daß Hr. Glauner nur dem Umstande, daß er sich in dem betr. Augenblicke abseits an dem schützenden Steinhaufen und noch dazu in etwas niederer Stellung be­fand, sein Leben zu verdanken hat. Wer den Schuß abgegeben und ob derselbe etwa dem eine Strecke vorausgesprungenen kleinen Hunde des Hrn. Schultheißen gegolten haben mag, scheint noch nicht festzustehen. Unter allen Umständen ist es aber als grober Unfug oder als nicht genug zu rügender Leichtsinn zu bezeichnen, wenn in oder von der Wegltnie aus überhaupt ein Schuß abgegeben worden ist.

Birkenfeld. In unserer Kirche wurde gestern der 7. Sohn des Schreinermeisters Chr. Vollmer getauft und war der Pate des Täuflings König Wilhelm von Württemberg. Als Vertreter desselben fungierte Hr. Schultheiß Holzschuh, welcher als Palengeschenk die Summe von 20 Mk. überreichte.

Von der badischen Grenze, 30. Aug. Wir stehen gegenwärtig mitten in der Ein- heimsung des Oehmdes. Während die Heu- und Roggenernte bei schönem Wetter rasch beendigt werden konnte, dauert die Oehmdernte wegen des veränderlichen Wetters länger. Der Ertrag der Heuernte ist, was sowohl Quanität als Qualität betrifft, vorzüglich; die Roggenernte ist befriedigend, ebenso der Ertrag des Oehmdes. Die Kartoffeln stehen schön da und versprechen einen reichen Ertrag. Was die übrigen Ge­wächse betrifft, so leidet namentlich das Kraut

unter dem Raupenfraß. Die Leute werden daher gut daran thun, wenn sie die mit Raupen uud Eiern besetzten Blätter entfernen und ver­brennen. Leider steht auch die Mehrzahl der Obstbäume leer da, Aepfel giebts gar keine und Birnen nur sehr wenig, unter 25 Bäumen ist vielleicht einer, welcher einen reichen Ertrag ab­wirft. Es wäre jetzt auch an der Zeit, wenn die Obstbäume mit Klebringen versehen würden. Dieses Mittel, die Bäume gegen Insekten zu schützen. wird, wie sich jeder selbst überzeugen kann, in unserer Gegend noch viel zu wenig angewendet. Wer es aber thut, der wird sich bald über den Erfolg wundern. Die Insekten, welche an den Stämmen der Obstbäume hinauf­kriechen und ihre Eier unter der Rinde, an den Aesten und Zweigen absetzen, bleiben zu Hunderten an den Kledringen hängen und werden so ver­nichtet. Leider kano ein Einzelner gegen die zahlreichen Feinde der Landwirtschaft nicht viel ausrichten, es würde daher ein größerer Erfolg erzielt werden, wenn die Gemeinden die Sache in die Hand nehmen und sämtliche Bäume auf einmal mit Klebringen versehen ließen. Wer aber seine Bäume jetzt schon fürs nächste Jahr schützen will, der probiere es wenigstens einmal mit diesem Schutzmittel, es wird ihn ganz ge­wiß nicht reuen.

Loffenau, 30. August. Am gestrige» Sonntag beging der hiej. Militärverein seine 25jährige Stiftungsfeier. Morgens hielt Pfarrer Haag den Festgottesdienst. Nachher war Empfang der auswärtigen Kameraden durch den Verein mit einer Artilleriekapelle aus Rastatt. Der Festzug durch den reich geschmückten Ort bot einen schönen, soldatischen Anblick. Die alten Krieger und die Gäste wurden durch Blumenwerfen aus allen Häusern begrüßt, be­sonders auch aus dem stattlichen Gasthaus zum Adler. Auf dem Festplatz hielt Vereinssorstand Grimm eine kernige Begrüßungs-, Pfarrer Haag die vortreffliche Festrede. Nach einer weiteren Ansprache des Pcäsidialmitglieds Major z. D. v. Mauch und nach einem vom Vorstande auf die zahlreichen badischen Kameraden ausgebrachten Hoch führte Oberlehrer Wacker seinen tüchtig geschulten Gesangverein vor, worauf sich ein fröhliches Treiben entwickelte. Ein Festbankett beschloß die gelungene Stiftungsfeier unter dem -allgemeinen Bewußtsein, daß die monarchischen Gesinnungen, die Vaterlandsliebe und die Kameradschaft bei Jedem festgewurzelt sind.

Calw, 30. August. Zu Gunsten der Hagelbeschädigten veranstaltete gestern Nachmit­tag der ev. K i r ch e n g e s a n g v e r ei n in der Stadtkirche eine Aufführung des Oratoriums Lamson" von G. F. Händel. Das groß­artige herrliche Werk, das unseres Wissens hier noch nie aufgeführt wurde, atmet so viel Leben und Bewegung, daß man von Anfang bis zu Ende in gespannter und erhobener Stimmung bleibt. Sowohl der Chor, der geradezu ent­zückende und höchst lebensfrische Partieen hat, als auch die charakteristischen Persönlichkeiten des Helden Samson, des Manoah, des Micha und der Delila bieten das größte Interesse und geben zusammen ein Bild, von dem man sich nur ungerne losreißt. Die Musikbegleitung ist von vorteilhaftester Wirkung; ganz dem Inhalt angemessen ist die Musik bald ruhig bald mächtig daherbrausend; ausgezeichnet ist der Sturz des Götzentempels und der Trauermarsch durch das Orchester dargestellt. Die Aufführung war wohl infolge der schönen Witterung mäßig besucht; eine zahlreichere Beteiligung des Publikums wäre der Aufführung entschieden zu gönnen gewesen.

