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lassen. Gestern wurde nun von seinen Gläubigern der Konkurs beantragt. Die Unterbilanz be­ziffert sich auf ca. 60000 olL. Viele hiesige Geschäfte sollen hiebei in Mitleidenschaft gezogen worden sein.

Erbach, 7. April. Bei dem Baron von Ulm Erbach weilte dieser Tage, um Abschied zu nehmen, der japanische Hauptmann Guyyama, der schon vor lOJahren.Praklikantaufdem Erbach- schen Gute gewesen war, inzwischen den japanisch, chinesischen Krieg mitgemacht und in letzter Zeit eine politisch-militärische Mission in Berlin zu erfüllen hatte. Er ist Professor an der kaiserlich- japanischen Kriegsakademie und schifft sich heule in Genua nach Japan ein.

Ausland.

In der französischen Deputiertenkammer wie in ganz Frankreich beherrscht der wieder aufge- rührte Panamaskandal noch immer alle Gemüter. Die Regierung möchte demnächst die Kammer vertagen, wurde aber wegen dieser Absicht bereits verdächtigt, daß sie den Panamaskandal begraben möchte. Gleich dem Kaiser von Oesterreich wünscht auch Präsident Faure den Besuch des russischen Kaisers vom vorigen Herbst durch einen Gegenbesuch in Petersburg zu erwidern. Die radikalen französischen Blätter aber fürchten, daß dadurch der Präsident der Republik allzuviel monarchische Allüren annehmen könnte, weshalb letzterer willens ist, die Präsidenten des Senats und der Depvliertenkammer mit sich nach Peters­burg zu nehmen.

Paris, 7. April. Der Untersuchungs­richter hat, um Rouviers Geldver­hältnisse mit Bezug auf den Panamoprozeß festzustellen, dessen Heiralsvertrag eingesehcn und festgestellt, daß Rouvier und seine Frau zu­sammen über zwei Millionen Franken in ihre 1887 geschlossene Ehe einbrachten und daß die Wertpapiere bet Banken regelrecht hinter­legt waren.

Das neugewählte italienische Parlament ist am letzten Montag in Rom mit einer Thron­rede des Königs Humbert eröffnet worden, worin der König das Festhalten Italiens an dem Dreibund, sowie an dem Konzert der europäischen Großmächte in der griechisch kreti­schen Frage versichert, ferner mit Genugthuung konstatiert, daß das finanzielle Gleichgewicht im italienischen Staatsbudget endlich erzielt sei und sogar gestatte, eine dringend notwendige Ver­stärkung der Flotte durchzuführen. Nun haben sogar die Italiener Geld zu neuen Kriegsschiffen und wir Deutsche allein sollen es nicht haben?

Athen, 7. April. Gestern wurden bei den Ansammlungen vor dem Königs- schloß neun Personen verwundet, darunter eine schwer. Auch zwei Polizisten er- kitten Verletzungen, davon einer erhebliche. Nach Empfang der Note der Mächte traten die Minister zu einer Beratung zusammen, welche sehr lang dauerte.

Athen, 7. April. An der Grenze ist bis jetzt kein Zwischenfall vorgekommen. Die identische Note der Großmächte wird von den Blättern als ein Beweis der demnächstigen Uneinigkeit der Mächte umgedeutet. Die offiziöseProia- bringt nur den Text, die Akropolis- meint, Griechenland erhalte durch die Note die Freiheit zur Kriegser­klärung. Die Großmächte beabsichtigten nur die L o k a l is i e r u n g des Krieges, vielfach wjrd die Möglichkeit bezweifelt, daß die Mächte bin etwaigen Sieger an der Ausnützung seines Erfolges hindern könnten.

Lissabon, 7. April. In einer Fabrik von Feuerwerkskörpern am südlichen Ufer des Tajo, Lissabon gegenüber, wurden durch eine Explosion 20 Personen getötet und viele verletzt.

Unterhaltender Heil.

Im Dunkel der Nacht.

Eine Erzählung von Otto Eber st ein.

(Fortsetzung.)

