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gestandenes Mädchen im Alter von 16 Jahren trat in das Zimmer, worauf alsbald der Knabe das Gewehr auf das Mädchen richtete unv los- drückte. Das Mädchen stürzte augenblicklich mitten in die Brust tötlich getroffen zu Boden. Der Vater wollte am Abend vorher einen Fuchs erlegen, welcher ihm zwei Hühner stahl und legte das Gewehr geladen ab. das der Sohn dann am Sonntag morgen sah und dadurch das Unglück herbeiführte.
Mannheim, 2. August. 1998 Mark gestohlen wurden am Samstag auf dem Hauptpostamte dem Lehrling eines Kaufmanns. Der Lehrling hatte das Portemonnaie mit dem Geld auf das Schalterbrett gelegt, während er Marken auf die Anweisungen klebte. Von dem Diebe fehlt jede Spur.
Frresenheim, 30. Juli. Der Stand der Weinberge in unserem Bezirk ist den Verhältnissen entsprechend, ein zufriedenstellender, jedoch kann dieses Jahr auf eine reichliche Ernte nicht gerechnet werden. Infolge der günstigen Witterung machen die Trauben raschen Fortschritt. Die Reben sind überall schön und gesund. Im Weingeschäft ist es still. — Von der oberen Hardt, 30. Juli. Der Weinstock und die Beeren machen schönste Fortschritte. In drei Wochen haben wir, bei gleich günstigen Verhält- niffen wie heute, überall Helle Trauben. Der Ertrag verspricht an Qualität sehr gut, an Quantität mittel zu werden.
Vom Kaiserstuhl. Ein Gang durch die Reben zeigt uns, daß wir, wenn uns der Himmel gut will, einen guten 97er zu erwarten haben. Ein Endinger Weinhaus, das selbst auch bedeutende Rebberge besitzt, hat sich bereits große Posten 97er Fcühweinmobst gesichert.
Königschaffhausen i. B., 3. August. Hier sind schon seit acht Tagen sehr schöne, vollständig reife Trauben zu sehen.
Die Kündigung
des deutsch-englischen Handelsvertrags
ist nunmehr erfolgt. Sie war längst vorhergesehen worden, denn sie bildet nur den Abschluß der in England seit sieben Jahren von rühriger Seite gegen den deutschen Wettbewerb auf dem Weltmärkte entfachten Bewegung. Die Engländer sind daran gewöhnt, auf den überseeischen Märkten eine Alleinherrschaft zu üben, welche ihnen noch bis in die Mitte dieses Jahrhunderts thatsächlich unbestritten war. Durch ein zwei Jahrhunderte hindurch mit beispielloser Rücksichtslosigkeit durchgeführtes Schutzzollsystem hatte sich England eine gewaltige Industrie großge- zogen, der bald die heimischen Märkte zu eng wurden und die welterobernd wurde, nachdem der englische Staat durch die Vernichtung der napoleo- nischen Seemacht auf allen Meeren allein gebot. Um ihr auch alle europäischen Märkte zu öffnen, wandten sich die klugen Engländer in der Mitte unsers Jahrhunderts plötzlich dem Freihandel zu. Sie selbst halten bei ihrer wirtschaftlichen Uebermacht gar nichts zu riskieren; wohl aber durften sie hoffen, durch ihr Beispiel auch den einen oder andern Kontinentalstaat zur Annahme des Freihandelssystems zu bewegen und so ungehinderten Zutritt zu dessen heimischen Märkten zu erlangen.
Mit allen Mitteln wurde daher der Welt plötzlich das allein segensreiche Dogma des Freihandels verkündet, und da diese Bewegung von England ausging und sich wohlweislich in „liberaler" Gewandung vorführte, so biß der deutsche Liberalismus selbstverständlich sofort auf den hingehaltenen Köder an. Es begann in Deutschland dir Zeit des Freihandels, die England geschickt damit einleitete, daß cs, ähnlich wie vorher mit Frankreich, mit dem deutschen Zollverein einen Handelsvertrag abschloß, welcher die berühmte Meistbegünstigungsklausel enthielt, deren praktische Anwendung die Völker von selbst der Freihandelspolitik entgegenführt.
