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Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

Se. Maj. der König hat unterm 20. Juli verfügt: Major z. D. Bolley, Bezirks- osfizier beim Landwehrbezirk Calw, unter Ver­leihung eines Patents seiner Charge zum Kommandeur des Landwehrbezirks Horb ernannt.

Am Samstag abend stürzte ein Karlsruher Radfahrer auf dem Wege von Herrcnalb nach Ettlingen kurz vor der Marxzeller Mühle in der Weise, daß er das Nasenbein brach.

Calw, 27. Juli. Der Bienenzüchter­verein des Bezirks Calw hielt gestern eine Versammlung im Gasthaus zumLamm" in Zavelstein ab, wobei Lehrer Fischer von hier einen Bortrag über den von ihm besuchten Bienenkurs in Hohenheim hielt. Nach den! Grundsätzen Gerstungs, daß nur das Bienenvolk in seiner Gesamtheit ein Organismus sei und nicht die einzelne Biene, werden in Hohenheim vor allem die Grundgesetze der Bienenzucht, das Warum" gelehrt. In übersichtlicher Weise streifte sodann der Redner die Hauptgesetze, nach denen das Leben der Bienen sich richtet. Er kam zu sprechen auf den Futtersaft, die Zell­ordnung, die Brutordnung, die Bolksordnung, den Bruttrieb, die Rassenfrage und auf andere wichtige Punkte, die im Bienenleben zu beachten sind. Der Vorstand Knecht dankte dem Redner für seine interessanten Ausführungen und empfahl den Imkern mehr Sorgfalt in der Nachzucht junger, kräftiger Königinnen. Behufs Fütterung der Bienen wurde der gemeinsame Bezug von slüssiigem Fruchtzucker empfohlen.

Calw, 26. Juli, Ueber die für unsere Waldgemeinden überaus wichtige Frage der Wasserversorgung teilen wir über die Verhandlung am 23. Juli noch folgendes mit. Die Kosten des großen Wasserwerks betragen nach dem Voranschlag etwa 670000 wozu noch 25 000 Entschädigung an die k. Forst­verwaltung für Quellenerwerbung kommen. Davon übernimmt der Staat auf seine Kosten 30 Prozent und die ganze Bauleitung. Aus- gehen soll die Wasserversorgung von starken Quellen im Staatswald ber Kälberbronn im Enzthal (1 starke Stunde ob Wildbad.) Es entschlossen sich endgiltig zum Beitritt aus dem Oberaml Calw die Gemeinden: Aichelberg (Bergorte), Aichhalden und Oberweilcr, Zweren­berg, Hornberg, Martinsmoos. Neuweiler, Breitenberg. Agenbach, Würzbach, Sommenhardt; vom Bezirk Nagold die Orte: Garrweilcr, Beuren, Heseldronn mit Lengenloch und Zum­weiler, Altensteig-Dorf, Eltmannsweiler. Sim- mcrsseld, Ebershardt. Letztere hat sich übrigens den Anschluß an die neuerrichtete Warther Wasserleitung Vorbehalten. Gaugenwald sandte keine Vertretung und bleibt vorläufig ausge­schlossen. Ein Teil der Gemeinden zahlt an den Staat runde Abfindungssummen, so z. B. Simmersfeld 45000 Ettmannsweiler

20000 »iL u. s. w., während die übrigen Gemeinden pro Kopf der Bevölkerung 109 zu bezahlen haben, wovon noch stark '/» durch den Staatsbeitrag abgeht. Auch können durch Abgebote an dem Voranschlag noch namhafte Kosten erspart werden. Die Arbeiten zur Erstellung des Wasserwerkes werden sogleich in den gelesensten Blättern zur Submission aus­geschrieben, so daß in Bälde auch die hoch­gelegenen Orte unseres Schwarzwaldes ihre Quellwasserversorgung besitzen werden.

Neuenbürg, 30. Juli. Kartoffel­preis. Rosenkartoffel: 3 pr. Zentner,

4 4 Z Pr. Pfund, weiße 4 pr. Zentner, 5 <Z Pr. Pfund.

Pforzheim, 28. Juli. Schweine- markt. Durchschnittspreis der Mtlchschweine 28 Mark das Paar.

Deutsches Reich.

München, 28. Juli. Der Prinzregent überwies 2000 dem Münchener Konnte für Sammlungen für die H a g e l b e s ch äd i g t e n des württb. Unterlandes.

Das Mandat des Reichstages erlischt am 14. Juni 1898. Es wird viel- leicht nicht möglich sein, bis dahin die sog. Nebengesetze zum Bürgerlichen Gesetzbuch fertig

> zu stellen. In diesem Falle müßte die Legis- laturperiode durch besonderes Gesetz um einige Zeit verlängert werden. Das ist in der Geschichte des Reichstages bereits einmal während der Kriegszeit vorgekommen.

