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Amts- Md AnzeigeßlüLL für den Bezirk Galw.
76. Jahrgang.
^rschcrr.t DienSragS, Donnerstags und SamsragS. rircruckunZSaebühr beträgt im B^irk und in nächster NmgLbLns - Psg. die Aei!e, weiter entsernt rs Psg.
Donnerstag, den 7. November 1901.
Vierteljährlicher AbonnementSvreiS in der Stadt Mk. 1.1S ins Haus gebracht, M?. l. 15 durch die Post bezogen im Bezirk; außer Bezirk Mk. 1i 85.
Tagesnenigkerten.
Calw, 6. Nov. Am nächsten Sonntag, den 10. Novbr., wird der Pforzheimer Zither- Verein in der Brauerei Dreiß hier wieder ein Concert geben. Der Verein, der seit 1888 besteht und unter seinen ausübenden Mitgliedern recht tüchtige Kräfte besitzt, erntet überall, wo er sich hören läßt, reichen Beifall. Das Programm ist ein sehr reichhaltiges, es enthält außer Chören, Duetten, Soli, auch Vcrrophin- und Zithervorträge; s. auch das Inserat in heutiger Nummer.
Stuttgart. Der Bund für Vogelschutz hatte auf Samstag abend zu seinem dritten Winterfest seine Mitglieder und Freunde seiner Bestrebungen in die Räume des Königsbaus geladen. Säle und Galerien waren dank dem gutgewählten Programm bis auf den letzten Platz besetzt. Glückshafcn der Lotterie, Blumenverkauf und Vogelschutzansichtskarten waren bestimmt, aus ihrem Erlös die Anlage von Futterstellen zu ermöglichen. In dem Konzert wirkten neben einem von Organist Kimmerle geleiteten Chor die Hofsängerin Anna Sutter, Frau M. Fein, Hofmusikus Beck, Herr Krempel, die Damen Rätz und Vögele, sowie Herr Huber mit. Den Glanzpunkt des Abends bildete ein die guten Zwecke des Bundes illustrierendes einaktiges Lustspiel. Ein Ball beschloß das Fest.
Fellbach, 3. Nov. In voriger Woche machte ein fremder, gewandter, junger Mann in einem Gafthof die Bekanntschaft eines Kaufmanns, der sich erst kürzlich niedergelassen hat. Die Freundschaft wurde zuletzt so groß, daß letzterer den Fremden bei sich übernachten ließ. Als dann am anderen Morgen sich dieser, für die Gastfreundschaft sich bestens bedankend, entfernt hatte, machte der
Gastgeber die Wahrnehmung, daß ihm aus seiner Brusttaschc ein Betrag von 1200 gestohlen war. Andern Tags konnte der Gast auf dem Bahnhof Stuttgart, wo er eben in den Schnellzug einsteigen wollte, noch rechtzeitig zur Hast gebracht werden. Es ist ein Schlosser August Friz, früher wohnhaft in Cannstatt und Gaisbcrg, der erst vor 4 Wochen eine 6jährige Zuchthausstrafe verbüßt hatte.
Weilheim unter Lochen. Nach 60jäh- riger Ehe feierten die Drehers Eheleute Johann Georg Schatz und Katharina, geb. Thieringer, das seltene Fest der diamantenen Hochzeit. Der 90jähr. Mann erfreut sich noch voller geistiger und körperlicher Rüstigkeit, dagegen ist die 82jährige Frau feit '/- Jahre kränklich. Von Seiner Majestät dem König wurde das Jubelpaar durch ein reiches Geschenk erfreut. — In unserer Gemeinde giebt es überhaupt merkwürdig rüstige alte Personen. Vörtges Jayr wurde einem Witwer zur Feier seines 90. Geburtstages in der Frühe ein Mustkständchcn gebracht; der alte Mann wollte aber diese Ovation nicht begreifen, er nahm feinen Zwerchsack auf die Schulter, ließ die Musikanten ruhig blasen und pilgerte der eine Stunde entfernten Oberamtsstadt zu, um auf dem dortigen Wochenmarkt junge Schweinchen zu kaufen, mit denen er schwerbeladen gegen Mittag wieder heimkehrte. So feierte dieser Neunzigjährige seinen Geburtstag.
Heilbronn, 2. Nov. Zu der bereits gemeldeten Festnahme des flüchtigen Obcramtsspar- kassiers Lader von Backnang erfährt man noch, daß bei seiner Verhaftung ein ziemlich bedeutender Betrag des veruntreuten Geldes bei ihm vorgcfunden wurde.
Heilbronn, 4. Nov. Von einem tragi
schen Geschick wurde der hier bedienstete Arbeiter Ernst Hess er in Böckingen ereilt, welcher vorgestern Hochzeit feierte. Während eines Tanzes mit seiner Braut wurde er vom Schlage getroffen und verschied im Arm seiner so schnell verwitweten Gattin.
Vom Oberamt Saulgau. Der Rekord der Besitzerin des Zentralhotels von Martina Franca steht in Gefahr, geschlagen zu werden. Dieser Italienerin, die bis zum Alter von 56 Jahren nicht weniger als 29 Kindern das Leben geschenkt hat, ist eine Frau aus Hoßkirch (OA. Saulgau) bedenklich nahegekommen. Diese hat im vergangenen Frühjahr das achtundzwanzigste Kind geboren und befindet sich erst in der Mitte der vierziger Jahre. Da das kleine Oertchen Hoßkirch nur etwa 300 Einwohner zählt, bildet diese kopfreiche Familie einen wertvollen Bestandteil der Gemeinde. (Schw. M.)
