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«ommen. Noch rechtzeitig an der That ertappt, mußte einer der Räuber durch einen wohl- gezielten Schuß des Herrn Messing das Leben lassen unter großem Hallo der auf der Veranda zusehenden Kurgäste.
Aus dem Schwarzwald. Reicher Kindersegen. Ein Freund der „Bad. Presse", der während des Pfingstfestes dem Schwarzwald einen Besuch abstattete, berichtet, daß er. als er in dem Einkehrhaus eines auf der Grenzscheide zwischen Baden und Württemberg sich erhebenden Berges Rast hielr, beim Durchblättern des daselbst aufliegenden Fremdenbuches auf nachfolgendes, dem Wirt und seiner Ehefrau gewidmete Poem stieß:
Das erste Kind, welch' Glück der Ehe,
Das zweite freut die Eltern sehr,
Das dritte heißt man froh willkommen,
Das vierte wird auch angenommen,
Das fünfte ist schon überzählig,
Beim sechsten seufzt und klagt man schmählich, Das siebente endlich wird fatal,
Ein armes achtes gar zur Qual,
Das neunte! nein nun wird's zu viel,
Das zehnte, setze Herr ein Ziel,
Ein elftes noch! Daß Gott erbarm',
Das zwölfte, weh das macht mich arm,
Und dennoch, kaum nach Jahresfrist,
Das Ernstle noch das liebste ist.
Nesthäkchen ist die Sonn' im Haus Und sticht die andern alle aus.
Auf die Frage, was es mit diesem Gedichtchen für eine Bewandtnis habe, wurde dem Fragesteller der Bescheid, daß dasselbe eine Anspielung auf den Kindersegen der WirtShausleuke sei, die mit dreizehn Kindern „beglückt" wurden. Sie stehen ihren Eltern bei der Wirtschaftsführung zur Seite, so daß fremde Kräfte vollständig überflüssig sind.
(Bedeutend billiger als die Konkurrenz.) Der Kaufmann F. R. in Berlin hat verschiedenen Zeitungen Reklamezettel beifügen lassen, in welchen er behauptete, daß er bedeutend billiger verkaufen könne, als die Konkurrenz einkaufe, da er seine Waren nur aus ersten Fabriken beziehe Und er das älteste Geschäft des Ostens habe. Ein in der Nähe wohnender Konkurrent erwirkte eine einstweilige Verfügung des Gerichts auf Unterlassung jener Angabe. In der Hauptverhandlung selbst wurde ohne Beweisaufnahme eine Entscheidung dahin erwirkt, daß R. zur endgiltigen Unterlassung derartiger Reklamen unter Auferlegung sämtlicher Kosten verurteilt wurde, weil die von R. beliebten Ankündigungen als gegen das Gesetz zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs verstoßend sich charakterisierten. Dieses Urteil bildek zugleich die Grundlage für ein gegen R. anhängig gemachtes strafrechtliches Verfahren.
(Nur aus ersten Fabriken.) Der Kaufmann E. in Berlin, Inhaber eines Manufakturwaren- gcschäfts, klagte gegen den Kaufmann R., der in der Nachbarschaft ein kleines Geschäft betreibt, weil letzterer in Anzeigen behauptete, das „älteste Geschäft des Ostens" zu besitzen und seine Waren „nur aus ersten Fabriken" zu beziehen. Der Gerichtshof verurteilte R. bei seinem Zugeständnis, daß er zuweilen auch durch Zwischenhändler Waren beziehe, zu 250 Mk. Geldstrafe.
(Ein sonderbares Gesetzbuch) haben die Frauen in Hindostan, das von sieben ihrer weisesten Mitschwestern verfaßt, die ehelichen Verhältnisse regelt und dem Weibe bestimmte Rechte einräumt, wie solche bei keinem anderen Volke der Erde bestehen. Nach diesem Codex werden alle Männer in drei Klassen eingeteilt, und zwar in „Anständige", „Halbe" und „Hungerleider"! Zu den „Anständigen" gehören jene, die eine Frau gut zu ernähren im stände sind. Die „Halben" vermögen das nicht, und ihre Frauen müssen mit Hand anlegen, um das tägliche Brot für die Familie auszubringen. Wird die Ehehälfte des „Halben" von diesem geschlagen, so darf sie wieder schlagen und ihrem Manne Haare aus dem Bart zupfen. Noch weit weniger Herr im Hause ist der „Hungerleider", dessen Frau getrost zehn Tage wegbleiben kann, ohne daß
der Mann das Recht hat, sie zu fragen, wo sie während dieser Zeit gewesen war.
