Aus Stadt, Bezirk und Umgebung.

Neuenbürg. Zufolge Entschließung des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten. Abteilung für die Kgl. Berkehrsanstalten ist die Gebühr für das gewöhnliche Gespräch mit ein­facher Sprechdauer 3 Minuten im tele­phonischen Verkehr zwischen Neuenbürg und Bruchsal, Durlach, Ettlingen, Karlsruhe (Baden), Pforzheim vom 1. Juli d. I. an von 1 vE auf 25 ^ herabgesetzt worden.

Neuenbürg, 7. Juli. Bei dem in den Tagen vom 3. bis 5. Juli in Ravensburg statt­gefundenen 33. Kreisturnfest errang der hics. Turnverein mit einer Musterrieg- von 8 Turnern, unter Leitung des Turnwarts Ferenbach einen Preis II. Kl. in der oberen Stufe mit 3l Punkten. Es kommt dieser Preis dem vor 3 Jahren in Tübingen errungenen gleich, woselbst jedoch der hiesige Verein eine Riege von 18 Turnern entsendete, so daß mit dem heutigen Preis doch ein Fortschritt in den Leistungen des Turnens zu verzeichnen ist.

Wildbad, 5. Juli. Den 12. Juli wird Fräulein Schönfield aus München in der hiesigen evang. Stadtkirche ein Kirchenkonzert geben und dabei Gesänge von Bach, Händel u. a. vortragen. Die Sängerin hat sich gerade auf dem Gebiete des Kirchengesangs einen bedeutenden Ruf erworben. Unterstützt wird sie von dem als trefflichen Organisten wohlbekannten Stadt- Pfarrer Hartter von Hcrrenalb, der die Orgel­begleitung übernommen hat und einige selbst ständige Ocgelkompositionen vortragen wird. Ferner wird der hies. evang. Kirchenchor und ein Mitglied der hiesigen Kurkapelle (Cello) mit- wirken. Wir machen, indem wir im Uebrigen auf das demnächst zur Veröffentlichung gelangende Programm verweisen, schon jetzt auf diese Auf­führung aufmerksam und wünschen derselben um so mehr einen recht zahlreichen Besuch, weil der Reinertrag bedürftigen Kurgästen zugute kommen soll. Der auswärtigen Besucher wegen findet das Konzert nachmittags statt.

/X Gräfenhausen, 4. Juli. Heute früh 5 Uhr wurden die Bewohner des hiesigen Orts durch militärisches Wecken daran erinnert, daß außergewöhnliche Dinge sich vorbereiten:Der Veteranen- u. Miluärverein Gräfenhausen feiert heute das Fest seiner Fahnenweihe!« Um '/,10 Uhr wurde die Fahne in festlichem Zuge zur Kirche geleitet und dort durch An­sprache des Herrn Pfarrers Sanier geweiht. Mittags zogen nacheinander 17 einzelne Vereine Mititär-, Gesang- und Turnvereine in den reich mit Kränzen, Fahnen u. Guirlanden geschmücklen Ort, viele mit fliegenden Fahnen und klingendem Spiel, um das Fest des Brudervereins verherr­lichen zu helfen. Um 2 Uhr stellte sich der stattliche Zug in der Nähe des Waldhorns auf. Die herrlichen Märsche der Musik erinnerten manchen alten Soldaten an die frühere Zeit. In gleichem Schritt und Tritt« ging's durch die Straßen des Orts dem Festplatz zu. Dort angekommen wurden die versammelten Kameraden begrüßt durch den herrlichen Chorgesang:Gott grüße Euch!« vom Gräfenhäuser Sängerbund präzis vorgetragen. Hierauf ergriff Schultheiß Glauner, von hier das Wort, um die erschienenen Vereine, sowie das vom hohen Prä­sidium des Württemb. Kriegerbundes abgejandte Mitglied, Oberstlieutenant Elsenmann freund- lich zu begrüßen, um sodann tue Bedeutung einer Fahne als Vereinsabzeichen, Symbol der Zusammengehörigkeit, der Vaterlandsliebe und der Treue zu erklären. Die in hoher Begeister- ung gesprochenen trefflichen Worte gipfelten in einem auf unfern in Ehrfurcht geliebten König und den obersten Kriegsherrn Kaiser Wilhelm II. ausgebrachten dreifachen Hoch, in das jubelnd eingestimmt wurde. Eine der lieblichen Fest- jungsrauen übergab nun die neue schön ge­zeichnete Fahne dem Vorstand des Veteranen - und Militär-Vereins in sichere Obhut; letzterer versprach, der Verein werde sein Symbol stets in Ehren halten und seiner würdig zu bleiben suchen. DasFahnenlied« wurde in wirklich vollendeter Weise vorgetragen und mitBravo­