Nagold. Die Sedanfeier wird auch Heuer am Donnerstag den 2. September durch ein Kinderfest begangen.

Pforzheim. 30. Aug. Arbeiter aus einer benachbarten Ortschaft plünderten auf dem Wege von hier nach ihrer Heimat Odstbäume und eröffneten auf die städtischen Feldhüter, welche ihre Namen feststellen wollten, ein Stein­dombardement. Einem der Feldhüter wurde hiebei ern Auge ausgeworfen.

Eutingen, 30. Aug. Nach Osten hin hat sich der.Typhus von Pforzheim aus bis jetzt nicht ausgebreitet und auch unsere Gemeinde, obwohl eine derjenigen, welche der Stadt am

nächsten liegt, und besonders rege Beziehungen mit ihr unterhält, ist seither von der Epidemie verschont geblieben. Derselben ist nun aber doch ein junger Mensch, welcher in Pforzheim in Arbeit stand, zum Opfer gefallen. Er hat die Krankheit nach hier verschleppt und ist ihr am Samstag auch erlegen. Hoffentlich bleibt eS bei diesem einen Falle.

Pforzheim, 28. August. (Schweine­markt.) Zufuhr 130 Ferkel; verkauft 88 Stück. Durchschnittspreis 14 Mk. per Paar.

Neuenbürg, I. Sept. Kartoffeln, rote wurden gestern und heute zu 2 50 pr.

50 Kilo rasch verkauft.^

Deutsches Aeich.

Seda«.

Zum 27. Male erscheint der Tag wieder, wo dre Weltgeschichte dem kleinen Nachfolger des großen Korsen zum Weltgericht wurde und auf blutiger Wahlstatt das neue deutsche Reich er­stand. Die Ereignisse und Erinnerungen, die mit dem 2. September 1870 verknüpft sind, tragen einen so unauslöschlichen Charakter, daß keine Zeit imstande sein wird, ihr Gedächtnis aus der Seele des deutschen Volkes zu beseitigen. Nach wie vor verlangt das natürliche Volks- empfinden eine Erinnerungsfeier jenes Tages. Eine solche bedeutet nicht eine Verherrlichung des Krieges und seiner Schrecken. Wer das glaubt, versteht den Geist nicht, der die deutsche Sedanfeier durchweht.

Was am Sedanstage die Herzen bewegt, das braucht nicht in Worte gefaßt zu werden. Es ist der alte, aber nimmer erlöschende Dank gegen den Herrn der Heerscharen, der unsere Fahnen mit Sieg gesegnet hat, gegen den Heim­gegangenen gottgegrüßren Greis und seinen Sohn, die Alldeutschland vorangezogen in Frankreich hinein, gegen den großen eisernen Werkmeister des Reiches, der die Siegesfrucht der Kämpfen­den sicherte, gegen die teuren Toten, die mit ihrem Blut die Ehre des Vaterlandes gewahrt und des Reiches Bau gekittet haben, gegen die noch unter uns lebenden Kämpfer, hoch unv niedrig, mit der Krone und der Mütze auf dem Haupte, im Hermelin oder im zerschlissenen Wamse, die damals mitzogen, mitkämpften, mit­litten, mitsiegten. Mit frohem Stolze und dank­barem Herzen sollen wir uns der Gcoßthaten der Vergangenheit erinnern, um aus ihnen frische Kraft für die Aufgaben und Pflichten der Gegen­wart zu schöpfen.

Nur zu oft finden wir heute, daß gute Pa­trioten durch den Hader der Parteien oder aus sonstigen Gründen entmutigt werden und an der Zukunft und Weiterentwicklung des Reiches zu verzweifeln beginnen. Wer so kleinen Mutes ist, für den ist es gar nützlich, sich zu vergegen­wärtigen, wie ganz anders die Männer leiden mußten, die in dem großen Kriege und vor ihm für die Einheit des Reiches stritten, und wie diese Männer trotzdem nicht den Mut und die Hoffnung sinken ließen. Trotz all dieses Jammers haben Kaiser Wilhelm der Große» Fürst Bismarck und Tausende wackerer deutscher Männer mit ihnen niemals die Hoffnung auf die Größe und die Zukunft des deutschen Vater­landes verloren. Diese Hoffnung hat den Tag von Sedan herbeigeführt. Darum sei uns der Tag eine Mahnung, auch in Zeiten nicht zu verzagen, wo, wie jetzt, vaterlandslose Gesinnung große Kreise unseres Volkes abtrünnig zu machen sucht, wo manche Parteien dem Grundsätze zu huldigen fchemen:Erst die Partei und dann das Vaterland!"

Darin vor allem liegt dieses nationalen Festtages Bedeutung, daß er dem Kleinmut wehrt, der uns so manches Mal unter dem Druck der Alltagssorgen ergreifen will, und daß er's uns immer aufs neue erkennen und begreifen läßt, was wir errungen haben, und was zu behaupten und zu befestigen jedes deutschen Mannes erste und heiligste Pflicht ist.Mit Gott für Kaiser und Reich, für König und Vaterland das ist die Losung, die über jedem Sedantage mit Flammenschrift geschrieben steht und die auch heute als heiliges Gelöbnis in unser aller Herzen wiederklingsn soll.