(Bonbon-Statistik.) Die Amerikanerin ist als Lcckermäulchen berühmt, ihr Bruder, Vetter, Bräutigam oder Gatte meint: berüchtigt. In den drei Städten New-Iork, Philadelphia und Chicago werden mehr Süßigkeiten verkauft als in ganz Frankreich. In jeder dieser Städte werden die Delikatessen tonnenweise hergestellt. In den Vereinigten Staaten giebt es mehr als 2000 Bonbonfabriken, deren Gesamtkapital über 40 Millionen Mark beträgt und die 16000 Arbeiter beschäftigen. Für Löhne und Roh- material werden jährlich von ihnen über 120000000 ausgegeben.
(Auch das Treppensteigen hört auf.) Diese Nachricht dürste ganz besonders für jene Menschen von Interesse sein denen das Treppensteigen beschwerlich ist. Wie uns das Intern. Patent- bureau von Heimann u. Co. inOppeln mitteilt, sind kürzlich bei einem neuerbauten Hause in Paris die Treppen weggelassen worden und wurden dieselben durch endlose Bänder ersetzt, welche über Walzen führen und so in eine drehende Bewegung versetzt werden. Diese Bänder bestehen aus starken Eisenschienen, die durch Scharniere mit einander verbunden werden. Man braucht sich also nur auf die Treppe zu stellen und wird so ohne jegliche Anstrengung nach aufwärts befördert. Die Treppe ist zweiteilig, indem nämlich die eine Hälfte nach aufwärts und die andere Hälfte nach abwärts führt. Es sind auch schon Federmotore konstruiert worden, welche einmal aufgezogen die Treppe während des ganzen Tages in Bewegung er- halten.
(Verfahren zur Vernichtung der Wespen.) Man versieht sich zu diesem Zweck mit einem Glase, welches etwa einen Zehntel-Liter Terpentinöl enthält, ferner mit einem großen Wattebausch, um die Oeffnung des Wespennestes zu verstopfen, und endlich mit einem Spaten. Am Abend oder in der Nacht, wenn die Wespen sich im Neste befinden, begiebt man sich hin, feuchtet den Wattebausch tüchtig mit Terpentinöl an. gießt das übrige Terpentinöl schnell in das Nest, verstopft den Eingang mit der Watte und wirst einige Schaufeln Erde darauf. Durch dies Verfahren werden die Wespen völlig vernichtet, und es soll nur selten Vorkommen, daß an dem auf die Exekution folgenden Morgen auch nur noch wenige Exemplare herumschwärmen.
(Der Esel als Barometer.) Trotz seines stumpfsinnigen Aussehens ist der Esel Eindrücken leicht zugänglich. So merkt er den leisesten Wechsel der Witterung. Das erfuhr zu seinem größten Leidwesen eines Tages der Astronom Ludwig XI. Ts war ein Jagdtag und Ludwig XI. hatte sich im Wald verirrt. Er traf auf seinem Wege einen Köhler mit einem Esel. „Pardon, lieber Freund," sagte der Köhler zum Könige, ich weiß nicht, ob Sie eine gute Jagd haben werden, aber sicher werden Sie vom Regen durchnäßt werden." „Ach was," erwiderte der König, dem sein Astronom gutes Wetter vorhergesagt hatte. „Wer hat Dir das gesagt?" „Mein Esel! Sehen Sie hin, er spitzt die Ohren. Das ist ein Regenzeichen." „Bah"' sagte der König und entfernte sich. Ein wenig später ereilte ihn mit seinem Gefolge, das er wiedergefunden, ein gewaltiger Regenguß. Am Abend gab er seinem Astrologen den Laufpaß und ersetzte ihn durch den Köhler und seinen Esel, „Da mein Astrologe nur ein Esel ist," sagte er, „und Esel gegen Esel steht, so ziehe ich den vor, der richtig rät."