Zweiunddreißig Jahre hat dieser Vertrag in Wirksamkeit bestanden. Deutschland hatte sich im Laufe der Zeit ganz zum schrankenlosen Freihandel bekannt und den Engländern alle Märkte geöffnet, aber dabei so üble Erfahrungen gemacht, daß Fürst Bismarck das Freihandelssystem kurzweg bei Seite warf und dem natio
nalen Wirtschaftssystem mit rationellen Schutzzöllen eine Stätte bereitete. Unter demselben ist die deutsche Industrie ebenso gewaltig erstarkt, wie einst die englische. Sie ist in die Lage gekommen, mit den Engländern auf allen Märkten zu konkurrieren. Im letzten Jahre führte Deutschland für 678 Millionen Mark allein nach England ein. Die Engländer sehen also ihre wirtschaftliche Weltstellung durch Deutschland gefährdet, und da auch alle übrigen Kulturstaaten vom Freihandel nichts mehr wissen wollen, so strebt das englische Volk nunmehr einem andern Wirtschaftssystem zu, welches das englische wirtschaftliche Uebergewicht sichern soll, zu diesem Behuf zunächst die gesamten englischen Kolonien näher mit dem Mutterlande zusammenschließt, und so die „großenglische Wirlschaflsunion" be- sähigt, durch Bevorzugung der eigenen Fabrikate den fremden Wettbewerb zu erschweren.
Es ist dies, wie mau sieht, ein erster Schritt zur Rückkehr Englands zum Schutzzollsystem. Seiner Durchführung stand der bis jetzt noch in Geltung gewesene deutsch-englische Meistbegünst- igungsvertrag entgegen, welcher auch der deutschen Industrie jeden zollpolitischen Vorteil zuwles, den man in England und seinen Kolonien einem englischen oder fremden Fabrikate zuerkanntc. Wie sich infolge dessen die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen England und Deutschland später gestalten werden, ist noch nicht abzusehea. Jedenfalls hat die deutsche Industrie Ursache, sich auf alle Möglichkeiten vorzubereiten. Württemberg.
Stuttgart, 2. Aug. König Wilhelm sprach dem Generalfeldmarschall v. Blumenthal zu dessen Jubiläum in einem Handschreiben warme Glückwünsche aus.
Großsachjenheim, 3. Aug. In dem eine Stunde von hier entfernten Oberriexingen geschah heute früh eine grausige Thal. Der ' verheiratete 68jährige, schon länger dem Trunk ergebene und deswegen entmündigte Gottlob Widmaier versetzte heute Morgen zwischen 6 und 7 Uhr seiner ,m Stall befindlichen, auf dem Melkstuhle sitzenden, nichts Böses ahnenden Ehefrau mit einem Beil 4 wuchtige Hiebe an den Borderkopf. daß der Tod sofort eintrat. Darauf schleppte W. die Getötete in den hintern Teil des Stalles und bedeckte sie mit Stroh. Hierauf begab er sich in die Wohnstube, woselbst er einen Selbstmord versuchte, indem er sich in beide Arme mehrere tiefe Schnitte beibrachte, welche jedoch seinen Tod nicht herbeiführten. Nun eilte er an die nahe am Ort vorbeifließende Enz, um sich zu ertränken, was ihm jedoch auch nicht gelang. Er begab sich dann wieder aus dem Wasser heraus und es fanden ihn der Straßenwärter und ein Gemeinderat vom Ort zwischen zwei Bäumen stehend. In den Ort gebracht und einem Verhör unterworfen, gestand er ziemlich ruhig seine grausige That. lieber den Grund, warum er den Mord begangen, äußerte der Thäter: In Gottes Namen. Sieben Kinder beweinen ihre auf so traurige Weise ums Leben gekommene Mutter.
Möckmühl, 28. Juli. Seine Ochsen spazieren geführt, und zwar per Bahn, hat heute ein Bauer von B. Ec fuhr mit seinen Tieren von der Station Möckmühl nach Osterburken, um sie an letzterem Ort auf den Markt zu bringen. Unglücklicherweise war dieser schon vor zwei Tagen abgehalten worden und es blieb dem Manne nichts übrig, als die nämliche Spazierfahrt nur in umgekehrter Richtung noch einmal zu machen.
Stuttgarr. (Landesproduktenbörse. Bericht vom 2. Aug. von dem Vorstand Fritz Kreglinger.f Die feste Tendenz im Getreidegeschäft hat in der abgelaufenen Woche weitere Fortschritte gemacht und sind die Forderungen von allen Bezugsländern wesentlich erhöht worden. Neue Inlandsware ist noch keine am Markt. — Mehlpreise pr. 100 Kilogr.inkl.Sack: Mehl Nr. 0: 31 bis 31 50 Nr. 1: 28
50 bis 29 »k 50 , Nr. 2: 27 bis 28
— ^), Nr. 3: 25 50 4 , bis 26 50 Nr. 4:
22 — 4 - bis 22 50 Suppengries 31
50 Kleie 8 «-t —
Ausland.
