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Augen beibrachten. Korsch starb bald nach seiner Auffindung.
Breslau, 2. Nov. In dem großen russischen Grenzdorfe Sielce wurden, wie die „Schles. Volksztg." meldet, am Donnerstag 56 Gebäude in Asche gelegt. Viele Erntebestände wurden vernichtet und eine große Anzahl Vieh kam in den Flammen um.
— In Oberwinterthur (Kanton Zürich) gebar eine Frau Drillinge, nachdem sie bereits nicht weniger als viermal Mutter von Zwillingen geworden war. Die Zahl der Kinder aus 15 Geburten betrügt 21, wovon 15 am Leben sind. Die Mutter, eine Arbeitersfrau, steht im 42. Lebensjahre.
S-alo^am Gardasee), I.Novbr. DaS hier stattgefundene Erdbeben hat kolossalen Schaden angerichtet. Eine ganze Häuserreihe droht in den See zu stürzen. Zwei Personen wuroen getötet, zwei andere verletzt. Als sich abends die Erdstöße wiederholten,, flüchteten die Bewohner panikartig aus der Ortschaft.
Brüssel, 2. Nov. Die Transport-Syndikate haben eine Sympathie-Kundgebung für die Buren angenommen und sich bereit erklärt, den Boycott gegen englische Frachtschiffe mit allen Kräften zu unterstützen.
Antwerpen, 3. Nov. Bisher unbekannte Thäter legten in der vergangenen Nacht 5 große Holzblöcke auf die Eisenbahn-Schienen der Linie Antwerpen-Tourmout, wodurch der um Mitternacht abfahrende Personenzug, welcher stark besetzt war, entgleiste. Der Maschinist wurde schwer verletzt und verstarb auf dem Wegs nach dem Hospital. Mehrere Passagiere trugen leichte Verletzungen davon.
Haag, 3. Nov. Die gegenwärtige Konferenz der Burenführer steht, wie verlautet, mit der angeblich bevorstehenden holländischen Friedensvermittelung in Zusammenhang.
Paris, I.Novbr. Ein gestern abend vom Eiffelturm abgefeuerter Böllerschuß kündigte an, daß der Termin zur Erlangung des Deutsch-Preises abgelaufen war. Santos Dumont bleibt also ohne Konkurrenz.
Paris, 3. Novbr. In hiesigen politischen Kreisen ist man der Ansicht, daß die Mission Gaillard eine friedliche sein werde, nachdem der Sultan die Absicht kund gegeben, sämtliche Streitfragen zu Gunsten Frankreichs zu regeln. Es heißt, der Sultan habe die notwendigen Geldmittel dadurch erhalten, daß er einem deutschen Syndikat in Kleinasien neue Concessionen gemacht habe.
Petersburg, 2. Nov. Am 30. Oktober ist 115 Werst von der Station Onon der chinesischen Zweigbahn infolge Schneeverwehung ein Person enzug entgleist, wobei ein Reisender getötet, 2 Postbeamte und 14 Reisende verwundet
wurden. — Nach Meldungen aus Irkutsk riß auf dem Baikal-See ein dortiger Schleppdampfer drei Boote los. Zwei derselben wurden gegen einen Felsen geschleudert, wobei 170 Arbeiter und Fischer ertranken.
London, 2. Nov. Lord Kitcheners Meldung über die Niederlage der Kolonne Beatson hat hier sehr deprimierend gewirkt. Es verlautet, außer den zahlreichen Verlusten an Toten und Verwundeten hätten noch mehrere hundert Mann die Waffen gestreckt. Die Soldaten seien von den Buren nach Wegnahme der Waffen wieder freigelassen worden. Die Offiziere wurden dagegen zurückgehalten, um an ihnen Rache zu nehmen für die Hinrichtung der verschiedenen Burensührer. Es herrscht deswegen hier die größte Aufregung. Seit heute früh staut sich eine ungeheure Menge vor dem Kriegsamt, um nähere Einzelheiten zu erhalten, ein Bild, wie es aus den ersten Tagen des Krieges noch in aller Erinnerung ist.