(Die Examenfrage.) Bon dem dieser Tage in Bern gestorbenen Prof. Hirzl erzählt der „Bund" unter Anderem folgende Anekdote: Kaum vierzehn Tage ist es her, daß Hirzl, bereits schwer krank — er hatte am Morgen wieder einen Herzkampf mit Erstickungsanfall gehabt — am Nachmittage in seiner Wohnung einem ungarischen Kandidaten das Doktorexamen
abnahm. Da legte er am Schluß die Stirn in besonders ernste Falten und sagte: „Jetzt muß ich Ihnen noch eine Frage vorlegen." — Der Kandidat war gespannt, was kommen würde, und bange, jetzt wohl gar das Allerschwerste beantworten zu müssen. Da tönten gar lieblich die Worte an sein Ohr: „Trinken Sie lieber Wein oder Bier?" Und als der brave Magyar natürlich für ersteren sich entschieden hatte, kam alsbald eine Flasche mit einem guten Tropfen, und der Examinator stieß mit dem Examinanden auf den guten Erfolg der gelungenen Prüfung an.
(Ein origineller Gast) befindet sich an Bord des Kreuzers erster Klasse „König Wilhelm", und zwar ein etwa 5 Monate alter kleiner Bär, welchen Prinz Heinrich kürzlich in Hamburg geschenkt erhielt und der Mannschaft seines Flaggschiffes sodann zur Belustigung überwiesen hat. Meister Petz ist äußerst zahm und tummelt sich lustig an Bord umher. Das Tier ist aller Mannschaft Freund und klettert lustig mit in den Masten hoch.
(Kindliche Schmerzen.) Vater: Nun warum weinst du wieder? — Söhnchen: Die Mutter backt Kuchen. — Vater: Ader, ist denn das ein Unglück? — Söhnchen: Aber — nur so wenig!
(Bricfauszug.) „Lieber Onkel, hier schicke ich dir eine Kuponscheere, möge sie dich oft an mich erinnern!"
Gedankensplitter.
Eigendünkel und lächerlicher Stolz können nur in kleinen Seelen Eingang finden. Diese fühlen ihre Kleinheit, darum müssen sie sich aufblähen.
Grobheit ist die Karrikatur der Aufrichtigkeit.
Auflösung der Ergänzungs-Rätsels in Nr. 94.
Alb. — Alba. — Alban. — Albani.
Zitaten-Rittsel.
(Nachdruck verboten.)
Desinfektion, Oleander, Rubens, Undank,. Lage, Mischna, Laute, Freudenstadt, Desdemona, Howard, Keile, Seinem, Jrbit, Diana, Menschen, Zulu, Vorderteil.
Jedem der obigen 17 Wörter ist je eine Silbe zu entnehmen. Diese Silben sollen alsdann in der Reihenfolge der Wörter gelesen, ein bekanntes Schiller'sches Zitat ergeben.
Telegramme.
L o n d o n, 20. Juni. Die Prinzen Albrecht von Württemberg und Hermann von Sachsen- Weimar sind gestern abend in London angekommen und am Bahnhof von Mitgliedern der deutschen Botschaft und Vertretern der deutschen Kolonie empfangen und begrüßt worden. — Bei dem gestrigen Südafrika-Bankett führte der Herzog von Cambridge den Vorsitz und verteidigte in seiner Rede eine Politik des Gebens und Empfangens zwischen den Engländern und den Holländern, welche beide Nationen ohne ein Zusammengehen weniger machtvoll seien. Tie sollten aus diesem Grunde die innigsten Freunde sein. Der Premierminister der Kapkolonie hob in seiner Ansprache hervor, daß die Lage in Südafrika nunmehr viel hoffnungsvoller sei. Das Uebergewicht der britischen Macht müsse durch eine Verstärkung der Kriegsflotte und nicht durch Bedrohung der inländischen Staaten aufrecht erhalten werden.
Windsor, 20. Juni. Gestern abend fand im Schloßhofe ein großer militärischer Zapfenstreich statt, welchem die Königin, die Kaiserin Friedrich und andere Mitglieder der königlichen Familie von den Fenstern des königl. Schlosses aus zuhörten.
Kanea, 20. Juni. Nach Meldungen aus Hieropetra griffen die Aufständischen Leute an, welche ein russisches Schiff mit Johanmsbrod beluden. Die Bewohner der Stadt erwiderten den Angriff und ein italienisches Kriegsschiff gab mehrere Schüsse ab.
Mit einer Beilage
betreffend EtterS Haust»«» k.
Redaktion, Druck und Verlag von C. Meeh in Neuenbürg.