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Aus Stadt. Bezirk und Umgebung.

Bei der am 21. April ds. Js. und an den folgenden Tagen vorgenommenen niederen Eisen­bahndienstprüfung wurde unter andern Wilhelm Rometsch von Wildbad für be- fähigt erkannt.

Neuenbürg. 4. Juni. Die Aushebung der Militärpflichtigen findet wie in dem oberamtlichen Erlaß vom 15. Mai d. I. (in Nr. 77 d. Bl.) bekannt gegeben, am Dienstag den 8. Juni und Mittwoch den 9 Juni statt. Am ersten Tage: Prüfung der Restanten- listen rc.. sowie Vorstellung derjenigen Leute, welche auf diesen Tag besonders vorgeladen worden, sowie alle diejenigen Militärpflichtigen, welche bei der Musterung alsdauernd untaug. lich" bezeichnet oder zurErsatzreserve" und zumLandsturm I" in Vorschlag gebracht wor- den sind. Am Mittwoch den 9. Juni haben zu erscheinen: I. Die Restanten vom Jahrgang 1874 und früher, sofern sie bei der diesjährigen Musterung fürtauglich" erklärt, oder Heuer noch gar nicht gemustert worden sind. 2. Sämt­liche in dem Oberamtsbezirk sich aufhaltenden Militärpflichtigen der Jahrgänge 1875, 1876 und 1877, welche bei der diesjährigen Muster­ung im Aushebungsbezirk Neuenbürg oder in einem anderen Aushebungsbezirk des deutschen Reiches fürtauglich" erklärt worden sind. 8. Solche Militärpflichtige der Jahrgänge 1875, 1876 und 1877, welche Heuer noch nirgends gemustert worden sind.

Wildbad» 2. Juni. Gestern wurde unser neu erbautes Postgebäude dem Ver­kehr übergeben. Das Gebäude ist massiv er- stellt, Sockel und Erdgeschoß sind in Buntsand­stein als Rustika ausgebildet, während beim oberen Geschoß Berblendsteine Verwendung ge­funden haben. Ueber der Vorhalle erhebt sich ein viereckiger Turm, der im ersten Obergeschoß einen Erker bildet und dessen oberes Ende durch 4 in Holzarchitektur ausgebildete Giebel belebt ist. Aehnlich ist der obere Abschluß der seitlichen Partien gestaltet, wodurch zusammen mit dem weit ausragenden Sparrengesims und den nach rückwärts liegenden Holzverandas dem Charakter der Schwarzwälder Bauten Rechnung getragen ist. Im Erdgeschoß befinden sich die Dienst- gelasse, im ersten Obergeschoß die Wohnung des Postamtsvorstands, im Dachgeschoß eine kleine Wohnung für einen Unterbedienstelen. Sämtliche Räume erhalten reichliches Tageslicht. Das Ganze giebt im Verein mit den gärtnerischen Anlagen vor dem Bahnhof ein belebtes Bild, geeignet, den ersten Eindruck des Badeorts für den ankommenden Fremden zu einem angenehmen zu machen. Die Bearbeitung der Pläne und die Ausführung des Bauwesens ist durch den bautechnischen Oberbeamten der Post- uud Tele­graphenverwaltung Oberinspektor Ockert erfolgt.

Pforzheim, 2. Juni. Drillinge wurden vorgestern einem jungen Fabrikanten B. in der Enzstraße beschert. Mutter und Kinder befinden sich wohl.

Pforzheim, 2. Juni. Auf dem heutigen Schweinemarkt waren 103 Ferkel zugeführt; davon wurden 60 Stück zu einem Durchschnitts­preis von 24 o-L das Paar abgesetzt.

Deutsches Aeich.

Berlin, 2. Juni. Vor der heutigen Parade in Potsdam besichtigte der Kaiser das Regi­ment 6aräe äu 6orp8, welches seinen Dank für die vom Kaiser ihm verliehenen neuen schwarzen Kürasse abstattete.

Coblenz, 2. Juni. In St. Goar und Oberwesel wurde, derCoblenzer Ztg." zufolge, gestern Mittag ein ziemlich heftiger, von Süden nach Norden gehender Erdstoß verspürt.

Coblenz, 31. Mai. Eine Welt von Tragik schließt die folgende kurze Notiz in sich: Gestern wurde hier in den Rheinanlagen die Weiche eines seit etwa 8 Tagen vermißten 18jähr. Mädchens, Tochter eines hies. Einwohners, ge­landet. Als Grund des Selbstmordes wird an­gegeben, daß die Eltern das Mädchen zu einer «He mit einem 60jährigen Manne zwingen wollten.

Württemberg.

