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Heymann, Gattin eines praktischen Arztes, starb alsbald an den dabei erlittenen Brandwunden; ferner liegen die Köchm und eine weitere Frauensperson schwer verletzt darnieder.

Karlsru h e, 8. Juli. Auf die von der Stadt Karlsruhe zu vergebende 3prozentige Anleihe im Betrage von 4 Millionen Mark waren heute die Angebote zu eröffnen. Es war jedoch nur ein einziges Angebot da. und zwar mit 92 ^ 69 ^ von dem Bankhause

Veit L. Hamburger hier.

Sulz u. Wald, 5. Juli. Ein ahn- liches Sturm' und Hagelwetter, wie es in der Nacht vom 30. Juni auf den 1. Juli hier wütete, ereignete sich, nach den Aufzeich­nungen eines hiesigen Bürgers, dessen Kinder sie aufbewahrt haben, im Jahre l8I6. Doch halte das Unwetter damals weniger zu vernichten, da das Jahr nab und kalt war, und alle Früchte im Feld schlecht waren. Auf kalte Wochen folgten damals immer ein oder zwei Tage mit schrecklichem Gewitter, um dann wieder Kälte folgen zu lassen. Wie schrecklich der Sturm diesmal hier hauste, zeigt nebst den abgerissenen Gebäuden der Umstand, daß die Krone der abgerissenen Bäume oft in bedeutender Entfernung vom Stamm liegt.

Pisdorf, 6. Juli. Unser Pfarrer Zimmer ließ hier die in den Gärten überflüssig stehenden Setzlinge sammeln und sandte sie in die ver- Hagelten Gemeinden, wo dieselben wohl eine an­genehme Gabe bilden werden.

Staatssekretär v. Podbielski und die Presse.

Der neuernannte Staatssekretär des Reichs- Postamtes v. Podbielski hat sein Amt angetreten. Manche Blätter haben kritische Erörterungen an die Ernennung geknüpft. Demgegenüber betont dieFrankfurter Zeitung":

Herr v. Podbielski hat die Kriegsakademie absolviert und hat längere Zeit dem General- stsbe angehört. Mit dem einfachen Worte Husarenoberst" ist der neue Chef der Post, und Telegraphen-Verwaltung nicht abzuthun. Das zu sage« erfordert die Gerechtigkeit... Ec gilt der seinen näheren Bekannten für geschäftlich sehr erfahren. DieserHusarenoberst" ist ein thätiger Landwirt, besonders kundig und unternehmend auf dem Gebiete des Molkereiwesens. Er leitet seit Jahren und zwar nicht nur dem Namen nach, eine kaufmännische Firma als deren Mitinhaber, und Personen unseres Erwerbslebens ganz anderer Partei und Lebensstellung rühmen ihn als sehr gewandten, mit modernen wirtschaftlichen An­schauungen vertrauten Vorsitzenden eines Auf­sichtsrats. Soviel mag auf Grund genauer Kenntnis über den neuen Generalpostmeister ge­jagt sein, um falschen Vorstellungen zu begegnen. Ob es zur Leitung des Postwesens ausreichen wird, wissen wir nicht. Das bleibt abzuwarten."

DreBerl. Neuesten Nachrichten" schreiben: Herr v. Podbielski verdankt das Ansehen, dessen er sich in ziemlich weiten Kreisen erfreut, haupt­sächlich dem Umstande, daß er im Feldzuge von 1870 als junger Generalstabsosfizier im Stabe des 10. Armeekorps die Geschäfte des Korps- Intendanten übernahm, als dieser versagte, und in geradezu glänzender und musterhafter Weise unter Verhältnissen schwierigster Art führte. Der linksliberalen Presse wird es zu einiger Be­ruhigung gereichen, daß der damalige Chef des Stabes des 10. Armeekorps, Oberst v. Capnvi, der spätere Nachfolger des Fürsten Bismarck, Herrn v. Podbielski für diese Funktionen dem kommandierenden General in Vorschlag gebracht hatte. Sein organisatorisches Talent und seine Geschäftsgewandlheit haben in der Armee stets hohe Anerkennung gefunden, und Herr von Podbielski galt während der letzten Jahren in militärischen Kreisen als der gegebene General- Etappen-Jnspekleur für den Kriegsfall, bekannt­lich eine mit dem Range eines kommandierenden Generals verbundene Stellung, die große Um­sicht, Thatkraft und organisatorische und ge­schäftliche Gewandtheit erfordert.

.Württemberg.

