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Aus Stadt, Berirk und Umgebung.

gnr Konfirmation oder Eltern habt acht!

Heut ist Festtag in ungezählten Häusern Wo Arbeitslast oder Unlust sonst oft d,e Alten vom Gotteshaus fernhielt, heut wallen Männer und Frauen zur Kirche hin. Gilt es doch, die Kinder an ihrem Ehrentag zum Altar zu geleiten. Gilt es doch, zu hören, wie sie in der Prüfung bezeugen, daß sie im christlichen Glauben recht unterwiesen sind Gilt es doch, zu hören, wie sie ihrem Himmelskönig Treue geloben, und wie der Pfarrer die jungen Kinder in die Gemeinde der Erwachsenen ausnimmt.

Ja, das ist freilich ein schöner Festtag! Und wer ihn mit den Kindern in Frieden und Ge sundheit glücklich begehen darf, der soll sich dessen mit Dank gegen Gott freuen. Aber, Eltern, habt acht! Die Kinder, die man heut in der Gemeinde der Erwachsenen auinimmt, sind noch nicht Erwachsene! Nur eine neue Stufe des Wachstums haben sie mit der Schulentlassung und Konfirmation erklommen. Und je höher Man kommt, um so schärfer weht der Wind!

Eltern, habt acht! Schulentlassene Kinder kommen in die Jahre, wo sich am meisten zeigt was aus Sohn und Tochter werden will. Jetzt kommen Versuchungen, die sie vorher nicht kannten, oder denen sie doch unter dem Schutze heilsamer elterlicher Zucht leicht widerstanden.

Gerade die ersten zehn Jahre, welche auf die Einsegnung folgen, pflegen die Entscheidungs- jahre für jeden Menschen zu werden. Hier pflegt sein Charakter sich zu bilden; hier pflegt der Mensch eine Persönlichkeit zu werden und das Gepräge zu erlangen, welches ihm für das ganze Leben bleibt. Wohl dem. der in dieser Zeit der Entwicklung von treuen Herzen beraten, von treuen Händen geleitet und von treuen Augen behütet wird.

Junge Reiser brechen nicht im Winde; aber junge Bäumchen brechen rasch, wenn der stütze ende Pfahl ihnen fehlt. Darum habt acht, daß dem Bäumchen der Halt treuer Zucht durch Euch, durch den künftigen Meister, durch väterliche Freunde nicht fehle! Nur so können Eure Kinder den Segen bewahren, den Konficmationstag und Konfirmationsgelübde ihnen bringen Ull. Nur so könnt ihr einst ruhig schlafen gehen und freudig bezeugen:Unsere Kinder haben uns keinen Kummer gemacht." Dann baut Euer Segen ihre Häuser.

ImGesellsch.", Amtsblatt in Nagold, lesen wir folgendesEingesandt", dem man nur zustimmen kann: Den althergebrachten Brauch, die Konfirmanden durch Geschenke zu erfreuen, wollen wir nicht gerade als mit den christlichen Grundsätzen unvereinbar anschen; zur Unsitte wird jedoch dieser Brauch, wenn die Geschenke am Tag der Konfirmation selbst oder gar un­mittelbar nach der heiligen Handlung verabreicht werden. Die Sammlung des Gemüts, die geweihte Stimmung der Seele muß dadurch notleiden, in erster Linie bei den Konfirmanden selbst, sodann aber auch bei den Angehörigen derselben. Verständige Geber werden diese Um­stände gewiß berücksichtigen.

Salmbach, 1. April. Gestern morgen um halb 9 Uhr brach im Hause des Fr. Schöninger Feuer aus. Trotz sofortiger tapferer Ein schreitung der dortigen Feuerwehr brannte das­selbe bis auf die Grundmauern nieder; zwei Nebenhäuser hatten schon Feuer gefangen. Die Entstehungsursache ist bis jetzt noch nicht bekannt.

Pforzheim, 2. April. Der vor etwa 1'/» Jahren von dem früheren württ Landtags­abgeordneten für den Bezirk Besigheim. Esstch, erworbeneWartberghof", in der Nähe hiesiger Stadt gelegen, ist von demselben an den Oekonomen Frank, Neffe des Reichstagsabg. für den 9. bad. Wahlkreis, um 70 000 verkauft worden. Da Esstch s. Zt. das Gut um ca. 40000 »iL erworben, so hat er mit dem Verkauf kein schlechtes Geschäft gemacht.