— Die amtliche englischeStatistikhatzugestan- den, daß die Gesamtzahl der englischen Verluste bis zum 30. Sept. ds. Js. 75,562 Mann betrug, von denen vor dem Feinde insgesamt 4757 ihr Leben ließen, während 13138 an ihren Wunden oder an Krankheiten starben. Gefangen wurden insgesamt 9939 Mann, und 47,628 wurden als Invaliden in die Heimat zurückgeschickt. Demgegenüber haben die Buren, soweit sich dies auf Grund eines zwischen den Schätzungen auf Burenseite und den englischen Berichten angestellten Vergleichs feststellen läßt, an Toten vor dem Feinde nur etwas über 3800 Mann verloren. Zu bemerken ist zu dieser Zahl, daß diejenigen nicht ausgenommen sind, die an Krankheiten gestorben sind. Der Prozentsatz dieser Kranken betrug für die Zeit, aus der noch amtliche Burenberichte Vorlagen, 20°/° der Gefallenen. Da mit der Einnahme von Bloemfontein alle irgendwie unsicheren Elemente, namtlich die schwächlichen Leute, die Burenfahnen verließen, ist kaum anzunehmen, daß der Prozentsatz sich erhöht haben sollte, und zwar um so weniger, als die Bildung größerer Kontingente, in denen ansteckende Krankheiten sich leichter entwickeln können, von jenem Zeitpunkt ab vermieden wurde. Wir würden also eine Höchstabgabe von 4500—4600 Mann an Toten haben. In Gefangenschaft befanden sich am 30. Septeniber 23,025 Mann. Die Zahl der „Surrenders" in den Flüchtlingslagern betrug 107,016, davon waren 16,951 Männer, 37,694 Frauen und 52,371 Kinder. Rechnen wir von den Männern noch etwa die Hälfte für dienstfähig, so erhalten wir unter Einrcchnung der etwa 4000 Mann, die aus portugiesisches Gebiet übergegangen sind, eine Gesamtschwächung der Burenarmee um rund 40,000 Mann. Da die Armee der Buren zur Zeit ihrer größten Stärke 54,800 Mann zählte, könnte sie demnach jetzt immer noch etwa 14,000 Mann be
tragen, eine Zahl, die auch den Thatsachen zu entsprechen scheint. Die Afrikander aus der Kapkolonie, die jetzt die Reihen der Buren verstärken, sind hierbei gar nicht berücksichtigt. '
Pretoria, 2. Nov. Die Buren überfielen bei Berkenlaagte nordwestlich von Bethel die Nachhut der Kolonne Bensons. Es herrschte dichter Nebel. Benson selbst, sowie 8 Offiziere und 58 Mann sind gefallen, 13 Offiziere und 156 Mann wurden verwundet. Die Engländer verloren 2 Geschütze; Lord Kitchener nimmt jedoch an, daß er dieselben wieder erlangen wird.
Aus Newyork wird gemeldet: Der Sonderzug, der alle Wagen und das gesamte Personal von Buffalo Bills „Wildem Westen" mit sich führte, ist bei Linwood in Nordkarolina vorgestern entgleist. 92 Pferde sind getötet worden einschließlich eines Tieres, dessen Wert von Colonel Cody mit 5000 Dollars angegeben wird. Ueber 100 Pferde sind leichter oder schwerer verwundet. Bufallo Bill, der in einem Privatwagen mit demselben Zuge reiste, ist nicht verletzt. Der Gesamtverlust beziffert sich auf 60 000 Dollars.
Die „Panamerikanische Ausstellung" in Buffalo wird am 2. Nov. geschlossen werden. Sie endet mit einem finanziellen Mißerfolg, der Verlust wird auf 16,000,000 geschätzt. Die Aktionäre verlieren alles, bis zu 10,000,000 ^ Die Erbauer, die 4,000,000 verlieren, wollen die Direktoren und Aktionäre verklagen.
Vermischles.
So mancher Garten wird liebevoll gepflegt. Was aber sachgemäße Behandlung der Bäume, gute Bewässerung und geeignete Düngung des Bodens vermag, das zeigt uns in seiner Nr. 44 der praktische Ratgeber im Obst- und Gartenbau. Er beschreibt in einem längeren, mit vorzüglichen und lehrreichen Abbildungen versehenen Aufsatze, wie ein Liebhaber aus einem unfruchtbaren Garten nach und nach eine Musteranlage machte. Besonders interessant ist in demselben das ausgedehnte Bewässerungssystem, durch welches eine bequeme, billige und vor allen Dingen intensive Durchfeuchtung des Bodens erzielt wird und Mar in der Art, daß längs der Spaliere und Schnurbäume Wasserleitungsröhren lausen, deren Wände am Standorte der Bäume durchlöchert sind. Beim Anschluß dieser Röhren an die Hauptleitung strömt das Wasser durch die Rohre und rieselt gleich einem milden Regen nieder: Durch derartige sinnreiche Anlagen wird viel Arbeit unb viel Zeit erspart. Wer sich für die übrige Einrichtung eines derartigen Mustergartens interessiert, lese den vorerwähnten Aussatz. Die betreffende Nummer ist kostenfrei vom Geschäftsamt obengenannter Zeitschrift zu Frankfurt a. d. Oder zu beziehen.
