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»«« Stadt, Bezirk und Umgebung.
Seine Majestät der König hat anläßlich Seines Geburtsfestes eine größere Anzahl Orden und Auszeichnungen verliehen. Im diesseitigen Bezirk erhielten den Titel eines Bahnhofinspektors. Bahnhofverwalter I. Klasse La Roche in Wildbad; den Titel eines Hofapothekers Apotheker Dr. Carl Metzger in Waldbad; die silberne Verdienstmedaille Bezirksfeldwebel Schramm im Landwehrbezirk Calw in Neuenbürg. Ferner erhielt Präzeptor Seiferheld an der Lateinschule in Crailsheim (vorher in Neuenbürg) den Titel eines Ober- präzeptorS und der hofkammerlich- Revieramts- asststent Bernhard Gauß in Altshausen (früher in Neuenbürg) die Verdienstmedaille des Friedrichordens.
Zum Bau der schmalspur. Nebenbahn von Karlsruhe nach Herren alb ist im Nachtragsctat eine Forderung von 34776 Mk als Staatsbeitrag enthalten. Der Begründung entnehmen wir u. A. Nachstehendes: Die Bahn beginnt neben dem Hauptbahnhof in Karlsruhe und führt zunächst östlich von der badischen Hauptbahnlinie Karlsruhe-Basel über Ettlingen nach Busenbach. Bon hier folgt die Bahn der Landstraße und führt über Neurod, Sptelberg. Marxzell und Frauenalb bis an ihren Endpunkt Herrenalb. Von den Stationen fällt auf das württ. Gebiet nur der Bahnhof Herrenalb. Für den auf die Markung Herrenalb fallenden Teil der Bahn mit 1.932 Klm. Länge wird nach dem Vorgang Badens in Anbetracht des Umstandes, daß der der Stadtgemeinde angesonnene Beitrag zur Ausbringung der Kosten für den Grunderwerb sich aus 28 800 Mk. beläuft, sowie mit Rücksicht auf die allgemeinen Interessen des Kurorts Herrenalb ein einmaliger unverzinslicher, nicht rückzahlbarer und nach der Betriebseröffnung der Bahn zu zahlender Zuschuß an den Unternehmer in dem kilometrischen Betrage von 18000 Mk. gleich 34 776 Mk. gerechtfertigt er- scheinen.
Deutsches Aeich.
Der Reichstag und Kreta.
Der Reichstag hat sich, dem Beispiele anderer Staaten folgend, wie berichtet, auch mit der kretenstschen Frage beschäftigt. Aber während dieselbe in den fremden Parlamenten meist zu einer Entflammung der politischen Leidenschaft den Anlaß gegeben hat, ist ihre Besprechung im deutschen Rcichsrathause ebenso ruhig und sachlich — in seltener Ueberein- stimmung aller Parteien verlaufen. Der Minister Frhr. v. Marschall umgrenzte kurz, doch scharf, das für Deutschland in der kreten- sischen Frage obwaltende Interesse. Die Linie der deutschen Politik ist auch hier: entschlossen einzutrelen zur Erhaltung des Friedens!
Lediglich aus diesem Grunde hat der Kaiser die Anteilnahme eines deutschen Kriegsschiffes an der Flottendemonstration der Großmächte gegen Griechenland befohlen, denn das Vorgehen der Griechen ist noch deutscher Auffassung ein Verstoß gegen das Völker- recht und vermöge seiner Rückwirkung auf andere Völker eine schwere Gefährdung des Friedens. Diese Friedensgefährlichkeit zu beseitigen mit den wirk>amsten Mitteln, ist nicht sowohl ein Akt der Gerechtigkeit gegen die Türkei, sondern auch die Forderung einer richtig verstandenen Humanität. Es schließt dies nicht die Befriedigung wohlbegründeter Wünsche der christlichen Bevölkerung Kretas aus; eine solche ist denkbar, ohne daß man die Integrität des ottomanijchen Reiches anzutasten und nutzlos Blut zu vergießen braucht. Mit voller Thalkraft verfolgt Deutschland dies Ziel.