Paris, 2. Aug. Die französische Presse ist entzückt, daß England den deutjch-englischen Handelsvertrag gekündigt hat. Sogar der
„Temps" kann sich der Bemerkung nicht enthalten, daß auch die politischen Beziehungen von einem Zollkrieg zwischen England und Deutschland beeinflußt werden müssen.
Präsident Faure hat seine angekündigte Reise nach dem südöstlichen Frankreich angetreten. Am Sonntag vormittag traf Faure in Valence ein, wo er die Vorstellung der Mitglieder des Gemeinderats des Departements Drome entgegennahm. Hiebei kam es zu einer kleinen Kundgebung für die russisch-französische Freundschaft. Der Vorsitzende des Gemeinderats, Loubert. versicherte dem Staatsoderhaupte in einer Ansprache, ganz Frankreich werde Herrn Faure im Geiste auf seiner Reise nach Rußland geleiten, worauf der Präsident gerührt erwiderte, er danke für diesen Ausdruck patriotischer Gefühle, der ihm die Erfüllung seiner Aufgabe erleichtern werde.
Aus Odessa meldet ein Privat tele- gramm: Die Stadtvertretung hat zum
Empfange des Präsidenten Faure 100000 Rubel ausgesetzt.
Minsk, 2. August. Hier ist eine Epidemie ausgebrochen, zu der verdorbenes Trinkwasser den Anlaß gab. Es sind bereits mehrere Hundert Todesfälle vorgekommen. Die Aerzte bezeichnen die Erkrankungen als Ruhr.
Der türkische Divisions-General Vehbi Pascha ist nach dem von den Türken besetzten grichischen Hafen Bolo abgereist. Er über« bringt der türkischen Operationsarmee den Gruß des Sultans, ferner 11 Ehrensäbel für die türkischen Unterkommandeure, den Großcordon des Osmannie Ordens mit Brillanten für den Kommandanten der Kavallerie, suleiman Pascha, sowie Erinnerungsmedaillen für die Offiziere und Mannschaften.
Konstantinopel, 3. August. Eine türkische Flotlendivision hat Befehl zur Abfahrt nach Canea erhalten.
Athen, 3. Aug. Gestern fand in geschlossenem Raume eine Versammlung vieler Bürger jedes Standes statt. Man beriet über die Lage des Landes und verwarf die fremde Konlrole über die griechischen Finanzen. Ein höherer Offizier erklärte, man brauche die Fortsetzung der Feindseligkeiten nicht zu fürchten. Das Heer sei besser, als zu Anfang des Krieges, die Linie der Thermopylea undurchdringbar. Die Blätter bringen eine Erklärung des Ministers des Auswärtigen Skulndis, der König werde abdanken, wenn die auswärtige Konlrole über die Finanzen angenommen werde. Er wolle nicht der Khedioe Griechenlands werden.
London, 2. August. Der König von Griechenland weigert sich, den Friedensvertrag mit der Türkei zu unterzeichnen, wenn darin eine europäische Beaufsichtigung der griechischen Geldwirtschaft festgesetzt ist. Dieser Plan werde ihm die Frage der Abdankung nahelegen.
Die Gefahr einer republikanischen Schilderhebung in Portugal gilt nach den neueren Nachrichten aus Lissabon als einstweilen wieder beseitigt. Die Regierung erhielt noch rechtzeitig Kenntnis von dem geplanten Putsch der Republikaner und war demnach in der Lage, sofort entsprechende energische Gegenmaßregeln zu treffen. Die verhafteten republikanischen Führer sollen freigelassen werden, sobald die Ruhe völlig wiederhergestellt sein wird.
In Südafrika müssen sich die Engländer ebenso wie in Indien immer wieder mit rebelli- schen Eingeborenen herumschlagen. Am 30. Juli fand im Langenbergen-Distrikl ein ernste- Gefecht zwischen den dortigen, gegen die Kap- Regierung rebellierenden Eingeborenen und den englischen Truppen statt. Der Kampf endete damit, daß die Engländer die feindlichen Stellungen im Gamasiep-Thale nahmen, worauf die Rebellen nach TwaiS-Kloof flohen.
Unterhaltender Teil- Wert der menschlichen Wahrungsmittel.
Von Dr. W. Ebing.
(Nachdruck verboten.^
LO. Der ganze menschliche Lebensprozeß bestehl in einer unaufhörlichen Stoffaufnahme und Stoffausschcidung; je energischer dieser