Mochte Lily in ihrem Herzen auch anderer Meinung sein, der Lady gegenüber wagte sie nichts mehr zu sagen und nachdem sie ihre Tante geküßt, verließ sie hastig das Zimmer. Ihr erster Gedanke war. Miß Paget aufzuiuchen und ihr das schreckliche Unglück mitzuteilen, das über sie gekommen war. Es bestand freilich keine große Vertraulichkeit zwischen ihr und der bedeutend älteren, äußerlich sehr zurückhaltenden Gesellschafterin, aber Lily empfand ein so brennendes Verlangen, ihr Herz auszuschütten, daß sie sich in Ermangelung einer anderen mitfühlenden Seele an Miß Paget wandte. Diese befand sich noch im Mufik- zimmer, an der Orgel sitzend und in einem Notenheft blätternd. Voll Ungestüm warf Lily sich in ihre Arme, in eine Flut von Thränen ausbrechend.
„Was ist geschehen, Lily?" rief Miß Paget überrascht. „Warum so verzweifelt?"
„O, es ist zu furchtbar!" schluchzte das Mädchen. „Können Sie es nicht ahnen, Miß Paget?"
„Doch, doch, Kind! — Ich errate es. Deine Tante verursachte diese Thränen, indem sie Dich zu einem Schritte drängte, der Dir widerstrebte!"
Erstaunt schaute Lily auf. „Wie können Sie das wissen, ehe ich etwas gesagt habe?"
„Weil ich Deinen Charakter kenne, Lily. Meinst Du, ich hätte in den zwölf Jahren, die wir zusammen leben, nicht Gelegenheit genug gehabt, Deine Gedanken und Wünsche zu studieren?"
„O ja und ich weiß auch, wie gut Sie in all' dieser Zeit gegen mich waren!"
„Nun — in Lieöesbezeugungcn bin ich nicht verschwenderisch, aber Du wirst schon gemerkt haben, wie lieb Du mir bist."
„O gewiß! Ihre Güte für mich und — für meinen Vetter Antony —"
„Antony? Warum hebst Du ihn besonders hervor? Gehört Philipp
nicht auch dazu? Ich sah Euch doch alle Drei heranwachsen und habe keinen Unterschied zwischen Euch gemacht." -
„Ich weiß nicht", erwiderte Lily verlegen. „Ich dachte nur — Sie liebten Antony am meisten."
„Du urteilst nach Deinen eigenen Gefühlen, mein Kind! Ich habe allerdings stets ein besonderes Interesse für Antony gehabt, aber das geschah vielleicht, weil sich sonst Niemand um ihn kümmerte. Er hat einen wilden, heftigen Charakter, Lily, und taugt wenig zu einem Ehemann. Mit Philipp würdest Du ein viel friedlicheres Leben führen."
„O Miß Paget, wissen Sie denn-"
„Daß Deine Tante nach Dir schickte, um Dir mitzuteilen, daß Philipp
Deine Hand begehrt. Ich habe dis Sache längst bemerkt und wußte, was kom
men würde."
„Und was raten Sre mir zu thun?" fragte Lily eifrig.
„Stets nur an die Gegenwart zu denken", war die rasche Antwort, „und
die Vergangenheit zu vergessen! Und willst Du mit Erfolg in dieser Welt be
stehen, Lily, so mußt Du vergessen, daß Du ein Herz hast!"
Sie stieß das Mädchen fast ungestüm von sich, sprang auf und trat an's Fenster.
„O Miß Paget", rief Lily, ihr verwundernd nachschauend, „wie Sie mich erschrecken! Ich habe Sie noch nie so sprechen gehört!"
Die Gesellschafterin beachtete diese Worte nicht; sich wieder ru Lily wendend, fuhr sie erregt fort: „Du bist ein Weib, Lcky, aber durch Dein Herz wirst Du nie zum Glücke gelangen! Im Gegenteil — es wird Dir nur Schaden bringen, wenn es Dich dazu verleitet, an die Lüge zu glauben, die man „Liebe" nennt, und den Männern zu vertrauen, die doch nur unsere Feinde sind, und die Liebe als Waffe gebrauchen, uns zu verderben." (Fortsetzung folgt.)