Guter, lieber Fritz, um Christi willen, hilf mir nur jetzt aus dem Sumpfe, der mich immer tiefer zu sich hinabzieht!- jammerte der

Tischler.Ich will Alles wieder gut machen, ich will Dich entschädigen, nur rette mich dieses einzige Mal!-

Damit hat es gar keine so große Eile, Drobsch; der Schlamm geht Dir ja kaum bis an die Brust,- entgegnete der Mann mit eiserner Ruhe.Siehst Du, so ungefähr war es mir zu Mute, als sich die Thore des Gefängnisses hinter mir schlossen und es für mich keine Rettung mehr gab. Ich mußte zehn fürchterliche Monate hinter den Kerkermauern schmachten, während bei Dir in wenig mehr als so viel Minuten Alles vorbei sein wird -

Es lag eine fürchterliche, erstarrende Kälte in diesen Worten. Der junge Mann glich in diesem Momente dem tückischen Raubtiere, das mit seiner Beute spielt, um sie endlich erbarm­ungslos zu opfern.

In herzzerreißenden Tönen schrie der Ver­sinkende jetzt um Hilfe, in der Hoffnung, von einer mitleidigeren Seele gehört zu werden, aber weithin schallte sein Rufen durch das Schilf, ohne daß sich etwas regte.

Das wird Dir wirklich nicht viel helfen, Drobsch,- fuhr Fritz fort;denn hier in den Sümpfen sind wir jetzt weit und breit die einzigen Menschen. Du bist in meiner Gewalt, und kein Hahn kräht danach, wenn ich jetzt meines Weges gehe und Dich Deinem Schicksale überlasse. Niemand wird Dir eine Thräne nachweinen, Drobsch, denn Du hast nichts gethan, was Dein Andenken in Segen erhalten könnte. Was liegt also für die Menschheit an Deinem Leben. das nichts weiter als eine Kette von Schlechtigkeiten ist!

Der Tischler stieß krampfhaft stöhnende Worte aus; er vermochte kaum noch die Arme über dem Schlamme zu halten.

O mein Gott, laß mich nicht so entsetzlich zu Grunde gehen; ich will gern ein anderer Mensch werden!- betete er mit heiserer Stimme, der die fürchterliche Todesangst anzuhören war. Dann ächzte und stöhnte er willenlos; die Kräfte schienen ihn zu verlassen. Eine kurze Pause entstand. Da überkam Fritz ein mensch­liches Rühren. Vergessen hatte er in diesem Augenblicke die ehrlose, niederträchtige Hand­lungsweise Drobsch's, jetzt sah er nur noch den hilfsbedürftigen, an das Leben sich klammernden alten Mann vor sich, der verloren war, wenn er ihm nicht beisprang. Was konnte er ihm auch noch schaden? Hannchen war nun, nach­dem Fritz aus dem Gefängnis entlassen war, den Nachstellungen jenes entrückt.

Du willst ein anderer Mensch werden, Drobsch?- sagte Fritz dann.Gut, laß sehen, ob Du Wort hältst, alter Sünder!-

Er reichte ihm den Griff seines Stockes, den der Verunglückte hastig mit beiden Händen erfaßte, während Fritz das andere Ende in der Hand behielt, um ihn vermittelst dieses Rettungs­ankers aus dem feuchten Grabe zu befreien.

Unter Ausbietung aller Kräfte zog Fritz dann den Verunglückten auf den sichern Boden herauf. Hier brach der alte Mann vor Er­schöpfung und Aufregung zusammen. Jetzt dachte Fritz nur daran, ihm Hilfe zu bringen. Forttragen konnte er den Mann nicht, da die schmalen Wege durch das Moor seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen und auch sein von der langen Gefängnishaft geschwächter Körper dies nicht zugegeben hätte. Er beugte sich zu Drobsch herab, flößte ihm etwas Korn- branntwein aus seiner Feldflasche zwischen die Lippen und rieb ihm mit dem stärkenden Getränk die Schläfen ein.Halt Dich hier ein Weilchen still,- rief Fritz dem Geretteten zu. Ich hole Hilfe herber, damit Du ungefährdet wieder auf festen Boden gelangst!" Dann eilte er, so schnell ihn seine Füße trugen, durch die vielverschlungenen Pfade nach dem Gasthause zu Rothenau, um daselbst Hilfe zu holen. In Schweiß gebadet und Halbtod vor Ermattung langte er dort an.

Es war ihm, als fiele ihm eine Zentner- last von der Brust, als er noch einige verspätete Gäste bemerkte, die mit dem ihm wohlbekannten Wirte noch beisammen saßen.