Ihre Majestäten der König und die Königin haben der Zentralstelle des Wohl- thätigkeitsvereins zur Unterstützung der durch die Naturereignisse der letzten Tage besonders

schwer betroffenen Gemeinden des Landes einen Beitrag von 20 000 verwilligt. Ebenso verwilligten S. K. Hoheit Herzog Alb recht 1000 -A. Prinz Hermann zu Sachsen- Weimar 200 Eine durch den Abgeord­

neten Schnaidt-Ludwigsburg in der Kammer der Abgeordneten veranstaltete Sammlung für die Gewitterbeschädigten des Unterlandes ergab den reichen Betrag von 850 ^ Der Aufsichts- rat und Vorstand des Spar- und Konsumvereins Stuttgart verwilligte die Summe von 1000 Die Heilbronner Geschäftsleute, zu deren Absatz­gebiet die betroffenen Gegenden zählen, wollen sich in persönlicher Mildthätigkeit von keiner anderen Seite übertreffen lassen und, wo es gilt Not zu lindern, mit offener Hand und freudigem Herzen gerne ihre Gaben spenden. Außerdem werden die berufenen Vertreter der Heilbronner Geschäftswelt, nämlich die Handels­und Gewerbekammer, der Handelsverein und der Gewerbeverein durch die Ausschüsse voraus­sichtlich in den nächsten Tagen größere Summen zur sofortigen Ueberweisung an das allgemeine Hilfskomite beschließen. Diese 3 Körperschaften sind aber noch einen Schritt weitergegangen und haben beschlossen, auch noch solche Kreise für die Hilfeleistung zu interessieren, von welchen ohne besondere Aufforderung kaum auf freiwillige Gaben zu rechnen wäre, nämltch die auswärtigen Gkschäfsfreunde, insbesondere die Lieferanten der Heilbronner Geschäftswelt. Zu diesem Zweck ist ein Aufruf dieser 3 Körperschaften gedruckt worden, welche jedem Heilbronner Geschäfts- treibenden, Fabrikanten, Kaufmann und Hand­werker. in beliebig vielen Exemplaren zur Ver­fügung steht, um von diesen an seine Lieferanten und sonstigen Geschäftsfreunde behändigt zu werden. Ferner ist zu erwähnen, daß Straß­burger, Metzer und Neustadter Schützen, welche am Samstag gemeinsam zum Bundesschützenfest nach Nürnberg fuhren, beim Anblick der schreck­lichen Verwüstungen, die sie bei der Fahrt durch den Landstrich Heilbronn-Hall und besonders Oehringen wahrnahmen, im Eisenbahnwagen eine Sammlung veranstaltet haben, die an- mähernd 400 ergab, welche Summe der würll. Regierung von Nürnberg aus zur ge­eigneten Verteilung eingesandt wurde.

Angesichts der furchtbaren Ver­heerungen, welche Sturm, Hagel und Wasser in einer großen Zahl von Gemeinden des Unterlandes, besonders in den Bezirken Brackenheim, Heilbronn, Neckarsulm, Weinsberg. Oehringen. Künzelsau, Gerabronn, in der Nacht vom 30 Juni bis zum 1. Juli angerichtet haben, hat die Zentralleitung des Wohlthätig« keitsvereins im Einverständnis mit dem K. Ministerium des Innern die Für­sorge für die Hilfsbedürftigen in die Hand ge­nommen und hat einen öffentlichen Aufruf für sämtliche Beschädigte erlassen. Sie geht dabei von der Ueberzeugung aus, daß eine Kon­zentrierung der Hilfeleistung ebenso im Interesse des Publikums, wie namentlich in dem der Be­schädigten gelegen ist, da nur auf diesem Wege eine einheitliche und gerechte Verteilung der Unterstützungsbeiträge sich erzielen läßt. In den beiden Bezirken Ncckarsulm und Weinsberg be­trägt der Schaden in einzelnen Gemeinden allein nahezu Mill., weshalb der Gesamtschaden leider auf mindestens 18 Mill. wenn nicht höher geschätzt werden muß. Das traurigste ist, daß den Leuten ihre Weinberge und Obstbäume auf Jahre hinaus zerstört worden sind, und daß fast niemand sich gegen Hagelschlag versichert hatte. Gegen dieses entsetzliche Unglück ist die bekannte Eyachkatastrophe nur ein Kinderspiel Die erste Hilfe seitens des Staates ist infolge eines ein­stimmig angenommenen Antrags in der Kammer zwar sofort eingeleitet worden, aber um den entsetzlichen Jammer zu mildern, bedarf es auch der ausgiebigsten Privatwohlthätigkeit. Möge doch jeder der Zentralleitung der Wohl- thätlgkeitsoereine in Stuttgart möglichst große Beiträge für die Heimgesuchten zukommen lassen und in seiner Opferwllligkeit nicht knausern, möge jeder denken, wenn mir ein solches Un­glück zugestoßen wäre, wie sehnsüchtig würde ich auf die Hilfe meiner Nebenmenschen warten. Geben ist seliger als nehmen.