Berlin, 28. Juli. Wie nunmehr festge- stellt ist, enthielt die gestern auf dem Potsdamer Bahnhof explodierte Kiste sogenannte Radfahrerbomben. Die Explosion wurde vermut­lich durch ein scharfkandiges Packet oder Auf- fallen einer schweren Kiste verursacht.

Bremen, 28 Juli. Gestern abend brach in den Mühlwerken von Erling ein Groß, feuer aus, das die Mehlmühlen und zwei Nachbarhäuser vollständig zerstörte. Auch große Mehl- und Getreidevorräte sind vernichtet.

I Rheinfelden,25. Juli. Das auf der badischen Seite des Rheins zu errichtende Kraftübertragungswerk soll, wie man in badischen Blättern liest, nicht weniger als 16000 Pferdekräfte erzeugen, die im Be­darfsfälle auf 32000 gesteigert werden können. Der 1*/, Kilometer lange Zuleitungskanal muß in das Flußbett des Rheins versenkt werden und wird von diesem durch eine geradezu cyklopische Mauer getrennt. Der Kanal führt in der Sekunde 300 Cubikmeter Wasser zum Turbinenhaus, welches 20 Turbinen und 800 Pferdekräfte enthält. Die ganze Anlage wird einschließlich Landerwerb auf 20 Millionen Mark zu stehen kommen. Die Rentabilität ist bereits gesichert, nachdem verschiedene große Etablissements entsprechende Tausende von Pferdekräflen abgenommen haben.

Karlsruhe, 28. Juli. Die Waggon­fabrik Karlsruhe, Aktiengesellschaft, kommt nun nach Bruchsal. Der dortige Stadtrat hat nämlich der Gesellschaft 16 üa, Gelände für eine große industrielle Anlage unentgeltlich zur Ver- fügung gestellt. Das Bankhaus Veit L. Ham­burger sowie die Mitglieder des Aufsichtsrats haben das Angebot der Stadt angenommen, und es wird schon morgen der bezügliche Ver- trag dem Bruchsaler Bürgerausschuß zur Ge­nehmigung unterbreitet werden.

Von der badischen Grenze, 28. Juli. Man schreibt uns aus Mosbach: In der ver­gangenen Nacht unternahmen zwei Sträflinge im hiesigen Amtsgesängnis einen verwegenen Ausbruch. Die gewitlerschwere Nacht benutzend, durchbrachen sie die Backsteindecke der Zelle, von wo aus dieselben auf den Speicher gelangten. Dort banden sie von den hier aufvewahrten Leintüchern verschiedene zusammen und ließen sich vom Dache aus in den Hof hinunter, über- stiegen die hohe Gefängnismauer und gelangten sodann ins Freie. Die beiden Ausbrecher Jakob Regener aus Fürth und August Schneider von Satteldach wurden in der Nähe des Dorfes Sattelbach nach großer Mühe wieder dingfest gemacht.

Ein Metzger in Kalk bei Köln war ge- wissenlos genug, das Fleisch einer kranken Kuh zu verwursteln. 38 Personen wurden krank und 2 starben. Vorgestern abend stürmte die er- bitterte Menge das Haus des Schurken und mißhandelte ihn und seine Familie in der fürchterlichsten Weise, bis die Polizei kam und das Haus besetzte.

Württemberg.

Heilbronn, 30. Juli. Die Schauernacht vom 30. Juni zum 1. Juli im württembergischen Unterland wird in ihren Wirkungen immer mehr klar, seitdem die Schadeneinschätzungen in den einzelnen betroffenen Gemeinden vorgenommen wurden. Die Verheerungen sind zum Teil ge­radezu unersetzlich; namentlich im Bezirk Deh­lingen wurden besonders wertvolle Obstbäume, die ein ganz besonders schmackhaftes Obst liefern, von welcher Sorte sonst keine Bäume in der Welt mehr vorhanden sind, total vernichtet, so daß diese Obstsorten wohl nicht wieder zu er- hoffen sind. Die Wohlthätigkeit regt sich übrigens im ganzen Lande fortgesetzt in recht erfreulicher Weise und mit besonderem Dank wird es von uns Württembergern allen begrüßt, daß man auch in Norddeutschland nunmehr energisch anfängt, Sammlungen für unsere hilfsbedürftigen Lands- lente im Unterland zu veranstalten. Ganz be­

sonders erfreuend wirkt ein Aufruf derKöln. Ztg." zu Gunsten der württ. Hagelbeschädigten und wenn erst das Herz der reichen Rheinländer gerührt wird, dann sind von dort her reiche Gaben zu erwarten. Freilich kann man nicht genug an die Mildthätigkeit aller Deutschen appellieren; denn der Gesamtschaden von 15 bis 16 Millionen vkL rst nur für das heurige Jahr geschätzt. Da d« Wirkungen noch auf eine lange Reihe von Jahren sich bemerklich machen werden, namentlich durch die zerstörten Obstbäumen und Reben, so bleibt auch bei der größten Wohl­thätigkeit für die Betroffenen noch ein so schwerer Schaden zurück, daß wohl die Kinder der heutigen Generation den Enkeln davon noch zu erzählen und zu klagen wissen werden.