Ravensburg, 1. Nov. Heute nacht V«11 Uhr ertönten wiederum die Sturmsignale, das Oekonomiegebäude der Rudolf Beck'schen Obermühle stand in Hellen Flammen. Dank der Windstille und dem raschen Eingreifen der Feuerwehr blieben die Nachbargebäude verschont; der Viehstand wurde geretter, der Inhalt an Vorräten und landwirtschaftlichen Geräten wurde ein Raub der Flammen. Brandstiftung ist als sicher anzunchmen.
Friedrichshafen, 30. Okt. Kollaborator Gr eit er von hier hat bei der heutigen Ziehung der R o t e k r e u z l o t t e r i e den ersten Gewinn mit 15,000 ^ erhalten.
Berlin, 4. Nov. Nach einem Telegramm des Berliner Tageblatt aus London meldet der Correspondent der Daily Mail in Kapstadt das
Nachdruck verboll-n.
Lady Diana's Geheimnis.
Roman von Florcnce Marriat.
Fort'etzung.
Betroffen hörte Lily diesem leidenschaftlichen Ausbruch zu, dessen Grund sie sich nicht zu erklären vermochte. Miß Paget lenkte aber bereits wieder ein. „Verzeih', Lily, ich vergaß einen Augenblick meine Rolle. Was wolltest du von mir? Emen Rat? Nun gut: Erfülle den Wunsch deiner Tante, — heirate Philipp? Genieße, was Rang und Reichtum dir zu bieten vermag und sei zufrieden!"
„Wie kann ich damit zufrieden sein?" rief Lily heftig. „Für mich giebt cs kein Glück mehr auf der Welt! O Antony!-"
„Antony! Ich habe immer gedacht, daß du diese thörichte Neigung noch nicht überwunden habest. Wirklich, ich hätte dich für vernünftiger gehalten! Laß diese Vergangenheit ruhen, bedenke, was du deiner Tante schuldest und mache Philipp glücklich. Heiratest du ihn, so ist deine Zukunft gesichert und du wirst nicht den Versuchungen und Kümmernissen der Welt ausgesetzt sein, denen du vielleicht nicht gewachsen bist."
Sie schloß das Mädchen in ihre Arme und einen Kuß auf Lily's Stirn drückend, murmelte sie: „Es lauern zu viele Gefahren da draußen, vor denen ich dich bewahrt sehen möchte. Darum sage mir, mein liebes Herz, daß du Lord Culwarren heiraten und — den anderen vergehen willst!"
„Ich will es thun," erwiderte Lily mit versagender Stimme, „weil eS meine Pflicht ist. Aber vergessen werde ich nie. Miß Paget, — nie — bis ich sterbe!"
In derselben Stunde saßen in dem kleinen Gasthof des fünf Meilen von
Gardenholm entfernten Städtchens Dearham zwei Herren in eifrigem Gespräch zusammen. Es waren dies Oliver Fosbrooke und sein junger Freund Antony Melstrom, der heute seinen 21. Geburtstag beging und mit Sehnsucht den Augenblick erwartete, wo er den Fuß wieder über die Schwelle des Vaterhauses setzen konnte. Voll Ungeduld erwartete er den Wagen, aber als die Zeit hinging, ohne daß derselbe erschien, wurde er unruhig und ärgerlich.
„Fosbrooke," wandte er sich an diesen, „ich fürchte, es ist etwas nicht in Ordnung. Ich schrieb meiner Mutter gestern von London aus und bat, mir heute um 12 Uhr den Wag n hierher zu schicken. Sie muß den Brief nicht erhalten haben, sonst wäre Philipp sicher schon gekommen, mich zu begrüßen. Haben Sie etwas dagegen, wenn ich vorausgehe und Sie dann holen lasse?"
„Durchaus nicht, mein lieber Junge! Ich glaube selbst, daß ein Irrtum vorliegt und es ist vielleicht bester, Sie gehen hin."
„Ich kann auch nicht länger warten," entgegncte Antony erregt. „So nahe zu sein und Lily nicht sehen zu können! Ich werde mich sehr eilen, Fosbrooke, und Ihnen sofort den Wagen schicken. Auf Wiedersehen!" Und dem Freunde zunickend, verließ er in großer Hast das Zimmer.
5 Kapitel.
. Eine unangenehme Entdeckung.
Keine Königin konnte mit mehr Würde und Ceremoniell vor ihrem Hofstaat erscheinen, als Lady Culwarren, wenn sie um die Mittagsstunde ihren Einzug in den Salon hielt. Alle Gäste des Schlosses, — und es waren deren immer anwesend, — wußten, wie streng die Gräfin auf Etiquette sah; sobald sie daher sichtbar wurde, warfen die Herren Cigarre und Zeitung fort und die Damen legten ihre Handarbeit bei Seite, um die Dame des Hauses mit dem süßesten Lächeln zu begrüßen. Auch heute schauten die bereits Versammelten respektvoll