Alle Teufel, Barthel, was ist denn mit

Euch vorgegangen? Ihr schwitzt ja wie ein Rennpferd!- rief ihm der Gastwirt entgegen, indem er ihm behilflich war, sein Reff mit Weberwaren abzulegen.

Draußen steckt einer im Sumpfe,- preßte der junge Mann mühsam hervor.Beeilt Euch; vielleicht ist er noch zu retten, aber es ist keine Minute Zeit zu verlierendrängte Fritz,kommt, ich zeige Euch den Weg!-

Der Wirt zündete eine Laterne an, und die Gäste machten sich zum Aufbruche fertig. Bald ging es hinaus in die Nacht, um den Verun­glückten zu retten.

VII.

Es war Sonntag. Von den stattlichen Kirchtürmen herab luden die Glocken in harmoni­schem Dreiklange die Bewohner I. . . .'s zum Besuche des Gottesdienstes ein, und von allen Seiten kamen die geputzten Kirchgänger herbei, um dem Rufe Folge zu leisten.

In dem auch Werktags schon öden und stillen Orte war es heute noch einsamer, aber es war eine gewisse feierliche Ruhe, die in den rein gefegten Straßen herrschte. Die Berkaufs- gewölbe blieben geschlossen, so lange der Gottes­dienst währte; der Lärm der zur Schule wandernden Kinder war verstummt, und das Geräusch der Werkstätten, das Getriebe des Alltagslebens pausierte.

Auch Hannchen feierte Sonntag. Sie hatte ihre Näherei bei Seite gelegt, ihr Stüb­chen blank gesäubert und verrichtete nun die kleinen häuslichen Geschäfte, welche auch in der bescheidensten Wirtschaft notwendig sind. Dann fütterte sie ihren Zeisig, steckte ihm die Feier­tagsnäscherei, ein Stückchen Zucker, in das Ge­bauer und wendete sich dann ihren Blumen zu, wo es nötig war, ihnen frisches Wasser spendend, hier und da einen verdorrten Zweig abbrechend oder ein verwelktes Blatt entfernend.

Am Fenster aber saß Fritz und las in dem Wochenblatts des Städtchens die Neuigkeiten, die es'zu berichten gab, während ihm hin und wieder von dem Mädchen eine besonders schön entwickelte Zimmerpflanze gebracht wurde, um sich mit ihr über deren Gedeihen zu freuen.

Aber der Geliebte der Näherin schien wenig Freude an diesen Dingen zu finden; er antwortete einsilbig und zerstreut und eine un­verkennbare Unruhe prägte sich in seinem ganzen Wesen aus.

(Schluß folgt.)

(Ein fähiger Arrangeur.) Fabrikant:Ich hoffe, Sie werden meine Annonce in recht ge­fälligem Arrangement drucken!- Zeitungs­besitzer:Wenn Sie Ihre Anzeige in meinem Blatte lesen kaufen Sie sich selbst was ab!-

Telegramrue.

Berlin, 8. April. Auch die Abend­blätter widmen in überaus warmen Worten dem Staatssekretär Dr. Stephan Nachrufe und betonen dessen große Verdienste um das Vater­land, wie um die gesamte Welt, namentlich durch die Errichtung des Weltpostvereins, welche seinem Namen in der Geschichte einen bedeutenden Platz einräumen. In alle Zukunft werde sein Name neben den hervorragendsten Förderern des Verkehrswesens glänzen.

Wien, 8. April. Dr. Lueger wurde mit 93 von 132 Stimmen zum ersten Bürger­meister gewählt gegen Dr. Grübl, welcher 37 Stimmen erhielt. Zwei Stimmzettel blieben unbeschrieben. Dr. Lueger nahm die Wahl mit einer Ansprache an, in der er die leitenden Grundsätze seiner Partei, der antisemitischen, auseinandersetzte.

Kanea, 8. April. In der Sudabai traf heute in Begleitung eines Kreuzers ein russi­sches Transportschiff ein, das 1. Bataillon und 6 Geschütze überbrachte.

Toulon. 8. April. 2 Avisos gehen morgen von hier nach Kreta ab.

Petersburg, 8. April. Die Irren« abteilung des Krankenhauses zu Jaroslaw» in der sich 40 geisteskranke Frauen befinden, ist niedergebrannt. Drei Frauen sind in den Flammen umgekommen.

Redaktion, Druck »ad Bering von L. Meeb tu Neuenbürg.