Oehringeu, 7. Juli. Nach amtlicher Feststellung beträgt der durch Hagelschlag und Sturm im ganzen Bezirk Oehringen erwachsene Schaden rund: 1) an Ernte 3 456000 ükL, 2) an Obstbäumen 4505 000 3) an Ge-

bäuden 564000 , zus. 8525000 v-L bei

29 580 Einwohnern!

Bekanntlich schweben nach Annahme, des Einkommenssteuergesetzes durch die Kammer der Abgeordneten noch 2 Differenzpunkte. Die Kammer beschloß 1) die Steigerung der Progression bis zu 6 °/» und 2) den Einzug der Steuer wie bisher durch die Gemeinden. Zum ersten Punkte erklärte der Finanzminister, daß er seinen Namen nicht unter diesen Beschluß setzen werde; zu Punkt 2 will die Staatsregier­ung den Einzug durch die staatlichen Organe. Es ist nun mit Recht aufgefallen, daß sich in der Frage des S t e u e r e i n z u g s die demo­kratischeFrankfurter Zeitung" im Widerspruch mit der Abstimmung der Fraktion auf den Standpunkt der Regierung stellte. Sie schrieb kürzlich:Wir müssen gestehen, daß von den formalen, verfassungsrechtlichen Bedenken abge­sehen der Regierungsvorschlag den Vorzug verdient. Die Tradition der württemb. Steuer­gesetzgebung kann hier unmöglich maßgebend sein; das Natürliche ist, daß der Staat die Ein­ziehung seiner Steuern durch seine Organe vollziehen läßt. Es ist auch sehr die Frage, ob die Einziehung durch die Gemeindebeamten nicht mindestens ebenso starke Nachteile als Vorteile im Gefolge hat." Aus einer Bemerkung deS Beobachters" kann man ferner herauslesen: Wir glauben nicht an ein Scheitern des Re­formweckes. Die zwei größeren Differenzpunkte zwischen den Beschlüssen der Abgeordneteamehr- heit und der Regierung, die sich auf die Steiger­ung der Progression bis zu 6 Prozent und auf den Steuereinzug durch die Gemeinden beziehen, werden hoffentlich nicht die Ursache werden, daß die ganze mühevolle Arbeit der Regierung und der «stände vergebens gethan und damit auch die Grundlage des gesamten Reformwerks zer­trümmert wäre."

Aufgelöst, und zwar mit Recht, wurde die Versammlung, die ein sozialdemokratischer Agitator am Sonntag in Kupferzell, also noch im Bereich des vom Unwetter so schwer heimgesuchten Gebiets, einderufen hatte. Der Herr hatte die Stirne, die furchtbaren Schicksals- jchläge, die über jene Gegend hereingebrochen sind, in seinem Sinne auszuschlachten. Er sagte u. a. nach dem Bericht desSchw. Merkurs": Es heißt, die Katastrophe in den letzten Tagen gehe von unserm Herrgott aus; er hätte den Hagel aus die Köpfe der Sünder herniedersaujen lassen sollen, daß ihnen die Haare herausge­flogen wären und sie ihre Glatzköpfe hätten yinstcecken müssen und nicht auf die armen un­schuldigen Bäume und Pflanzen. Daß es noch Leute giebt, die glauben, daß ein Gott regiere, komme von unserem verdammten Klassenstaat." Nach einer solchen Blasphemie lüste natürlich der anwesende Schultheiß die Versammlung auf. Der Redner wollte sich widersetzen, aber die an­wesende kleine Versammlung gab ihm in deut­licher Weise zu verstehen, daß es für ihn besser sei, das Feld zu räumen.

Ulm, 4. Juli. Heule Nachmittag '/,3 Uhr begann dahier die Landesversammlung des Evangelischen Bundes mit einem Fest, gottesdienst im Münster, wo Herr Dekan Dr. Köstlin aus Blaufelden die Festrede hielt. Um 5 Uhr folgte die Hauptversammlung im Saalbau, die weit über 1000 Besucher zählte. Zur Ein­leitung sang der Kirchenchor, worauf der Landes- vorstaud Herr Eduard Elben-Stuttgart die Versammlung im Namen und Auftrag des Landesausschusses begrüßte. Sodann hielt Herr Pfarrer Lle. Thümel aus Remscheid, mit tosendem Beifall empfangen, die Festrede über das Thema:Die Güter der Reformation, ihre Bedrohung und ihre Bewahrung." Am Abend vereinigte man sich zu einer geselligen Vereinig­ung im Saalbau, die Herr Stadtpfarrer Eytel- Ulm eröffnete. Herr Pfarrer Drechjel.Augs­burg legte die Beziehungen zwischen Ulm und Augsburg dar, besonders in der Reformattons»