Alle Parteien im Reichstage, selbst die Sozialdemokraten, haben durch ihr Verhalten ihre Zustimmung zu diesen Erklärungen der Reichsregierung zu erkennen gegeben. Auf keiner Seite war man von einer wässerigen Humanität für das Griechenvolk angekränkelt, nachdem dieses sich ohne alle Bedenken über seine finanziellen Verpflichtungen gegen die auswärtigen, besonders deutschen, Staatsgläubiger
hinweggesetzt und den Weg der politischen Abenteuer ringeschlagen hat. Um so eigenartiger berührte es. daß der Wortführer der Zentrumspartei, Herr Lieber, wohl die Haltung des deutschen Reiches billigte, ober aus dem Verhalten der Großmächte Kreta gegenüber doch auch ihre Pflicht zu einem gemeinsamen Eintreten zu gunsten der weltlichen Papst-Herrschaft folgerte. Die Vereinsamung, in die sich der Urheber dieses Gedankens versetzt sah, brachte ihn indes schnell zu einer bessern Erkenntnis; er selbst gab schließlich dem Wunsche Ausdruck, daß Deutschland in allen auswärtigen Fragen stets einmütig zusammenstehen möge. Dieses Bild voller Eintracht aller Parteien, wenn es die Wahrung des deutschen Ansehens nach außen hin gilt, wird seinen Eindruck auf die fremden Staaten nicht verfehlen.
Die Haltung Deutschlands in der griechisch kretischen Frage, welche aus eine Anregung des Reichstags erst letzter Tage wiederum von dem Staatssekretär Frhrn. v. Marschall dargelegt wurde, findet nicht nur in Deutschland, sondern auch bei allen Friedensfreunden in ganz Europa lebhafte Anerkennung, erregt aber be- greiflicherweise bei den Griechen ebenso große Erbitterung. Allein jenes bankerotte Völkchen möge zuerst seine Schulden bezahlen, che es den vereinigten Mächten Europas Trotz zu bieten wagt. Unverantwortlich haben s. Z. die deutschen Banken gehandelt, welche die griechische Anleihe vertrauensselig den deutschen Kapitalisten aufhalsten. Ader unser auswärtiges Amt wird nach wie vor bemüht bleiben, die Interessen der deutschen Gläubiger Griechenlands zu fördern
Berlin. 24. Febr. Die jüngsten Ministerreden in Berlin, London und Paris haben erkennbar die Einigung der Groß machte in der kretischen Frage wesentlich gefördert; so sehr jene ministeriellen Auslassungen im einzelnen den örtlichen Anschauungen angepaßt waren, so stimmen sie doch im ganzen nicht nur in der Verwerfung der Einverleibung Kretas durch Griechenland, sondern auch darin überein, daß der unhaltbar gewordene Zustand auf der Insel Kreta durch eine Art Autonomie unter Erhaltung der Oberhoheit des Sultans zu ersetzen, zunächst aber dem den europäischen Frieden bedrohenden völkerrechtswidrigen Vorgehen Griechenlands ein Ende zu machen sei. Daß die gleiche Auffassung in Petersburg und Wien besteht, war schon vor- her bekannt, auch darüber scheint keine Meinungsverschiedenheit unter den Mächten mehr zu bestehen, daß. wenn Griechenland dem Drängen der Mächte weiteren Widerstand leisten sollte, die von Deutschland vorgeschlagene Blockade der griechischen Häfen das wirksamste Mittel bildet, um diesen Widerstand zu brechen.
Der Vorstand des Reichstages hat dem Reichstage den Antrag unterbreitet. 300000 Mk. für den Lau etnesPräsidialgedäudes des Reichstages als erste Baurate in den Etat des Reichstages einzustellen. Die Baukosten sind auf 790000 Mk. veranschlagt.
Im Laufe des Sonntags oder der folgenden Nacht ist in dem Juweliergejchäfte Luckwaldt in der Leipzigerstraße in Berlin ein Brill anten- Diebstahl verübt worden. Die vermißten Brillanten sollen einen Wert von 100000 Mk. haben.
Bon der württb.-bad. Grenze, 23. Febr. Eine gute Seele muß der durchgebrannte Handelsmann E manuel Oppenheimer von Sennfeld sein. Um dem Konkursverwalter zu viel Arbeit zu ersparen, sandte er aus Chicago eine genaue Aufstellung seiner sämtlichen Schulden. Die Gelder mitzuschicken, um die Schulden zu bezahlen, hat er leider vergessen.
Anstand.
In der französischen Deputiertenkammer versuchten die Gegner des Ministeriums einen Ansturm auf den Minister des Auswärtigen, Hanotaux, wegen seines Verhaltens in der orientalischen Frage. Hanotaux legte aber in einer glänzenden Rede die Notwendigkeit des
Zusammengehens der europäischen Mächte so überzeugend dar, daß die Deputiertenkammer mit 413 gegen 83 Stimmen das Verhallen des Ministers billigte und so dem Kabinet ein glänz- evdeS Vertrauensvotum erteilte. — Randalierende Studenten, welche in Paris bei einer Versammlung zu Gunsten Griechenlands mit der Polizei handgemein wurden, sind vom Polizeigericht rasch zu Gefängnisstrafen verurteilt worden.