Gernsbach. Am Donnerstag ver­sammelten sich auf besondere Einladung der Murgthal-Eisenbahn-Gesellschaft un­gefähr 60 Personen, hauptsächlich aus dem badischen Hinteren Murgthal, im Rathaussaale

j hier, um über den Weiterbau der Murgthal­eisenbahn von Weisenbach bis Freudenstadt zu beraten. Um die badische Regierung zu bitten, den Weiterbau bis zur Landesgrenze zu übernehmen und den württembergischen Staat zu interessieren, die Verbindungsstrecke Landes­grenze mit Freudenstadt ebenfalls zu bemerk- stelligen. wurde ein Komitee gebildet, das die nötigen Vorarbeiten erledigen und eine Eingabe in diesem Sinne an das badische Ministerium vorbereiten soll, so daß Letzteres dem Landtage bis Winter eine ensprechende Vorlage überreichen kann. Zu Mitgliedern des Komitees wurden ernannt: Bürgermeister Fritz von Bermersbach, Kommerzienrat Holtzmann von Weisenbachfabrik. Bürgermeister Abel von hier. Bürgermeister Stigler von Rastatt. Oberförster Dr. Ebert, Sägmühlebesitzer Katz, Privatier Klumpp und Fabrikdirektor Haderer von hier, Oberbürger, meister Schnetzler von Karlsruhe.

Neuenbürg, 3 April. Schweine- markt. Zufuhr schwach; Preise per Paar« 18-28 -M. I

Pforzheim, 31 März. Auf dem hies. Schweinemarkt wurden ca. 50 Stück Milch­schweine zum Durchschnittspreis von 28 Mark verkauft.

Deutsches Weich.

Der Reichstag steht vor seinen Osterferien, vor deren Beginn ist wenigstens noch der Etat zur Verabschiedung gebracht, während außerdem die ersten Lesungen der Handwerkeroorlage und der Vorlage über die Abänderung des Jnvaliden- versicherungsgesetzes durchgenommen worden sind Aber für den nachösterlichen Sessionsabschnitt bleibt noch immer ungemein viel Beratungsstoff übrig, schwerlich wird daher der Reichstag die schwebenden Vorlagen bis Pfingsten sämtlich auf- arbetten können. Am Mittwoch wurde der Reichstag vollständig durch die schon am Tage zuvor begonnene Generaldebatte über die Vor tage, betr. die Organisation des Handwerks, in Anspruch genommen. Namens der Konser­vativen stimmte Abg. Jakobskötter dem Regier- ungsentwurfe zu. nur bedauernd, daß derselbe den Befähigungsnachweis nicht enthalte und weiter lediglich die fakultative Zwangsinnung zugestehe; schließlich stellte der konservative Redner Abänderungsanträge seiner Partei für die Kom­missionsberatung in Aussicht. Auch der Reichs- parteilcr Gamp stellte sich im Allgemeinen freundlich zu der Vorlage und drückte die Hoff­nung aus, daß dieselbe noch in der laufenden Session zur Verabschiedung gelangen werde. Auch der Nationalliberale Bassermann beurteilte die Regierungsvorlage ziemlich wohlwollend, im Uebrigen auf eine Verständigung in der Com­mission bezüglich verschiedener Einzelheiten hofftnd. Gegen eine kommissarische Beratung der Handwerker-Vorlage hatte auch der Redner der freisinnigen Volkspartei, Dr. Schneider, nichts einzuwenden, doch glaubte er trotzdem nicht, daß die geplanten Maßnahmen eine Besser ung der Lage des Handwerks bewirken würden.

Die Anmeldungen von deutschen In­dustriellen zur Pariser Weltausstellung sind so zahlreich eingelaufen, daß bei der Platz­verteilung Einschränkungen eintreten mußten.

In einer neulich in Berlin abgehaltenen sozialdemokratischen Versammlung haben zwei Vertrauensmänner mitgeteilt, daß in der Metall­industrie am 22. März zur Hundertjahr­feier in Berlin rund 120 Betriebe mit etwa 20000 Arbeitern mitgefeiert haben.

Berlin. Getreidemarkt-Bericht. Die Mattigkeit in der Haltung auswärtiger Plätze, namentlich österreichischer und ungarischer, ist aus den Berliner Markt nicht ohne Rückwirkung geblieben und hat ihren Grund hauptsächlich wohl in dem Umstande, daß über die Durch­winterung der Felder im Jnlande wie im Ans­lande durchweg günstige Aussichten über die kommende Ernte sich herausgebildet haben. Der Getreide-Verkehr stockt nicht nur bei uns, son­dern auch in den übrigen, für den Getreide­handel tonangebenden Ländern, wie beispiels­weise in Ungarn und in den Donauländern, Große Kauflust ist nirgends zu spüren, während das Angebot mehr als ausreichend zu Tage.tritt.