rufen« ausgezeichnet. Präsidialmitglied, Oberst­lieutenant Eisenmanu aus Stuttgart gab in längerer Ansprache seiner herzlichen Freude Aus­druck. daß es ihm vergönnt sei, an dem heutigen Feste teilzunehmen. da ihn enge Bande an Gräfenhausen knüpfen. Vor 80 Jahren sei sein Großvater im Schulhause zu Gräfenhausen ge­storben, 5 Buben und 2 Mädchen in Dürftigkeit zurücklassend, aus denen aber etwas Tüchtiges geworden sei In wetthinschallenden markigen Worten zeichnete der geehrte Redner ein treff­liches Bild, dos der Württemb. Kriegerbund und die einzelnen Vereine zu erreichen bestrebt seien. Gehorsam und ManneSmut, Vaterlands­liebe, Treue für Kaiser und König, diese Tugenden sind es. welche jedem Soldaten wäh­rend seiner Dienstzeit eingcpflanzt werden. In der militärischen Schule werde mancher erst zum Manne erzogen. Diese Tugenden sortzupflanzen sei die Aufgabe der Kricgervereine. deren Mit­glieder im Lichte dieser Tugenden allen andern Bürgern eines Ortes voranleuchten sollen. Sein Hoch galt dem Blühen und Gedeihen des Veteranen- und MiUlärvereins Gräfenhausen Der begeisterten Rede folgte allgemeine Zu­stimmung durch Beifall und Händeklatschen. Die erschienenen Vereine suchten sich nun nach den Anstrengungen des Tages gütlich zu thun. Auch andere Festbesucher juchten sich am edlen Gersten­saft zu laben aber auf dem Festplatz waren zu wenig Sitzplätze, deshalb sahen sich die meisten Vereine genötigt, in die Wirtschaften des Orts zurückzukehren. Gegen 5 oder 6 Uhr hatten die meisten Vereine den festlich geschmückten Ort verlassen. Ein gelungener Festball. abends 8 Uhr verhalf der tanzlustigen Jagend und namentlich den Festjungsrauen zu ihrem Rechte. Mit Freuden darf der festfeiernde Verein auf die allseitig be­friedigend verlaufene Fcstfeier als einen schönen Gedenktag zurückblicken.

Nagold, 5. Juli. Unter überaus zahl- reicher Beteiligung (ca. 1000 Personen) aus Nagold. Calw, Emmrngen, Wildberg rc. wurde gestern der neue Weg zumKühlen Berg« und dessen Schutzhülle eingeweiht. Es waren 3 Wirtschaften oben und bald entwickelte sich ein richtiges Bolksfesttreiben mit Musik. Zugleich wurden durch Sammlung 120 aufgebracht zum späteren Bau eines Aussichtsturmes.

Nach jüngsten Mitteilungen steht Calw mir seinem Reichtum an Wirtschaften bei den Städten in Schwaben bis jetzt obenan. Soge­nannte Beisitzer eingerechnet zählt Calw 67 Wirtschaften bei einer Einwohnerzahl von rund 4500 Seelen oder per Familie 7 Personen ge­rechnet rund 10 trinkbare Leute inkl. Wirt. Kleiner Irrtum Vorbehalten.

Pforzheim, 5. Juli. Die Unter­st ü tz u n g s k a s s e für arbeitsunfähige Gold- arbeiter verteilte gestern im Ganzen 891 20 ^ an 40 bedürftige Mitglieder. Die In­validen der hiesigen Industrie bewiesen sich für diese Liebesgaben herzlich dankbar.

Pforzheim, 5. Juli. Zum erstenmal seit 300 Jahren wurde hier die Primizfeier eines Pforzheimers, des Neupriesters Karl Kasper, begangen. Der Andrang seitens der hiesigen und auswärtigen Katholiken war ein großartiger. Auch fremde Geistliche beteiligten sich an der Feier.

Langenalb. Die neue Wasserleitung hier ist jetzt fertig und versorgt fast alle Häuser des Orts mit gutem Trinkwasser. Die Ge­meindeverwaltung hatte von vorn herein durch Ansetzen eines billigen Wasserzinses, pro Hahnen nicht pro Zimmer berechnet, es auch dem ärmsten Einwohner ermöglicht, von dieser gemeinnützigen und notwendigen Einrichtung direkt Nutzen zu ziehen. Zum Tränken des Viehs sind laufende Brunnen mit geräumigen Trögen da und dort im Dorf ausgestellt. Die benachbarten Orte Psaffenroth und Schielberg haben ebenfalls die Anlage einer neuen Wasserleitung zur gemein­samen Ausführung in Aussicht genommen. Das Wasser muß jedoch ziemlich weit hergeholt wer­den, damit das natürliche Gesäll für die beiden hoch über der Thalsohle gelegenen Dörfer her­gestellt werden kann. Den bereits vorgenom- menen Messungen nach wird das Wasser im oberen Holzbachthälchen gefaßt werden. Von

Psaffenroth aus soll dann das Terrain des Villenviertels in Marxzell mit Trinkwaffer ver. sorgt werden.