Stuttgart, 4. Juni. Ihre Majestäten der König und die Königin sind in voriger Woche von England wieder zurückgekehrt; die königl. Prinzessin Pauline ist vorläufig bei ihrer Tante, der Herzogin von Albany in Clavemont geblieben.

Stuttgart, 30. Mai. Seine Majestät der König begab sich heute Nachm, nach dem Schützenhause, wo heute das 16. württ. Landes, schießen eröffnet wurde. Bei der Ankunft wurde derselbe von dem Oberschützenmeister Freiherrn v. Neurat und den Schützenmeistern Föhr und Stohrer empfangen und nach der Schießhalle geleitet. Nach Begehung derselben beteiligte sich der König am Schießen und ließ sich auch von dem daselbst anwesenden Kommerzienrat Mauser von Oberndorf dessen neuerfundenen Karabiner vorzeigen.

Stuttgart, 28. Mai. 139. Sitzung der Kammer der Abgeordneten. Tagesordnung: Etat der Verkehrsanstalten. Das Haus fährt in der Generaldiskussion fort. Abg. Henning: Die Gebühr für das Handgepäck mit 20 ^ sei zu hoch, im Elsaß und in Bayern werden für 1 Stück 10 L erhoben. Einer Bemerkung des Ministers entgegentretend, bemerkt Redner, er wolle der Regierung mit den Versuchen der Serpolletwagen nicht in den Arm fallen. Aber Vorsicht sei hier angebracht. Abg. Krauß tritt für Aufhebung der Tarifzuschläge auf den Nebenbahnen ein. Abg. Re mb old: Die Fahr­preise zwischen naheliegenden Stationen müssen herabgesetzt werden. Die Bummelzüge können nicht abgeschafft werden. Abg. Schremps: Der Güterverkehr am Charfreitag sollte möglichst eingeschränkt werden, die diesbezügl. Verhand- lungen mit anderen Staaten sollten beschleunigt werden. Eine Belästigung durch Betrunkene auf den Bahnen komme häufig vor. Er gebe zu erwägen, ob hier nicht Abhilfe dadurch ge­schaffen werden könne, daß der Zugmeister mehr nach der Ordnung in den Waggons sehen könne. Weiter sei zu verlangen eine anständige nicht schnauzige" Behandlung wie sie da und dort seitens der Vorgesetzten vorkomme. Präs, von Balz geht auf die verschiedenen geäußerten Fahrplanwünsche im einzelnen ein. Soweit möglich werden diese Wünsche in Erwägung ge­zogen werden. Den Wunsch des Abg. Schrempf auf Einstellung des Güterverkehrs am Charfrei­tag betr. habe die württ. Verwaltung Schritte gethan, die Zustimmung der andern aber nicht erlangen können. Es sei weiter richtig, daß das Publikum auf der Bahn durch Betrunkene be- lästigt werde, eine Abhilfe sei möglich, indem man die Slationsvorstände anweise, betrunkene Personen nicht in den Zug zu lassen. Die Ge­bühr für Aufbewahrung des Handgepäcks solle belassen werden. Frhr. v. Wöllwarth: Die Kammer könne sich mit der Festsetzung der Güter­tarife doch nicht beschäftigen, die Abgeordneten können doch nicht alles verstehen, auch der Abg. Haußmann nicht. (Heiterkeit.) Präs. v. Balz: Eine wesentliche Vermehrung der Arbeitskräfte habe stattgefunden, was Redner aus dem Etat nachweist. Eine Arbeitsüberbürdung müsse mög­lichst verhindert werden, das geschehe auch. Nach den angeführten Mißständen werde gesehen wer- den. Zu Zeiten könne eine größere Inanspruch­nahme nicht verhindert werden. Die General- diskujsion wird geschlossen und in die Spezial- beratung eingetreten. Frhr. v. Wöllwarth beantragt Milderung der Bahnhofsperrebestimm - ungen in Stuttgart. Der Antrag Wöllwarth wird angenommen. Zu Titel 2 bringt Abg. S ch m i d - Besigheim die Wünsche des Zweig- Verbandes deutscher Müller in Württemberg zur Kenntnis und betont in eingehenden Aus­führungen den Schaden, welche tue gleiche Tari- sierung für Getreide und Mehl im Gefolge habe. Auch einsichtige Landwirte sehen das ein. Die Mühlen am Rhein u. s. w. seien viel besser daran, als die württb. Mühlen. Die württb. Mühlenindustrie gehe dabei zurück und das fremde Getreide komme als Mehl in das Land. Die Mehleinfuhr steigere sich in hohem Grade. Die Frage sei heute dringlicher als je. Abg. Frhr. v. Ow entgegnet dem Abg. Schmid-Bestgheim. Die Interessen der großen und kleinen Müller