In Italien dauern die Kundgebungen der Studenten und der oppositionellen Abgeordneten zu Gunsten Griechenlands fort, doch läßt sich das Ministerium von seiner korrekten politischen-Haltung im Interesse des europäischen Friedens nicht abbringen.
Die Griechen machen noch immer keine Miene sich von Kreta zurückzuziehen und König Georg selbst setzt mit Briefen und Telegrammen an den Zaren und an seinen Vater, den König von Dänemark, ebenso auch durch selbstverfaßte Leitartikel, die er in verschiedenen auswärtigen Blättern unterbringt, alles in Bewegung, um seinen Einsall in der Insel Kreta als berechtigt und notwendig darzustellen. Es sprach anfänglich nicht gerade für eine große Einigkeit der Mächte, daß die vor Kreta verfammelten Kriegsschiffe keine Anstalten trafen, um weitere Truppen- und Munitionssendungen der Griechen auf die Insel zu verhindern, und sogar die Ausschiffung von Lebensmitteln für die griechischen Truppen unter den Augen der Großmachtsschiffe gestatteten. England vor allem scheint den Griechen insgeheim Mut zuzusprechen. Als aber die von griechischen Offizieren geführten kretenstschen Insurgenten sogar die Stadt Kanea anzugreifen sich anschickten, haben die englischen, russischen und deutschen Kriegsschiffs vor Caaea die Insurgenten bombardiert. Offenbar ist eben den Engländern doch klar geworden, daß Deutschlands kräftiges Zusammengehen mit Rußland den Engländern über kurz oder lang schwere Verlegenheiten bereiten könnte, wenn sie ihre zweideutige Politik fortsetzen. So ist also rhat- sächlich ein Krieg zwischen den vereinigten Mächten und Griechenland zum Ausbruch gekommen, ob aber der griechische Haupthafen Piräus von den gemeinsamen Schiffen der Großmächte blockiert werden wird, erscheint bei dem Widerspruch Englands noch immer zweifelhaft. Nachdem aber auch der französische Minister Hanotaux, ebenso wie im deutschen Reichstag Frhr. von Marschall, ganz unzweideutig erklärt hat, daß Kreta unter keinen Umständen den Griechen ausgefolgt oder auch nur unter ihre provisorische Verwaltung gestellt werden dürfe, scheint nach der heutigen Lage der Dinge im Orient die Lösung der kretischen Wirren in der Richtung erfolgen zu sollen, daß Kreta zu einem halb autonomen Staat gemacht werden wird, in welchem die Griechen gar nichts und die Türkei ziemlich wenig zu sagen haben werden. Die Griechen haben jetzt sogar die Konsuln von England, Italien und Rußland, welche sich nach Cadono begeben hatten, wo die kretischen Aufständischen 2000 Muselmanen belagern, beschossen, und es wird den Großmächten nichts anderes übrig bleiben, als mit vereinten Kräften auch die Belagerer von Cadano zurückzujagen, sogar auf die Gefahr hin, daß dann Griechenland, wie der griechische Minister des Auswärtigen lächerlicherweise gedroht hat, seine diplomatischen Beziehungen zu den Großmächten abvrechen und seine Gesandten in Petersburg, Berlin, Paris, London, Wien und Rom abberufen würde.
A t h e n, 24. Febr. (Havasmeldung.) Nach einer Depesche aus Kanea von heute nachmittag stürzte während des Brandes des Regierungsgebäudes der Geldschrank des Gouverneurs herab und wurde zertrümmert. Türkische Olfiziere und Soldaten beabsichtigten, die 7000 Pfd. Sterl., welche der Geldschrank enthielt, an sich zu nehmen, wogegen europäische Offiziere Einspruch erhoben. Bon türkischer Seite wurden die fremden Seeleute des Diebstahls bezichtigt. Die Untersuchung ergab jedoch, daß diese Anschuldigung vollständig unbegründet war. Um die Muselmanen fern zu halten, waren die Seeleute gezwungen, von ihren Waffen Gebrauch zu machen. Der Vorfall hätte beinahe zu einem Kampfe zwischen Türken und Europäern geführt. Während des