Deutsches Aeich.

Der Kaiser hat am Montag vormittag von Travemünde aus seine Nordlandsreise an Bord derHohenzollern« angetreten Vorher hatte der Kaiser in Travemünde die neuen Staats­sekretäre v. Podbielski und Graf Posadowsky, den Finanzministec Dr. v. Miguel und den ver­abschiedeten Staatssekretär Dr. v. Bötticher in gemeinsamer Audienz auf derHohenzollern« empfangen. Eine besondere politische Bedeutung darf indessen dem Vorgänge wohl schwerlich bei- gemeffen werden, namentlich kann die hie und da ausgetauchte Version, es sei in dieser Audienz bereits eine Art Programm für die neue Re­gierung festgestellt worden, gewiß nur als eine phantasievolle Vermutung bezeichnet werden was hätte denn auch Herr v. Bötticher mit einer solchen angeblichen Programm-Feststellung noch zu thun?

Wildpark st ation, 5. Juli. Die Kaiserin ist mit den Prinzen und Prinzes­sinen heute Abend nach Tegernsee abgereist.

Deutscher und englischer Handel in Hamburg. Im Hamburger Hasen hatte bis­her die englische Flagge das Ucbergewicht, sie nahm in den letzten Jahren nach Maßgabe der eingegangencn Tonncnzahl etwa 45 Prozent von allen Flaggen ein. Im letzten Jahre hat nach der vorliegenden Handelsstatistik die deutsche dir britische überflügelt und zwar mit einer recht erheblichen Ziffer. Es liefen ein unter deutscher Flagge im Jahre 1895 2,772 Mill., 1898 2.915 Mill. Tons, unter englischer Flagge im Jahre 1895 2,822 Mill. und 1896 2.734 Mill. Tons. Die Zunahme der deutschen Flagge im Hafen ist danach recht erheblich, während Groß- brilanicn in den letzten Jahren regelmäßig zu­rückgegangen ist.

Schwerin, 5. Juli. Die Weichenwärters- frau Klatt ertränkte nach einer Meldung des Kl Journ.« in einem Anfalle von Schwermut ihre drei Kinder im Alter von 35 Jahren und dann sich selbst.

Köln, 5. Juli. Die Mechanische Weberei von Losman Cohen in Bocholt bei Wesel ist gestern vollständig bis auf den Grund niedergebrannt. Ueber 1000 Arbeiter sind brotlos geworden. Der Schaden beträgt ungefähr 800 000 »fL.

Aus Elsaß. Lothringen, 2. Juli. Der 1897er ffcht g'ioffa«, sagten die Elsäßer Weinbauern allgemein, als die ersten Berichte über den von den Frühjahrsfrösten in den Reben angerichteten Schaden eintrafen. Die gleiche Redensart wiederholte sich, als fpäter der Heu­wurm in großer Menge erschien und infolge deS langsamen Berblühens bei kühler Temperatur bedeutenden Schaden anrichtete. Glücklicherweise ist es aber nicht so schlimm geworden, als prophezeit wurde. Der Frostschaden erstreckte sich nur auf einen Test der m der Ebene ge­legenen Weinberge, deren Erträgnis für das eigentliche Weingeschaft nicht in Betracht kommt, und der Heuwurm ist verschwunden, seit die warme, trockene Witterung das Verblühen in wenigen Tagen beendigt hat. Die Trauben haben gut angesetzt, so daß durchschnittlich ein halber bis drei Biertelsherbst zu erwarten ist. Vom 1896er sind noch ziemliche Vorräte auf Lager. Die Nachfrage ist anhaltend schwach.

(S. M.1

Heidelberg, 5. Juli. Bis in die hiesige Gegend erstrecken sich die Wirkungen der Unwetter im württ. Unterland. Auf den gelben Fluten des Neckars schwammen schon vorgestern viele Tausende von Fischen herab und drängten aus dem lehmgejäitigten Wasser ans Ufer. Sich nicht lange besinnend, begannen die herbeiströmenden Leute einen Fischfang, wie ihn hier noch niemand gesehen. Mit Händen und Rechen wurden die nach hellerem Wasser und Luft schnappenden Floffentiere gefangen und in Eimern, Kannen, Kübeln u. s. w. nach Hause geschafft. DaS Wasser des Neckars ist übrigens derart beschaffen, daß man es beinahe