seien nicht dieselben. Die kleinen Mühlen klagen über die großen Mühlen in Württemberg. Sämtliche landwirtschaftliche Gauverbände habe« sich gegen die Eingabe der württ. Gcoßmüllcr ausgesprochen. Die Getreidepreise sind ganz kollossal zurückgegangen. Der Schaden, der hieraus der württb. Landwirtschaft erwächst, ist ungeheuer. Die Getreidepreise müßten dann noch mehr sinken. Die Landwirtschaft ist schlimmer daran als die Mühlenindustrie. Bedauerlich sei, daß die größten württb. Mühlen das Getreide im Auslande kaufen. Das sei bei den Kunden­müller früher anders gewesen. Es könne doch nicht von einem einseitigen Regierungsstandpunkt gesprochen werden, wenn die Interessen der Bauern berücksichtigt werden. Die Fracht auf Getreide müsse erhöht werden. (Bravo!). Präs, v. Balz giebt Aufschlüsse über die derzeitig be- stehenden Tarife für Mehl und Getreide und über die Versuche um Abänderung derselben. Eine Herabsetzung des Tarifs für Getreide würde zweifellos der Landwirtschaft schaden und die Einnahmen der Eisenbahnen wesentlich beein­flussen. Ob man eine Erhöhung des Mehl- tarifs durchsetzen könne, werde sich zeigen und ob den Müllern damit gedient sei, erscheine auch zweifelhaft. Abg. S ch m i d - Besigheim ist be­friedigt, daß die Eisenbahnverwaltung mit de« Nachbarstaaten in Verbindung treten will wegen der Tariffrage. Große Mühlen gebe es in Württemberg nicht. Es sei nicht richtig, daß die württ. Müller nicht auch das inländische Ge­treide vermahlen. Er beharre auf seinem Stand­punkte. Abg. Frhr. v. Gaisberg: Ein Auf­schlag des Tarifs für Mehl treffe das richtige. Der Titel 2 (Güterverkehr) wird hierauf ge­nehmigt.

Stuttgart, 2. Juni. DerSchwarzw. Bote" meldet: Wie uns von gut unterrichteter Seite mitgeleilt wird, ist dem Finanzminister Dr. v. Riecke in Anbetracht fernes durchaus nicht unbedenklichen Zustandes sowohl von den Aerzten als seiner Familie dringend ans Herz gelegt worden, sich den Strapazen der Ver­tretung der Steuervorlage im Landtage vor­läufig nicht zu unterziehen. Wenn also nicht eine erhebliche Besserung im Zustande des Patienten eintreten sollte, so ist es sehr wahr­scheinlich, daß die Steuervorlage in dieser Ses­sion nicht mehr zur Beratung kommt, sondern daß sich der Landtag nach Pfingsten bis auf weiteres vertagt.

Stuttgart, 2. Juni. Entgegen der Nachricht desSchwarz. Bot." in der Nr. 148 vom 2. Juni kann derStaatsanzeiger" Mit­teilen, daß die Gesundheitsverhältnisse des Herrn Staatsministers der Finanzen sich so weit ge­bessert haben, daß derselbe hoffen darf, die Einkommensteuergesetzvorlage, deren Beratung in der Kammer der Abg. Mitte nächster Woche beginnen soll, dort persönlich vertreten zu können.

Der Stadt Heilbronn ist eine große Freude zu teil geworden. Anläßlich der Er­öffnung der elektrischen Straßenbahn und deS neuen Ratskellers, welch beide Schöpfungen die Stadt Heilbronn in erster Linie der Energie ihres Oberbürgermeisters zu verdanken hat. ist der Minister des Innern letzten Sonntag mit mehreren hohen Beamten in Heilbronn eingr- troffen und hat auch die dortige sehr schön ar­rangierte und sich deswegen eines wohlverdienten, starken Besuchs sich erfreuende Ausstellung be­sichtigt. Nun trafen gar noch am Dienstag die königlichen Majestäten in Heilbronn ein und be­sichtigten unter Führung des Herrn Oberbürger­meisters, dem dadurch eine glänzende Genug- thuung für eine Reihe von Angriffen aus jüngster Zeit gegeben wurde, sowohl die Ausstellung als auch den prächtigen Wirtschaftskeller unter dem Rathaus.

Ausland.

In dem Prozeß wegen des Attentats auf den König von Italien ist der Ange­klagte Acciarito zu lebenslänglicher Zwangs­arbeit und Nebenstrafen verurteilt worden. Der Verurteilte rief aus:Heute mir, morgen der Bourgeois Regierung! Hoch die Revolution, hoch die Anarchie!"

In der vorletzten Woche ist, wie nachträg­lich bekannt wird, ein im Park von Zarskoj«