Gerabronn, 26. Juli. Sr. Durch­laucht der Fürst zu Hohenlohe-Langenburg» Statthalter von Elsaß-Lothringen mit hoher Familie hat für 10 von ihm näher bestimmte ichwer verhagelte Gemeinden des Oderamts Gerabronn die Summe von 1800 vlL gestiftet.

Mergentheim. 29. Juli. (Für die Gewitterbeschädigten.) Gestern gingen an die Zentralleitung des Wohlthätigkeitsausschusses in Stuttgart insgesamt 4299 ^ 15 ab. DeS weiteren wurde ein gerüsteter Wagen Pflanzen, Früchte und Kleider direkt nach Oehringen ab­gesandt. Dies ist das Gesamtresultat aus 17 Gemeinden des Bezirks. Bei den übrigen Ge­meinden des Bezirks beginnt die Kollekte erst nach der Ernte und wird insbesondere in Na­turallen bestehen.

Ulm, 26. Juli. In den Tagen vom 24. bis zum 26. Juli wurde hier der 1 2. Würt - tembergijcheLandesfeuerwehrtag abgehalten, der von über 400 Feuerwehren mit 10.000 Mitgliedern besucht war. Bereits am Samstag fanden sich hier außer den Delegierten zum Landesfeuerwehrtag Tausende von Fremden ein. Aus den Beschlüssen des Delegiertentages, der von Kaufmann Renner-Heilbronn eröffnet und geleitet wurde, ist Folgendes hervorzuheoen. Die Landesfeuerwehrtage sollen in Zukunft nicht mehr alle drei, sondern alle fünf Jahre abge­halten werden. Der nächste Landesfeuerwehrtag wird jedoch bereits im Jahre 1901 in Hall tagen. Wer sich von der Verpflichtung zur Ableistung des Feuerlöschdienstes ablösen will, soll in Zukunft bis 20. Mk. an die Gemeinde­kasse bezahlen. Allgemein wurde betont, daß das Prinzip der Freiwilligkeit der Feuerwehr erhallen werden müsse. Eine Erhöhung der Entschädigung der Witwen und Kinder der bei Brandfällen verunglückten Feuerwehrleute (bisher 200300 M. und 5070 M. pro Jahr) wurde für dringend wünschenswert erachtet. Auf dem Festbankett hielt Oberbürgermeister Wagner-Ulm die Festrede. Am Sonntag marschierte die Ulmer Feuerwehr mit ihren Geräten an den in der Neuthor- und Karlsstraße aufgestellten fremden Feuerwehren vorbei uno begab sich nach dem Münsterplatz, wo eine interessante Korps­übung (Brandobjekt war das Bernheimer'sche Haus) vorgenommen wurde. Der Festzug, au dem etwa 12,000 Feuerwehrleute teilnahmen, formierte sich nachmittags 2 Uhr nach Ober­ämtern in alphabetischer Ordnung im Hofe der neuen Jnsanleriekaserne in der Karlstraße. Eiu Volksfest in der Friedrichsau, wo sämtliche Militärkapellen konzertierten, beschloß den prächtig verlaufenen Sonntag.

Beim Ausbaggern des Fabrikkanals in Scheer in Württemberg wurde, wie schon kurz mitgcteilt, das vielgesuchte Kist chen mit 4 0 0 0 0 M k. gefunden, das im vergangenen Frühjahr bei Uebergave der württembergischen Postsendungen an die Reichspost in Sigmaringen abhanden gekommen war. Es scheint also doch aus dem Trittbrett des Postwagens stehen ge­blieben und bei der Fahrt des Zuges über die Brücke in die Donau gefallen zu sein. Der glückliche Finder ist ein Arbeiter namens Wendelin Knittel. Er erhält die ausgesetzte Belohnung von 2000 Mark. Der Inhalt des Kistchens (Papiergeld) war noch unversehrt und, obwohl durchweicht, doch noch brauchbar.

Untertürkheim, 28. Juli. Heute vor­mittag verunglückte auf dem Bahnhof der in der Dampfziegclei von Weyhenmcyer u. Zimmermann