Breslau, 2. April. DerGeneral­anzeiger" meldet: Gestern Nachmittag entstand in der Borsig'schen Hedwigs Wunsch-Grube bei Zabrze infolge Entzündung schlagender Wetter ein Grubenbrand. Von den Personen, die sich sofort zur Feststellung der Ursache in die Gmbe begaben, haben sechs, darunter der Besitzer der Grube Alfred v. Borsig, und der Chemiker, Mazurke, ihren Tod gefunden. Der Gruben­brand dauert fort.

Der Fürst von Reuß jüngerer Linie ist als grimmiger Preußeuhasser und Reichsseind bekannt. Der Zentenarfeier vom 22. März ist er durch eine Reise nach Italien aus dem Wege gegangen, und es wäre niemand eingefallen, darüber auch nur ein Wort zu verlieren, nun aber wurde einem in Gera wohnenden Preußen die von ihm ausgesteckte preußische Fahne am 22. März durch einen fürstlich reußischen Polizeibeamten weggenommen, und die Sache ist bereits im preußischen Landtag zur Sprache ' gekommen. Es sollte doch bei aller Schonung für den Monarchen des reußischenReichs" (dasselbe zählt ganze 132 130 Einwohner) mög­lich sein, diesem sonderbaren Herrn klar zu machen, daß er keinen andern deutschen Bundes­staat straflos beleidigen darf. Eine andere antipreußische Leistung des Fürsten Reuß ist, daß er den bekannten alten Preußenhaffer Redakteur Dr. Sigl in München mit einem Orden auszeichnete.

Bon der bayr. Grenze wird der Jagstztg, geschrieben.Die Welt will getäuscht sein!" so ist man versucht zu glauben, wenn man sieht, wie die Leute von gewissen Hausierern mit wahrem Vergnügen Waren kaufenj, nur weil der billige Preis sie blendet, von denen die meisten Käufer nach Prüfung derselben sagen müssen, daß sie kaum des Mächens wert sind, denn wenn man Stoff zu einem Herren­anzug um 5 Mk. kauft, ist jedem Verständigen gewiß, daß dies nichts dauerhaftes sein kann. Wenn nun solche Hausierer in einem Ort sich 23 Monate aufhalten und sich ihretwegen an­gesehene Bürger aus Gründen, die nicht in die Oeffentlichkeit gehören, verklagen, so könnte man meinen, solchen Leuten würde von ehrlich denkenden Bürgern der Boden dadurch entzogen, daß sie einfach nichts mehr kaufen, da man reelle Ware immer am besten von ansäßigen Geschäftsleuten, von denen man versichert ist, daß man nicht überredet oder betrogen wird, kaufen kann. Man sieht, daß die Einschränkung des Hausierhandels hier noch keine Besserung gezeigt hat.

Württemberg.

Stuttgart, 31. März. 111. Sitzung der Kammer der Abgeordneten. Tages­ordnung: Etatsberatung. Departement dcs Kirchen- und Schulwesens. Kap. 61 ff. Schaff­ung einer sechsten Professur an der evang.-theol. Fakultät in Tübingen wird nach längerer De­batte genehmigt. Zu Kap 64 Landwirtschaft!. Anstalt in Hohenheim wünscht Abg. Spieß in den nächsten Etat eine Exigenz eingestellt zu sehen, behufs Abhaltung von Vorträgen in den landw. Vereinen durch Professoren von Hohen­heim. Abg. Frhr. v Hermann will in Hohen­heim eine bakteriologische Anstalt eingerichtet haben Sodann empfiehlt er die Impfung deS Rindviehs mit Tuberkulin. An der tierärztlichen Hochschule sollten Versuche gemacht werden. Adg. Scheck tritt für Herabsetzung des 3jähr. Kurses der Ackerbauschulen in einen 2jährigen ein. In Ellwangen ist das beabsichtigt, die anderen Schulen müssen nochfolgen. Abg. Frhr. von Gaisbcrg wünscht eine önologische Versuchs­station in Weinsberg und hat weitere Wünsche hinsichtlich der Förderung des Weinbaus. Abg. Betz glaubt, daß die Errichtung einer önologi- scheu Station in Weinsberg über den Rahmen einer solchen Schule hinausgehe. Man solle Chemiker mit diesbezüglichen Vorträgen beauf- tragen. Redner erörtert diese Frage eingehend. Abg. Frhr. v. Gaisberg bemerkt dem Abg. Betz, daß eine Versuchsstation in Heilbronn bezw. Verbindung mit dem städtischen Laboratorium daselbst nicht zweckmäßig ist. Nachdem noch Kap 68 Landwtrtschaftl. Winterschulen, Kap. 69